Eine der wichtigsten Eigenschaften, die meiner Meinung nach alle am Tisch mitbringen müssen um eine erfolgreiches, produktives und entspanntes Erlebnis zu ermöglichen, ist, persönliche Befindlichkeiten zu klären und nicht ins Spiel fließen zu lassen.
Unmut, Genervtheit, Frustration oder andere Probleme über den Charakter im Spiel auszulassen ist nicht nur schlechter Stil, es versaut Jedem der Beteiligten potentiell den Abend. Wenn ein Problem besteht, sollte das angesprochen und geklärt werden. Notfalls unterbricht man die Runde oder klärt das bis zum nächsten Mal. Falls es sich nicht klären lässt, muss man über Veränderungen nachdenken. Alles andere ist ehrlich gesagt Kinderkacke. Da muss man in meinen Augen irgendwann rausgewachsen sein.
Genauso bin ich absolut kein Fan davon, Konflikte unter Spielern im Spiel und über Charaktere zu klären. Oder Spieler über Charaktere oder Geschehnisse im Spiel zu bestrafen. Konflikte unter Charakteren können sich organisch entwickeln, genauso gut können sie bewusst herbeigeführt sein, um Spannung zu erzeugen. Meiner Meinung aber sollten die Spieler zu jeder Zeit Kontrolle darüber haben, dass der Konflikt nicht den Spieltisch erreicht.
Jetzt kann es natürlich sein, dass in der entsprechenden Spielsituation gar nicht so sehr die zuvor bestehenden Befindlichkeiten Auslöser für die harsche Reaktion waren, sondern die Endlosdiskussion und das Hin und Her der Charaktermotivationen, die der entsprechenden Spielerin einfach irgendwann zu viel wurde. Ob das nun dazu rechtfertigt, ein "Halt's Maul" in die Runde zu hauen, sei mal dahingestellt. Es ist klar, dass so ein Ton erstmal die Stimmung kippen lässt. Aus welchem Grund auch immer das passiert ist - spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte mal kurz die Handbremse gezogen werden. Und wenn es nur ist, damit mal alle fünf Minuten an die frische Luft gehen, um den Kopf zu kühlen.
Was die Charaktermotivation betrifft habe ich über die Jahre eine gewisse Nulltoleranz entwickelt. Es ist gut und richtig, sich über seinen Charakter und dessen Antriebe, Motive und Vorstellungen von Moral etc. bewusst zu sein und ihn dementsprechend zu verkörpern. Wenn man aber aus irgendeinem Grund immer zum blockierenden Element wird, weil man "ja nur seinen Charakter ausspielt" oder sich oft "mein Charakter ist eben so!" sagen hört, dann ist das ein guter Zeitpunkt um darüber zu reflektieren, warum man denn da eigentlich mit am Tisch sitzt. Neben der selbstverständlichen Aufgabe der beteiligten Spieler, ihre Charaktere zu spielen und mit Leben zu füllen, sehe ich ehrlich gesagt alle am Tisch sitzenden Beteiligten auch immer in der Verpflichtungen, dafür zu sorgen, dass alle anderen mindestens genauso viel Spaß haben, wie sie selbst. Das heißt ich nehme SL und Spielern gleichermaßen, bei aller Liebe zur Selbstverwirklichung und kreativen Entfaltung im Spiel, in die Verantwortung, das Gelingen des Abends (und die eigene Beteiligung daran) auf der eigenen Agenda zu behalten, mindestens im Hinterkopf.
Wenns dann eben mal an der Charaktermotivation hapert und das Spiel ins Stocken gerät, sollte man schon dazu in der Lage sein, Fünfe gerade sein zu lassen und dem Spiel wieder auf die Beine zu helfen, indem man nicht stur wie ein Esel auf seinem Standpunkt (oder dem des Charakters) beharrt. Das ist im Extremfall sonst schon eher sowas wie Spielverweigerung (und hat möglicherweise ganz andere Gründe, als die Charaktermotivation oder die Unflexibilität des Konzepts) und da wären wir wieder beim oben genannten: in einem vernünftigen Gespräch klären, sonst Alternativen finden.