So, zurück aus dem Urlaub!
Frosty / Settembrini:
Natürlich ist die DSA-Situation bei Abenteuern und Spielerschaft heute nicht mehr exakt so wie einst. Ich hatte mir hiezuforum mal Abenteuerdiskussionen aus der T-Frühzeit und aus der Zeit nach den ARS-Kriegen (also ab vielleicht 2008) angeschaut und festgestellt, dass sich die Meinungen durchaus geändert hatten. Vorher wurde RR als selbstverständlich angesehen, hinterher kritisch beäugt. (Ich nehme an, ich hatte einst nach Diskussionen über beste Kaufabenteuer nachgeschaut. Im Zweifel müsste man das noch einmal ausgraben.) Ich rede von diesem Forum hier, wie ich betonen mag, nicht von den klassischen DSA-Foren.
In einem anderen Strang wird im Zuge der Diskussion um Folge 4 des Zock-Bock-Podcasts ernsthaft diskutiert, ob das "meisterliche" Würfeldrehen (auch abseits von DSA) noch nennenswert praktiziert würde. Donnerknispel. Natürlich wird es noch praktiziert. In beinahe jeder Spielrunde eines klassischen Rollenspielsystems, in welcher der Konsens "Man stirbt nicht wegen eines Würfelwurfs / Man stirbt nur nach Absprache und möglichst episch" gilt, dreht der SL hinter dem Schirm früher oder später die Würfel. Das gilt ebenso für die Runden, in denen der SL an seine wahre Dramaturgie glaubt bzw die Dramaturgie des Kaufabenteuers unbedingt beibehalten will. Mir zumindest begegnen solche Runden und entsprechende Verfechter nach wie vor.
Wie ich also schon angedeutet habe, trifft Settembrinis Vorwurf mE noch immer zu - ich formuliere mal um: Viele Spieler von DSA-Kauf-Abenteuerrunden sind es gewohnt, dass der effektive Eindruck, den sie im Abenteuer hinterlassen, nur gering ist, und setzen (daher) auf Ausdruck, auf Charaktertiefe und persönliches Drama, was sich parallel zur ohnehin voranschreitenden Handlung entfaltet. Wobei die Situation klar verwässert ist. Der frische Spielideen-Wind, der den Muff der 90er vertreibt - oder zumindest durcheinanderwirbelt - weht in der Spielerschaft und in den Kaufabenteuern. Handlung durch Spielen statt Handlung spielen erscheint reizvoller oder möglicher, (einige) Spieler sind nun sensibler für die Vorgänge am Spieltisch, und wenn ein neues Kaufabenteuer es heute noch wagt, in einem 90er Gewand daherzukommen, bezieht es es heftige Rezikeile. (Für die alten Abenteuer, die "Klassiker" gilt dies naturgemäß nur mit Abstrichen.) Denn tatsächlich haben sich auch die Kaufabenteuer gewandelt, was sich in einem Experimentieren mit offenen Elementen (Handlung, Ergebnis) äußert, wenngleich man nicht so naiv sein sollte anzunehmen, "moderne" Abenteuer, die nicht gerade einen Dungeon im Fokus haben, seien nunmehr im Normalfall "offene" Abenteuer.
Settembrini wird (so gut wie) kein (DSA-)Kaufabenteuer finden, das seinen Ansprüchen genügt. Insbesondere bei DSA-Kampagnen, also bei auf welche Weise auch immer mehrteiligen Abenteuern, ist dies ausgeschlossen, weil es ja wiederholt notwendig herbeizuführende Situationen mit notwendigen Ausgängen gibt, um zum Kampagnenende zu gelanden. (Wobei Du die originale Südmeertetralogie mit einigen Anpassungen (Streichen der Autohavarie der Korisande etc) durchaus schätzt, nicht wahr?) Da ist es nicht ratsam, wenn Frosty ausgerechnet die Theaterritter-Hexalogie als "ergebnisoffen" vorschlägt. Mir ist bewusst, dass der letzte Teil tatsächlich viele Freiheiten bereithält, aber in den einzelnen Teilen dorthin gibt es neben stellenweise Glanzlichtern diverse Flaschenhälse und RR-Momente sowie mühsame Handlungskonstrukte, sodass diese Kampagne mE unterm Strich hinter die aktuellen Römerschen Kampagnenmaximen zurückfällt. (Ihr habt doch sicherlich alle der kürzlich erschienenen Eskapodcast-Folge gelauscht! Dann wisst ihr, dass natürlich auch Thomas seine Abenteuer und Kampagnen anders angehen und offener gestalten würde als früher.)
Man möge mich nun bitte berichtigen. Im Zweifel hilft mir das mehr als Zustimmung.