Über Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten, aber da jemand #Falsch!1!! im Internet unterwegs ist
, und Skygerocknimo ausdrücklich sagt, das er die Diskussion nicht in seinem Thread über alternative Diebesklassen haben will, wollte ich seine Argumente kurz angehen und darlegen, warum ich das anders sehe. Hier seine Argumente warum der Dieb so schlecht sei:
Die für mich absolut furchtbarste Klasse in allen alten D&D-Versionen vor 3.x ist der Dieb.
Auf der einen Seite ist er absolute Schwachsauce mit dem zweitschlechtesten Trefferwürfel und er zweitschlechtesten Rüstung, durchschnittlichen Trefferchancen und geringen Erfolgschancen in den Diebesfertigkeiten am Anfang. Die einzig herausragenden Pfründe neben den Diebesfertigkeiten (und Backstab und dem Ablesen von Schriftrollen) sind der schnelle Stufenaufstieg und die Tatsache, dass er für die meisten Halbmenschen keine Stufenobergrenze hat (in den OSR-Systemen, die Rasse und Klasse trennen).
Mit den Diebesfertigkeiten kommt für mich noch das Problem, dass sie effektiv ein frühes Beispiel von Enabling Feats sind.
Betrachtet man sie als exklusives Pfrund der Diebe, können andere Klassen nicht einmal versuchen, sich zu verstecken, eine Mauer hochzuklettern etc.
Können andere Klassen das gleiche versuchen - für was braucht man dann Diebesfertigkeiten als Klassenfeature, wenn es eh jeder Charakter irgendwie kann?
Ich kenne das übliche Argument, dass Diebesfertigkeiten die Superduperversion der gewöhnlichen Fertigkeiten sind, mit denen Diebe auch ölberiebene glatte Säulen erklimmen und sich unter einem Hocker ninjamäßig verstecken können, aber a.) vergessen das viele schlechte SLs, b.) bin ich selbst ein schlechter SL der das regelmäßig vergisst und c.) macht das das ganze im wesentlichen davon abhängig, wie der SL die Diebesfertigkeiten interpretiert und dass er genug Situationen einbaut wo nur ein Dieb glänzen kann, während alle anderen Klassen sich ihren Spaß selbst durch harten Regelgebrauch abholen können.
(Und ja, ich glaube euch auch, dass der Dieb wie RAW geschrieben in eurer seit Frühjahr 1982 laufenden Runde super funktioniert und dass ich einfach ein zu schlechter SL bin, der nicht weiß wie man richtig altschulig kerkermeistert. Entsprechende Belehrungen bringen mich aber nicht weiter und gehören damit nicht in diesen Thread.)
Erstens, die zwei Gründe Pro-Dieb, die er hier anführt, sind gerade in Old School Kampagnen nicht zu verachten: Der schnelle Stufenaufstieg ist unglaublich gut. Ich gebe zwar zu, das der Dieb trotzdem von der reinen Macht nicht gegen den Kleriker angeht, der ja auch viel zu schnell aufsteigt, aber wenn wir mal von einem Kämpfer oder gar Magier ausgehen, dann rockt der Dieb hier gewaltig:
Er ist dem Magier immer eine Stufe voraus, vor allem der Aufstieg auf der 2. ist praktisch inenrhalb kürzester Zeit garantiert - und wenn der Magier dann schließlich die zweite erreicht, kommt der Dieb schon die dritte. Das ist bei Save-Or-Die und Brutaldungeons nicht zu unterschätzen.
Halbmenschenaufstieg - gut... Das ist schon nett. Erhöht auch die Überlebenschancen geringfügig, ein Elf oder Zwerg zu sein. Aber da ich mich hier auf LL und Rotes Box D&D beschränken will, irrelevant.
Ja gut, die niedrigen Diebesfähigkeiten. Was steht denn in denn Regelbüchern?
Im LL-Regelbuch gar nichts. Die sind nur bei der Diebesbeschreibung aufgeführt, und werden als absolutes dargestellt. Die sind, wenn man davon ausgeht, tatsächlich so scheiße.
Im Roten Set von Mentzer sieht das etwas anders aus - die Diebesfähigkeiten haben sogar ein eigenes Kapitel im Spielleiterbuch(heft). Trotzdem ist die Besonderheit der Diebesfähigkeiten nur impliziert dargestellt (Mehrmals wird zum Beispiel das erklettern einer "glatten Wand" erwähnt, sowie die Fallen, die nur ein Dieb entdecken kann, es gibt also auch andere).
Das Ding ist aber, egal
wie man es interpretiert, hat der Dieb
besondere Fähigkeiten: Entweder ist er der Einzige, der Klettern und Schleichen kann, oder er kann es "an glatten Wänden" bzw. ohne Vorbedingungen wie vorhandene Verstecke etc..
Übrigens, in dem Moment in dem der Magier seinen zweiten 1. Stufe Zauber bekommt, hat der Dieb schon seine Fähigkeiten um ca. 5-10% gesteigert (je nach Regelwerk...) also nicht mehr ganz so schlimm.
So Waffen- und Kampfmäßig sieht der Dieb schlecht aus? Nun ja, er kann nur Leder und kein Schild tragen, aber er hat die Möglichkeit jede Waffe zu benutzen - also auch magische Schwerter (bei AD&D sieht das schon etwas anders aus, aber hey...), und wenn man sich die Schatztabellen von LL oder Mentzer anschaut, dann ist das ein großer Vorteil. Abgesehen davon kann er hinterhältig angreifen, was zwar schwierig ist, aber hey, doppelter Schaden und +4 auf den Angriff! Ein Kämpfer muß da lange für Stricken. Sozusagen.
Aber das stimtm schon, von den Werten an sich ist der Dieb vielleicht nicht ganz so schlecht, wie dargestellt, aber doch schon irgendwie... meh.
Jetzt kommt aber mein Argument, das den reißerischen Threadtitel vielleicht etwas sinniger macht:
Der Dieb hat die beste Rolle in der Gruppe!
Vom Dieb wird nicht erwartet, das er "Mutig" ist. Das er "Selbstlos" ist. Das er im Kampf irgendetwas einbringt außer sich zu verstecken und auf eine Gelegenheit zu warten... und diese drei Dinge erzeugen schon eine unglaublich erhöhte Überlebenschance. Gut, manchmal muß er Fallen finden, um das nervige Personal... äh... die Mitarbeiter bei Laune zu halten, aber ordentliche RW hat er auch. Außerdem gibt es kein Bluffen, also kann er so tun als hätte er gesucht oder sogar was gefunden und das kompliziert entschärft. Wer sollte ihm dreinreden? Und als Bonusbonus: Es wird von ihm quasi als Regeltext erwartet, das er eine gewisse Sondergebühr einbehält, in Form von Edelsteinen und anderen leicht versteckbaren Präziosen (Magie!). Und wir erinnern uns GP=EP... und die niedrigsten EP-Werte um eine neue Stufe zu erhalten... Der Dieb ist einfach die Charakterklasse, die am allerschnellsten aufsteigt. Und zwar weit jenseits des Gruppenmedians! Und er hat die Fähigkeiten, einen TPK gerade noch zu entgehen. Wer kann sich potentiell eher aus einem Dungeon schleppen - ein halbtoter Kämpfer im Plattenpanzer oder ein fast toter Dieb in den Schatten? Denkt mal drüber nach.
Und noch mal: Der Dieb hat die beste Rolle in der Gruppe! Er ist auch nicht das bevorzugte Ziel für Fernkampfangriffe der Gegner, wie der Magier. Er kann sich taktisch bewegen, ohne auf andere Gruppenmitglieder zu achten wie die Kämpfer, die den Magier beschützen. Selbst in seiner gefährlichsten Rolle, dem Vorausspäher, wird von ihm nicht erwartet, Probleme zu lösen, sondern nur, sie zu identifizieren. Und wenn dabei was schief läuft, hat er bei ordentlicher Hausarbeit immer die Gruppe als Fallbackplan im wahrsten Sinne. Er kann schreiend an Kämpfern und Klerikern vorbeirennen, die sich um seine Verfolger kümmern müssen.
Mentzer
Wenn es zu einem Gefecht kommt, sollte Ihr Dieb sich aus dem Kampfgetümmel heraushalten
Und jetzt nochmal, für diejenigen. die es nicht schnallen wollen: Es ist in Old School Spielen völlig wurscht schnuppe shiet-eh-gohl, ob dein Charakter gute Werte, schlechte Werte oder die exponentielle Machtkurve hat oder eher dahinkriecht. Es gibt viel zu viele Variablen, über die du eh nur einen geringen Einfluß hast. Du bist halt gewurstet, wenn die Würfel dämlich fallen. Das ist ja das spannende und lustige daran. Du kannst nur eins machen: Deinen Charakter voll auszuspielen und Spaß dran haben. Völlig egal ob das ein Dieb ist oder ein anderer Charakter, und du kannst Gift drauf nehmen, das ich so einen Text zu jeder beliebigen Klasse hätte schreiben können.
Ich widme diesen Text Nifft, dem Meisterbieb.
Schlechter SL ist übrigens immer ein Strohmann, nix für ungut. "Ja, aber wenn's regnet?" Dann regnet es auch auf einen Kämpfer.