Autor Thema: Elemente für taktische Kämpfe  (Gelesen 1254 mal)

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Offline keyx

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Elemente für taktische Kämpfe
« am: 13.05.2016 | 20:22 »
Nach der Feststellung, dass ich im Rollenspiel (momentan) gerne taktische Kämpfe möchte, frage ich mich gerade, was denn taktische Kämpfe überhaupt ausmacht. Was unterscheidet eine ordinäre Schießerei von einem taktischen Gefecht? Gibt es wesentliche Elemente die man unbedingt benötigt? Oder solche, die man quasi als Bonus, aber nicht als notwendig betrachten kann? Und was kann man daraus ableiten wenn man ein entsprechendes Regelwerk entwickeln möchte?

Mir geht es um Kämpfe mit einer überschaubaren Anzahl von Beteiligten, bei denen die meisten Spieler jeweils einen Charakter und eventuell noch eine kleine Zahl Verbündeter kontrollieren, während die Spielleitung die Gegner spielt. Wer sich auf Situationen bezieht die primär für Gefechte zwischen Armeen, Raumkämpfe oder sonstige andere Dinge relevant sind sollte möglichst darauf hinweisen.

Was mir bisher an spontanen Gedanken kam:

Positionierung mit daraus resultierenden Vor- und Nachteilen. Deckung, erhöhte Position, Frontkämpfer vor Schützen etc. Scheint mir ein wesentliches Element zu sein.
Für Regeln leite ich daraus ab, dass ich Positionen einzelner Beteiligter jederzeit nachvollziehen können will, ein Bodenplan mit Miniaturen bietet sich dafür an, sowie Regeln zur Bewegung der Charaktere.

Reihenfolge in der Charaktere agieren ist relevant. Will ich einen beliebigen Gegner ausschalten damit dieser nicht mehr agieren kann, oder warte ich ab ob sich der Schütze aus der Deckung bewegt? Ich bin mir nicht sicher ob das wirklich ein wichtiges taktisches Element ist, oder einfach nur notwendig um mehrere quasi zeitgleiche Aktionen zu koordinieren.
Als taktisches Element bräuchte man also Regeln, mit denen Charaktere Einfluss darauf nehmen können, zu welchem Zeitpunkt sie agieren dürfen.

Stärken und Schwächen von Waffen und Rüstungen. Wechsel ich gegen einen Gegner im Kettenhemd vom Schwert zum Dolch? Macht es einen Unterschied ob ich einen Flammenstrahl schleudere oder einen Blitzschlag? Ich denke es handelt sich hier zwar klar um ein taktisches Element, jedoch keins, dass unbedingt Voraussetzung ist um einen Kampf als taktisch zu betrachten.
Möchte man dieses Element einbauen bräuchte man offensichtlich Regeln, die zwischen verschiedenen Schadens- und Rüstungsarten unterscheidet.

Was fallen euch sonst noch für Aspekte ein, die man unbedingt oder optional braucht, um Kämpfe im Rollenspiel als taktisch zu betrachten?




Offline 1of3

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Re: Elemente für taktische Kämpfe
« Antwort #1 am: 13.05.2016 | 22:05 »
Schritt 1: Buzzword entbuzzen und entworden.

Taktik ist letztlich immer gegeben, wenn eine Person aus Handlungsmöglichkeiten auswählt, um auf das Handeln von Gegnern zu reagieren und auf diese Weise zu gewinnen.

Was du brauchst sind also mehrere Handlungsmöglichkeiten und Interaktion.

Positionierung ist also ein starkes Mittel. Es ist zwei dimensional, geht um den Abstand zu Verbündeten, Gegnern und Terrain. Ob da nun Schützen sind oder Schachfiguren ist dafür aber leidlich egal.

Abfolge kann interessant, ist aber bei weite weniger anschaulich als räumlicher Abstand. Tendenziell steigt hier der Organisationsgrad erheblich, wenn Leute ihre Züge verschieben können. Das ist nicht unbedingt wünschenswert. Interessanter kann es sein, Informationen teilweise verdeckt zu halten.

Zitat
Stärken und Schwächen von Waffen und Rüstungen. Wechsel ich gegen einen Gegner im Kettenhemd vom Schwert zum Dolch? Macht es einen Unterschied ob ich einen Flammenstrahl schleudere oder einen Blitzschlag? Ich denke es handelt sich hier zwar klar um ein taktisches Element, jedoch keins, dass unbedingt Voraussetzung ist um einen Kampf als taktisch zu betrachten.

Hier ist der Abstraktionsgrad falsch. Was die Charaktere tun, ist irrelevant, wenn es darum geht, wie sich die Leute am Tisch verhalten. Die Frage wäre also, was muss Person am Tisch tun, damit Charakter die Waffe wechselt?

Resourcen (hier insbesondere Aktionen) abwerfen wäre eine Möglichkeit. Oder Abzüge auf die nächste Aktion oder Verteidigung.

Offline ArneBab

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Re: Elemente für taktische Kämpfe
« Antwort #2 am: 13.05.2016 | 23:04 »
Ich finde die Frage nach taktischen Kämpfen interessant und auch nicht nur für ein Buzzword, sondern für ein wichtiges und nicht gerade triviales Element des Rollenspieldesigns.

Tendenziell steigt hier der Organisationsgrad erheblich, wenn Leute ihre Züge verschieben können.
Das gilt nur, wenn die Reihenfolge komplex ist. Wenn die Reihenfolge normalerweise sehr einfach ist, macht eine Verschiebung wenig aus. Ist aber oft die plastischte Repräsentation dessen, was Leute wollen: „Ich bereite mich darauf vor, Handlung X unterbrechen zu können“. Abwarten ist ein grundlegender Aspekt von Taktik: Ich lasse Gegner vor (so dass sie die Situation potenziell in ihrem Interesse verändern können), um den richtigen Moment für eine Handlung abzupassen.

Zitat
Die Frage wäre also, was muss Person am Tisch tun, damit Charakter die Waffe wechselt?
Bzw. was verändert sich dadurch, absehen von der direkten Situation?

Das könnte z.B. Risiko sein: Der Dolch macht es gefährlicher, falls sich jemand anders einmischt — oder der andere als zuerst angreift.

Die reine Fokussierung auf die Handlung am Spieltisch finde ich gefährlich: Was in der Spielwelt passiert, gibt den Handlungen Bedeutung, und oft ist das, was Charaktere tun, nicht das, was mit Spieltisch-Wissen am effizientesten wäre. Wobei es teilweise möglich wäre, das zu ändern.
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Re: Elemente für taktische Kämpfe
« Antwort #3 am: 14.05.2016 | 15:22 »
Für mich ist ein wesentlicher Aspekt, das sich ein Kampf "taktisch" anfühlt, eine Karte, auf der man Schach spielen kann. Das muss nicht unbedingt Zoll-Felder bedeuten, aber abstrakt-taktische Dinge wie Entfernungsbänder oder Zonen sind mir da gefühlt zu wenig. Die machen zwar auch Spaß, aber ich würde nicht das Wort "taktisch" benutzen, um sie zu erkären :)
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Re: Elemente für taktische Kämpfe
« Antwort #4 am: 14.05.2016 | 15:51 »
Was fallen euch sonst noch für Aspekte ein, die man unbedingt oder optional braucht, um Kämpfe im Rollenspiel als taktisch zu betrachten?
Trefferzonen. Wundabzüge und anderer Modifikatoren. Reichweite von Fernkampfwaffen. Besondere Kampfoptionen -oder Manöver . Größenunterschiede bei (verschiedenen)Rassen.

Schritt 1: Buzzword entbuzzen und entworden.
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Offline Chruschtschow

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Re: Elemente für taktische Kämpfe
« Antwort #5 am: 14.05.2016 | 17:33 »
...Und jetzt nochmal auf deutsch und für alle, die keinen Doktor in Rollenspiel-Theorie haben,bitte. Danke.

Nicht jeder versteht das gleiche unter "taktisch" und innerhalb kürzester Zeit streiten sich zwei Leute, dass etwas besonders taktisch sei. Ist es nicht! DOCH! NIE IM LEBEN! ABER SICHER DOCH!

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« Letzte Änderung: 14.05.2016 | 17:40 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline ArneBab

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Re: Elemente für taktische Kämpfe
« Antwort #6 am: 14.05.2016 | 18:50 »
Nicht jeder versteht das gleiche unter "taktisch" und innerhalb kürzester Zeit streiten sich zwei Leute, dass etwas besonders taktisch sei. Ist es nicht! DOCH! NIE IM LEBEN! ABER SICHER DOCH!
Anders gesagt: Die konstruktivste Antwort wäre eine Gegenfrage: Was ist Taktik im Kampf? Oder genauer: Wie kann ein System Leuten, die sich Taktik im Kampf wünschen, ein gutes Spielerlebnis bieten?
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Offline YY

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Re: Elemente für taktische Kämpfe
« Antwort #7 am: 15.05.2016 | 17:22 »
Was unterscheidet eine ordinäre Schießerei von einem taktischen Gefecht?

Ich weiß nicht, ob es so gemeint war, aber da ich bei dem Thema einen gewissen Beißreflex habe, schreibe ich trotzdem was dazu :)

Irgendeine Taktik gibt es so gut wie immer, es sei denn, alle Beteiligten treffen deutlichste Fehlentscheidungen und eiern nur so vor sich hin.
Taktische Aspekte können als Bewertungsmaßstab für ein Vorgehen dienen, aber i.d.R. ist das relativ übersichtlich und Taktik ist keine Schwarze Kunst, bei der man sich in immer höhere Sphären aufschwingen kann.


Gibt es wesentliche Elemente die man unbedingt benötigt? Oder solche, die man quasi als Bonus, aber nicht als notwendig betrachten kann?

So pauschal gefragt kann es auch nur pauschale Antworten geben.

Zuerst muss man sich Gedanken machen, ob man es fein- oder grobkörnig haben will, ob abstrakt oder sehr verlaufsorientiert.

Bisher ging alles eher in Richtung feinkörnig und verlaufsorientiert - da hätte ich persönlich ganz gerne noch Lichtverhältnisse und Wahrnehmung (insbesondere in Sachen Sichtlinie und Zielerkennung) drin.

Ansonsten:
Und was kann man daraus ableiten wenn man ein entsprechendes Regelwerk entwickeln möchte?

Die Grundsatzentscheidung für ein taktisches System ist in meinen Augen, ob man das Ganze aus einer eher objektiven, globalen Sicht angeht (also quasi aus der Vogelperspektive mit viel Information) oder eher subjektiv aus der Ichperspektive (mit der Zielsetzung, diese Perspektive zu simulieren und nicht den Kampf als Ganzes im Fokus zu haben).

Bei Letzterem wären dann Sachen wie OODA-Loop, Wahrnehmungsgrenzen u.Ä. wichtig.
Das will aber kaum einer "richtig" spielen oder leiten (siehe Mentors Beitrag, das dürfte viel eher die Regel sein), von daher nehme ich mal an, dass es nicht sehr interessant ist.

Was fallen euch sonst noch für Aspekte ein, die man unbedingt oder optional braucht, um Kämpfe im Rollenspiel als taktisch zu betrachten?

Mir wäre es wichtig, dass bestimmte Aktionen zumindest das deutliche Potential haben, einen Gegner kurzfristig die volle Handlungsfähigkeit zu nehmen. Ablenkung, Blenden, Abdrängen/Wegstoßen, Ringen/Klammern usw. - das kommt meistens viel zu kurz.

Klar ist es für die Spieler gefühlt erst mal "besser", wenn man meistens auf voller Leistungsfähigkeit agieren kann und viel Wahlfreiheit hat, aber damit fällt mMn enorm viel unter den Tisch.


Sollen die Kämpfe das taktische Geschick der Spieler fordern? Oder soll das System besonders gut geeignet sein, ein taktisches Vorgehen des SC zu simulieren. Das sind zwei sehr unterschiedliche Dinge, die einander oft ausschließen.

Es gibt Systeme, wo diese zwei Aspekte fast völlig deckungsgleich sind.

Wenn ich die bisherige Tendenz und den OP so betrachte, wird das hier auch Teil der Zielsetzung sein.

- Shadowrun hat so eine unglaubliche Palette an Klein-, Sonder- und Sonstwasregeln, dass man immer noch irgendwo einen Bonus rausholen kann. Eine Spielwiese für das taktische Handeln der Spieler.

Das ist höchstens Meta-Taktik.
Taktisches Verständnis ist dabei ja nicht gefordert, sondern reines Regelwissen. Und interessante/relevante Entscheidungen bietet das auch nicht.

- Initiativeregeln?!?


Ach ja, das ewige Thema...  :)

Das ist wohl der Kampfregelteil, bei dem es die meisten komplett unterschiedlichen Ansätze gibt und die allermeisten gar nicht mal so gut sind  ;D

Blöderweise gibt es auch nicht viele elegante Methoden, sich drumherum zu mogeln...von daher sollte man sehr genau wissen, was man mit dem ganzen Kampfsystem erreichen will, bevor man sich für eine Richtung entscheidet.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer