Gestartet Spielleiter... Grrrr... manchmal möchte ich sie würgen! und weil ich absehe, dass das ein bisschen länger wird. Ich weiß nicht ob jemeand die 4 Posts von dort hier anhängen kann, aber anstatt dort zu antworten, dachte ich, ich wäre einmal cleverer und starte selbst einen neuen Thread anstatt dann dort um Abspaltung zu bitten.Warum sind Spielleiter so schlecht? Welchen Teil tragen schlechte Kaufabenteuer und Rollenspielbücher dazu bei?
Ich denke jeder von uns der schonmal ein paar Kaufabenteuer geleitet oder gespielt hat, kennt den klassischen Aufbau:
- Szene 1 - Vorlestext - Ort - Charaktere - Loot - Versteckter Loot und Informationen - Gegnerwerte
- Szene 2 - Vorlestext - Ort - Charaktere - Loot - Versteckter Loot und Informationen - Gegnerwerte
- Szene 3 - Vorlestext - Ort - Charaktere - Loot - Versteckter Loot und Informationen - Gegnerwerte
- Szene 4 - Vorlestext - Ort - Charaktere - Loot - Versteckter Loot und Informationen - Gegnerwerte
- ...
Der Vorlestext funktioniert meist sowieso nur wenn das Abenteuer linear abläuft. Die Szene wird meist getriggert wenn die Charaktere an einen bestimmten Ort kommen, einen bestimmten Gegenstand aktivieren.
Frage 1. Braucht ein Kaufabenteuer eine Anleitung?Oh Gott. Ja. Aber es
sollte keine benötigen. Wenn ich ein Buch kaufe, sollte das soweit abgeschlossen alle Information beinhalten die ich benötige es zu kaufen. Es darf gerne aufbauend funktionieren, z.B. muss ein Kaufabenteuer die Werte nicht erneut anführen, wenn angedacht ist, dass man ein Monstermanual auch hat, aber oft macht es Sinn die wichtigsten Dinge als Referenz erneut anzuführen. Aber wie man ein Kaufabenteuer leitet sollte sich direkt aus dem Aufbau des Abenteuers und der Formulierung ergeben.
Frage 2. Warum sind lineare Abenteuer so wie sie oft zu kaufen sind schon vom Aufbau her schlecht designedViele Kaufabenteuer werden mit einer kurzen Synopsis aus wenigen Sätzen designed, die eine lineare Handlung widerspiegelt:
"Artefakt gestohlen. Diebe befinden sich in X. Spieler müssen nach X. Auf der Reise von X nach Y werden sie überfallen. In Y gibts Bezahlung. Ende.Diese wird dann immer weiter in Szenen aufgebauscht um den Kaufpreis zu rechtfertigen. Nur besteht dieses Aufbauschen und Auffüllen meist aus Fülltext oder einem Red Herring oder der Einführung eines McGuffins der sie nach X und von dort nach Y leitet oder Personen- und Ortsbeschreibunge die sich aber auf ihr Aussehen beschränken.
Frage 3. Warum scheinen die meisten Kaufabenteuerschreiber zu denken "linearer ist leichter zu leiten"Ja. Solange jeder ganz brav genau den Ablauf abarbeitet und der Spielleiter die Vorlesetexte der Reihe nach runterlesen kann. Und was ist wenn in obrigem Abenteuer die Spieler nicht nach Y reisen? Das Buch kann weggeworfen werden. Wenn sie noch früher nicht daraufkommen, dass die Diebe in X sind, kann man meist dort das Abenteuer wegwerfen, weil alles weitere darauf aufbaut. Ich weiß gar nicht wie oft ich von neuen Spielleitern schon fragen gehört habe "Und was mach ich jetzt wenn die X nicht finden?" Es sollte nicht die Aufgabe der erfahrenen Spielleiter sein, sondern des Abenteuers dem neuen Spielleiter zu zeigen wie er solchen Problemen begegnen kann.
Ich sehe es so, dass es nur leichter zu schreiben - nicht aber leichter zu leiten ist. Der kleinste Fehler in einer sehr rigorosen linearen Handlungsabfolge kann einen unerfahrenen Spielleiter in einem Chaos zurücklassen.
Schritt 1: Seid ihr Autor, schreibt Abenteuer für Leute die zum ersten Mal ein Rollenspiel spielenNicht alle eure Abenteuer müssen sich an Neulinge halten. Das erste Abenteuer eines Rollenspiels sollte aber auf jedenfall immer für Leute geschrieben sein, die mit diesem System erst zum Hobby stoßen. Graduell dürfen deise Abenteuer gerne aufeinander aufbauen. Schiebt diese Verantwortung nicht auf andere Systeme und Spielleiter ab, es ist eure Aufgabe unser Hobby zugänglich zu machen, nicht unsere.
Schritt 2: Verwendet Fronten, Fraktionen, Krisen und Motive anstatt linearer HandlungsabfolgenIhr dürft gerne eine strikt lineare Handlungsynopsis inkludieren wie es gedacht ist, dass euer Abenteuer abläuft. Dabei solltet ihr die lineare Handlungsabfolge dann aber auch belassen! Gebt den Charakteren und Bösewichten Motive anstatt Szenen. Anstatt eine halbe Seite Vorlesetext einen Vorlesetext zu inkludieren der nur funktioniert wenn das Abenteuer
genau wie geplant abläuft, beschreibt in einer Viertelseite wann und warum eine Szene dieser Art stattfinden könnte und in einer Viertelseite was passiert wenn keine solche Szene eintritt und wie sich dies ins Abenteuer einfügen würde.
Wenn ich von Fronten, Krisen und Motiven schreibe, bedeutet dies nicht, dass ihr euch nun an ein bestimmtes ausgearbeitetes System halten solltet (z.B. Apocalypse World "Fronts", Burning Wheel (Instinc, Belief, Goal)). Aber das Konzept dahinter! Anstatt WENN - DANN Handlungen zu beschreiben, erschafft Szenarien in denen der Spielleiter unterstützt wird die Umwelt reagieren zu lassen.
Anstatt
Die Diebe sind nach dem Diebstahl nach X geflüchtet. Wenn die Spieler dort ankommen sind die Diebe bereits in Y. wäre es viel hilfreicher gewesen wenn dort stehen würde
Die Diebe versuchen nach dem Diebstahl X zu erreichen, um etwaige Verfolger abzuschütteln, um von dort nach Y zu reisen,
weil sie dort einen Käufer für das Artefakt haben.
Plant Unsicherheiten ein! Gebt damit den Spielleitern einen Kontext WARUM euer Abenteuer abläuft wie es abläuft und gebt den Spielern damit Möglichkeiten clever zu sein. Die Spieler könnten die Idee haben, dass X nur eine falsche Fährte ist und ein Käufer für dieses spezielle Artefakt in Y sein muss. Solche Dinge sind aber nur möglich wenn ihr Variation und Unsicherheit eingeplant habt und nicht den Ablauf vorgebt. Vielleicht erreichen die Diebe X nie - aber sie haben ein Ziel und werden auf anderem Weg versuchen dieses zu erreichen. Selbst wenn die Spieler die Stadttore rechtzeitig schließen lassen, so gibt es für die Diebe ein Ziel auf das sie hinarbeiten und das ist nach Y zu kommen und nicht erwischt zu werden. Können sie den Ort des Diebstahls nicht verlassen, müssen sie untertauchen. AUf einmal haben wir statt einer einzelnen Handlungsabfolge eine Variation an Möglichkeiten.
Daraus folgt direkt und als Wiederholung:
Schritt 3: Plant Unsicherheit einMut zum Konjunktiv. Mut zum "vielleicht", "versuchen", "hoffen". Sind unsicherere Abenteuer schwerer zu schreiben? Auf jeden Fall - keine Frage. Aber ihr solltet nicht versuchen Abenteuer zu schreiben die leicht zu schreiben sind, sondern Abenteuer die toll zu spielen sind! Auch hier darf ein Abenteuer für Anfänger einfacher sein, als die Kampagne über 7 Akte. Je größer eure Kampagnen sein werden um so mehr Flexiblität werden ihr kalkulieren müssen. Die Spieler spielen die Kampagne über 1 Jahr? Dann kann da sehr viel geschehen! Ihr müsst nicht die Lösung für alle Variationen einplanen - wie andere geschrieben haben: Auf begrenztem Platz kann man auch nur begrenzt viele Möglichkeiten abdecken. Aber wenn ihr an keinem Zeitpunkt davon ausgeht, dass euer Abenteuer "ganz genau so" gespielt wird, wie ihr den Ablauf festgelegt habt, dann habt ihr schon einen großen Schritt nach vorne gemacht.
Schritt 4: Schreibt Vorlesetexte nur für größtenteils statische DingeEin Text in einem Buch ist statisch. Der darf gerne als Vorlesetext vorgelesen werden. Ebenso die Inschrift auf einer Statue, welche sie unwahrscheinlich ändert. Ein Dialog, der sich abhängig davon verändern sollte wie die Spieler vielleicht auftreten (höflich unhöflich) und ihr plant das als Vorlesetext ein? NEIN. NEIN. NEIN. DIESE SCHMERZEN. Bitte tut uns so etwas nicht mehr an. Erzählt uns lieber worüber die Person sprechen wollen würde und warum sie mit den Spielern reden möchte, anstatt ihr Worte in den Mund zu legen. Wenn ihr eine bestimmte Sprache einer Figur in den Mund legen wollt, dann beschreibt dies und gebt ihr Phrasen, aber keine Dialoge und Szenenbeschreibungen über Abläufe.
Schreibt jeden Vorlesetext so, dass der Spieler zu jedem Zeitpunkt sagen kann: STOP! Er legt das Buch zurück, wendet sich von der Statue ab oder befasst sich nicht weiter mit der Umgebung. Wie oft hab ich schon (lange) Vorlesetexte vorgelesen und alle Spieler am Tisch sterben innerlich, weil jeder jetzt gerne agieren würde und der Text hört einfach nicht auf. Hey, er ist toll geschrieben, aber nach Satz hätte ich deinen König von
sowieso eigentlich gerne erstochen und jetzt musste ich ihm zu hören wie er zwölf Kinder ans Schaffot führt und dort ermorden lässt. Oh ich durfte nicht agieren weil...? ... dein Text so toll geschrieben ist. SCHMERZ! Bitte nie wieder Vorlesetexte die nicht zu jedem Zeitpunkt durch eine Handlung gestoppt werden können.
Im Zweifelsfall: Verzichtet auf Vorlesetexte. Beschreibt was der Spielleiter an Information wissen muss und lässt es ihn in eigenen Worten wiedergeben!
Schlechte Abenteuer und Rollenspielwerke erschaffen schlechte Spielleiter, die das wiederum so weitergeben.
Abenteuer die schwer zu leiten wirken, schrecken Spieler ab in die Rolle zu schlüpfen.
Rollenspielwerke die die Rolle des Spielleiters in eine Sonderposition heben, die nicht genausogut jeder andere am Tisch erfüllen könnte, sind Mitschuld am Spielleitermangel. Wir brauchen mehr Spielleiter um auch mehr gute Spielleiter zu haben.
Disclaimer: Es gibt ganz bestimmt viele gute Kaufabenteuer, Kampagnenbände und andere Werke die es richtig machen - aber die meisten scheinen es in meinen Augen nicht zu schaffen. Dabei gilt zusätzlich noch, dass neuere Rollenspiele und Abenteuer es auch eher besser machen als alte, je nachdem wann und mit welchem System man also zum Hobby gestoßen ist, dürfte man ganz andere Erfahrungen gesammelt haben. Der Thread hier soll dazu dienen diese unterschiedlichen Erfahrungen auszutauschen und nicht meine Meinung als die Wahrheit über Kaufabenteuer™ zu offenbaren.