Autor Thema: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?  (Gelesen 3730 mal)

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Offline Jiba

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #25 am: 9.11.2016 | 16:01 »
Vielleicht vertrete ich jetzt hier eine unpopuläre Meinung, aber:

Ich glaube, wir lernen gar nicht mal so viel bis gar nichts durch Rollenspiel.

Zumindest nicht durchs Rollenspiel an sich: Wenn wir allein die großen Settings nehmen (DSA, Shadowrun, Splittermond) lernen wir genau 0 von denen. Wir lernen z.B. nichts übers reale Mittelalter, indem wir ein Fantasy-Rollenspiel spielen. Es mag Settings geben, deren Quellenbücher uns tatsächlich historisch informieren (Cthulhu fiele da ein), aber die sind in der Unterzahl und im Zweifelsfall werden sich die meisten SLs ohnehin entscheiden, eine total akribische Simulation einer Zeitepoche zugunsten einer besseren Dramaturgie oder eines flüssigeren und offeneren Spielerlebnis zu unterlassen.

Natürlich: Rollenspiel kann uns dazu bringen, dass wir uns mit zusätzlichen Quellen beschäftigen und so neue Erkenntnisse gewinnen. Aber Rollenspiel an sich dürfte außerhalb von Nischensettings nicht so viel vermitteln. Nicht über Settinginformationen.

Aber was ist mit "Ich lerne was über meine Freunde, wenn ich Rollenspiel mit ihnen spiele..."
Zwei Gedanken dazu:
1. Ich lerne was über meine Freunde egal welche Aktivität ich mit ihnen mache. Beim Fußball, beim Partymachen, beim Reden mit ihnen. Da Rollenspiel prinzipiell ein langes Gespräch ist, lässt sich der Erkenntnisgewinn über meine Mitspieler nicht vermeiden. Aber: Rollenspiel hat nicht das Monopol darauf.
2. Das Beispiel mit dem Michaeliten ( ;) ) oben, von "Engel", das finde ich nicht schlecht, aber auch etwas ernüchternd. Es sagt nämlich effektiv Folgendes: Auch Rollenspieler können nicht aus ihrer Haut. Wenn sie als Spieler keine guten Anführer sind, sind ihre SCs auch keine. Wenn sie keine extrovertierten Menschen sind, können sie auch keine spielen. Wenn sie keine Frauen sind, können sie auch keine exakt darstellen. In der Tat mag das vielleicht sogar stimmen. Aber wenn ich daraus jetzt ableite, wie ich mein Rollenspiel mit meinen Freunden gestalte, beschränkt sich der Erkenntnisgewinn auch aufs Rollenspiel. Ehrlich, ich habe keine Ahnung, ob der Mensch im obigen Beispiel ein schlechter Anführer ist oder einfach nur die anderen Spieler beteiligen wollte. Ich hatte bei "Engel" z.B. schonmal einen demokratisch eingestellten Michaeliten, der ein ganz hervorragender Anführer war. Aber das nur am Rande.

Das Ganze führt mich zu einem dritten Gedanken: Zu dem Dogs-Beispiel. Also, wie ist es: Ich lerne doch etwas über bestimmte Menschen, deren Gefühle und Motive ich ergründe, indem ich sie spiele.

Hier wäre ich ganz besonders vorsichtig. Wenn wir den Gedanken von eben festhalten ("Ich kann nicht aus meiner Haut..."), dann spiele ich einen Charakter in der Regel so, wie ich ihn meinem Horizont entsprechend spielen kann. Spiele ich einen religiösen Fanatiker, dann prägt mein Bild als Spieler das, wie ich diesen religiösen Fanatiker spiele. Der Gedanke "Oh, so muss sich wohl ein religiöser Extremist fühlen und so wird er wohl denken" ist hochproblematisch. Der Charakter kocht im eigenen Saft. Durchbrochen wird das Ganze nur durch Input von außen. Aus uns selbst heraus können wir zu Themen, von denen wir nichts verstehen, keine authentischen Charaktere spielen. Einfacher Grund: Die meisten Settingbücher gehen auch die Psychologie, den Hintergrund, die soziale Prägung, etc. von SCs nur sehr punktuell ein. Ein Spiel kann natürlich tolle Regeln haben, um bestimmte Verhaltensweisen oder Situationen hervorzubringen, die mit dem Thema in Verbindung stehen. Und auch von SL-Seite kann Input geliefert werden, der uns Erkenntnis beschert (wenn der SL die Diskriminierung von Frauen in einem 50er-Jahre-Noir-Setting drastisch ausspielt und ein Spieler einen weiblichen Charakter hat). Aber: Rein aus Spielersicht erreichen wir keine objektive Erkenntnis über unseren Charakter, wenn wir nicht Quellen von außen hinzuziehen. Der Schauspieler nennt das Rollenstudium. Ich kenne kaum Rollenspieler, die sich wirklich in ihre Rollen Aufwand investieren, um zu verstehen, wie Leute aus dem Milieu oder Hintergrund ticken, aus dem der eigene Charakter kommt.

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Zusammenfassend: Wenn ich wissen will, wie ein religiöser Extremist so ist, muss ich mich außerhalb des Rollenspiels damit beschäftigen. Beim Rollenspiel ist alles gefiltert. Auch wenn wir uns gerne einreden, viel beim Rollenspiel zu lernen: Rollenspiel bringt uns ohne einen Mehraufwand in Form von Recherche oder ein sehr zielgerichtetes Spiel nichts übers echte Leben bei. Vielleicht ein paar Soft Skills, das war's.

Die meisten Rollenspieler wollen keine Erkenntnis, sondern Eskapismus. Wer mir nicht glaubt: Schreibt mal eine Runde auf einer Con aus, wo man explizit normale Menschen spielt, ohne phantastische oder übernatürliche Elemente. Ich garantiere euch eine leere Runde.
 
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Wandler

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #26 am: 9.11.2016 | 16:07 »
Zitat
Wenn sie als Spieler keine guten Anführer sind, sind ihre SCs auch keine. Wenn sie keine extrovertierten Menschen sind, können sie auch keine spielen. Wenn sie keine Frauen sind, können sie auch keine exakt darstellen
Das ist absoluter Blödsinn. Dafür fällt mir auch kein netteres Wort ein. Ein Rollenspiel muss ja nicht unbedingt irgendein reenactment sein und darum regen mich solche Aussagen einfach so hingstellt erstmal auf.

Ein Rollenspiel bietet mir ja genau das: Die Möglichkeit etwas zu spielen von dem ich keine Ahnung habe. Ich kann den extrovertiertesten Typen der Runde spielen ohne mehr als eine handvoll an Worten zu reden - wenn man mich nur lässt.

Offline Maarzan

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #27 am: 9.11.2016 | 16:16 »
Das ist absoluter Blödsinn. Dafür fällt mir auch kein netteres Wort ein. Ein Rollenspiel muss ja nicht unbedingt irgendein reenactment sein und darum regen mich solche Aussagen einfach so hingstellt erstmal auf.

Ein Rollenspiel bietet mir ja genau das: Die Möglichkeit etwas zu spielen von dem ich keine Ahnung habe. Ich kann den extrovertiertesten Typen der Runde spielen ohne mehr als eine handvoll an Worten zu reden - wenn man mich nur lässt.

Vor allem kann  Rollenspiel ein Umfeld bieten, um eben solche Sachen auszuprobieren und so ggf zu lernen.
Dazu regt es eben (oder regte es früher bevor SIM ein uncooles Schimpfwort wurde) dazu an, sich überhaupt Gedanken zu einem Thema zu machen und dann wo halbwegs möglich auch mit den realen Entsprechungen auch neben, aber eben wegen dem Rollenspiel zu beschäftigen.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Jiba

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #28 am: 9.11.2016 | 16:21 »
Ein Rollenspiel bietet mir ja genau das: Die Möglichkeit etwas zu spielen von dem ich keine Ahnung habe. Ich kann den extrovertiertesten Typen der Runde spielen ohne mehr als eine handvoll an Worten zu reden - wenn man mich nur lässt.

Vielleicht schlecht ausgedrückt: Ich meine weniger "spielen" sondern vielmehr "darstellen": Würde ein Schauspieler auf der Bühne laut Programmheft ein extrovertierter Schwafelkopf sein, aber nur zwei drei Worte sagen, dann würde niemand ihn als extrovertiert wahrnehmen. Klar, so jemanden kann ich spielen, weil das die Regeln eventuell auffangen. Und mit genügend Rollenstudium und/oder Vorkenntnissen mag es mir auch gelingen, jemanden überzeugend darzustellen, der ich nicht bin. (Ich habe auch schon Frauen gespielt ohne zu eine zu sein und das recht brauchbar, aber nur, weil ich Vorkenntnisse hatte). Aus dem reinen Spiel heraus, kein Erkenntnisgewinn.

Und ja, wir probieren das alles im Rollenspiel als Trockenübung aus. Aber: It's not the real thing! Ohne eine Beschäftigung mit diesen Sachen außerhalb des Rollenspiels - es sei denn Setting, Regeln, Mitspieler liefern Input - schmoren wir im eigenen Saft. Und lernen überhaupt nichts.
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Offline Sir Markfest

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #29 am: 9.11.2016 | 16:35 »
Und ja, wir probieren das alles im Rollenspiel als Trockenübung aus. Aber: It's not the real thing! Ohne eine Beschäftigung mit diesen Sachen außerhalb des Rollenspiels - es sei denn Setting, Regeln, Mitspieler liefern Input - schmoren wir im eigenen Saft. Und lernen überhaupt nichts.

Da stimme ich dir zum Großteil zu.
Aber: am Beispiel Cthulhu habe ich eine Menge gelernt, weil ich mich gerne mit
a) mit den Settings der 1920er Jahre beschäftige (und ich hier auch viele Quellen außerhalb der Cthulhu Quellenbücher herangezogen habe) und
b) auch bei Cthulhu mich je nach Abenteuer mit verschiedenen Teilbereichen informiert habe: wie funktioniert eine Teche im Ruhrgebiet? Was waren die politischen Hintergründe für die Besetzung des Rheinlandes 1923 usw.
Auch im Fantasybereich hat das dazu geführt, dass ich mich außerhalb der Rollenspielbücher informiert habe: wie lebte man als Kelte/Druide/mittelalterlicher Bauer? Wie waren die Dorfstrukturen usw.
Ganz einfach weil ich mich gerne ganz gut in dem Setting auskennen will in dem das Spiel abläuft. Von daher: ja, doch. Weniger Erkenntnis, aber etwas Wissen angeeignet.

Offline Blechpirat

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #30 am: 9.11.2016 | 17:34 »
Ich habe das Gefühl, durchaus etwas über Verhandlungsführung, Gruppendynamik, Selbstbeherrschung und generell Konflikbereitschaft gelernt zu haben. Und Selbst- bzw. Fremdwahrnehmung.

Offline ArneBab

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #31 am: 9.11.2016 | 17:44 »
Schöne Artikel ArneBab.
Danke!

Was ich auch mitgenommen habe ist "Sei vorsichtig, woran du glaubst, es könnte wahr werden". Aus der Phileasson Saga.

Im Endeffekt gewinne ich auch dort Erkenntnis, wo ich es auch bei Büchern würde: Wenn Autorin oder Autor eigene Erkenntnisse verarbeiten - oder wenn Mitspielende das machen.
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Offline ArneBab

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #32 am: 9.11.2016 | 17:44 »
Niemand schreibt darüber, wie man ein guter Schauspieler am Rollenspieltisch wird, womit man arbeiten kann, welche Techniken es da gibt. Niedriger und hoher Status sind da das Höchste der Gefühle. Aber was mache ich mit meinem Gesicht? Mit meiner Stimme? Mit meinen Gesten? Nada, Fehlanzeige.
Schau mal hier: Interessante Charaktere darstellen Teil 2: Haltung, Gestik und Mimik

Ist eigentlich für die SL geschrieben, sollte aber auch beim Spielen des SCs helfen.
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Offline ArneBab

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #33 am: 9.11.2016 | 17:45 »
Und ja, wir probieren das alles im Rollenspiel als Trockenübung aus. Aber: It's not the real thing! Ohne eine Beschäftigung mit diesen Sachen außerhalb des Rollenspiels - es sei denn Setting, Regeln, Mitspieler liefern Input - schmoren wir im eigenen Saft. Und lernen überhaupt nichts.
Ich stimme dir zu, dass es eine Trockenübung ist. Im echten Leben funktioniert das nicht automatisch genauso. Aber die Trockenübung ist eine Vorbereitung, durch die es im echten Leben leichter fällt, sich Herausforderungen mit ähnlichen Anforderungen zu stellen. Anforderungen an Spielerin oder Spieler, nicht an den Char (wer oft Kämpfe beschreibt, lernt vielleicht Kampftaktik und Kämpfe toll beschreiben, aber nicht einen Schlag abzuwehren - lernt aber vielleicht Begeisterung, die wiederum beim echten Training hilft).

Wie leicht die Übertragung funktioniert hängt davon ab, wie nah die Abstraktion an die Herausforderungen im echten Leben herankommt.
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Offline Chiarina

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #34 am: 9.11.2016 | 21:51 »
Zitat von: Jiba
Ich lerne doch etwas über bestimmte Menschen, deren Gefühle und Motive ich ergründe, indem ich sie spiele.

Du stellst diesen Satz in Frage, und ich denke im Großen und Ganzen zu Recht. Nur: Wenn du ein so negatives Urteil verkündest, dann wird´s nie ´was. Gefragt sind also Spiele, wo so etwas trotzdem geht. Spiele mit "Input von außen" (Quellenbücher oder ähnliches), die noch nicht mal unbedingt auf "die Psychologie, den Hintergrund, die soziale Prägung, etc. von SCs" eingehen müssen. Mir würde es schon reichen, wenn sie eine Kultur oder Veranlagung einer besonderen Gruppe vermitteln.

Zwei Beispiele:
1. How we came to live here
Das Spiel vermittelt einen Einblick in eine weitgehend untergegangene Indianerkultur Nordamerikas. Gespielt werden Stammesangehörige. Über das Spiel selber kann man streiten, das ist nicht wirklich rund. Das Setting bemüht sich aber mit einigem Erfolg, uns in die Lage zu versetzen, in die Rolle eines Angehörigen einer Minorität zu schlüpfen und die zentralen Fragen deren Existenz im Spiel zu erleben.
2. Sign
Bei diesem Spiel schlüpfen die Spieler in die Rolle von taubstummen Kindern, die auf einer Experimentalschule in Nicaragua auf der Suche nach einer Möglichkeit der Kommunikation beginnen eine rudimentäre Zeichensprache selbst zu entwickeln. Durch eine einfach zentrale Regel - "Nicht sprechen!" - und ein paar Aufgaben werden die Spieler in die Lage versetzt, sich in die Rolle von benachteiligten Kindern hineinzuversetzen.

Das sind zugegeben zwei extreme Beispiele und Ausnahmeerscheinungen, aber der Lernprozess muss vielleicht auch nicht immer im Zentrum stehen. "Rollenstudium" im erweiterten Sinne sehe ich jedenfalls öfter gegeben, wenn in Spielen beispielsweise Filme oder Bücher zur Inspiration angeboten werden. Ich schaue oder lese davon dann in der Regel auch ein paar.

Zitat von: Jiba
Die meisten Rollenspieler wollen keine Erkenntnis, sondern Eskapismus. Wer mir nicht glaubt: Schreibt mal eine Runde auf einer Con aus, wo man explizit normale Menschen spielt, ohne phantastische oder übernatürliche Elemente. Ich garantiere euch eine leere Runde.

Die meisten...? O.k., kann schon sein. Dass man mit so etwas aber keine Runden zustande bringt, muss nicht sein. Ich habe es auch schon anders erlebt. Denk ´mal an dein eigens angebotenes Gangster-im-Auto-nach-misslungenem-Überfall-Spiel. Eigentlich auch nur ganz normale Kleinkriminelle. Die Runde war doch flott voll. Beim letzten Treffen hatte ich eine schöne Runde mit Harz-IV-Empfänger-Charakteren. Du hast schon recht: Nur weil ich so einen Charakter verkörpere heißt das noch nicht, dass ich etwas über deren Lage in der Realität erfahre. Ich denke aber, es ist ein erster Schritt. Bei den Typen vom Wasserhäuschen habe ich durchaus ein wenig recherchiert, insbesondere über die sich wandelnde Darstellung von Armen und Obdachlosen in der zeitgenössischen Literatur. Die Quintessenz wurde dann zum Plothook. Da waren (zumindest bei mir) doch ein paar Erkenntnisgewinne dabei.

Ich ganz persönlich fahre sogar ziemlich auf diese "normalen" Charaktere aus dem Hier-und-Jetzt ab.
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Grimtooth's Little Sister

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #35 am: 10.11.2016 | 02:04 »
Ich krieg solche Runden auch immer voll.
Fliegen bei einem Scientologen im Schampusglas - wenn Insekten in Sekten in Sekt enden.

"Fallschirmspringen ist in SR 4 von Konstitution abhängig. Könnte dazu jemand der sich mit Fallschirmspringen auskennt was sagen insbesondere welches Attribute er dafür für das Passende halten würde ? So im Realen Rahmen ."-Supersöldner
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Offline ArneBab

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #36 am: 17.11.2016 | 11:56 »
Was ich auch gelernt habe: Shadowrun kommt näher.

Und diese Erkenntnis haben alle SR-Spielenden und ex-SR-Spielenden gefunden, die ich kenne — inklusive Leuten wie fefe ☺ (wobei das wohl auch durch andere Cyberpunk-Literatur passiert wäre).
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Offline KhornedBeef

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #37 am: 17.11.2016 | 12:04 »
Was ich auch gelernt habe: Shadowrun kommt näher.

Und diese Erkenntnis haben alle SR-Spielenden und ex-SR-Spielenden gefunden, die ich kenne — inklusive Leuten wie fefe ☺ (wobei das wohl auch durch andere Cyberpunk-Literatur passiert wäre).
Der Herr Leitner ist wohl noch klassisch Gibson-geprägt, und daher kommt die Erkenntnis wohl weniger aus der Spielerfahrung. Ansonsten aber, ja.
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Online Runenstahl

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #38 am: 17.11.2016 | 16:07 »
Die meisten Rollenspieler wollen keine Erkenntnis, sondern Eskapismus.

Da bin ich voll bei dir. Weder als Spieler noch als SL spiele ich RPGs um etwas zu lernen und auch nicht um andere zu unterrichten, sondern um Spaß zu haben. Das heißt aber nicht das ich dabei nichts lernen würde. Auch wenn diese Erkenntnisse nur ein Abfallprodukt der eigentlichen Aktivität sind.

Und natürlich hast Du völlig Recht das man immer etwas über seine Mitmenschen lernt wenn man eine gemeinsame Aktivität betreibt. Aber dadurch wird die Grundaussage das man beim RP etwas über seine Mitmenschen lernt ja nicht entwertet. Mein Eindruck ist dabei auch das man beim RP schon "heftigere" Gefühle erlebt als z.B. beim gemeinsamen Filmegucken oder Kniffeln. Wenn die Existenz eines geliebten und lange gespielten Charakters auf dem Spiel steht so ist das schon ein "Einsatz" den man nicht in allen anderen Hobbys finden kann (was nicht heißen soll das es nicht Hobbys gibt wo sogar mehr auf dem Spiel steht). Und ja, sowas kann durchaus Einblicke in die Verhaltensweisen seiner Mitmenschen geben die man sonst nicht so leicht hätte.

Kurz gesagt: Die allermeisten Hobbys bieten in irgendeiner Form einen Erkenntnisgewinn. Jedes Hobby hat dabei sicherlich seine eigenen Vor- und Nachteile und "Spezialgebiete" auf denen dieser Erkenntnisgewinn stattfindet. Rollenspiele bilden dabei keine Ausnahme. Auf jeden Fall ist ein Erkenntnisgewinn bei Rollenspielen für mich gegeben.
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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #39 am: 17.11.2016 | 16:40 »
Ich habe das Gefühl, durchaus etwas über Verhandlungsführung, Gruppendynamik, Selbstbeherrschung und generell Konflikbereitschaft gelernt zu haben. Und Selbst- bzw. Fremdwahrnehmung.

Wenn ich ehrlich bin, liegt der allergrößte Teil des Erkenntnisgewinns, den ich als Rollensiel gezogen habe, ebenfalls hier begründet. Allerdings sind diese Dinge Teil so ziemlich jeder kommunikativen Gruppenbeschäftigung.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Offline KhornedBeef

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #40 am: 17.11.2016 | 16:56 »
Ich lerne derzeit was passiert, wenn Erbauer von Regelwerken lange nicht aus einem Denkmuster herauskommen, einfach immer mehr Kram in ihr System zu pressen, in Form von Sonderfähigkeiten und, Zaubersprüchen, Gegenständen, bis nur noch halb-wahnsinnige Vollnerds durchblicken. Und das bei einem kampflastigen Regelwerk, das stark von build und system mastery profitiert. Kurz, D&D 3.5.
Das ist mit Sicherheit lehrreich für die Entstehung anderer Regelwerke (in Behörden, z.B.), in denen weitere Regeln von Insassen des Systems erdacht werden....
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Offline YY

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #41 am: 17.11.2016 | 17:09 »
Das ist mit Sicherheit lehrreich für die Entstehung anderer Regelwerke (in Behörden, z.B.), in denen weitere Regeln von Insassen des Systems erdacht werden....

Oh ja.

Wobei man sagen muss, dass viele Gesetze und Dienstvorschriften tatsächlich "nur" handwerklich schlecht gemacht sind und nicht an ihrer grundsätzlichen Strukturierung kranken.
Und was wird dann gemacht? Schlampige patches nachgeschoben  :P ;D
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Offline Blechpirat

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Re: Erkenntnisgewinn durch Rollenspiel?
« Antwort #42 am: 17.11.2016 | 23:15 »
Wenn ich ehrlich bin, liegt der allergrößte Teil des Erkenntnisgewinns, den ich als Rollensiel gezogen habe, ebenfalls hier begründet. Allerdings sind diese Dinge Teil so ziemlich jeder kommunikativen Gruppenbeschäftigung.

Ach komm. Gerade bei dir als SL habe ich es auch hinbekommen, Seiten an mir zu entdecken, die ich vorher noch nie jemanden gezeigt hatte. Überwindung von Schamgefühl kommt also noch mit auf meine Liste.  >;D