So, ich hatte jetzt auch endlich Gelegenheit, mal einen etwas intensiveren Blick auf bzw. in Cortex Prime zu werfen. Ich muss dazu sagen, dass ich jetzt nicht das ganze Buch gelesen habe, aber schätzungsweise 1/3 des Buches. Manche Sachen oder Seiten habe ich auch bewusst ausgelassen, weil sie imho für mich nicht relevant sind.
Ich hatte erst überlegt, zu Cortex Prime eine ausführliche Rezension zu schreiben, aber dazu fehlt mir momentan die Zeit und zudem habe ich nur einige grobe Punkte notiert, die mir aufgefallen sind. Das könnte für eine ausführliche Rezi dann vielleicht doch zu wenig sein.
Kommt hier jetzt also quasi (m)eine Kurz-Rezension zu Cortex Prime.
Zunächst mal habe ich keine Probleme mit Würfelpools, wenn sie nicht zu groß oder überladen werden (hallo, Shadowrun) oder wenn diese gar verschiedene Würfeltypen beinhalten. Kenne ich von Deadlands, Earthdawn oder SaWo und natürlich Cortex Classic(!)- und ich mag das so mit verschiedenen Würfeltypen.
Wobei mir da aufgefallen ist, dass Prime im Gegensatz zu Classic keine d2 mehr verwendet- nach d4 gibt's dann halt nix mehr -aber das stört mich persönlich jetzt nicht wirklich.
Die Kurzerklärung der Regeln auf den ersten Seiten halte ich für verbesserungswürdig oder ausbaufähig. Sie sind nicht schlecht, aber die Sache mit den PP wird erst sehr viel später erklärt, und dass man die Würfel addieren muss wird nur beiläufig in einem Nebensatz erwähnt. Und warum man immer die zwei höchsten Würfel zusammen addiert (aber nicht mehr, obwohl es ja theoretisch möglich wäre mehr Würfel miteinander zu addieren) erschließt sich mir auch nicht so ganz. Aber gut, offensichtlich war man darum bemüht, das Regelgerüst möglichst einfach zu halten.
Was mir da dann am Anfang direkt sauer aufgestoßen ist: Steht doch da, dass beide Seiten offen würfeln => geht gar nicht, sowas!
Und dieses einfache Regelgerüst gefällt mir in der Summe eher nicht. Auf der einen Seite werden Charaktere jetzt zusätzlich zu den Attributen mit Traits abgespeist, die von den Beschreibungen her schon stark an die Aspekte in Fate oder die Charaktere in Numenera erinnern. Diese Traits sind dann auch relativ frei formuliert und offen gehalten- mir ist das eine Spur zu freeformig-auch deshalb, weil manche der Beschreibungen einen ziemlich großen Interpretationsspielraum zulassen (was da jetzt alles noch mit dazu gehört oder nicht bei einer Probe). Mir ist das wie gesagt eine Spur zu abstrakt, mir sind da persönlich die
klassischen Skills sowie die Aufteilung in Vor-&Nachteile lieber (denn die Traits sind ja mehr oder weniger so etwas wie eine Vermischung davon).
Ähnlich wie Sgirra finde ich es an manchen Stellen einfach nur unnötig verregelt. Bis ich die Sache mit dem Effekt Die und den Complications verstanden hatte inclusive der dazugehörigen sieben W-Fragen musste ich mir das zwei-oder drei Mal durchlesen. Und Proben sind jetzt immer vergleichende Proben...weiß ich noch nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll.
Dann: Die (zahlreichen) Mods. Eine zwiespältige Sache. Auf der einen Seite finde ich es gut, dass es da mehrere unterschiedliche gibt. Auf der anderen Seite hat mich die Anzahl am Anfang erstmal erschlagen-und ich könnte mir gut vorstellen, dass es einiges an Vorbereitung(szeit) braucht, wenn man für sein Setting unterschiedliche Komponenten aus den verschiedenen Mods zusammensuchen muss.
Eine weitere Sache, die mir auch nicht so recht gefallen hat, sind die PlotPoins -und wie sie hier in Prime Anwendung finden. Zum einen verstehe ich nicht, warum die Spieler einen PP bekommen, wenn sie einen Hinch würfeln. Sie bekommen eine Belohnung für einen Misserfolg? Und ich kann einen PP ausgeben um plötzlich eine Beziehung zu einer Person zu haben, die ich vorher gar nicht kannte? Sorry, was ist das denn für ein Humbug? Das kann man doch auch anders regeln, dafür muss man doch keinen PP ausgeben.
Okay, das waren jetzt viele negative Dinge, die mir aufgefallen sind. Gibt's auch was Positives zu Cortex Prime ?
Ja, auch. Die unterschiedlichen Mods hatte ich ja schon genannt. Die Grundregeln sind einfach. Mit Eidolon Alpha & Hammerheads gibt es zwei gute, spannende Settings (Trace 2.0 lockt mich nicht hinterm Ofen vor). Für eine spontane Session oder wenn man nicht viel Zeit zum Vorbereiten hat ist Cortex Prime sicherlich gut geeignet, mit ein paar wenigen Handgriffen schnell was Brauchbares aus dem Hut zu zaubern.
Abschließend: Cortex Prime orientiert sich ja an Filmen und/oder Serien und will daher ein cinematisches Spielgefühl vermitteln. Ich denke das schafft es auch, mit dem Regelbausatz von Cortex Prime und seinen ganzen Modulen. Man nimmt sich einfach das Setting-Modul samt Basis, das man braucht und erweitert es ggf. um weitere Zusatzmodule. Cortex Prime richtet sich mit diesem Aufbau bzw. Ansatz aber klar an aktive, gestaltende Sandbox-Spieler und Sandbox-SLs, die es gerne so offen und vereinfacht mögen. Gewisse Anleihen zu Fate oder aber auch 7teSee sind unübersehbar. Wer es also gerne so offen und eher cinematisch mag, der dürfte an Cortex Prime vermutlich Gefallen finden.
Allerdings bin ich da, fürchte ich, leider nicht ganz die Zielgruppe. Haben sich meinen anfänglichen Zweifel damit nun bestätigt? Ja- zumindest teilweise. Cortex Prime ist nicht so schlimm wie befürchtet, aber die negativen Dinge überwiegen leider für mich. Ich mag es ja auch eher narrativ und bin mit 7teSee quasi "rpg-groß" geworden- dennoch ist dieses superheldige-cinematische Spiel inzwischen nicht mehr so meins. Ich denke, bevor ich 7teSee mit Fate spiele würde ich es davor auf jeden Fall erst mit Cortex Prime probieren. Ich könnte mir auch vorstellen, Cortex Prime mal mit auf eine Con zu nehmen, dass ich was dabei habe, was ich im Zweifelsfall schnell anbieten kann. Aber längerfristig oder in meinem privaten Runden wird Cortex Prime eher nicht zum Einsatz kommen. Da bleibe ich lieber bei Cortex Classic, das mir einfach insgesamt deutlich besser gefällt.
Nachdem ich nun weiß, dass ich bei Cortex Classic bleiben werde, würde ich mich von meinem GRW trennen (der PDF-Code ist auch noch nicht eingelöst). Falls jemand Interesse hat, einfach ne PM schicken.