Ich bin der Meinung Mondpreise sind eine gute Sache für unsere Szene!
Warum? Damit denke ich nicht an die Perspektive des Verkäufers, sondern betrachte den gesellschaftlichen Wert an sich. Ich arbeite in einem Bereich der unter anderem im Kontext mit Antiquitäten- und Kunsthandel steht. Da kann ein briefmarkengroßes Stück Metall oder Papier, eine Fotografie, oder ein anderes Objekt locker 150K(!) oder mehr Euro einbringen. Und das ist bei weitem keine Oberliga. Die großen Auktionshäuser geben Kataloge in einer Qualität heraus, die beachtlich ist, dafür das es nur ein Katalog ist, der bald nicht mehr aktuell ist und in ein Archiv oder in die Altpapiertonne wandert.
Ja, aber da geht es um Antiquitäten und Kunstwerke! Die sind wertvoll! Echte Wertanalgen! Bei Rollenspielen handelt es sich hingegen nur um alte Bücher.
Tatsächlich? Wer bestimmt das?
Unsere Gesellschaft hat ein Wertprinzip: Wenn etwas monetär teuer ist, dann wird es häufig auch als sehr wertvoll – und wichtig – angesehen. Vor nicht allzu wenigen Jahren galt Rollenspiel allgemein hin als peinlich und als unwichtiges Verlierer-Hobby. LARPer waren Durchgeknallte die sich am Wochenende lächerlich kostümierten und Rollenspieler bloß Loser die ihre Zeit typischerweise als Kellerkinder verschwendeten. Anders als das Sammeln von z.B. Briefmarken oder Zugmodellen lag kein großer monetärer ( = gesellschaftlicher) Wert darin. Diese Wahrnehmung änderte sich mMn erst durch die teuren LARPs, als auch die Gewandung sehr aufwändig (und damit teuer) wurde. Plötzlich ist das ein zwar ausgeflipptes aber sehr wertiges(!) Hobby, etwas das respektiert wird. Heute ist LARP anerkannter als das Tisch-Rollenspiel. Mit dem Wachsen des Trading-Card Bereichs entstand auch dort eine gewisse Wertigkeit denn einige Karten brachten tolle Preise und werden entsprechend gehandelt.
Beim Tisch-Rollenspiel änderte sich die Wertigkeit erst mit TV-Serien, die uns doch eher in die Lächerlichkeit zogen, und durch Prominente, die sich outeten D&D gespielt zu haben. Plötzlich konnte es kein richtiges Loser-Hobby mehr sein, wenn der erfolgreiche Xy das gemacht hat oder noch macht. Aber im Vergleich zu anderen Hobbys fällt Rollenspiel monetär voll auf die Nase.
Eine Freundin die sich gut in der Musikinstrumentenszene auskennt, hat mir berichtet, wie diverse Leute einen Haufen Knete machen, nur weil sie sich mit Instrumenten gut auskennen und andere Sammler beraten. Und diese Leute genießen totalen Respekt, weil ihre Kenntnisse offenbar bares Geld wert sind. Die Sammler sowieso.
Fast immer wird gesellschaftlicher Wert in Geld gemessen. Das mag nicht gefallen, ist aber leider so. Bestimmte alte Spielsachen sind heutzutage kein Müll mehr, sondern in Sammlerkreisen und -szenen entsprechend wertvoll. Selbst Spielsachen aus unserer Jugend, oder relativ modernes Material wie das Nintento64(?)-Spiel, welches neulich durch die Presse ging. Es besteht ein großer Unterschied zwischen „Ich habe eine He-Man Figur.“ und „Ich habe eine He-Man Figur, die ist jetzt X-mal soviel wert ist wie beim Erscheinen.“
Wieso sollte Rollenspiel da nicht mitmachen? Wie cool wäre es, wenn man ein altes RPG-Produkt aus dem Regal ziehen könnte und ein Auktionshaus verkauft das für 150K?! Diesen Objekten, also unserem Hobby, würde dann soviel mehr gesellschaftlicher Wert zugemessen. Wieso soll eine vier Bilder Serie von irgend einem Star-Fotografen eine Viertelmillion pro Bild wert sein (die dieser dann auch bekommt!); eine D&D, DSA, Cthulhu, usw. Ausgabe, im Vergleich zu anderen Kategorien lächerlich niedrigpreisig eingeordnet, darf aber bloß ein paar Kröten kosten?
Besonders schön ist: Wie bei anderen Medien nimmt man den Rezipienten durch „Mondpreise“ nicht die Information weg. Die Information aus Buch, Tonband, Schallplatte, Modul, Kassette, CD, usw. ist immer noch kostengünstig digital, oder als Reprint, zu haben. Die ersten Beatles Songs kann ich digital überall günstig bekommen und genießen. Die erste original Schallplattenpressung dürfte hingegen einiges wert sein, welche meine Mittel übersteigt. Ich finde, je höher die Mondpreise, die dann auch tatsächlich erzielt werden, desto besser ist das für unser Hobby, weil dies für mehr gesellschaftliche Wertschätzung sorgt. Deshalb bin ich der Ansicht wir sollten Mondpreise nicht verachten, sondern vielmehr begrüßen.
Was denkt ihr? Ist das so abwegig?