Autor Thema: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter  (Gelesen 4385 mal)

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Offline Molcho

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Liebe Forengemeinde,

ich habe da ein Problem. Ich möchte wissen, was man mit seiner Stimme alles machen kann, damit ich NPCs darstellen kann, die…
1. klar zu unterscheiden sind
2. deren Persönlichkeit durch ihre Stimme widergespiegelt wird
3. die man schnell "finden" kann

Doch das Problem ist, dass mir keine Anleitung und Vokabular zu Verfügung steht, welches klarmacht, was man wie machen kann. Natürlich gibt es einige Sachen, die man kennt (hoch, tief, rauchig, sanft, Stimmbruch, stotternd, wortsuchend, kehlig, wispernd, Akzente, Dialekte), aber ich bin mir sicher, dass es auch irgendwie eine Auflistung gibt, die diese Dinge einzuordnen weiß.

Mir erscheint es wirklich seltsam, dass ein so wichtiger Teil des Rollenspiels (die Stimme des Spielleiters) so wenig Beachtung findet. Dabei ist sie nicht nur für die Darstellung der NPCs essentiell, sondern auch für eine stimmungsvolle Darstellung der Welt sehr förderlich.

Also… kennt sich jemand mit Stimmenmachen/Synchronisation/Voice Acting aus und könnte Literatur empfehlen oder hat jemand sich selbst Gedanken gemacht zum Thema?

Offline Turning Wheel

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #1 am: 10.06.2015 | 06:37 »
Ich bin völlig deiner Meinung und würde mich da auch gerne weiter entwickeln.

Allerdings ist deine Auflistung ja eigentlich schon sehr gehaltvoll.
Um die paar Sachen richtig zu trainieren wärest du ja schon eine Weile beschäftigt. Vor allem mit der Aneignung von Dialekten.

Als ganz wichtig würde ich zu deiner Liste noch das Vokabular und rhetorische Strategien hinzufügen.
Das ist schwierig, weil man dazu sein eigenes extrem erweitern muss und es anspruchsvoll ist, das dann spontan im Gespräch umzusetzen.

Offline D. M_Athair

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #2 am: 10.06.2015 | 07:29 »
... allzu viel kann ich dazu nicht schreiben. Nur etliche eigene Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Erzählen und Vorlesen von Abenteuer-Geschichten für Gruppen von Kindern und ein bißchen Improtheater:

Entscheidend ist für mich sind folgende "Faustregeln" geworden:
  • Der Einsatz der Stimme (zum Beispiel beim Gebrauch von Dialekten) muss zum Erzähler passen. Es ist dabei unerheblich ob der Erzähler z.B. komplett in einen Dialekt wechselt oder diesen nur punktuell anklingen lässt. Viel entscheidender ist: Kann ich flüssig und komplett in eine Art Dialekt wechseln oder nicht? Wenn nicht, dann ist es viel besser den Dialekt nur anklingen zu lassen und die Eigenheiten des Dialekts einer Figur zu beschreiben.
  • Floskeln. Jeder Mensch hat seine Lieblingsworte, auf die er häufig zurückgreift. Sowas wie das Füllwort "halt", "äh"-Frequenz, "interessant", "genau", etc. Die sind für mich - neben Sprechgeschwindigkeit und Rhythmus von Formulierungen (der NSC schließt nach einer Sprechpause haufig eine Ergänzung des letzten Satzes mit "und" an) mit die wichtigsten Charakterisierungsmerkmale von Charakteren geworden.
  • Weniger ist mehr. 1-2 sprachliche Merkmale pro Figur reichen völlig. Erzählen (auch das Ausspielen von [N]SC) im Rollenspiel ist was anderes als ein Hörspiel aufzunehmen. Zu große Abweichungen in der stimmlichen Darstellung von Figuren ist für die Zuhörer verwirrend. Deswegen sind gezielt eingesetzte punktuelle Merkmale und eher geringe Abweichungen von der Normalstimme meist viel besser nachvollziehbar als Stimmmodulationen, die nicht konsequent durchgehalten werden. Und gerade das "konsequent durchhalten" macht in der "live-Erzählung" größere Schwierigkeiten, weil Fehler (die stören immer - auch wenn es nur kleine sind) nicht einfach rausgeschnitten werden können.
  • Temperament. Das findet sich in der Stimme wieder. Wie häufig sind emotionale Ausbrüche? Schimpfworte? Termina technica? Spricht die Figur bedächtig, langsam, schleppend, "spuckt die Worte aus", ohne Punkt und Komma, hastig, schnell? Ist der Kopf schneller als der Mund oder anders herum? Egal, wie die generelle Sprechweise und der "mood" der Charaktere ist: Es muss immer noch Raum geben, um stimmlich seine Stimmung darstellen zu können. (Auch gilt: Anspielen ist besser aus inkonsequent Ausspielen.)
« Letzte Änderung: 10.06.2015 | 09:21 von Strohmann-Hipster »
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Offline Uebelator

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #3 am: 10.06.2015 | 08:33 »
Ich nutze häufig Dialekte und trete da fleissig auf Klischees rum (breiten hamburger Slang für "einfache" Leute, russischen Akzent für Gangster, spanischen Akzent für männliche Schwerenöter, französischen Akzent für weibliche Verführer usw.). Darf man natürlich nciht übertreiben so dass jeder zweite irgendwie komisch spricht, aber hier und da eingesetzt hilft das gut.

Außerdem versuche hier und da was mit meiner Stimme und Aussprache zu machen. Hohe oder tiefe Stimme, lispeln, rollendes "R" und solche Sachen. Und die Art wie man Dinge ausspricht spielt auch eine große Rolle. Eher weich und samtig, oder abgehackt und "eckig"?

Offline Auribiel

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #4 am: 10.06.2015 | 09:04 »
Leider kann ich mit keiner detaillierten Anleitung dienen:

Ich habe bei einem NSC immer ein gewisses Bild vor Augen, häufig mit einer Assoziation - ("wie Johnny Depp in Fluch der Karibik", "Wie Marlon Brando in der Pate", "texanische Teenagerin mit Kaugummi im Mund" usw.). Sobald der NSC auftritt übernehme ich die Rolle dann samt Sprachstil. Klappt eigentlich sehr gut. Bestimmte Redewendungen usw. schleichen sich dann einfach automatisch ein. Aber mir helfen hier ganz klar Klischee-Vorstellungen. :)
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Offline Lord Verminaard

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #5 am: 10.06.2015 | 09:16 »
Nicht direkt auf die Stimme bezogen, aber ich fand die Hinweise zum Thema "Status" und wie man den mit sehr einfachen Mitteln darstellen kann sehr gut. Ich habe das in Graham Walmsleys "Play Unsafe" gelesen, sollte sich aber so oder ähnlich in jedem gescheiten Impro-Leitfaden wiederfinden. Überhaupt können wir Rollenspieler da glaube ich echt viel vom Improvisationstheater lernen.

Die Tipps vom Stohmann-Hipster finde ich auch sehr gut. :d
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Offline Edwin

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #6 am: 10.06.2015 | 10:03 »
Die Sprechweise einer Person dürfte einerseits von ihrer individuellen Persönlichkeit beeinflusst werden und andererseits von der Situation, in der sie sich gerade befindet.

Sich darum auch die Situation und ihre Erfordernisse vor Augen zu führen, ist darum auch oft sehr nützlich für die Darstellung.

Beispiele:

- Lautstärke: in einem Tempel spricht man eher leise, in einer Maschinenhalle oder in einem Sturm muss man schreien um sich verständigen zu können.
- Unterbrechungen: vielbeschäftigte Leute wie Wirte, Lagerhausverwalter usw könnten immer wieder kurz das Gespräch mit den SC unterbrechen ("Ein Bier der   
  Herr, kommt sofort", "Nein, die Leitern kommen in die LINKE, nicht in die RECHTE Abeteilung!!!")
- Zeitdruck: bei einer Unterhaltung im Park mag man alle Zeit der Welt zu Ausführungen und Abschweifungen haben, auf einem Schlachtfeld sieht das anders aus.

Guten Tag! Ja, ich bin ein sprechendes Pferd mit einer Kerze auf dem Kopf, aber kommunizieren Sie doch bitte mit mir so unbefangen wie mit bipedalen vernunftsbegabten Lebewesen auch!

Offline Bad Horse

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #7 am: 10.06.2015 | 20:26 »
@Lautstärke: Damit sollte man es nicht übertreiben. Klar, man kann mal lauter und mal leiser sprechen, aber grade als SL sollte man hörbar bleiben. Ich habe eine Spielerin, die fängt immer an zu flüstern, wenn ihr Charakter das auch macht - das ist zwar stimmungsvoll, aber leider versteht sie dann keiner mehr.  :P
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline KlickKlack

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #8 am: 10.06.2015 | 20:44 »
Bezüglich Stimme und stimmtraining wurde ja schon einiges gesagt. Etwas, was man schnell umsetzen kann ist Körperlichkeit einzubeziehen, das wirkt sich auch immer auf die Stimme aus und hilft sehr sich, gerade zu Beginn, wenn man damit beginnt die Stimme fürs Rollenspiel zu schulen, besser in eine Rolle hineinzuversetzen. Ein verunsicherter Mensch senkt den Blick, zieht die Schultern ein, spielt mit den Händen... Ein selbstbewusster Mensch ist aufrecht, hat breite Schultern, lächelt, blickt sein gegenüber direkt an. Wenn du dann noch etwas bewusster, ruhiger atmest wird die Stimme gleich tiefer. Ängstlich atmest du etwas schneller, spannst die beinmuskeln an, schon wird die Stimme gehetzer, höher. Stehe ruhig mal auf, wenn du einen dynamischen Charakter spielst, gehe um die Charaktere herum. Suche gegebenenfalls Körperkontakt, oder Wende dich klischeehaft ab wenn dein Charakter die Spielercharaktere nicht mag. Unbewusst wird all dies deine Stimme verandern. 
« Letzte Änderung: 10.06.2015 | 21:12 von KlickKlack »

Offline Nørdmännchen

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #9 am: 10.06.2015 | 20:59 »
Ha - noch ein EDIT: Schöner Beitrag vom Strohmann-Hipster!

Ich habe persönlich nur rudimentäre "Voice-Acting"-Erfahrungen, aus etwas Stimmbildung und eben Laienschauspiel. Allerdings durfte ich schon öfter auf der anderen Seite der Scheibe sitzen, wenn Sprecher aufgenommen wurden und habe daher und aus anschließenden Gesprächen folgende Anregungen:

  • Alle Sprecher die ich kenne, nehmen die Stimmen die sie üben auf bzw. möchten die Aufnahmen immer wieder hören. Wer es wirklich üben will, sollte sich selbst aufnehmen.
  • Stimmen habe eine körperliche Erfahrbarkeit und können daher trainiert werden. Analog zum Einsatz von Muscle Memory bei (Action-)Schauspielern. Ich kenne zwei Sprecher die auch Sänger sind und skizzenhaft aufzeichnen, wo sie die jeweilige Stimme im Körper spüren.
  • Simpler Tipp: Hohe Stimmen im Körper nach unten denken (Unterbauch, Zwerchfell), tiefe Stimmen oben visualisieren (Mund-/Rachenraum). Ist für die meisten genau entgegengesetzt zur Intuition.
  • Zwerchfellstütze erleichtert lautes, klares Sprechen bei Beibehaltung von Modulation und Ausdruck. Tipps dazu weiter unten...
  • Assoiziere prägnante Stimmen mit Klischees: Comicfiguren, Komiker, Tiere (!)...
  • Körperhaltungen erzeugen Stimmen. Schultern und Brustbereich (eng und weit machen, nach vorne, nach hinten), Kopfhaltung, Halsstellung, Arme (angespannt, eng am Körper, hoch - entspannt, nach unten), Bauch (Klappmesser vs. durchgestreckt).
  • Gleiches gilt natürlich für Mimik. Insbesondere hier nochmal die Haltung des Mundes... Übt Stimmen also durchaus vor dem Spiegel oder einer Kamera. (Da könnte man wohl ewig ins Detail gehen.)
  • EDIT:Bevor Du mit dem Sprechen anfängst, wiederhole einige Male einen "typischen" Atemrhythmus, den kannst Du auch als Stichwort notieren. (hektisch, kurz, flach, tief, ruhig, durch die Nase, durch den Mund, kehlig, wie ein Raucher, wie ein Trompeter usw.)

Dazu kommen nun die kniffligen Teile Sprachrythmus und -melodie. Sowie der Lautbildung und -interpretation. Das ist ein wahrscheinlich unendliches Feld. Hier glaube ich das Übung, Übung und Übung in Kombination mit Selbstreflektion der Schlüssel ist. (Nochmal: Aufnehmen!)
Besonders geeignet sind angeblich Videos mit Übertreibungen und Persiflagen, die beim Üben nachgesprochen werden. Da insbesondere Newbies den Grad an übernommenen Sprach-Eigenheiten eher reduzieren. Aber natürlich auch, da die Merkmale hier sehr deutlich werden.
EDIT: Mit diesem Absatz meine ich sowohl individuelle "Voicepatterns" als auch Dialekte und andere kulturelle bzw. milieubezogene Eigenheiten.

EDIT: KlickKlack ist mir mit der Körperlichkeit zuvor gekommen...  ;)
« Letzte Änderung: 10.06.2015 | 21:18 von Nørdmännchen »
»Gute Geschichten sind so gut aufgebaut, daß Lehrer natürlich denken, sie seien vorher geplant,
aber jede Geschichte hätte auch in eine Million andere Richtungen gehen können.«

– Keith Johnstone, Theaterspiele

Offline Nørdmännchen

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #10 am: 10.06.2015 | 21:12 »
So, nun ein paar Tipps zum Zwerchfell:

  • Auf Autofahrten mal Hecheln, das ist wie Dauerlauf für's Zwerchfell...
  • Beim Gähnen Töne machen, dann spürt Ihr genau, wie das Zwerchfell arbeitet. Geht übrigens mit Einschränkungen auch beim Schluckauf.  :D
  • Visualisiere an einer riesigen Blume zu riechen, die Du direkt vor Deine Nase hältst - dann hauche den Atem an eine fiktive Glasscheibe (langsam...)
  • Lege die Hand zwei Finger breit unter den Bauchnabel. Atme in diese Zone - als würdest Du einen Ballon in Deinem Bauch aufblasen. Entlasse die Luft so langsam und lang wie Du kannst, mit einem "Schschschsch...". Entleere den ganzen Ballon, indem Du die Bauchdecke anspannst. Das wieder einatmen sollte dazwischen schnell, fast ruckartig funktionieren.
  • Gleiches Einatmen wie soeben. Doch nun sprich dazudanach ruckartig und abgehackt! Jede Silbe wird mit einem Anspannen der Bauchdecke begleitet. (Vorsicht: diese Übung kann laut werden.)

Es gibt noch viele coole körperliche Übungen, die aber irgendwie nervig zu beschreiben sind.  :P
Auf Nachfrage hätte ich auch noch ein, zwei Dinge zur Stimm-Aufwärmung auf Lager.
« Letzte Änderung: 10.06.2015 | 21:20 von Nørdmännchen »
»Gute Geschichten sind so gut aufgebaut, daß Lehrer natürlich denken, sie seien vorher geplant,
aber jede Geschichte hätte auch in eine Million andere Richtungen gehen können.«

– Keith Johnstone, Theaterspiele

Offline Stagger

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #11 am: 10.06.2015 | 23:54 »
Interessanter Thread!

Ich kann mal meine Erfahrung damit beschreiben. Allerdings steht bei mir das Voice in Klammern und ich gehe mehr in Richtung Acting. Ich bin in meiner Freizeit hin und wieder als Laiendarsteller unterwegs.

Zitat von: Nørdmännchen
Körperhaltungen erzeugen Stimmen. Schultern und Brustbereich (eng und weit machen, nach vorne, nach hinten), Kopfhaltung, Halsstellung, Arme (angespannt, eng am Körper, hoch - entspannt, nach unten), Bauch (Klappmesser vs. durchgestreckt).
Gleiches gilt natürlich für Mimik.
Kann ich nur unterschreiben. Als SL wechselt meine Sitzhaltung mit allen NSC und Situationen. Die Art, wie Du mit deinen Spielern "in character" kommunizierst, ist entscheidend. Körperhaltung+Mimik+Gestik passend zu Wesen und Zustand des NSC. Dann kommst du eigentlich automatisch in die richtige Tonlage und -art.

Wenn ich nicht genau weiß, wie ich als ein bestimmter NSC sprechen soll, überlege ich, wie der allgemein so drauf ist. Der Straßenhehler kann hektisch sein. Der Kämpfer selbstsicher. Der Fischer gelassen. Der Bauer forsch. Sind nur ein paar Basisbeispiele. Mir haben die am Anfang geholfen. Du musst persönlich gar nicht in diese Kategorien gehen. Ich war bei meinen Laienschauspielauftritten bisher immer in Rollen, die völlig gegensätzlich zu meiner echten Person waren. Dennoch habe ich viel Lob für diese Darbietungen geerntet. Vermutlich weil ich während meiner Auftritte die eigene Denkweise ausgeschaltet und andere improvisiert habe. Witzigerweise erhielt ich am meisten Lob für eine Rolle, die mir persönlich überhaupt nicht lag (sogar wirklich unangenehm war!) und die ich binnen 3 Stunden samt Skript einstudieren/improvisieren musste, weil der eigentliche Darsteller und seine Zweitbesetzung beide kurzfristig ausgefallen waren.

Meine Devise lautet also unterm Strich: Mach dir keinen Kopp. Mit simplen Techniken kannst du nicht nur Sprache, sondern deine gesamte Darbietung am Spieltisch verbessern oder anders gesagt interessanter für die Spieler machen.

Am Spieltisch wirklich wichtig ist aber bei jeder Darstellung Augenkontakt. Nach Möglichkeit zu allen Spielern. Sorgt für Aufmerksamkeit (wie beim Schulreferat oder PowerPoint Meeting).

Ich überlege mal die Tage weiter, ob mir noch andere Punkte einfallen.  :)
Oh Lord, please, don't let me be misunderstood.

Offline Chief Sgt. Bradley

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #12 am: 11.06.2015 | 00:04 »
Super Trööd, Freunde :d
Viele sehr wichtige und großartige Dinge haben meine Vorposter schon gesagt.

Seit über zwanzig Jahren bin ich nun SL und hab immer noch ne Menge Spaß daran. Über die Jahre habe ich auch immer wieder neue Techniken gelernt und geübt. Beruflich auch durch diverse Kommunikations/Präsentations-Weiterbildungen.

Mir half und hilft immer noch Imitation, also die Nachahmung von Prominenten mit prägnanten Stimmen. Zum Beispiel Angela Merkel, Johannes Rau, Kurt Krömer, Stefan Raab, Udo Lindenberg. Sehr gerne schau ich mir auch Comedians an, welche ihrerseits viele Personen darstellen. Carolin Kebekus und Max Giermann, um mal zwei zu nennen.

Zwar englisch aber nicht zu unterschätzen: Blockbuster Buster über Voice-Actors
« Letzte Änderung: 11.06.2015 | 00:08 von Chief Sgt. Bradley »
Für die Neuen
"Sir! We are surrounded!" - "Excellent! We can attack in any direction!"
Es gibt drei Arten von Grammatik: korrekt, falsch oder Yoda
Insgesamt hab ich das vorhin einer Bekannten am Telefon beschrieben mit "Guardians of the Galaxy in XXL und geiler!"

Offline Molcho

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #13 am: 11.06.2015 | 05:57 »
Danke für die Antworten. :d Leider haben sie mir nicht wirklich weitergeholfen und ich glaube, dass es vielen ähnlich geht. Die genannten Tipps und Tricks sind natürlich super, aber auch nicht neu.

Mir persönlich helfen am meisten die Imitation (von bekannten Sprechern oder Charakteren) und die Verortung (hinten im Rachen, oben in der Lunge, im Mund oben links etc.). Beide haben den Vorteil, dass ich mit geringen Notizen oft schnell wieder in die Stimme hineinfinde.

Ich habe ganz gezielt nicht nach Mimik und Gestik gefragt, weil ich damit persönlich keine Schwierigkeiten habe, aber ich sehe ein, dass es ein wichtiger Teil der Darstellung ist und sich nur schwer von der stimmlichen Repräsentation trennen lässt. Trotzdem klammere ich das mal aus und kopiere einfach mal meine Liste hier rein, die bereits ein bisschen durch eure Tipps ergänzt ist. Vielleicht findet sich ja noch mehr oder es fällt jemanden eine bessere Einteilung ein.

Wie wird gesprochen und was wird gesagt:

Anatomische Artikulation
Geschwindigkeit
Atmung
Artikulationsort
Takt
Lautstärke
Mundöffnungsgrad
Tonhöhe
Sprachfehler

Kulturelle Prägung
Dialekt
Akzent
Soziolekt

Emotionale Lage
Wut
Angst
Stolz
etc.

Sprachlicher Stil
Gattung (Reime, Singen, etc.)
Grammatik (korrekt, falsch oder Yoda)
Register (Hochgestochen, Gossensprache, Schimpfwörter, Fremdwörter, Blumigkeit)
etc.

Individuelle "Floskeln"
z.B.
Malapropismen
Freudsche Versprecher
Füllwörter

Intellektuelle Reife
Alter (kindlich, erwachsen)
Weisheit (Dieter Bohlen, Dalai Lama)
Wildes Monster (Der große böse Wolf, Balu der Bär)

Relativer Status
Gesellschaftlich (gleichgestellt, unterwürfig, befehlend)
Höflichkeitsgrad
Verwandtschaftlich (mütterlich, brüderlich)
Vertrautheit (freundschaftlich, romantisch)

Gedanklicher Zusammenhang
z.B.
Verhaspelnd
Wirr
Logisch
Kurz und bündig
Rätselhaft
Selbstwidersprechend



Asterion

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #14 am: 25.06.2015 | 19:22 »
Der Beitrag von Strohmann-Hipster greift für mich auch schon sehr viele wichtige Punkte auf. Vor allem die Subtilität ist, bei aller Technik, meiner Meinung nach ausschlaggebend. Kommt natürlich immer auf die Situation an.

Erfahrungsgemäß, sowohl als SL als auch als Spieler, sind wenig subtile Sprachveränderungen nur im Kontext sinnvoll. Bei bewusstem comic relief zum Beispiel kanns natürlich das Spiel bereichern, Spielleiter die kontextunabhängig versuchen, Charakteren Farbe durch Dialekte, quirkige Sprechweisen, Akzente oder Sprachfehler zu verleihen tendieren allerdings gerne zum over-acting.

Es sitzen natürlich trotzdem vor allem Laienschauspieler am Tisch, viele verzichten sogar unmittelbar auf direkte Sprache. Das ist dann natürlich sowieso nochmal ne ganz andere Sache. Aber wenn man sich und seinen Körper auf so eine Sprechrolle vorbereitet, sollte man meiner Meinung nach im Grunde immer nach der "weniger ist mehr" und "was kann ich streichen, was könnte stören?"-Devise fahren.

Sich selbst aufzunehmen hilft, ist aber vielleicht auch gerne mal zu viel Aufwand, wenn man eine Gruppe hat, die da keinen großen Wert drauf legt. Als "Tipp" würde ich vor allem anraten, sich bewusst zu machen, was die Figur ausmacht. Bekannte Stimmen / Rollen zu kopieren kann spätestens dann in die Hose gehen, wenn sich die Kopie nur im eigenen Ohr gut anhört. Da sowas gerne sehr subjektiv ist, hilft es oft mehr, sich einfach nach der eigenen Vorstellung auszurichten, wie eine Figur / eine Rolle klingen könnte und mehr der Intuition, als ner Plansynchronisation zu folgen. Das ist ein bisschen wie der King'sche Würfel. Es reicht zu beschreiben, dass ein Würfel auf einem Tisch liegt - die subjektiven Assoziationen machen den Rest. Genauso bei der Stimme: eine andere Sprechweise kann sich schon im Duktus / Rhythmus niederschlagen und völlig andere Assoziationen auslösen. Das muss  nicht einmal bewusst oder überhaupt passieren. Spieler assoziieren oft schon im Kontext der Rolle einen anderen Sprachklang. Tendenziell können bewusste Akzente etc. das dann schon wieder stören. Deswegen würde ich prinzipiell eher davon abraten.

Offline Turning Wheel

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #15 am: 25.06.2015 | 20:37 »
Diesen Vortrag zum Thema Führung und Sprache fand ich interessant
https://www.youtube.com/watch?v=02EJ1IdC6tE

Offline Sammuell

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #16 am: 26.06.2015 | 07:35 »
Critical Success, ein RPG-Podcast hat dazu auch mal eine Folge herausgebracht. Da stecken soweit ich weiß Ideen von Improvistaionstheater drinnen.
http://peachesandhotsauce.com/podcasts/11-voicing-characters

Offline asri

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Re: Die Kunst der Stimmen - Voice Acting für Spielleiter
« Antwort #17 am: 26.06.2015 | 12:03 »
Interessanter Thread (und ich kann mit einigen Hinweisen hier durchaus was anfangen).

Nur kurz noch zwei Links:
http://www.roleplayingtips.com/readissue.php?number=80#tips ("NPC Voice Examples From Readers", eher holzschnittartig, aber vielleicht in ihrer Einfachheit hilfreich)
http://www.shamusyoung.com/twentysidedtale/?p=2325 (mit interessanten Hinweisen in der Diskussion, z.B. auf transgender voice-training bei Youtube - da wäre ich nie drauf gekommen, leuchtet aber sofort ein)