Autor Thema: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?  (Gelesen 5427 mal)

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Offline Thorgest

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #50 am: 15.10.2012 | 17:57 »
Meine Erfahrung ist die:
Schüchterner Spieler der kaum ein Wort heraus bekommt, wird durch Rollenspiel/Larp zu einem Menschen
der keine Probleme mehr hat vor großen Gruppen eine Rede zu halten.

Schüchterne Spielerin wird durch LARP zu einer Dame, die selbstbewust die Männer für ihre Zwecke einsetzt
und gelernt hat diese um den Finger zu wickeln...ok...Nachteil ist sie hat das gehen verlernt...sie schreitet jetzt nurnoch durchs Büro  :pray:

Alles im allen hat Rollenspiel und vor allem LARP bisher keiner Person die ich kenne geschadet, sondern die Persönlicht hat einen deutlichen Entwicklungsschub bekommen.
Auch meine große Tochter (7) macht schon seit 6 Jahren LARP...und sie freut sich auf jeden Ball, kann schon hervorragend frei vor Gruppen sprechen und ist in vielen sozialen Bereichen deutlich vor gleichaltrigen  :d
Arbeiter, Bauern, nehmt die Gewehre, Nehmt die Gewehre zur Hand.
Zerschlagt die faschistische Räuberherde, Setzt eure Herzen in Brand!
Pflanzt eure roten Banner der Arbeit, auf jede Rampe, auf jede Fabrik.
Dann steigt aus den Trümmern der alten Gesellschaft die sozialistische Weltrepublik!

Ich habe dagegen ein viel schlimmeres Problem: Ich bin gar kein Christ und dennoch Pleite.

Offline Sashael

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #51 am: 15.10.2012 | 19:09 »
Zitat
Auch meine große Tochter (7) macht schon seit 6 Jahren LARP...und sie freut sich auf jeden Ball, kann schon hervorragend frei vor Gruppen sprechen und ist in vielen sozialen Bereichen deutlich vor gleichaltrigen  :d
Mein Sohn ist 5 und auch in vielen sozialen Bereichen deutlich vor Gleichaltrigen. Und das einzige, was der von Rollenspiel mitbekommen hat, sind zwei oder drei Runden seiner Eltern, wo er daneben sitzen und manchmal für Mama würfeln durfte und gelegentlich mal eine Runde abgespecktes Descent.

Von daher würd ich jetzt bei der Beurteilung der Social Skills nicht zuviel Gewicht auf die LARP-Erfahrung legen. Manche sind halt so.

Oh, und mal eine Gegen-Anekdote:
Wir kennen eine Frau, die seit 20 Jahren Rollenspiel spielt. Die ist ein emotionales Wrack, ein Energievampir (sie hat einen ihrer Ex bis in den Nervenzusammenbruch (inklusive Klinikaufenthalt) getrieben) und vollkommen unfähig im Bereich Empathie (egal, was für einen grauenhafte Sache dir oder deinen Liebsten passiert ist, sie setzt eine noch fiesere Sache dagegen, die ihr oder einem Freund/Familienmitglied/Bekannten irgendwann mal passiert ist, vollkommen ignorant dafür, dass andere Leute vielleicht auch einfach mal Zuspruch brauchen und keinen Bock auf so eine Sei-froh-denn-Anderen-gehts-noch-schlechter-als-dir-Scheiße haben). Die spielt immer die gleichen Rollenmodelle (totale Pazifisten und Baumknutscher) und treibt mit ihrer Pseudo-Harmoniesucht meist alle Mitspieler in den Wahnsinn.

Der hat Rollenspiel auch nur geholfen, neue Opfer für ihre Neurosen zu finden.  ::)
« Letzte Änderung: 15.10.2012 | 20:12 von Sashael »
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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Offline Grey

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #52 am: 15.10.2012 | 19:13 »
@Sash: Klingt nach meiner Ex. :-\
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
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Lust auf ein gutes Buch oder ein packendes Rollenspiel? Schaut mal rein! ;)

Offline ArneBab

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #53 am: 15.10.2012 | 19:15 »
Und interessanterweise fällt die Zeit meines beruflichen Abstiegs und Burnout mit der Zeit zusammen, in der mir das Rollenspiel weggebrochen ist.
Das halte ich für gar nicht so seltsam. Ich habe auch realisiert, dass ich mir das Rollenspiel erhalten muss, um fit zu bleiben.

Allerdings gibt es natürlich noch weitere Korrelationen:

  • Weniger Rollenspiel spricht für weniger Freizeit → Burnoutgefahr.
  • Beruflicher Abstieg bringt Angst mit sich → Burnoutgefahr.
  • Burnout bedeutet Verlust von Motivation → Gefahr, Rollenspielrunden zu verlieren.


Allerdings denke ich, dass Rollenspielen dem entgegenwirken kann, weil es eigentlich einen Raum schafft, in dem wir trotz der im sonstigen Leben ständig existierenden Leistungsforderungen einfach spielen können, um zu spielen.

Interessanterweise ist „Spielen, um zu Spielen“ auch die effektivste Art, etwas zu lernen. Wenn wir uns aber auf den Nutzen von Rollenspielen konzentrieren, besteht die Gefahr, dass wir darüber das Spiel vergessen - und im Zuge dessen auch den Nutzen des Rollenspiels verlieren.
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Offline Weltengeist

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #54 am: 15.10.2012 | 20:41 »
Interessanterweise ist „Spielen, um zu Spielen“ auch die effektivste Art, etwas zu lernen.

Da hätte ich dann doch noch einen Schwank aus meinem Leben, der dazu gut passt...

Ich war ja rollenspielerisch fast zehn Jahre lang clean. Dann aber begab es sich, dass ich in einem fremden Land lebte. Ich beherrschte die Sprache schon ganz ordentlich, wollte aber gerne richtig gut werden. Also habe ich mich zunächst in die Abendschule eingeschrieben (sozusagen das Abi in der Landessprache nachholen) - aber du eine Güte, was habe ich mich gelangweilt. Es war jede Woche nichts als Quälerei. Und da kam mir die Idee: Wenn ich mir stattdessen eine Rollenspielgruppe suche, zwinge ich mich selbst, die Sprache zu sprechen, ohne dass ich überhaupt drüber nachdenke. Und natürlich würde ich dabei auch alle möglichen Texte schreiben und dabei gaaanz viel lernen.

Gesagt, getan, und was soll ich sagen: Es hat SUPER funktioniert. Schon nach wenigen Wochen habe ich keinen Gedanken mehr daran verschwendet, dass ich mir die Rollenspielgruppe aus Lerngründen gesucht habe. Aber anderthalb Jahre später sprach ich die Sprache so, dass mich die meisten Leute da für einen Native Speaker gehalten haben...

Natürlich hätte ich die Sprache auch durch Büffeln lernen können. Aber so habe ich meinen inneren Schweinehund ausgetrickst, Spaß dabei gehabt und tatsächlich etwas gelernt. Naja, und inzwischen bin ich längst wieder in Deutschland, und ich spiele natürlich immer noch... :D
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AcevanAcer

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #55 am: 15.10.2012 | 20:57 »
Also, :D Ich finde ja das Rollenspiele weder die soziale Kompetenz steigert noch das Interpretieren von Texten verbessert :D Als beweis für diese These führe ich jeden DSA vs D&D und WoD vs. nWoD Thread an, sowie gefühlt jeden Thread der auch nur ein bisschen mehr als normalpolarisiert und 60+ Beiträge hat.

Selbstsicherer ist so eine Sache, ich denke schon das unter Rollenspielkreisen man selbstsicherer wird, in wie weit das aber übertragen werden kann auf andere Situationen im Leben halte ich für fraglich.

Offline Bad Horse

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #56 am: 15.10.2012 | 21:05 »
Rollenspiel kann uns natürlich dann selbstsicherer und erfolgreicher machen, wenn wir fest glauben und behaupten, dass es das tut.  ;)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline D. Athair

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #57 am: 15.10.2012 | 21:53 »
Interessanterweise ist „Spielen, um zu Spielen“ auch die effektivste Art, etwas zu lernen.
Das ist durchaus eine von mehreren (sich widersprechenden) Lerntheorien. Meiner Meinung nach hat sie durchaus ihre Berechtigung.

Wenn man schaut, in welchen Kontexten Erwachsene noch Spielen, macht auch die These im Eingangsbeitrag Sinn.
Ich würde Sagen, dass das von AD&D 2nd Editon Thorgest beschriebene eine gewisse Wahrscheinlichkeit hat einzutreten.
Es muss aber nicht.
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Offline Haukrinn

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #58 am: 15.10.2012 | 21:55 »
Rollenspiel kann uns natürlich dann selbstsicherer und erfolgreicher machen, wenn wir fest glauben und behaupten, dass es das tut.  ;)

Richtig. Genauso wie Baumumarmen und Square Dance. Ich würde den Wert des Rollenspiels in diesem Bereich einfach nicht überschätzen. Auf jeden selbstsicheren Rollenspieler den ich kenne kommen einfach zu viele Rollenspieler ohne jegliche Selbstsicherheit. Und ein Erfolgsgarant ist es ebensowenig.
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Offline OldSam

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #59 am: 15.10.2012 | 22:22 »
Ich würde auf jeden Fall sagen, dass Rollenspiel gut einen Teil dazu beitragen kann, speziell was einige soziale/kommunikative Aspekte ausmacht, aber das allein reicht lange nicht für eine "runde Sache", da muss schon noch mehr aus anderen Bereichen hinzukommen.

Wenn wir nur speziell auf das RPG schauen, dann würde ich jedenfalls mal als Hypothese aufstellen, dass (auch) selbst die Spielleitung zu übernehmen diese Richtung der Persönlichkeitsentwicklung noch sichtlich mehr unterstützt.
« Letzte Änderung: 15.10.2012 | 22:26 von OldSam »

LöwenHerz

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #60 am: 15.10.2012 | 22:29 »
Wieso? Du hast doch gerade bestätigt, dass es stimmt. Verallgemeinerung ist nur für Leute, die keine Ahnung von Statistik haben, eine Form der Gleichverteilung. Tatsächlich jedoch reden wir von Mittelwerten und das bedeutet natürlich, dass auch wenige deutlich übergewichtige Personen den Mittelwert signifikant verschieben.

Sehe ich anders, womit ich Deine unterschwellige Behauptung, ich hätte keinen Plan von Statistik, geradeheraus bestätige  ::)

Offline Lichtbringer

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #61 am: 16.10.2012 | 07:16 »
Na ja, ist eigentlich ganz einfach: Du kannst eine Person, die 50 % mehr wiegt als der Durchschnitt der Bevölkerung (ihrer Körpergröße) nicht mit einer ausgleichen, die 50 % weniger wiegt. Das ginge zwar rein rechnerisch, wäre aber kein Beispiel für eine gesunde Person. So dick ist die deutsche Gesellschaft noch nicht, dass die Hälfte des Durchschnittsgewichts Normalgewicht wäre. Jemand, der 50 % weniger wiegt als der Schnitt, ist deutlich untergewichtig. Das heißt natürlich, dass der Raum nach unten sehr viel begrenzter ist als der nach oben. Es gibt einfach mehr Möglichkeiten ungesund zu sein als solche gesund zu sein. Und ich kenne viele Rollenspieler, die deutlich mehr als 50 % mehr als der Durchschnitt wiegen.

Offline Evil Batwolf

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #62 am: 16.10.2012 | 08:22 »
Ich stimme zu, dass soziale Kompetenz und Selbstsicherheit für die "Leistung" beim Rollenspiel förderlich sind. Wie Kompetenz und Selbstsicherheit in allen Lebenslagen förderlich sind.

Ich kenne aber kein Rollenspiel (ich kenne allerdings auch nicht alle), bei dem irgendetwas im Regelwerk steht, wie man soziale Kompetenz und Selbstsicherheit erlernen/verbessern kann. Meistens geht's da vielmehr um Spielregeln, Würfelmechaniken und erfundene Traumwelten.

Von daher kann ein positiver Effekt im sozialen Bereich doch nur durch "Learning by Doing" entstehen. Und damit ist Rollenspiel nicht besser oder schlechter als jede andere Lebenssituation, bei der man soziale Kompetenzen durch "Learning by doing" einüben kann.

Meine persönliche Antwort auf die Thread-Frage lautet daher: Nicht signifikant.

Offline Grubentroll

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #63 am: 16.10.2012 | 08:48 »
Ich denke schon, dass es einen sozial fähiger machen kann. Aber nicht zwingend muss.

Bei mir persönlich hat's die Fähigkeit gefördert, in fast jeder Situation irgendwelchen Stuss aus dem Hauruck erzählen zu können.

Das ist allerdings auch wirklich oft nützlich, grad wenn mal alle doof schüchtern rumstehen.

Offline Edwin

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #64 am: 16.10.2012 | 09:05 »
Zitat
Ich würde den Wert des Rollenspiels in diesem Bereich einfach nicht überschätzen. Auf jeden selbstsicheren Rollenspieler den ich kenne kommen einfach zu viele Rollenspieler ohne jegliche Selbstsicherheit. Und ein Erfolgsgarant ist es ebensowenig.

Das Problem ist einfach wie überall bei sozialwissenschaftlichen Themenstellungen, dass wir eben nie den Gegenfall beobachten können. WIE selbstsicher wäre eine Person in einem anderen Universum, in dem es kein Rollenspiel gibt?

Man könnte natürlich sagen, dass man nur den durchschnittlichen Rollenspieler mit dem durchschnittlichen Nicht-Rollenspieler vergleichen müsste, um die Frage zu beantworten.

Hier stoßen wir aber auf das Problem der Selbstselektion, das Problem also dass eben nicht der Zufall entscheidet ob wir überhaupt spielen. Ganz im Gegenteil können wir annehmen, dass bestimmte Personen eine "Schwäche" dafür haben und andere nicht. Selbst wenn also der durchschnittliche Rollenspieler WENIGER selbstbewusst ist, können wir keinen Aussagen über die Wirkung des Spiels machen. Vielleicht wäre er ja ohne es NOCH weniger selbstbewusst? Und es werden eben nur ursprünglich sehr unsichere Personen an gezogen?

Da Experimente in diesem Bereich nicht möglich sind und uns Daten für gute Analysen mit Drittvariablenkontrolle oder Panalstudien fehlen...kann man hier für alles mögliche argumentieren ohne wirklich widerlegt werden zu können.

Ich würde daher sagen: man kann Rollenspiel im Prinzip nur allgemein unter "soziale Aktivität" einordnen und schauen was sich da im Vergleich mit anderen Aktivitäten ergeben hat. Aber zu sagen Rollenspiel sei irgendwie gegenüber anderen sozialen Aktivitäten überlegen...dafür gibt es einfach keine Argumentationsbasis.
Guten Tag! Ja, ich bin ein sprechendes Pferd mit einer Kerze auf dem Kopf, aber kommunizieren Sie doch bitte mit mir so unbefangen wie mit bipedalen vernunftsbegabten Lebewesen auch!

Offline asri

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #65 am: 16.10.2012 | 12:49 »
Grundsätzlich liege ich ja mit der ganzen Stoßrichtung hier auf einer Linie. Aber nun überlege ich doch, welche Eigenschaften Rollenspiel von anderen sozialen Aktivitäten/ Spielen/ Hobbies unterscheiden.

Dabei geht es mir nicht um Überlegenheit des Rollenspiels - und die Frage nach der Wirkung (Erfolg? Selbstsicherheit?) der Eigenschaften von Rollenspiel würde ich kurzfristig ausklammern.

Ich glaube, durch die Kombination von Spieler und Charakterrolle entsteht ein geschützter Raum: Spieler können experimentieren, potentielle Konsequenzen aber können vom Charakter "aufgefangen" werden. Ähnliche Eigenschaften weist Improtheater und vielleicht auch sonstiges Theater auf, wobei durch den Präsentationsfaktor (das wird vor einem Publikum gezeigt und soll daher auch fremden Ansprüchen genügen) wiederum Druck aufgebaut wird, der beim Rollenspiel nicht (in dem Maße) vorhanden ist. "Regulärem" Theater fehlt außerdem der starke Improvisationsanteil.
Neben diesem geschütztem Raum als einer Besonderheit des Rollenspiels ist vielleicht noch das breite Spektrum von Fähigkeiten erwähnenswert, das angesprochen wird: Lesen (evtl. in einer Fremdsprache, wobei das im englischsprachigen Raum kaum relevant ist), Rechnen (meist recht simpel, dazu aber auch Einschätzen von Wahrscheinlichkeiten), freies Sprechen, Planen, Beschreiben und Entscheidungen treffen, bildliche Vorstellungskraft, Hineinversetzen in jemand anderen (Empathie/ emotionale Intelligenz), soziale Interaktion (Aufgabenteilung, Kompromisse aushandeln usw.), Spezialwissen aneignen (über die Spielwelt, Regeln, historische Kenntnisse...). Natürlich ist das nicht bei jeder/ jedem gleich ausgeprägt, und die Liste ist sicher nicht vollständig - aber die Bandbreite ist, denke ich, schon beachtlich.

Reicht das aus, um zu sagen, dass Rollenspiel sich von vielen anderen sozialen Aktivitäten unterscheidet - und dass die unterscheidenden Merkmale einer positiven Persönlichkeitsentwicklung förderlich sind? (*hust* sehr vorsichtig formuliert)

Natürlich heißt das nicht, dass einzig und allein Rollenspiel aus Dir einen tollen Menschen machen kann. Und ich persönlich habe solche Wirkungen auch noch nicht bemerkt, weder bei mir noch bei anderen. Schade eigentlich. ;D

Aber mal drüber nachzudenken, was andere Gesellschaftsspiele, Hobbies oder allgemein soziale Aktivitäten von Rollenspiel unterscheidet, finde ich spannend. (Natürlich wird man das für jedes Hobby machen können - fürs Briefmarkensammeln genauso wie fürs Kaninchenzüchten.)

Offline aingeasil

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #66 am: 17.10.2012 | 20:13 »
Es gab letzt einen recht interessanten TED Beitrag darüber, wie Körpersprache unser Verhalten beeinflusst (was man ja schon weiß) - und der letzte Teil dieses Beitrags ist eigentlich genau das, was man auch mit Rollenspiel erreichen kann: Fake it till you become it.
Und gerade im sozialen Bereich dürfte da Rollenspiel ziemlich gut darin sein, zumindest grundlegende soziale Komponenten sehr gut an den Mann zu bringen.

Und wer mir jetzt mit "ich bin aber immer noch kein echter Magier" kommt, den erschieß ich mit meinen erspielten Fernkampffähigkeiten *nickt*

Engelchen

Offline ArneBab

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #67 am: 17.10.2012 | 21:31 »
Ich habe vor einiger Zeit einen längeren Text zum Thema Rollenspiel und persönliche Entwicklung geschrieben. Vielleicht ist der hier ja auch nützlich: Rollenspiel, persönliche Entwicklung und die SL.

Zitat
Rollenspielen ermöglicht ein sehr tiefes Erleben einer anderen Person, und damit eröffnet es einen Weg mit der eigenen Psyche zu arbeiten.

Wenn Rollenspielrunden tief gehen und die Spieler ihre Charaktere wirklich spüren, dann können sie der Entwicklung der Charaktere folgen und sich durch dieses intensive Erleben der Entwicklung einer anderen Person auch selbst weiterentwickeln.

…(snip viel Text)…

Für Spieler bedeutet der Effekt, dass sie ihre Charaktere so wählen können, dass sie für sich selbst damit eine bestimmte Entwicklung unterstützen.

Für Spielleiter bedeutet er, dass sie ihre eigene Entwicklung zwar auch durch bestimmte NSCs fördern können, dass sie aber auch eine größere Verantwortung haben, denn wenn sie ihre Arbeit gut machen, haben ihre Spieler viele Möglichkeiten zur Entwicklung, wenn sie den Effekt aber ignorieren, gibt ihre Runde den Spielern vielleicht weitaus weniger als sie könnte, und auch die Intensität kann leiden.

Allerdings gibt der Effekt einer SL auch ein paar neue Werkzeuge in die Hand, um die Chance zu erhöhen, dass die Runden gut laufen.

Das Erste geben ihr die Charaktere: "Warum hat der Spieler den Char gewählt?"
Das ist es, was er im Spiel erleben will.

Das zweite geben dir die Spieler: "Welche Grundkonflikte haben die Spieler, welche gibt es zwischen ihnen und welche hast du selbst?"
Die sind es, die auftreten werden.
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Offline Oberkampf

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #68 am: 18.10.2012 | 08:11 »
Also ich glaub es nicht. Ich sterbe jedes Mal, wenn ich vor unbekanntem Publikum sprechen muss, manchmal selbst vor bekanntem. Das ist mittlerweile auch beim Leiten so, ich kriege eine mittelschwere Krise, wenn ich auf einem Con etwas anbiete. Bewerbungsgespräche waren für mich reiner Horror. Rollenspiel übt zwar das freie Sprechen und begrenzt das Schauspiel, bei einigen vielleicht die Kreativität, Empathie oder Organisationsfähigkeit (inbesondere beim Vorbereiten), aber entscheidet wenig darüber, ob man selbstsicher oder scheu ist.
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Offline asri

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #69 am: 18.10.2012 | 08:32 »
Die nächste Folge des Idea Channel ist raus. Das heißt auch, dass auf die Kommentare der Zuschauer zur vorigen Sendung reagiert wird. http://www.youtube.com/watch?v=I9QhyDdWbBY Ab ca. 6:15 gibt es also noch ein Häppchen zur Rollenspielthese. Mein Eindruck: nix Umwerfendes.

Offline Maarzan

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Re: Kann Rollenspiel uns selbstsicher und erfolgreich machen?
« Antwort #70 am: 18.10.2012 | 18:28 »
In wie weit Rollenspiel für die sonstige Lebensqualifikation nützlich ist, dürfte von den Alternativen abhängen, welche ansonsten ergriffen würden und damit auch dem Maß an Zeit, die ausschließlich dem Spiel gewidmet wird.

Die wenigsten (d.h. nicht keiner!) Leute würden z.B. gerade im jugendlichen Alter so ohne Not Sprachkurse etc belegen oder anderweitig ziellos büffeln und selbst wenn bleibt die Frage der entsprechenden regelmäßigen Anwendung, damit die neuen Fertigkeiten nicht gleich wieder verschütt gehen.
Dazu kommt das Element der Sekundärwirkung: Dinge, die nicht direkt mit dem Spiel zu tun haben, aber wo das Spiel eben Anreiz gegeben hat sich mit anderen Dingen näher zu beschäftigen: Erwecktes Interesse an Astronomie und Physik durch ein SF-Spiel, der aufgenommene Kampfsport oder das selbst beigebrachte Programmieren, weil man einen Charaktereditor brauchte.

Dazu könnte man voraussichtlich noch einmal zwischen den Spielstilen differenzieren, da unterschiedliche Quellen des Spielspaßes auch unterschiedliche Interessen und Verhaltensweisen nach sich ziehen.

Sozial muss man ebenfalls sehen, wo die Leute sonst standen. In vielen Fällen ist das Spiel eben auch ein Hafen für diejenige, welche in der normalen (Schulklassen-)Gesellschaft aus dem einen oder anderen Grund ausgegrenzt wurden. Je nachdem, kann dieses Asyl einen auffangen und Gelegenheit geben sich durch soziale Übung der Normalität wieder anzunähern oder aber die Abgrenzung noch verstärken.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...