Wir haben es seit ein paar Tagen und spielten es inzwischen zweimal: einmal zu dritt und einmal zu zweit.
Erste Eindrücke:
- Das Spiel ist ein etwas liebloses Stückwerk bekannter und mir teilweise zu häufig wiederholter FFG-Mechanismen. (Das muß nicht schlecht sein, stößt mir persönlich aber mittlerweile übel auf.) Der Missionsteil ist von "Todesengel" und dem "HdR LCG" bekannt, Karten als Lebenspunkte von "Abenteuer in Mittelerde", das grundsätzliche Spielprinzip von "Doom" & Co; die "VI" ist von "Castle Ravenloft" fast eins zu eins übernommen, ohne aber so flott zu funktionieren wie dort - "GoW" kann sich stellenweise ganz schön hinziehen und zu einer langatmigen Hackerei gegen Monstermassen werden. Der Autor (Chefdesigner von FFG) stößt meiner Meinung nach langsam an die Grenzen seiner augenblicklichen kreativen Kraft.
- Thematisch bzw. atmosphärisch setzt "GoW" das Computerspiel zwar recht gut um, aber es könnte auch "Doom 2" oder irgendein W40K-Klon sein, wenn man die Namen der Monster und Waffen ändern würde. Die Atmo ist also nicht schlecht, aber unter der Haube erkenne ich wenig, das speziell nur von GoW kommt.
- Das Deckungssystem ist recht interessant, aber hat auch seine Merkwürdigkeiten, wenn man z.B. direkt hinter einer Figur auf einem Deckungsfeld steht und diese dann trotzdem Deckung hat. Da muß man wohl abstrahieren; aber das ist ok.
- Die Skalierung erscheint mir besser zu funktionieren als bei "Doom" (was keine Kunst ist), sie ist aber nicht so gut wie bei den WOTC-Koops.
- Wir haben bisher erst zweimal die erste Mission gespielt, aber die anderen Missionen lesen sich ganz interessant. Ob sie in der Praxis etwas taugen, kann ich noch nicht sagen. Es sind angemessen viele Missionen, mehr als beim HdR LCG, aber weniger als bei den WOTC-Koops.
- Es gibt mir entschieden zuviele Zufallsmechanismen bei "GoW": Angriffswurf, Verteidigungswurf, Inhalte der gezogenen Befehlskarten, Auftauchen der Monster, Reihenfolge der Monster, Handlungsdetails der Monster. Das bedeutet, daß man sich nur schwer auf eine Situation einstellen und mehr als 1-2 Runden im voraus mit Aussicht auf Erfolg planen kann. Ohne es nun am Detail festmachen zu wollen, bekommen die WOTC-Koops das alles besser und flüssiger hin.
Aber speziell dieser Punkt dürfte auch je nach Geschmack und Anspruch anders bewertet werden.
- Die Spezialfähigkeiten der Waffen sind teilweise nicht sehr durchdacht, so daß die Omensymbole oftmals verfallen. Es böte sich an, ein Omensymbol auch als Wundsymbol benutzen zu können.
- Das Regelheft könnte ein besseres Layout vertragen, aber alles in allem ist "GoW" ein eher regelarmes Spiel - teilweise ein Vorteil, teilweise ein Nachteil.
- Die Materialqualität und -menge finde ich für ein Spiel, das satte 55,- Euronen kostet, schlichtweg frech. Es gibt die üblichen Plastikfiguren in guter Qualität (obwohl man die COGs nur sehr schwer voneinander unterscheiden kann), ein paar Kartenstapel, ein paar Marker und Bodenplatten. Alles in allem vielleicht die Hälfte oder sogar nur ein Drittel von Descent zum selben Preis. Die halbe Box von "GoW" ist nur heiße Luft. Albern. Die Qualität der Karten ist frustrierend, sie sind aus dünner Pappe und nicht einmal beschichtet; vermutlich soll man gleich die Kartenschoner von FFG dazukaufen. Die Bodenplatten selbst nerven gewaltig, weil sich die größeren von ihnen gleich nach dem Ausstanzen verbiegen und man sie ständig auf dem Tisch verschiebt, da ihre Ränder hochstehen und sie sich nicht wie bei Descent oder Doom ineinanderstecken lassen. Wenn FFG sich nun auf dieses Materialniveau festlegt, sind sie mich als Brettspielkunden wohl los - zumindest kann ich keinen Blindkauf mehr vertreten.
Die ersten Spieleindrücke sind leider eher mau; "GoW" ödelt teilweise etwas vor sich hin, es fehlt uns bisher der gewisse Pep. (Das geht uns allerdings mit "Todesengel" auch so, das bekanntlich einen größeren Fankreis hat.) Wichtig ist, daß ich zur taktischen Tiefe und zum Funktionieren des Koop-Elementes nach nur zwei Spielen noch nichts Urteilskräftiges sagen kann und damit auch keine Empfehlung irgendeiner Art aussprechen möchte.
Oder vielleicht doch: Man sollte sich "GoW" nicht blind kaufen, es sei denn, man ist ausgesprochener Fan von "Todesengel" und hat kein Problem mit einem überteuerten Spiel und teilweise minderwertigem Material.