(Inhalt kopiert aus einem Umfrage-Thread, wo er wohl ungelesen versauern würde...)
So, gestern habe ich meine erste Nobilis-Spielsitzung absolviert. Wow!
In Kürze: bei Nobilis spielt man eine Art Gott, z. B. die Macht der Debatte, des Blitzes oder der Insekten. Es handelt sich um ein würfelloses System, das auch auf sämtliche anderen Zufalls-Mittel verzichtet.
Es wird davon ausgegangen, dass ein Nobilis-Charakter alles kann, was ein Mensch tun kann. Darüber hinaus kann er Wunder wirken - diese Wunder sind in ihrer Stärke in Regeln gefasst, und die Spieler können automatisch alles tun, was ihre Werte ihnen erlauben.
Die Welt, die wir kennen, ist nur eine unter vielen, und die SC sind Mächte (Nobilis, Götter...) dieser Welt. Andernorts findet ein großer Krieg zwischen höheren Göttern (den Imperatoren, die ihre Macht den SC verleihen) und Göttern von außerhalb der Schöpfung statt, den Excrucians, die die gesamte Schöpfung Stück für Stück vernichten wollen. In unserer Welt sind die Auswirkungen dieses Krieges eher indirekt zu spüren, aber sie führen trotzdem zu gravierenden Schwierigkeiten für die Nobilis...
Zum Spiel: meine Spielgruppe besteht aus zwei Spielern, die als Charaktere die Macht des Spiels bzw. der Geschwindigkeit gewählt haben. Sie gehören zu einer Gruppe von vier potentiellen Mächten, die beiden anderen sind 'Pflanzen' und 'Lüge'. Die SC sind von ihrem Imperator aufgrund ihrer Verbindung zu den Domänen (Berufsspieler, Testpilot) ausgewählt worden.
Imperatoren begründen Reiche (sogenannte Kanzeln), die aus der Realität der Welt herausgetrennt werden und in denen die Körper der Imperatoren ruhen, während sie sich dem Krieg in der Geistwelt widmen. Die SC erwachen zu Spielbeginn im Reich ihres Imperators und sind zunächst einmal desorientiert
Ohne auf zu viele Details einzugehen, die SC haben am ersten Abend erkannt, dass einige Probleme auf sie warten: ihre Vorgänger haben ein Fest mit anderen Nobilis für den nächsten Abend anberaumt, das sie nun durchführen müssen, die Macht der Pflanzen ist nicht inkarniert worden und eine vierte Macht (die der Lügen) ist verschwunden - so verschwunden, dass die Lüge selbst nicht mehr existiert. Dadurch ist die Welt am Abgrund eines umfassenden Krieges, weil Diplomatie etc. nicht mehr funktionieren...
Tatsächlich (was die SC natürlich noch nicht wissen) verwendet ihr Imperator die Macht der Lüge als Schild gegen eine besonders fiese Attacke der Excrucians. Die Excrucians stehen nun vor der Wahl, ihren Vormarsch zu stoppen oder die Macht der Lüge zu vernichten, was die Lüge selbst vernichten würde (es gäbe nur noch Wahrheit, Lüge wäre undenkbar). Das wäre zwar ein großer Sieg, aber ein teuer erkaufter, weil die Lüge ein unverzichtbarer Bestandteil späterer Angriffe der Excrucians wäre - zukünftige Siege wären fast unmöglich.
Die Vorgänger der SC entdeckten dies und stellten sich gegen ihren Imperator, der sie kurzerhand vernichtet hat. Die SC haben nun die Aufgabe, eine für die Welt verträgliche Lösung zu finden, ohne selbst draufzugehen.
Ich werde dasselbe Spiel auch 1:1 mit meiner Frau spielen, die allerdings die Macht der Pflanzen führt. Schon jetzt kann ich sehen, dass beide Abenteuer völlig unterschiedlich laufen werden, weil durch die unterschiedlichen Domänen (Spiel / Geschwindigkeit bzw. Pflanzen) völlig andere Grundlagen geschaffen werden. In Nobilis kann fast nichts vorgeplant werden, vieles muss improvisiert werden - aber dank der wenigen, leicht durchschaubaren Regeln können sich alle Spieler und der Spielleiter ganz auf die Story konzentieren.
Nobilis sprengt Genre-Grenzen. Es ist möglich, damit Horror-, Krimi-, Superhelden-, Fantasy- oder Comedyspiele zu spielen, und am besten eigent es sich für einen Rundum-Crossover mit allem, was dem Spielleiter einfällt. Nobilis könnte kurz beschrieben werden als Neil Gaimans Sandman aus der Sicht der Endless - es ist nicht genau so, aber es kann genau so sein und deckt, wie auch Gaimans Werk, viele Genres gleichzeitig ab.
Ich kann dieses Spiel nur jedem empfehlen, der einmal eine neue rollenspielerische Herausforderung sucht.
Robin