Die von Turning Wheel angesprochene Herangehensweise wäre mir persönlich zuwider, das hat etwas Erzieherisches und Belehrendes, mit dem ich meine Spieler nicht konfrontieren kann und will, da ich mich nicht in der Position dazu sehe. Ich komme aber auch nicht aus der Werbung.
Was Erfahrungen angeht, die am Spieltisch übernommen werden, denke ich, dass es die im Eingangsposting genannten Extremsituationen ausschließt. Ganz gleich, wie nahe man an eine mögliche Erlebnisrealität heranreicht, sie wird niemals einen verwertbaren Gehalt mitgeben. Ganz gleich wie oft man einen Kriegs-Shooter oder ein entsprechendes Pen & Paper spielt, man wird dadurch nicht besser auf eine entsprechende Situation vorbereitet sein oder mit mehr Informationen reingehen. Es ist ja schon schwer, Soldaten eine Ausbildung mitzugeben, die in der akuten Stresssituation schon greift und auch da kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu Aussetzern, weil die Simulation (erst recht die gedankliche) keinen wirklich verwertbaren Moment erreicht, es sei denn, sie ist so intensiv und systematisch, dass sie den Stress überkommt. Dafür muss der entsprechende Mensch aber auch anderweitig darauf vorbereitet werden, meist indem er schon in der Ausbildung ähnliche Momente extremen Stress oder Traumas durchlebt.
Natürlich hat das Rollenspiel das Potential, mit erspielten Situationen Dinge abzubilden, die dem Spieler sonst verschlossen bleiben, Situationen die sonst vielleicht nie im echten Leben zum Tragen kommen - und es kann vielleicht je nach Intensivität der Spielsituation zu Gedanken darüber anregen und Spieler in eine emotionale Reflektion treiben, niemals aber in ein Trauma, vergleichbar mit Realisituationen, die Lernmechanismen anregen.
Anders ist das vielleicht bei den Beispielen "Bergsteigen" und "Selbstversorger" wenn der Spielleiter oder die Spieler bereits mit einem entsprechenden Fachwissen daran herangehen und dieses im Spiel und via Spiel wie in einem Workshop vermitteln, das hat aber mit "gewöhnlichem Rollenspiel" nicht mehr allzu viel zu tun, da wohl meistens Niemand am Tisch Realerlebnisse oder Kenntnisse zu den entsprechenden Themen vorzuweisen hat.
"Leben in einer fremden Kultur" ist insoweit sicher noch schwieriger, weil die Erlebnisse da teilweise so stark abweichen und prinzipiell mehr mit der individuellen Herangehensweise zu tun haben. Auch wenn ein Freund drei Jahre auf eigene Faust in Peru gelebt hat, wird er mir vielleicht nur rudimentäre Hinweise dafür geben, was ich machen muss, um das Gleiche im Herzen Afrika zu machen. Und selbst mit den Hinweisen kann es sein, dass ich Einige davon vor Ort aufgrund der gegebenen Umstände wieder in die Tonne kloppen kann. Noch extremer ist das Phantasiewelten - ich glaube kaum, dass phantastische Kulturen den Spieler tatsächlich auf soetwas vorbereiten könnten. Wie gesagt: zu Reflektion anregen aber nicht wirklich simulieren.