Du als SL hast von Deiner Runde Kompetenzen für Deine Aufgabe bekommen. Diese Kompetenzen machen Dich aber nicht zum Chef der Runde, sondern eben "nur" zum Mitspieler mit Kompetenzen für Deine Aufgabe. Erfüllst Du die nicht mehr, verlierst Du diese wieder.
Nach dieser Argumentation gibt es in keiner freiwillig zusammen kommenden Gruppe irgendwelche Machtpositionen.
Das widerspricht aber meiner Erfahrung: Die Kompetenzen bringen eine gewisse Macht mit sich. Nicht insoweit, dass die SL komplett gegen die Spieler leiten kann, aber doch insoweit, dass ein Großteil der Aspekte der Szene von der SL festgelegt werden, meist Ad-Hoc als Bestandteil von Beschreibungen.
Das gleiche gilt in anderen sozialen Gruppen: Wer üblicherweise die Organisation von Zeit und Ort eines Treffens übernimmt (z.B. rumtelefoniert/-schreibt), hat dadurch einen größeren Einfluss darauf, wo und wann gespielt wird (und wird in den meisten Runden dabeisein, da für Tage an denen er oder sie nicht kann üblicherweise auch niemand rumtelefoniert).
Anders gesagt: Wer bestimmte Aufgaben übernimmt, erhält meist recht weitreichende Gestaltungskompetenzen für diese Aufgabe. Und ich denke, dass die meisten wenn es anders wäre diese Aufgaben gar nicht erst übernehmen würden. Würdest du als Spieler in einer SL-losen Runde das Monster der Woche erschaffen, wenn du es nur exakt nach Anweisungen der anderen tun dürftest? Ich bin sicher, dass es einige Leute gibt, die das trotzdem gerne machen würden, aber deutlich weniger, als es Leute gibt, die es tun, wenn sie dabei Gestaltungsfreiheit haben. Dann befriedigt die Aufgabe nämlich ein weiteres Spektrum an
Grundantrieben: Nicht nur Zuverlässigkeit, Soziales Ansehen, Fürsorglichkeit, Anpassungsbereitschaft und je nach Mitspielenden vielleicht Abwechslung, sondern zusätzlich noch Freiheit im Denken, Selbstbestimmung und Macht (und auf jeden Fall Abwechslung, falls das ihm oder ihr wichtig ist).