Ich habe OSR immer als eine Bewegung verstanden, die viel damit zu tun hat, dass sich D&D über die Editionen hinweg halt mit am radikalsten von allen Rollenspielen mehrmals neu erfunden hat, natürlich vor allem mit der 3E. Dass es da eine Gegenbewegung hin zu den Wurzeln gab/gibt, ist ja nicht so verwunderlich.
Da muss man auch erst mal genug Editionen haben, um überhaupt so eine langfristige Veränderung bieten zu können - ganz davon abgesehen, ob es die dann auch wirklich gibt.
Betrifft also nur einige altehrwürdige Systeme/Linien, aber da sind große Veränderungen und Gegenbewegungen mal so gar kein Alleinstellungsmerkmal von D&D.
Im einzelnen:
Traveller kenne ich nicht so gut, aber ich habe den Eindruck, auch da ist es ähnlich: Bei allen Editionsunterschieden knallen da mit den verschiedenen Editionen doch keine völlig unterschiedlichen Spielphilosophien aufeinander, wie das teilweise bei D&D ist.
Traveller hat sich in Sachen Mechanik und Setting schon ein paar mal ordentlich verändert und da hat es sehr wohl in der Spielerschaft geknirscht.
Das ist aber lange her und mit der weitgehenden Rückkehr zu den Wurzeln hat sich diese Gegenbewegung insofern erledigt, dass sie sich durchgesetzt hat.
Bei Warhammer/Zweihänder sehe ich es genauso (die 3. Edition muss man da ausnehmen, die ist ja ein unabhängiges System vom Rest).
Zweihänder gäbe es ja ohne Warhammer 3 gar nicht (!), da kann man diese Edition nicht einfach ausklammern und sagen "Ist ja alles aus einem Guss und immer seiner Linie treu geblieben."
Und Warhammer 4 ist zwar in mancherlei Hinsicht eine Rückkehr zu altbekanntem, hat aber immer noch genug Veränderung, dass es weiterhin eine wahrnehmbare Retro-Bewegung gibt, die entweder an früheren Editionen oder Zweihänder festhält oder zu Spielen wie Warlock! greift, welches gerade keine Reaktion auf WH 3 ist, sondern (wenn überhaupt auf eine einzelne Edition und nicht auf den allgemeinen Regelwildwuchs) auf WH 4.
Selbst bei Shadowrun oder WoD habe ich selten gehört, dass Leute sagen würden, das ist jetzt OSR, wenn sie die jeweils ersten Editionen spielen. Käme mir auch irgendwie komisch vor.
Spezifisch OSR vielleicht nicht (obwohl sich bei Shadowrun das doofe Wortspiel natürlich aufdrängt
), aber
old school allemal und dann fehlt schon nicht mehr viel
Der Begriff begegnet mir im SR-Kontext jedenfalls schon ab und zu, nämlich da, wo die Retro-Bewegung ähnliche Zielsetzungen hat wie die (D&D-)OSR.
Und SR ist meiner Einschätzung nach das "große" (d.h. erfolgreiche) System, bei dem es über die gesamte Laufzeit die ausgeprägtesten und verschiedensten Gegen- und Absetzbewegungen gab (vielleicht abgesehen von der CP2020-Spielerschaft, die sich über Jahrzehnte jedem Richtungswechsel komplett verweigert hat).
Gut, man könnte den Begriff natürlich weiten, und zB mit Präfixen arbeiten (DSA-OSR etc), ob das so zielführend ist, da zweifle ich aber auch.
Die "D&D-OSR" (nur zur Abgrenzung) ist ja schon ziemlich weit gefächert, wie es bei Sosthenes schon angeklungen ist.
Teils soll genau das alte Spielgefühl wieder erzeugt werden,
teils wird die alte Spielweise aus moderner Perspektive beleuchtet,
teils geht es "nur" um einfache Spielmechanik,
teils wird auf dem altbekannten Regelgerüst etwas völlig neues aufgezogen.
Da ist die D&D-interne OSR schon so vielfältig, dass es zumindest keine sonderliche Begriffsverwässerung darstellt, wenn man das OSR-Label z.B. auch an frühe DSA- oder SR-Editionen (oder entsprechend ausgerichtete Konversionen) dranpappt.
Genauer erklären, was man da eigentlich konkret vorhat und macht, muss man ja auch innerhalb der D&D-Ecke schon.