Der Inhalt
Die Gliederung des Dokuments ist funktional, man kriegt eine grobe Einführung in das Setting, welche Charaktere man spielen kann, und dann geht es gleich mit der Charaktergenerierung und den Settingregeln, Talenten und Handicaps, sowie Ausrüstung los. Da dies mein erstes Savage Worlds Settingbuch war, hatte ich mit deutlich mehr Änderungen am Regelwerk gerechnet und war über die geringe Zahl überrascht - die Autoren waren anscheinend überzeugt davon, ein Fernkampf-Setting quais mit den "Vanilla" Regeln von SW spielen zu können. Bis auf die Einführung der "Sanity" als abgeleitete Ressource und die Ausdehnung von Belastungsabzügen auf Widerstandsproben gegen Erschöpfung waren die Änderungen eher unauffällig. Neue Regeln betreffen vor allem Unterstützung durch Flugzeuge und Artillerie, wobei dieses System sehr abstrakt gehalten ist, aber einen funktionalen Eindruck macht. Weiterhin gibt es Regeln für Auszeichnungen und Beförderungen. Die Autoren gehen ferner davon aus, dass man mindestens auf Squad-Ebene spielt, also neben den Spielercharakteren immer noch eine ganze Menge NSCs mit raumlaufen, die dann ebenfalls von den Spielern geführt werden. Mit diesem Kniff, der bei SW wohl nicht ganz unüblich ist, können die Spieler auch mehr Spezialisten (z.B. Medics, Maschinengewehre, Mörser, Granatwerfer, Aufklärer, usw.) mit ins Feld führen, ohne selber alles abdecken zu müssen. Außerdem geben die Statisten im Zweifel hervorragende Kugelfänger ab.
Was die Ausrüstung der Charaktere angeht, ist das Setting recht penibel: Hier wird so ziemlich alles, was der gemeine Soldat mit sich rumschleppt, aufgeführt und mit Gewicht versehen. Addiert man die Standardausrüstung zusammen, kommt da ein gewaltiges Gewicht zusammen, was den normalen Stärke W6 Charakter schon in die erste oder zweite Überlastkategorie bringt. Stärke ist also wichtig! In Verbindung mit den verschärften Regeln für Traglast und das schwüle, heiße Wetter in Vietnam, kann das schwere Marschgepäck ein echtes Problem für die Charaktere werden, zumindest dann, wenn ihnen das Trinkwasser ausgeht.
Ich habe leider keinen Verweis finden können, für welche Version der SW-Basisregeln ToD konzipiert ist. Da ich die deutsche Gentleman's Revised Edition als Taschenbuch habe, deckten sich einige Aussagen in ToD nicht ganz mit meinen Regelkenntnissen, aber die Probleme ließen sich meistens mit etwas Recherchieren lösen.
Als Charaktere sind praktisch nur Soldaten vorgesehen, wobei hier sehr viele Differenzierungen vorgenommen werden zwischen Special Forces (SEAL, Ranger, usw.), sowie den regulären Truppen. Das Setting versucht übrigens zwei Epochen der "Indochinakonflikte" abzudecken, einmal die französische Kolonialherrschaft in den 50er Jahren, sowie das US-Engagement in den 60er Jahren. Es ist also auch durchaus möglich, französische Soldaten zu spielen.
Nach Regeln, Charakterkonzepten und Ausrüstung folgt das Kapitel über den eigentlichen Hintergrund (nur für den Spielleiter). Zunächst wird einem die Geographie Vietnams und der angrenzenden Länder erläutert, dann wird die Geschichte Vietnams und Südostasiens aufgerollt, beginnend in der Bronzezeit. Sehr detailliert geht es ab dem Beginn der französischen Kolonisierung zu, bis schließlich 1975 Nordvietnam den Süden erobert und die Teilung des Landes damit beendet. Beim Lesen dieses "Geschichtskapitels" darf man eines auf keinen Fall vergessen: Das Setting ist Teil der Weird Wars Serie, und der Autor hat in dem gesamten Dokument immer wieder geschickt Fiktion mit Realität vermischt. Wer also glaubt, hier seine Geschichtskenntnisse über den Vietnamkonflikt auffrischen zu können, der wird eine heftige bis peinliche Enttäuschung erleben. Hier sollte man doch besser zu einem (oder gleich mehreren) Geschichtsbüchern greifen. Akzeptiert man diese künstlerische Freiheit, entführt einen der Autor letztendlich in eine spannende parallel-Realität, die nach außen den Anstrich des realen Vietnamkonflikts hat, in Wirklichkeit aber etwas völlig anderes ist. Ich gehe später nochmal auf meine persönlichen Ansichten zu diesem Realitätsmix ein.
Das nächste Kapitel beschäftigt sich damit, wie man das Spiel denn nun spielt. Hier sind die Regeln für Wahnsinn untergebracht und Informationen zum Aufbau von militärischen Formationen zu finden. Für mich als in militärischen Belangen völlig ungebildeten Menschen sehr wertvolle Informationen. Außerdem wird auf so unschöne Dinge wie Minen und Sprengfallen eingegangen.
Danach folgt der ziemlich umfrangreiche Missionsgenerator für die Einsätze der Einheit der Spielercharaktere. Ich muss vorwegstellen, dass dies mein erster Kontakt mit SW-Missionsgeneratoren ist, aber ich war wirklich schwer beeindruckt über die Fülle an Optionen. Einige Tabellen unterscheiden sogar nach französischen und US-Truppen, wobei ich den Eindruck habe, dass die Franzosen im Vergleich zu den Amerikanern etwas stiefmütterlich behandelt werden. Nachdem ich probeweise ein paar Missionen ausgewürfelt hatte (inklusive Komplikationen und Ablenkungen) hatte ich spontane Ideen, wie ich diese Gerüste in tatsächliche Abenteuer umsetzen könnte - Ziel erfüllt!
Nach dem Missionsgenerator folgt die Plot-Point Kampagne, die insgesamt 21 Savage Tales umfasst. Für mein Gefühl ist dieses Kapitel das Herz und Glanzstück von ToD. Die Kampagne ist sehr modular aufgebaut, enthält Abenteuer unterschiedlicher Intensität und Schwierigkeit und schafft es trotzdem, einen durchgehenden Handlungsstrang abzubilden.