Simulation ist für mich etwas, was auf Regelebene versucht, die Welt möglichst detailgetreu abzubilden, etwa durch lange Waffenlisten, umfangreiche Sammlungen von Bonus- und Malusmodifikatoren, detaillierte Reiterkampf- und Ringenregeln etc.
Wie schon verschiedentlich angeklungen, ist der Detailgrad nicht entscheidend.
Eher würde ich einen relativ geringen Abstraktionsgrad als Mittel ansehen, das angestrebte Ziel zu erreichen.
Das kann mit hohem Detailgrad zusammenfallen, muss es aber nicht.
Für ein gelungenes simulationistisches Regelwerk macht man sich im Vorfeld Gedanken, auf welchem Detailgrad man in welchen Bereichen arbeiten will.
Und dann muss man "nur" noch zusehen, dass die Regeln auch ordentliche Ergebnisse liefern, d.h. dass die
auf dem gewählten Detailgrad relevanten Einflüsse "maßstabsgetreu" abgebildet sind.
Irgendwann ist man dann z.B. an der Stelle, wo
eigentlich messbare Einflüsse in der möglichen Ergebnisbreite des Würfelsystems untergehen. Hier kann man sich dann alles Weitere sparen.
Das ist der eigentliche Knackpunkt, denn dass ein sim. System durch immer detailliertere Regeln und immer feiner aufgelöste Ergebnisse automatisch immer besser würde, brauchen wir nicht ernsthaft zu diskutieren.
Dazu:
Für mich ist Simulation im einfachsten Fall die AD&D Regel, nach der man einen Bonus bekommt, wenn man aus einer erhöhten Position kämpft. Denn das ist oft plausibel, aber nicht immer.
Wenn es in einer bestimmten Situation nicht plausibel ist, gibt es in simulationistischen Regelwerken i.d.R. auch keinen Bonus dafür.
Da müssen dann ggf. Fallunterscheidungen usw. her.
Das ist für mich eine der Todsünden bei simulationistischen Ansätzen: Ein bestimmter Bereich wird betrachtet, eine dort passende, simulationistisch angehauchte Regel erstellt (ist ja plausibel/realistisch/hastenichtgesehen) und dann auch auf alle anderen Bereiche angewendet; selbst da, wo sie nicht passt/hingehört.
Dabei kann nur Scheiße rauskommen.
Beispiel: Ein Reiter greift im Galopp an. Aus der Realwelt wissen wir, dass das wohl einen Vorteil geben muss - sonst wäre das nicht so verbreitet gewesen.
Plausibles Spiel verlangt also, dass der Reiter eine verbesserte Erfolgschance hat.
Simulationistisches Spiel verlangt das auch, aber betrachtet darüber Hinaus noch die Details, die nur eine geringe (aber messbare) Auswirkung auf den Erfolgsgrad haben: Art des Pferdes, Alter des Sattels, Länge des Speers.
Nein, mit der genannten Erbsenzählerei hat das erst mal nichts zu tun (oder zumindest nicht viel
).
Vor Allem schaut das simulationistische Spiel genauer hin,
warum es denn den Bonus überhaupt gibt.
Daraus ergeben sich dann die Umstände, unter denen es diesen Bonus
nicht gibt und genau so die Einflussfaktoren, die seine Höhe bestimmen (und zwar nur jene, welche sich in einem für die Ergebnisspanne relevanten Bereich bewegen (s.o.)) - hier kommt dann ggf. das eine oder andere aus deiner Liste zum Tragen.
Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass ein schlichtes Zweihandschwert in jeder Welt/Setting/System stets den gleichen Schaden macht und "gleich gut" ist, dass halt nur die Regeln einen anderen Aspekt dieses Zweihandschwerts betrachten oder für wichtig/unwichtig halten. Auch und gerade im Vergleich zu anderen Waffen.
Auf der Meta-Ebene des Spielers ist der Zweihänder dann "endgeil" oder "pff vollkommen zweitklassig", aber ingame würde der bspw NSC-Ritter ihn nicht als "besser/schlechter" ansehen. Oder eben doch, aber aus anderen Gründen.
Das gehört für mich zu den Grundannahmen eines sim. Systems:
Dass die ingame-Gründe, warum eine Waffe gut oder schlecht (oder für Zweck X besser oder schlechter geeignet) ist, den spielmechanischen Gründen weitgehend entsprechen.
Ich wüsste jetzt auf Anhieb auch kein sim. System, das ingame-Gründe und Spielmechanik komplett unterschiedlich behandelt und über alle Bereiche ohne deutliche Probleme auf vergleichbare Resultate kommt.
Bin da aber auch schwer zufrieden zu stellen
Ich würde dann also DSA und dem an anderer Stelle dafür bezeichneten Shadowrun auch den Simulationismus per se erstmal absprechen, weil, nach meiner Erfahrung, die Strukturen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten entweder gar nicht vorhanden sind, oder dem Plot weichen müssen, wenn es den Schreibern und Sls so gefällt.
Volle Zustimmung