Wusstet ihr schon, dass die interne Bezeichnung für den Autor dieses Abenteuers „Goldjunge“ lautet? Und das hat freilich seine Gründe. Stefan ist nämlich so einiges: zuverlässig, schnell, kreativ, sozial verträglich, vielseitig einsetzbar und ein echter Handwerker am Text (Benutzer Tagschatten würde „Designer“ dazu sagen). In Sachen Abenteuer hat er einen Plan, wie sie erstellt werden müssen, um einen stabilen Handlungsrahmen zu schaffen, in dem mehrere Wege leichter oder schwieriger zu Ziel führen. Und diesen Plan hat er auch in Nacht der Toten wieder erfolgreich durchgezogen.
Dieses Abenteuer ist in der Schnellstarter-Version enthalten, die eigens zum GRT 2014 (?) auf die Welt losgelassen wurde. Viel Platz war also nicht, und das Abenteuer sollte in einem doppelten Sinne einsteigerfreundlich sein: Als Schnellstarter für Splittermond-Einsteiger, als GRT-Beitrag für Rollenspiel-Einsteiger. Was wäre da die Standardlösung gewesen? „Wer erstmalig ein Spiel leitet, muss vom Text an die Hand genommen werden. Um ihn (und die Spieler) nicht zu überfordern, ist ein Perlenschnur-Szenario zu wählen, das zwar kaum Handlungsoptionen lässt, dafür aber Stimmung und Geschichte leicht vermittelbar macht und an den Tisch bringt.“ - Was für ein Nonsens! Und im vorliegenden Abenteuer nicht zu finden. Stattdessen wird ein sehr überschaubarer Rahmen über eine hinreichend plausible Vorgeschichte (dazu unten mehr) gesteckt, mit diversen kreativen Glanzlichterlein geschmückt und mit Situationen gespickt, für die jeweils geprüft und an den SL-Padawan kommuniziert wird, auf welche Weise flexibel auf Spieleraktionen nicht bloß reagiert, sondern eingegangen werden kann. Und man staune: Spielregeln wurden weder gebeugt noch gebrochen!
Well designed, Goldjunge!
Also eigtl kann ich gar nicht anders als 5 Punkte (sehr gut) zu vergeben und tue das hiermit auch. (Bekanntlich tue ich mich ja im 5-Punkte-System aus Differenzierungsgründen ein wenig schwer mit der Vergabe der Höchstwertung.)
Ein paar Details missfallen mir:
- Über die Vorgeschichte werden die Paktbedingungen definiert. Und diese Bedingungen wiederum finde ich zu beliebig gewählt, um derart eben das Abenteuer zu ermöglichen. Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb die sinistre Feenkönigin über Jahre hinweg den Preis des Pakts ggü den Geistern einfordert und jedes Mal eine der Seelen unterjocht. Wenn sie doch so klug ist, dann hätte sie ihren eigtl beabsichtigten Preis mE längst haben können, auf die eine oder andere Weise. Da sich über die Paktdetails aber bislang keiner beschwert hat, mag ich hier auch lediglich einen Anflug von Altersknickerigkeit haben.
- Weshalb Tochters Mutter, die ja echt um das Leben / Heil ihres Kleinods fürchten muss, sich aktiv allein auf die Abenteurer verlässt statt auf ihrer Teilnahme an der Rettungsaktion zu bestehen, das verstehe ich nicht. Wenn das Leben meines Kindes in Gefahr ist, dann reiße etwaigen Gefahren den Arsch auf, zumindest versuche ich das. Hier fehlt mir also die Erklärung, weshalb die Mutter zurückbleibt. Irgendeine Verhinderung, die gewichtig genug ist und einmal klar artikuliert wird. Die kann ich mir freilich selbst ausdenken, ein Umarbeiten des Abenteuers wird daraus nicht resultieren.
- Der letzte Punkt geht gar nicht gegen das Abenteuer, sondern gegen die überall – und eben auch in diesem Abenteuer – anzutreffende (zu) starke Orientierung am offensichtlich Irdischen: Der Samhuinn-Termin ist bis in die Benennung hinein so glasklar an den irdischen Samhain (Samuin)-Termin angelehnt, dass es mich schmerzt. Klar, die ganze Region Tir Durghachan ist dicht dran am vorchristlichen / mythologischen Britannien etc, aber mE gewinnt ein Setting, wenn dem Drang zum Plakatieren widerstanden werden konnte und stattdessen verfremdet wurde. Aber „Samhuinn“ ist mW nicht durch das Abenteuer gesetzt worden, sondern durch den Weltband, also kreide ich es auch nicht dem Abenteuer an. Und es handelt sich um eine Geschmacksfrage.