Thema: Wie oft kommt eure Gruppe in demütigende Situationen?

[Jiba]

So gut wie nie. Wenn es nicht gerade Horror ist, gebe ich den Spielern lieber Gelegenheit, zu glänzen.

Selbst bei Horror nicht... da sollen sich die Spieler(charaktere) immerhin fürchten und nicht schämen oder schlimmer: sich wertlos und schmutzig vorkommen.

Ich frage mich sowieso, ob ich unter einem SL oder mit Mitspielern spielen wollen würde, die potentiell peinliche (oder demütigende, was ja ein noch stärkeres Wort ist) Situationen für die SCs herbeiführen. Man kann nämlich in der Regel sicher sein, dass ein Charakter, der gedemütigt wird auch bei dessen Spieler ein mulmiges Gefühl hinterlässt. Demütigen heißt für mich nämlich jemanden seiner Würde berauben. Das darf man nicht mit necken oder veräppeln oder auch mal ins Fettnäpfchen treten verwechseln.

Wenn mein Charakter in einen riesigen Haufen Hundescheiße tritt, dann ist das lustig und regt zum (gut gemeinten, wenn auch schadenfrohen Spott) an.

Wenn mein Charakter gezwungen wird, nackt auf dem Boden zu kauern, während ein paar NSC auf ihn urinieren, dann ist das demütigend.

Und sowas geht maximal in Settings, die darauf ausgelegt sind und dann sollte von vornherein klar sein, dass soetwas hier passieren kann.

Mein 7te See-Charakter wurde ausgerechnet bei seiner Hochzeit dazu genötigt in Frauenkleidern rumzulaufen und vor meinen Freunden und Bekannten darin zu tanzen... ich habe das als für den Charakter (der vom Konzept her am ehesten ein halunkischer, selbstgerechter Antiheld mit gutem Kern ist) als extrem demütigend empfunden, besonders weil die anderen Charaktere da drauf rumgehackt haben. Ich habe mich aber gefügt, weil es mir das doch nicht Wert deswegen gleich Streit anzufangen... aber es war gerade zu diesem Anlass wirklich extrem daneben und total an dem vorbei, weswegen mir der Charakter Spaß macht.  

(Und nein, ich habe nichts gegen Drag an sich... mein aktueller SR-Charakter, soziales Chamäleon, ist bigender.)

Was das Beispiel zeigen sollte, ist, dass die DEMÜTIGUNG von Charakteren, nichts ist, womit man spaßen sollte, sondern was sehr sehr ernst zu nehmen ist. Wenn Charaktere Scheiße bauen, ist das in der Regel nicht demütigend, weil es sie ihrer Würde nicht beraubt. Es kann peinlich sein und zu Spott und Lästereien führen (hier muss man aufpassen, dass man eine gewisse Grenze nicht überschreitet), aber wenn es richtig boshaft demütigend wird, dann sollte man besser die Notbremse ziehen... das wird nur allzu schnell persönlich.  

P.S: Langsam schreit es nach einem neuen Thread... warum gehören Demütigung und Vampire zusammen... inzwischen glaube ich hier wirklich an einen verkappten BESM-Club (der war für dich, Nocturama )

[Humpty Dumpty]

Langsam schreit es nach einem neuen Thread... warum gehören Demütigung und Vampire zusammen...

Ich glaube, dass das ziemlich nah am Thema ist. Vampire spielt in einer Welt, die düster, gemein, unnachgiebig, ungerecht, verdorben und hierarchisch ist. Wenn man dann nicht auf der Klaviatur der düsteren, gemeinen, unnachgiebigen, ungerechten, verdorbenen und hierarchischen Elemente spielen darf, macht man sich und das Setting unglaubwürdig. Und nach meiner Ansicht gehören Demütigungen unter bestimmten Voraussetzungen dazu, sonst handelt es sich - überspitzt ausgedrückt - weniger um Vampire: The Masquerade, sondern eher um Twilight - The Blümchenpflücken. Aber wie so vieles ist auch das wohl Geschmackssache.

Wenn mir hingegen bei DSA oder D&D jemand mit düsteren, gemeinen, unnachgiebigen, ungerechten, verdorbenen und hierarchischen Elementen kommen will, frage ich als Spieler schon eher mal kritsch OOC nach.

[Jiba]

Ich würde sagen... zwei Extreme. Der Mittelweg ist der den ich bevorzuge, der pusht Vampire mehr in Richtung eines düsteren, dreckigen und unterschwellig brutalen Neo-Noir-Settings (vergleiche demütigend gegen unbarmherzig oder darwinistisch), das extrem charakterzentriert und zugegebenermaßen ein bisschen soapig ist (wie alles, was ich spiele), aber dabei noch lange nicht weniger hart. In "Sin City" wird ja auch niemand gedemütigt oder seiner Würde beraubt, aber die Stadt ist brutal und wartet auf niemanden. Vampire sind definiert als Gesellschaftswesen, aber wenn ich Illustrationen von Ventrue Sugar Daddys sehe, die ihre geknebelten Ghule Gassi führen, kommt mir die Galle hoch... ich stelle alte Vampire eher als desinteressiert, anachronistisch und kompromisslos dar, aber nicht als sadistisch oder prinzipiell daran interessiert ihre Untergebenen zu demütigen. Und mir geht es bei Vampire eher um inneren Kampf als darum, sich in der Domäne hochzuschlafen. Intrige spielt bei mir eine Rolle, aber auf lokaler und persönlicher Ebene. Aber mit NSCs, die den oberfiesen Supermotz raushängen lassen und die SCs in den Staub treten, kann ich nichts anfangen. Denn das grenzt für mich stark an Ego-Gewichse des SLs (wenn ich sowas erlebt habe, dann nahezu immer nur bei Vampire, besonders beim Live). Klar, es kann mal jemand gedemütigt werden aber es sollte kein Hauptbestandteil eines ganzen SETTINGS sein, sondern wenn überhaupt spezifisch auf einen NSC zugeschnitten und selbst dann sollte darüber vorher Klarheit herrschen.

By the way und stark OT: Die Werwölfe in Twilight finde ich in Hinblick auf die WoD-Interpretation äußerst gelungen.

[Humpty Dumpty]

Vermutlich bin ich einfach nicht hinreichend traumatisiert durch schlechte SL oder idiotische Mitspieler. Kann schon sein.

[ErikErikson]

Dann wirds aber Zeit. 

[Jiba]

Vermutlich bin ich einfach nicht hinreichend traumatisiert durch schlechte SL oder idiotische Mitspieler. Kann schon sein.

Du Glücklicher... mir fällt kein Setting ein, in der ich an so viele schlechte SLs und idiotische Mitspieler gekommen bin, wie in der World of Darkness. Ich will nur ein bisschen Noir-Mystery-Charakterplay. Ist das denn zu viel verlangt. 

Naja, irgendwie habe ich die Hoffnung, dass es mit der nWoD besser wird... die meisten der schlechten SLs und Spieler sind nämlich bei der alten geblieben. 

[Kowloon]

Settings in denen soziale Machtkämpfe stattfinden können, profitieren mMn von "Demütigungen".
Ein widerlicher NSC, der dich zwingt vor ihm rumzukriechen und dich zu verbiegen ('einfach weil der NSC es kann) nur damit sein Gefolge hinter vorgehaltener Hand hämisch grinsend das Spektakel genießen kann, wird zu einem tollen Antagonisten. Die Motivation des SCs ist klar: Rache, Genugtuung.

Auch schlechte Würfe auf sind toll um den Charakter als Vollpfosten bloß zu stellen, was ihn ja letztlich auch demütigt und etwas ist, auf dem er rumzukauen hat und sich ärgern kann. Ob der SC in diesem Augenblick aber für demütigend hält ist dann absolut abhängig vom Spieler. Demnach kann fast jede Niederlage als demütigend empfunden werden.

Schlimm ist es nur wenn diese Demütigungen unter SCs laufen, da man sowas als SL nicht einfach aufhalten kann (weil man nicht 'nein' sagen will/kann) und es schwierig ist so eine Gruppe dann zusammenzuhalten. Dann kommen Punkte hinzu, wie: Wie entschuldigt man sich? Wie kann man so eine Demütigung verzeihen? Kann man sie auch mal vergessen? Wie kontrolliert man seine Rachegelüste? Ist Vertrauen überhaupt noch möglich? Wenn nicht, was bedeutet das für die Zusammenarbeit?
Mit der richtigen Gruppe ist sowas bestimmt ein Spaß. Meine eigene hat es fast auseinander gerissen.  

[Jiba]

Settings in denen soziale Machtkämpfe stattfinden können, profitieren mMn von "Demütigungen".
Ein widerlicher NSC, der dich zwingt vor ihm rumzukriechen und dich zu verbiegen ('einfach weil der NSC es kann) nur damit sein Gefolge hinter vorgehaltener Hand hämisch grinsend das Spektakel genießen kann, wird zu einem tollen Antagonisten. Die Motivation des SCs ist klar: Rache, Genugtuung.

Oder zu einem furchtbaren Gruppengängler, der allen immer einen Schritt voraus ist (na gut, extrem) und sein eigenes "Ich-bin-besser-als-du" über seine Ambitionen stellt. Demütigung scheint mir eher ein letztes Mittel... vor allem: Siehe meine Unterscheidung zwischen demütigend und peinlich. Demütigend geht weit über Spott und ähnliches hinaus. Spott wäre z.B. jemanden unbeliebt zu machen oder ihn hilflos und ohnmächtig werden zu lassen (und da kann man auch gut an Ideale oder Angehörige des Charakters gehen und muss ihn nicht runterputzen). Ich finde den skrupellosen Sado-Antagonisten auch vollkommen abgedroschen - Antagonisten, die ihre Gegner mit Respekt behandeln oder sie vielleicht zumindest als unter ihrer Würde wahrnehmen, sind mir viel lieber.

Und ja, auch eine Niederlage durch meinetwegen Würfelpech kann demütigend sein, gar keine Frage (mein Werwolf-Ahroun war im Kampf der absolute Patzerkönig, gut, dass es zum Konzept gepasst hat). Und wenn ein Spieler etwas als demütigend empfindet löst es unser Problem ja nicht, weil ein gedemütigter Spieler wird weniger Spaß haben. Also ich hatte bei der Hochzeit meines 7teSee-Heldens nicht wirklich viel Spaß.