Andere Autoren sind ja nun ein eher geringer Zielkreis. Aber ich verstehe, was du meinst. Damit haben wir schon drei Leute Was ist mit Rumpel? Korknadel? Die sind bei Verlagen untergekommen, oder?
Bei mir war das Beim-Verlag-Unterkommen eine Sache des langen persönlichen Kontakts zum Verleger, der damals auch öfters unsere Lesebühne besucht hat - wobei er den Band sicher nicht als Freundschaftsdienst gemacht hat, sondern schon aus Überzeugung von den Stories (wir haben da damals auch gemeinsam ziemlich hart aus dem vorhandenen Material ausgewählt, und auch das Lektorat war nicht ohne).
Bei Korknadel ist es noch etwas anders: Der hatte für seinen Tassilo bereits vor Jahren einen mittelgroßen Jugendbuchverlag. Der Verlag hat ein Lektorat in Auftrag gegeben und ein Cover erstellen lassen (ein anderes als das jetzige) - nur mit dem Autorenvertrag sind die einfach nicht aus den Puschen gekommen ... tja, und irgendwann haben sie sich dann totgestellt. Schließlich hat Korknadel dann die Zusammenarbeit mit dem Verlag aufgekündigt und den Tassilo erst mal wieder in die Schublade gesteckt. Das es jetzt doch einen Verlag hat, liegt dran, dass es der Verlag von mir, Korknadel und einigen Freunden ist - da haben alle außer Korknadel dann irgendwann heimlich gesagt: "Mensch, da hat einer von uns so einen tollen Roman fertig in der Schublade liegen, den machen wir jetzt einfach!", und dann haben wir ihn halt davon überzeugt.
Hoffe, ich habe das so korrekt dargestellt, Korknadel, wenn nicht bitte berichtigen!
In beiden Fällen lief es also nicht über Manuskriptzusendungen, sondern darüber, dass die jeweiligen Verleger das Material schon kannten, bevor überhaupt von einer möglichen Veröffentlichung die Rede war.
Und jetzt noch mal allgemeiner zur Fragestellung aus meiner Perspektive als Buchhändler:
Ich habe ehrlich gesagt oft eine gewisse Abwehrhaltung gegen Kleinst- und Selbstverleger, die bei uns anklopfen und für ihre Bücher werben. Das hat eine ganze Reihe von Gründen:
Im Gegensatz zu großen Verlagen, deren Titel ich gebündelt bestellen und in der Regel remittieren (zurücksenden) kann, wenn ich sie nicht verkaufe, muss ich Klein- und Selbstverlage meistens jeweils einzeln verwalten. Okay, in Sachen Bestellung wird es sogar langsam einfacher, weil ich inzwischen viele Kleinstverleger über unser Barsortiment (auch was Großhändlermäßiges) erhalte, aber bei Print-on-Demand-Titeln bleibt immer noch das Problem, dass ich die nicht remittieren kann. Das verhindert, dass ich mal zehn Exemplare eines Buches einfach in die Auslage lege und sehe, wie sie sich verkaufen - das finanzielle Risiko ist zu groß.
Nächstes Problem: Die Klein- und Selbstverlagsbücher sind nicht unbedingt schlechter als die Sachen, die bei großen Verlagen erscheinen, und gelegentlich eigenwilliger und origineller. ABER die Qualitätslatte geht bei den Kleinstverlagen dann halt doch deutlich weiter nach unten, besonders, was Lektorat und Gestaltung angeht. Da sortiere ich dann schon mal sehr schnell aus, wenn mich beim Überfliegen der ersten Seite fünf Kommafehler und drei Stilblüten anspringen. Bei Büchern, die ein zumindest halbwegs professionelles Lektorat durchlaufen haben, ist das natürlich normalerweise kein Problem.
Nun machen Kommafehler ein Buch nicht unbedingt schlecht, und auch über ein paar schiefe Metaphern kann man hinwegsehen (bzw. findet man die oft genug auch in Büchern, die bei Piper, Heyne oder Fischer erscheinen). Wie gesagt: Im Schnitt sind Kleinstverlagbücher sicher nicht (oder nicht viel) schlechter als die Dutzendware, die die großen Verlage auf den Markt werfen; und dazu kommt, dass bei ersteren die Chancen, etwas Ausgefallenes und Originelles zu entdecken, wahrscheinlich sogar besser stehen.
Wäre da nicht die gewaltige Flut von Kleinst- und Selbstverlagsbüchern. Und jeder Autor findet sein Buch wichtig und toll und will einem erzählen, dass man es unbedingt ins Programm aufnehmen muss. Und mit jedem dieser Bücher muss man sich dann einzeln auseinandersetzen, um die Perlen zu finden. Und dabei noch im Hinterkopf haben, dass man sich besser nicht von Kommafehlern oder kleinen Stilblüten abschrecken lässt, weil man ja nicht davon ausgehen kann, dass das Buch professionell lektoriert wurde (es aber trotzdem toll sein könnte, wenn man über die oberflächlichen Mängel hinwegsieht). Sorry, aber das ist nicht zu leisten. Nicht mit zehn Büchern die Woche. Nicht mal mit drei Büchern die Woche. Nicht, wenn man nebenher noch den restlichen Betrieb am Laufen halten muss.
Die Konsequenz daraus ist, dass Kleinst- und Selbstverlagsbücher eine viel höhere Hürde nehmen müssen, um es in unser Programm zu schaffen als die von den großen Verlagen. Das neue Piper-Fantasy-Programm stelle ich mir natürlich zu 90% hin, auch, wenn viele Sachen dabei sind, die ich persönlich ziemlich lahm finde. Entweder, die Bücher finden auch ohne meine leidenschaftliche Empfehlung ein Publikum, oder nicht, dann schicke ich sie eben zurück. Aber bei einem Kleinstverlagsbuch muss ich mich jedes mal bewusst DAFÜR entscheiden, es zu bestellen und das Risiko einzugehen, darauf sitzenzubleiben. Da reicht ein "auch nicht schlechter als der neue Michael Peinkofer" leider nicht aus. Da braucht es schon echte Begeisterung meinerseits.
Und ja, das ist ungerecht. Aber auch nicht wieder so ungerecht - denn letztendlich entscheide ich meistens anhand der ersten 2-3 Seiten darüber, ob ich ein Kleinverlagsbuch in kleiner Menge ins Programm aufnehme (eine große Menge wird es nur, wenn ich tatsächlich selbst große Lust habe, das Buch dann auch weiterzulesen). Die Titel großer Verlage müssen diese Hürde nicht nehmen. Aber dafür empfehle ich die Kleinverlagsbücher, die ich aufnehme, dann auch bewusst.
Letztendlich muss ich ehrlich sagen: Es ist mir einfach zu viel Zeug auf dem Markt der "ganz Kleinen". Und während ich ganz nachdrücklich dafür bin, dass jeder ein Buch schreiben und gern auch drucken und vertreiben lassen darf, liegt mir doch auch viel an meinem Recht als Buchhändler und Leser zu sagen: "Interessiert mich leider nicht." Und da schalte ich auch schnell auf stur, wenn Autoren mir zu penetrant werben, gerade, wenn die dann auf den Werbesprech der Großen machen ("Das MÜSSEN Sie aber dahaben, das wird der neue Harry Potter!"). Sorry, aber alles schon tausendmal gehört, und tausendmal nie wieder von dem Buch gehört.
Mein Werbetipp also, wenn es um Buchhandlungen geht: Einfach mal freundlich fragen, ob Interesse besteht, und einen repräsentativen Anreißer/Leseprobe mitschicken, ohne dabei den Mund zu voll zu nehmen. Und entweder die Leseprobe überzeugt dann oder nicht - und wenn nicht, dann muss man sich halt damit abfinden. Kein Buchhändler wird das Buch dann doch nehmen, weil man ihm erklärt, wie unglaublich wichtig oder gut oder verkäuflich es doch sei.
Übrigens haben Dolge und Grey es ja bei mir genau so gemacht, und weil alle drei Bücher (die zwei von Grey und das eine vom Dolge) beim Reinlesen einen gelungenen Eindruck auf mich gemacht haben (zum Weiterlesen bin ich allerdings noch nicht gekommen, da muss ich doch erst noch meine Klassikerlektüre mit Frederik Pohl fortsetzen und danach den neuen Cixin Liu lesen), habe ich sie auch für den Laden bestellt.