Ich sag' ja gar nicht, daß dieser Allgemeinplatz unwahr ist. Ich hab' ihn nur zu oft gehört, um ihm in Diskussionen noch DEN entscheidenen Wert beizumessen...
Klar bring' ich meine eigenen Vorstellungen in's Spiel mit ein. Aber: Irgendwann komm' ich mir ja auch dämlich vor, wenn ich ein Spiel spiele, das eigentlich noch relativ harmlose Vorlagen bietet und ich immerzu 'ne Extraportion Böses in die Abenteuersuppe streue, weil's mir sonst nicht Dark/Fies/Hart genug ist. Zumal solche Maßnahmen ja auch von offizieller Seite nicht gefördert, sondern öffentlich demontiert werden, weil sie nicht zum gewünschten Image des Spieles passen.
Wenn diese eigenen Vorstellungen also mit den Vorgaben zu sehr auseinanderlaufen, sucht oder baut man sich über kurz oder lang Welt, wo's einem besser gefällt, die, um beim Beispiel zu bleiben, halt 'ne Nummer düsterer ist.
Jedem das, was ihm am besten gefällt, irgendwann findet sich, was zueinander passt.
Aber worum's ja geht, ist ja nicht der private Spielstil und die Anpassungen in den individuellen Gruppen (daß es da ein gigantisches Spektrum gibt, steht ja außer Frage), sondern die These, daß die großen Spielwelten von offizieller Seite aus, also in Abenteuern und Quellenbänden, offenbar immer weniger "Böses" zeigen und selbst Oberschurken im Vergleich zu früher immer verstehbarer, ja sogar harmloser werden.
Ich vermute zweierlei: Verlage wie Fanpro sind sich des Einsteigercharakters von DSA durchaus bewußt. Ich hab' mit 14 mit diesem meinem ersten RPG angefangen und hatte tatsächlich keinen Bedarf an hartem Stoff - ich war ein zartbesaitetes Kind, das hätte mich eher abgeschreckt. Einsteiger und Heranwachsende sind normalerweise einfach nicht so abgebrüht, als daß sie mit so etwas ohne weiteres zurechtkämen. Vielleicht ist man sich auf Verlagsseite da deshalb einerseits einer gewissen Verantwortung bewusst; möglicherweise will man sogar pädagogisch wertvoll Verständnis (selbst für die Fiesen, die ja auch nur Menschen sind) schulen; vielleicht will man die Erziehungsberechtigen mit zu brutalen Darstellungsweisen nicht verschrecken; vielleicht will man sich auch einfach die "normalen" Spieler (also solche, die nicht zu ungeschminkt realistischer Darstellung tendieren) als Zielgruppe offenhalten, die ja größer sein dürfte als der Anteil der Dark-Freunde.
Und DSA lässt sich thematisch ja irgendwie doch mit D&D vergleichen, so daß man Wizards ähnliche Motive unterstellen darf. Ein nettes Hobby präsentieren, ohne zu schocken. Legitim. Und deshalb geht man mit Begriff des "Bösen" viel vorsichtiger um als vielleicht zuvor. Auch mit weniger "bösen" Antagonisten lässt sich viel Spaß haben...
Wenn ich genau 'drüber nachdenke, ist "das Böse" außer für die Stimmung tatsächlich nicht nötig. Und dann lieber eher freundliche Welten präsentieren, die mehr Spielern Freunde bereiten, als düstere Settings, die nur wenigen zusagen.