Ich denke, dass es bei Cthulhu in erster Linie um den Fluff gehen sollte, also um das Setting und das Ambiente. Welchem Crunch, also welchem Regelwerk, man dabei folgt bzw. welches man bevorzugt, ist in meinen Augen als nebensächlich zu betrachten, egal ob man einem puristischen oder pulpigen Stil folgt.
Im Mittelpunkt sollte immer die Geschichte stehen. Alles weitere ist reine Geschmacksache.
Die Aussage, dass ich mit verschiedenen Regelwerken eine eine tolle Mythos-Geschichte erspielen kann, finde ich nachvollziehbar.
Ob die Regeln da groß darauf Einfluss nehmen, darüber lässt sich streiten. Hängt mMn auch von der Gruppe und der Spielleitung ab.
Was für mich unbestreitbar bleibt, ist die Tatsache, dass verschiedene Regelwerke verschiedenartige Spielprozesse generieren und verschiedene Werkzeuge mitliefern, die ich benutzen
kann sollte, um Mythos-Abenteuer zu spielen.
Um nen Filmvergleich zu bringen: Schnitttechnik, Kameraführung, Erzählgeschwindigkeit, Bedeutungsdimensionen, CGI oder Puppen (sh. Star Wars), Fokus auf Plot oder Figuren oder ... , Beleuchtung und Farbfilter das sind alles Dinge, die das Filmerlebnis beeinflussen. Auch wenn am Ende eine tolle Geschichte stehen soll und wenn am Ende "die Geschichte" die Geiche ist. (Siehe dazu auch: Leverage und Hustle.)
Anderes Beispiel: In Sorcerers of Ur-Truk finden sich Illustrationen von denen manche Buntstiftzeichnungen sind und manche Aquarelle.
Die guten Bunstiftzeichnungen (es gibt da zwei Illustratoren die mit Buntstiften arbeiten) sind in Ton und Aussagekraft absolut kongruent mit den Aquarell-Bildern. Nur: Würde das auch funktionieren, wenn die Künstler ihre Werkzeuge und Techniken tauschen würden?
Ein Regelsystem funktioniert mMn ähnlich. Zwei Gruppen können mit unterschiedlichen Systemen sehr ähnliche Spielerlebnisse erzeugen. Vertauscht man die Regelwerke der Gruppen kann es sein, dass keine der Gruppen Spaß am Spiel findet. In dem Sinn machen Regeln einen Unterschied. Sie sind Steuerungswerkzeuge für Rollenspielabenteuer. Und sie können zur Gruppe passen oder eben nicht. Insofern würde ich behaupten (ohne in theoretische Tiefen abzutauchen) "system does matter" - in Bezug auf den Spielprozess. Nicht unbedingt in Bezug auf das Ergebnis.
Was ich mir deswegen wünsche: dass sowohl die Mythos-Systeme von anderen Spielen ihrer Regelengine profitieren können als auch von sich gegenseitig. Und alle sollen Zugang zu den Hintergrund-Sachen haben. Die derzeitige Boardstruktur steht dem mMn im Weg.