Passion Christi: Evangelische Kirche rät vom Kino-Besuch ab
Die Evangelische Kirche kritisiert neben der Brutalität, dass "Die Passion CHristi" mehr die Täter- als die Opferperspektive zeige. Köln/München (rpo). Ab Donnerstag ist "Die Passion Christi" nun auch in deutschen Kinos zu sehen. Während der Jesus-Film in Amerika äußerst erfolgreich ist, raten deutsche Kirchenvertreter von einem Besuch des Kino-Films ab.
Der Ratsvorsitzender der Evangelische Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, sagte am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin", er könne den Film von Regisseur Mel Gibson nicht empfehlen. Das Ausmaß, in dem Brutalität ausgeschlachtet werde, sei "unerträglich". Der Film zeige mehr die Täter- als die Opferperspektive, außerdem werde das Geschehen um den Leidensweg Christi "nicht eingeordnet".
Auch Bayerns evangelischer Landesbischof Johannes Friedrich lehnt den Film ab. Friedrich sagte in einem Interview, in dem Epos stünden das Leiden und Sterben mit exzessiven Gewaltszenen im Mittelpunkt. Der Landesbischof kritisierte: "Doch über den Sinn dieses Leidens erfährt der Kinobesucher nichts." Fragen nach der zentralen Botschaft des Sterbens und der Botschaft der Erlösung blieben vielmehr unbeantwortet.
Friedrich äußerte zudem Verständnis für die Antisemitismus-Vorwürfe gegen den Film. Dieser schildere in historisch falscher Weise Pontius Pilatus als beinahe frei von Schuld, die dafür "den Juden angelastet" werde. Der Landesbischof fügte hinzu: "So kann ich verstehen, wenn man hier stark antisemitische Tendenzen zu erkennen meint. Ob der Kinobesucher dies allerdings so wahrnimmt, weiß ich nicht, denn es werden auch rohe, gewalttätige römische Soldaten gezeigt ebenso wie edel agierende Juden."
'Die Passion Christi': Zwischen naiv und genial Frankfurt/Main (rpo). Äußerst realistisch und blutrünstig hat Mel Gibson mit "Die Passion Christi" einen Film über Jesus Christus dessen Leiden von der Festnahme bis zum Kreuzestod in Szene gesetzt. Zwar ist der Film heftig umstritten, dennoch ist er sehr erfolgreich. Nun kommt der Film vorfristig bereits am 18. März auf die deutschen Leinwände.
Die Genialität der Passions-Interpretation Gibsons, der ein bekennender traditionalistischer Katholik ist, liegt schlicht darin begründet, diesen grausam-spektakulären Leidensweg des letzten Lebenstages von Jesus mit allen Effekten des Populärkinos ins Szene gesetzt zu haben.
Gibson schert sich keinen Deut um komplizierte theologische Deutungen, Grübeleien oder Relativierungen des Geschehens vor 2.000 Jahren in Palästina. Vielmehr zeigt der Hollywood-Star, der in seinem schon bei den Dreharbeiten heiß umstrittenen Film nicht selbst auftritt, den Religionsstifter mit der Dornenkrone ganz naiv als die Herzen anrührenden Schmerzenskönig, der ein Martyrium erleidet, bevor ihn der Tod erlöst und zugleich unsterblich macht.
Wer Gibson diese Naivität vorwirft, der wirft ihm unausgesprochen auch seinen Glauben vor. Da das kaum eine unter den vielen kritischen bis total ablehnenden Stimmen zum Film bislang wagte, erheben die Gibson-Verächter andere Bedenken.
Zum Beispiel dasjenige, der Film nähre den Antisemitismus. Dass es Juden waren, insbesondere deren Hohepriester, die die Verfolgung und Hinrichtung des Messias aus Nazareth betrieben, ist jedoch keine Erfindung Gibsons, sondern steht so in den Evangelien des Neuen Testaments. Und auf denen gründet der Glauben von Abermillionen auf allen Kontinenten.
Eher schon könnte von einer anti-römischen Tendenz des zweistündigen Streifens gesprochen werden: Es sind Soldaten der imperialen Besatzer, die Jesus mit Peitschenhieben in einen blutigen Fleischklumpen verwandeln, ihn mit dem Kreuz beladen durch die Straßen treiben und endlich sadistisch ans Kreuz nageln.
Ein Kinoereignis von seltener WuchtDer andere zentrale Vorwurf richtet sich gegen die Gewalttätigkeit des Films, gegen den voyeuristischen Realismus, mit der die blutenden Wunden des Todeskandidaten Jesus herbei- und vorgeführt werden. Zweifellos hat der Jesus-Darsteller Jim Caviezel, in Rückblenden als überirdisch schöner Schauspieler zu bewundern, weit mehr Zeit bei den Maskenbildnern als vor der Kamera verbracht. Aber Gibson verlässt sich auf das wirksamste Rezept des Kinos: Er zeigt starke, bewegende Bilder und spart an Dialogen. Wenn doch mal geredet wird, dann in zwei Sprachen, die nur noch Eingeweihte verstehen: Aramäisch und Latein. Das Wagnis, den Film selbst in den fremdsprachenfaulen USA nur mit Untertiteln zu zeigen, verdient allein schon höchste Anerkennung.
Gewiss ist Gibson kein großer Regiekünstler. Denn fast alle Szenen, die nicht das Leiden von Jesus zum Mittelpunkt haben, sind blass, zu bemüht und manchmal auch kitschig geraten. Über all das ließe sich mit besten Argumenten Klage führen. Gleichwohl ist Gibson ein bedeutender, in seiner Massenwirkung kaum zu überschätzender Film gelungen. Denn wer die "Passion" bereits als Christ sieht, wird sich zutiefst bestätigt darin fühlen, diesem Schmerzensmann und Erlöser zu folgen. Und wer nicht glaubt, wird unweigerlich beeindruckt sein von einer Figur, deren Martyrium symbolhaft steht für alle Gequälten, Gedemütigten und Ermordeten - kurzum für alle Märtyrer der an solchen nicht gerade armen Menschheitsgeschichte.
Jim Caviezel als Jesus hat schon jetzt für die größte Leidensfähigkeit einen Oscar verdient, die Maskenbildner für ihre Kunst gleichfalls. Schauspielerisch ist der Amerikaner so wenig gefordert wie die diesmal züchtig verhüllte Sexbombe Monica Bellucci als Maria Magdalena oder Maia Morgenstern als auffällig zurückhaltend agierende Maria. Pontius Pilatus, dargestellt von Hristo Naumov Shopov, wird als opportunistischer Charakter, der Verräter Judas eher als tragische Figur präsentiert.
Gibson, der nicht nur Regie führte, sondern auch am Drehbuch mitschrieb, produzierte und den Film aus eigenem Vermögen finanzierte, hat sehr viel, ja alles riskiert. Aber er hat nun auch alles gewonnen: Denn "Die Passion Christi" ist ein Kinoereignis von seltener Wucht, weil Mel Gibson den Kern der weltweiten Jesus-Faszination mit sicherem Instinkt und viel Kunstblut in den Mittelpunkt stellt.
Film "Die Passion Christi" als zu grausam kritisiert Hamburg (rpo). Eine Woche bevor der Film "Die Passion Christi" in Deutschland in die Kinos kommt, stößt das Werk von Mel Gibson auch hierzulande auf immer mehr Kritk. Neben dem Publizisten Michel Friedman haben auch Vertreter der katholischen Kirche Stellung genommen.
Michel Friedman bewertet "Die Passion Christi" als antisemitisch. Der Publizist befürchtet, dass der umstrittene Mel Gobson-Film bei jungen Zuschauern solche Tendenzen fördern könnte.Die jungen Menschen könnten aus dem Film "mitnehmen, dass die Juden die Verantwortung für den Tod Jesu Christi haben", sagte der Ex-Vize des Zentralrates der Juden in Deutschland der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag. Dies sei eine "explosive Brisanz, die wir nicht hinnehmen dürfen". Es handele sich um "Antisemitismus, der unter dem Deckmantel eines Films daherkommt".
Positiv würdigte Friedman allerdings die Reaktion der katholischen Kirche auf den Film. Dass sich auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, von dem Streifen distanziert habe, "ist für mich ein Beweis, dass der Respekt untereinander siegen wird". Der Film sei "ein unverantwortlicher Rückschritt ins Mittelalter".
Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen sagte am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin", der Film sei so blutig, dass die Gefahr bestehe, "dass der Zuschauer nur das Blutige sieht und nicht die Heilsbotschaft", vor allem wenn Zuschauer nicht die Bibel kennen würden.
Thissen sprach von einem "Film voll Blut und Wunden". Die langen grausamen und blutigen Sequenzen seien schwer zu ertragen, ihn habe das Anschauen "enorm mitgenommen". Die Zuschauer sollen den Film nicht allein anschauen, riet der Erzbischof. Deshalb werde es ein Begleitprogramm der katholischen Kirche zu dem Film geben.
Allerdings teilt Thissen den von anderen Kritikern erhobenen Vorwurf des Antisemitismus nicht. Er habe keine antisemitische Zuspitzung der biblischen Erzählung entdecken können. Diese wäre auch völlig abwegig, sagte der Erzbischof. "Die Juden sind unsere älteren Brüder und Schwestern im Glauben."
Dagegen hatte der evangelische Kirchenpräsident in Hessen und Nassau (EKHN) Peter Steinacker, kritisiert, dadurch dass der Hass des Volkes auf Jesus nicht hinreichend erklärt werde, schüre der Film indirekt antisemitische Ressentiments.
Der jüdische Schriftsteller Rafael Seligmann sagte im ARD-"Morgenmagazin", er sei erschüttert über die Gewalt und Unmenschlichkeit des Films. Die Christen und Juden glaubten an eine Religion der Liebe, sagte Seligmann. Im Spielfilm diene die biblische Botschaft jedoch "als Alibi der Gewalt". Was wehtue, sei die Darstellung geifernder Juden, die die Kreuzigung Jesus verlangten, und die römischen Soldaten seien Sadisten. Falsch sei die Darstellung von Pontius Pilatus als gütiger Zauderer, sagte Seligmann; denn der Statthalter sei wegen seiner Unmenschlichkeit abberufen worden. Der Film sei eine gefährliche und entmenschlichte Mixtur, meinte Seligmann. Die Botschaft der Liebe gehe vollkommen verloren. Regisseur Gibson wolle mit dem Film "sein Geld machen". Einen Kinobesuch könne man sich sparen.
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