Autor Thema: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.  (Gelesen 23339 mal)

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Ucalegon

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Es geht mal wieder um einen Blogbeitrag: Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!

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Zitat
tldr Die Idee, man könne sich auf einer angeblichen Skala einfach in Richtung regelleicht bewegen und dadurch coolere Geschichten bekommen, ist Unsinn.
- - -
Ich verstehe den Artikel ehrlich gesagt nicht. In Fate spielt man nicht deswegen stylischen Figuren und macht coole Sachen, weil es "regelleicht" ist, sondern weil es genau dafür Regeln gibt. Wenn die nicht effizient genutzt werden, d.h. man über Invokes und Compels nicht ständig zeigt, wie cool die eigene Figur ist, dann wird Fate zum Rohrkrepierer.

Der ganze herausforderungsorientierte OSR-Kram wiederum ist der Beweis dafür, dass es auch in regelleichtem Spiel in hohem Maße um das Abwägen von Risiken, Angst und Effizienz (hier im Hinblick auf die eigenen Entscheidungen) gehen kann. Das nimmt sich nichts mit Shadowrun 3 oder so, das regeltechnisch lediglich einen anderen Weg zum selben Ziel geht.

Fate wiederum ist an kreativer Problemlösung, so wie man ihr in einem OSR-Dungeoncrawl oder einem Shadowrun begegnen könnte, nicht interessiert, sondern es geht darum, dass die Figuren in ihrer Problemlösung immer cool sind. Überhaupt keine Rolle spielt Problemlösung bei Fiasco. Da hinkt der Artikel also mächtig.

Was Fate, die OSR, PbtA und Shadowrun wiederum alle gemeinsam haben, ist der Fokus auf den Moment. Die Verfolgungsjagd darf da um Himmels Willen nicht bloß Versatzstück in einer Geschichte sein, sondern es geht darum - von Moment zu Moment - nachzuvollziehen, was da passiert.

Das wiederum ist etwas, das mich persönlich nicht interessiert, weswegen ich Rollenspiele bevorzuge, deren Regeln mich nicht dazu zwingen. Die sind dann zwar tatsächlich weit von der schieren Menge an Regeln entfernt, die zum Beispiel Shadowrun hat - wo sollen Regelmassen auch herkommen, wenn es nicht mehr um die minutiae einzelner Handlungen geht - müssen aber auch nicht zwingend die Gestalt eher freiformiger Rollenspiele wie Fiasco haben. Kagematsu z.B. ist ein hervorragendes Rollenspiel, das nur aus einer einzigen, extrem verregelten - viel mehr als in jedem trad-Spiel! - sozialen Interaktion besteht. Und je effizienter man diese Regeln benutzt, desto interessanter wird die Geschichte.

Eure Antworten?

Offline Haukrinn

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #1 am: 18.08.2017 | 16:35 »
Ich kann mich da deiner Meinung einfach nur anschließen.   :d

Du willst mit deinem Charakter so tolle, coole Aktionen reißen, die wirklich interessante Storys ergeben? Dann spiel doch mal ein Spiel mit dem das geht. Wenn ich bei Night's Black Agents einen Superagenten spiele, dann fühlt der sich bei jeder Regelanwendung auch genau wie ein Superagent an. Wenn ich bei Fate den gewieften Musketier mime, dann helfen mir nicht nur meine Fatepunkte, sondern auch meine Stunts diesen Charakter in den Szenen brillieren zu lassen wo es Sinn macht. Und das hat nie was mit der Komplexität der Regeln zu tun, sondern immer nur damit wie gut die Regeln zu den Geschichten passen die ich erzählen möchte.

(Drüber auf dem Fratzenbuch läuft in der P&P Rollenspielgruppe übrigens eine Umfrage die genau an derselben Sichtweise krankt...  :P)
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Offline Teylen

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #2 am: 18.08.2017 | 16:48 »
1) Es gibt keine Einhörner
2) Die Geschichte mit dem ausweichenden Streuner ist cooler, als die mit dem Eier tretenden.
Weil der erste tatsächlich was riskiert und geschafft hat während das andere ja nur Geschwurbelt ist / ich mir alternativ auch ein gutes Buch hätte vorlesen lassen können.

Das hat auch nichts mit DSA versus Fate zu tun. Schließlich hat man auch im Beispiel mit Fate nicht die Regeln (Fatepunkte ausgeben, Würfel etc.) angewendet.
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Arlecchino

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #3 am: 18.08.2017 | 16:51 »
Ich kann mich da deiner Meinung einfach nur anschließen.   :d

+1

Ich würde beim Satz

Zitat
Wenn du aber in jeder Situation das tun möchtest, was am coolsten ist, wenn du deinen Charakter nicht nach Effizienz sondern nach Style bauen willst, dann wirf so viel Regeln über Bord, wie möglich.

das Durchgestrichene auch durch "dann spiel ein Spiel, dessen System dir genau das erlaubt" ersetzen.

Andererseits spricht überhaupt nichts dagegen, einfach auf viele Regeln zu verzichten, wenn das dem eigenen Spielstil guttut / näherkommt / nicht im Weg steht. Es ist nur sicher nicht die einzige Möglichkeit, um das Ziel einer "geileren Geschichte" zu erreichen.

Der Artikel ist aber generell ein wenig konvolut und offensichtlich durch schlechte Erfahrungen mit rules-heavy Rollenspielen gefärbt. Klar, man übertreibt gerne um einen Standpunkt die Straße runter zu jagen, aber dieses "dann schickt der SL erstmal die Spieler rauchen, damit er die Verfolgungsregeln nachlesen kann" is halt Quatsch. Kommt vor, ist aber sicher nicht Norm. Wenn doch, spielt man vermutlich einfach mit dem falschen System (oder hat nen ESeL mit Gedächtnisproblemen).
« Letzte Änderung: 18.08.2017 | 16:55 von Arlecchino »

Offline YY

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #4 am: 18.08.2017 | 17:01 »
Beim Eingangsbeispiel dachte ich mir direkt:
Das gar nicht mal so anonyme Beispielsystem hat sogar zu wenig Regeln, nämlich nicht die passenden für diese Situation...  ;) ;D
Wie komplex die dann sein müssten und ob man sich da nicht ad hoc was aus den Fingern saugen könnte (woran man sich berechtigterweise auch wieder stören kann), ist eine andere Baustelle.


Keine Frage dagegen ist es, dass die Regeln die Situation bzw. den angedachten Verlauf nicht mit ihrer Komplexität ausbremsen, sondern mit ihrer Ausrichtung.
Das führt natürlich in diesem und vielen anderen Fällen dazu, dass es besser ist, die Regeln wegzulassen; nur ist die Schlussfolgerung nicht zulässig, dass es immer besser ist, möglichst viel an Regeln wegzulassen.


Erst überlegen, was man spielen will und dann das dazu passende System wählen oder ein bestehendes entsprechend umbauen.

Wenn ich tatsächlich die Absicht habe, völlig regelunabhängig Verläufe zu postulieren, wie es mir passt und es die Leute am Tisch gerade gut finden, kann ich aber auch DSA4 spielen - dann kommt es nämlich nicht darauf an, wie meine Regeln aussehen, sondern wie und wann ich sie überhaupt anwende.
Andersrum wird mir auch das schmalste Regelsystem ab und zu im Weg sein, wenn die Regeln nicht das machen, was sie sollen. Und dann rennt man ggf. noch tiefer in den Fehlschluss hinein und lässt das letzte bisschen Regeln auch noch weg, weil es ja nur so überhaupt geht, coole Geschichten zu erzählen  :P
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Wulfhelm

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #5 am: 18.08.2017 | 17:43 »
Die Drecksviecher haben's eh verdient. Einhörner - die Elfen unter den Huftieren!

Offline Nebula

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #6 am: 18.08.2017 | 18:13 »
Ich habe festgestellt, daß wenn man wirklich alles auswürfeln lässt, dann stirbt wirklich das Einhorn.

Dann schmiert auch mal der Meisterdieb an einer Häuserfassade ab und ist einfach tot, bei 1000x würfeln kommt auch mal der epische Fehlschlag

Wenn man eh davon ausgeht, daß der betroffene Char das kann und es plausibel ist, dann klappt es halt einfach und die Story geht weiter.

Aber wenn dem SL diese Lösung zu einfach ist, dann sollte man sich halt was anderes überlegen. Ich habe mal ein PDF gelesen (ka wie das hiess, gutes SLn glaub ich)

Idee des Spielers klappt, ABER am Ende der Straße siehst du bla bla

Wulfhelm

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #7 am: 18.08.2017 | 18:15 »
Der Artikel ist aber generell ein wenig konvolut
You keep using that word have used that word once. I do not think it means what you think it means.

Offline YY

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #8 am: 18.08.2017 | 18:17 »
Wenn man eh davon ausgeht, daß der betroffene Char das kann und es plausibel ist, dann klappt es halt einfach und die Story geht weiter.

Das ist ein Argument für beide Seiten.
In vielen Regelwerken steht das nämlich genau so als Handlungsanweisung drin.
Da ist nicht würfeln lassen völlig regelkonform, während es woanders regelwidrig ist.
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Offline Issi

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #9 am: 18.08.2017 | 18:23 »
Ich liebe Einhörner! .......Aber das sind keine Spielerfiguren.
Wobei ich nicht weiß, wie das bei "My little Pony" ist. ~;D

Regeln sind nicht gleich Regeln.
Story ist nicht gleich Story.


Wenn ich mir den Ablauf und Ausgang einer Situation vornehme, aber die Regeln sind mir im Weg, bin ich vielleicht enttäuscht.
Wenn ich zwar eine Idee habe was die Figur vorhat aber nicht auf ein bestimmtes Ergebnis fokusiert bin, dann hören die Regeln auf mein Feind zu sein.
Ebenso wenn ich ein bestimmtes Ziel habe, aber flexibel bleibe, wie dieses Ziel zu erreichen ist.
Manchmal macht die Not auch erst erfinderisch und kreativ.
Wenn das "ob" und "wie" von Anfang an klar sein soll ist es mMn. auch nicht mehr spannend.
Scheitern können und den falschen Weg wählen, ist mMn. Risiko und Spannung des Spiels.

Unabhängig  davon: Alles was an Handlungen nicht von den Regeln abgedeckt wird, muß logischerweise durch provisorische Regeln improviersiert werden.
Eine Auffassung, dass man mit der Figur nur das tun darf, wofür es auch eine genaue  Regel gibt, kann ich zgg. nicht nachvollziehen.
« Letzte Änderung: 18.08.2017 | 18:25 von Issi »

Wulfhelm

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #10 am: 18.08.2017 | 18:31 »
Ich habe festgestellt, daß wenn man wirklich alles auswürfeln lässt, dann stirbt wirklich das Einhorn.

Dann schmiert auch mal der Meisterdieb an einer Häuserfassade ab und ist einfach tot, bei 1000x würfeln kommt auch mal der epische Fehlschlag
Das liegt eher daran, dass viele Regelsysteme halt Mist sind. Spezifisch daran, dass dem Zufall sehr viel und den Fertigkeitswerten vergleichsweise wenig Bedeutung zukommt. Da kommt dann eben ständig Slapstick wie der Meisterassassine, der scheppernd seinen Schleichen-Wurf verpatzt, zustande.

Man kann als Spielleiter gegensteuern (dafür muss man allerdings die Regeln gut beherrschen), indem man z.B. folgendes überlegt: Gibt es bei dieser Aufgabe irgendwelche möglichen unvorhersehbaren Probleme, die auch jemandem, der sie normalerweise schaffen würde, die Suppe versalzen können? Wenn nein: Jeder Charakter, der sie bei einem durchschnittlichen Würfelergebnis bewältigen würde, schafft die Aufgabe automatisch. Also quasi "Take 10" bei D20.
Wenn ja: Gut dann lasse ich würfeln, muss aber beim Fehlschlag auch klar machen, dass wirklich unvorhersehbare außergewöhnliche Umstände schuld sind und nicht die mangelnden Fähigkeiten des Charakters.

Beispiel aus einer alten Runde von mir: Traveller-Charaktere setzen mit Raumanzügen in ein havariertes Raumschiff über. Ist schon eine anspruchsvolle Aufgabe, weil des Raumschiff sich um eine Achse dreht und auch ein paar Trümmerteile in der Gegend herumschweben. Zwei von drei Charakteren schaffen es problemlos, aber ausgerechnet der Ex-Raumflottenoffizier mit guter Raumanzugfertigkeit würfelt halt eine 2 (mit 2W6) und erleidet einen Unfall. Erklärung dann: "Du schaffst es leicht, dich auf die richtige Bahn zu begeben und den großen Trümmern auszuweichen, aber gerade, als du dich der Luftschleuse näherst, gibt ein Stück der Außenwand des achteren Treibstofftanks des Wracks nach; durch die explosive Dekompression werden scharfkantige Trümmer aus kürzester Entfernung durch die Gegend geschleudert, einer davon reißt ein Loch in den Arm deines Anzugs..."

TL;DR: Außergewöhnliches Pech beim Würfeln sollte nur dann zum Tragen kommen, wenn auch außergewöhnliches Pech innerhalb der Welt denkbar ist.

Offline nobody@home

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #11 am: 18.08.2017 | 18:32 »
Ich liebe Einhörner! .......Aber das sind keine Spielerfiguren.
Wobei ich nicht weiß, wie das bei "My little Pony" ist. ~;D

Da sind sie definitiv Spielerfiguren. In gewisser Hinsicht sogar die flexibelsten, weil von allen Ponies die Einhörner die offensichtlichste Magie und mit ihrer Telekinese noch am ehesten so was Ähnliches wie Hände haben...der Rest muß mit Hufen, Mund, und im Fall der Pegasi vielleicht noch Flügeln auskommen. ;)

Wulfhelm

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #12 am: 18.08.2017 | 18:33 »
Gibt ja noch die Munchkin-Option: Das Pegasuseinhorn.

Offline Issi

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #13 am: 18.08.2017 | 18:39 »
Da sind sie definitiv Spielerfiguren. In gewisser Hinsicht sogar die flexibelsten, weil von allen Ponies die Einhörner die offensichtlichste Magie und mit ihrer Telekinese noch am ehesten so was Ähnliches wie Hände haben...der Rest muß mit Hufen, Mund, und im Fall der Pegasi vielleicht noch Flügeln auskommen. ;)
Sieh an!  :D
Aber selbst die sind, wie ich Deinen Ausführungen entnehme, wohl auch an bestimmte Regeln gebunden.
« Letzte Änderung: 18.08.2017 | 18:48 von Issi »

Offline Talasha

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #14 am: 18.08.2017 | 18:49 »
Da sind sie definitiv Spielerfiguren. In gewisser Hinsicht sogar die flexibelsten, weil von allen Ponies die Einhörner die offensichtlichste Magie und mit ihrer Telekinese noch am ehesten so was Ähnliches wie Hände haben...der Rest muß mit Hufen, Mund, und im Fall der Pegasi vielleicht noch Flügeln auskommen. ;)

Wobei die Erdponys mit den Hufen glaub ich auch greifen können.
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Ucalegon

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #15 am: 18.08.2017 | 19:22 »
Hier gibt es eine ausführliche Antwort, die sich auf die (taktische) DSA/Shadowrun-Perspektive beschränkt und sie "regelleichten Erzählspielen" (explizit genannt wird nur Fate - sage ich dazu, weil ich es immer sehr amüsant finde, was Leute darunter so alles verstehen) gegenüberstellt.

Offline YY

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #16 am: 18.08.2017 | 20:29 »
Da kommt ja einiges an sehr unterschiedlichen Sachen zusammen.

Einerseits frage ich mich, warum er sich beim ersten Beispiel so lang über irgendwelche Simulationismus- und auf der anderen Seite Balancing-Aspekte Gedanken macht, wenn es dann doch Möglichkeiten gäbe, das Ganze relativ flott und einfach regelkonform umzusetzen.
Der Kern ist aber wirklich der, dass Spieler und SL hier wohl aneinander vorbei geredet/gespielt haben*.

Das passiert ihm im zweiten Beispiel aber selbst, denn was da an "Mitteln der Spielwelt" genannt wird, ist unterm Strich auch nur das Durchdrücken der eigenen Perspektive, warum eine Schießerei jetzt so viel schlimmer/auffälliger sein soll als eine Verfolgungsjagd. Da werden Faktoren postuliert, die einer näheren Betrachtung nicht standhalten und eigentlich sogar eher für die Schießerei sprechen...


*Und weiter unten kommt dann der große Knackpunkt, was die Ausrichtung von narrativ vs. prozedural angeht (nicht regelleicht vs. crunchig, obwohl das oft zusammen fällt und auch im ursprünglichen Beitrag so fehlzugeordnet wird):
Der eine will coole Aktionen einfach erzählen, damit sie auch klappen (sonst wäre es ja nicht cool, daher kann er da kein Risiko gebrauchen), der andere findet sie überhaupt erst cool, wenn sie klappen, obwohl es ein signifikantes Risiko des Scheiterns gibt.

Das wird man nicht unter einen Hut kriegen.
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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #17 am: 18.08.2017 | 21:01 »
Wobei die Erdponys mit den Hufen glaub ich auch greifen können.

Yep -- und mir sind in diversen Fan-Machwerken schon einige Erklärungen dafür untergekommen. Natürlich liegt's in erster Linie einfach daran, daß es seine gelegentlichen Vorteile hat, ein Cartoonpony in einer Cartoonwelt zu sein. :D

Und ja, um zum Originalthema mal zurückzukehren: die Idee, daß regelleichteres Spiel automatisch besseres und spannenderes Spiel sein soll, erschließt sich mir auch nicht so recht. Okay, ich will auch keinen massiven Regelkoloß, bei dem ich ständig nachschlagen muß, weil er einfach nie komplett in mein Gehirn paßt, und das speziell heutzutage im Vergleich eher noch weniger als früher...aaaber, und jetzt kommt der Gegenpunkt, mir sind durchaus auch schon "regelleichte" Systeme untergekommen, die für meinen Geschmack doch schlicht und einfach zuwenig Substanz hatten und haben. Regeln, die mich dabei unterstützen, die Art von Rollenspiel zu betreiben, die mir gefällt, sind jederzeit willkommen -- und da sich der Grad an Spielwelt-Fiddeligkeit, mit dem herumzuschlagen ich dabei bereit bin, ohnehin in Grenzen hält, paßt das für mich auch gleich schmerzlos zum Konzept von Regeln in Maßen statt in Massen. :)

Offline D. M_Athair

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #18 am: 18.08.2017 | 22:11 »
Ich hab mit ein paar Freunden in neuer Konstellation kürzlich Everway gespielt. Also ein Spiel, das eigentlich Freiform ist und fast gar keine harten Regeln kennt. Einer der Mitspieler war Rollenspielneuling, der vorher nur eine abgekürze Demorunde Beyond the Wall gespielt hatte.

In der Manöverkritik mit dem SL sind wir darauf gekommen: Die Entscheidung Everway für die Konstellation zu nehmen war eine ziemlich blöde. Denn: Codifizierte Regeln geben a) Spielern Sicherheit und b) Werkzeuge in die Hand, die ohne Verhandlung mit der SL funktionieren. Dass es im Spiel immer wieder unangenehm gehakt hat, lang ziemlich eindeutig an unserer unspassenden Systemwahl.

Dass gerade Jugendliche so auf Crunchmonster abfahren, hängt sicher auch mit der Sicherheit, die sie geben zusammen.

Anders gesagt: Regeln sind ein Sicherheitsnetz, die beim Spielen helfen. Nicht umsonst sind Forge-Spiele Regelwerke gewesen, die einen ganz engen Fokus hatten. Das Ziel dahinter war "eine reproduzierbare Art von Spielerlebnis" zu erzeugen, die relativ unanhängig vom SL-Können ist.

Wir hätten für die Runde wohl mindestens die Sicherheit eines kleinen, starren und unkaputtbaren Regelkerns gebraucht, den z.B. OSR-Spiele (wie z.B. Beyond the Wall) liefern. Da sind immer noch viele Freiform-Teile drin, aber es gibt ein stabiles Regelgerüst, auf das man sich jederzeit verlassen kann - wenn nötig.


... ne weitere Erkenntnis war: Regeln kanalisieren freie Phantasie und lenken sie in sinnige und verwertbare Bahnen. Gerade unser Neuling hatte es durch das Fehlen dieser Funktion schwer so richtig ins Spiel zu finden.


Fazit: Regeln helfen Einhörnern (oder Storys). Falsch ausgesuchte Regeln/Systeme nicht.


Zu dem Blogartikel sei noch gesagt:
Das taktische Problemlöserspiel, das tatsächlich nur schwer mit aktivem Bauen an einer interessanten Story zusammenzubekommen ist, ist eine valide Spielweise und es gibt genung Spielende für die das und nicht die Konstruktion einer dramaturgisch tollen Story eine wichtige Spaßquelle darstellt. Auf beide (und viele andere) Weisen kann man im Ergebnis zu interessanten und kreativen Geschichten kommen. Der Spielprozess bedient dabei aber jeweils andere Spaßquellen. Und da muss man halt schauen, was die Gruppe mag bzw. worauf sie sich einigen kann.

Das Fazit am Ende ist völliger Murks. Das Folgende kann so auftreten oder auch nicht.
Zitat von: runway61
Meine Erfahrung mit regelleichten Systemen ist: es gibt coolere Szenen, Spieler sind bereit mehr Risiko einzugehen. Und das Charakterspiel tritt in den Vordergrund. Und es geht weniger Zeit darauf, Charaktere zu basteln und die Regeln zu lernen.
Wir haben letztens 3 Stunden für die Charaktererschaffung bei Everway gebraucht. GERADE weil es so regelleicht ist und alle Möglichkeiten offenstehen, die man nur nach ganz wenigen Regeln systematisieren muss. Dass Beispiele und Erklärungen gerade im Magiebereich dünn ausfallen, machte das Ganze nicht einfacher.


Nur damit kein falscher Eindruck entseht:
Ich mag Everway immer noch total gern. Aber gerade das letzte Spielerlebnis hat seine Grenzen als System deutlich aufgezeigt und klar gemacht, welche Hilfestellung Regeln eigentlich geben. Vielleicht habe ich auch ein bißchen mehr verstanden, warum manche Leute die Regeln von Pathfinder, DSA4 oder Shadowrun nicht nur spielen sondern auch noch toll finden können.
« Letzte Änderung: 20.08.2017 | 02:30 von D. Athair »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline YY

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #19 am: 18.08.2017 | 22:13 »
An einer Aussage wollte ich mich aus Prinzip noch gestört haben:

Zitat
Es fehlt mit steigendem Lebensalter schlicht oft die Zeit, sich in regelschwere Systeme so einzufuxen, dass sie tatsächlich cool werden.

Echt jetzt?

Ich kann es nachvollziehen, dass man eigentlich noch nie Bock auf Regelschwergewichte hatte, nur gabs frühers kaum was anderes. Oder dass sich der Geschmack geändert hat. Oder dass man Leichtgewichte aus sonstwelchen Gründen bevorzugt.

Aber "ich bin keine 25 mehr, mein Hirn ist löchrig wie ein Schweizer Käse und wegen meiner 48 Kinder habe ich keine freie Minute mehr..." Is klar.
Dass man sich die Zeit nicht nehmen will, weil man keinen Nutzen (mehr) darin sieht, ist völlig in Ordnung.
Nur dieses "das geht ja gar nicht mehr" stört mich.



Und was ich noch vergessen hatte:
Die Spielerkleinhalterei bzw. das oftmals verpeilte Powerniveau der Schwergewichte ist tatsächlich ein Problem - allerdings eines, das sich die Spieler oftmals selbst machen, indem sie diese Verhältnisse bestätigen.
Das haben auch traditionelle Spiele in den 80ern schon anders gekonnt und explizit angeboten/angesprochen.

Problematisch wird das dann, wenn es nicht an der Position der Charaktere, sondern an den Regeln selbst liegt, dass bestimmte Wege zugemauert sind. Aber das "können" Leichtgewichte auch.
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Offline D. M_Athair

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #20 am: 18.08.2017 | 22:50 »
+1 zu YY.

Vielleicht kann man da auch wieder auf Robin's Laws verweisen. Seitdem sollten wir eigentlich wissen, dass Crunch-Monster bestimmte (grundsätzlich altersunabhängige) Präferenzen bedienen, die um nichts schlechter sind als andere Präferenzen. Mit Lebenserfahrung und Altersweisheit hat das per se überhaupt nichts zu tun. Dass in bestimmten Lebensabschnitten und in bestimmtem "Hobbyalter" sich bestimmte Geschmäcker häufen, kann man vielleicht beobachten. Aber das hat mehr mit Prioritätenverschiebungen, Geschmacksveränderungen, ... zu tun als mit den Präferenzen an sich. Die Veränderungen und Entwicklungen gehen auch nicht automatisch in eine Richtung. Dafür gibt es zu viele Begleitvariablen, die in völlig unterschiedliche Reichtungen weisen.
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Offline ArneBab

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #21 am: 19.08.2017 | 00:42 »
Wenn nein: Jeder Charakter, der sie bei einem durchschnittlichen Würfelergebnis bewältigen würde, schafft die Aufgabe automatisch. Also quasi "Take 10" bei D20.
Sowas sollte es überall geben. Wir nutzen das schon lange (wer 6 Punkte besser ist als der Mindestwurf muss nicht würfeln), und um den Nachbarthread aufzugreifen: Splittermond bietet das mit Sicherheitswürfen im Endeffekt auch.
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Ucalegon

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #22 am: 19.08.2017 | 22:15 »
Noch ein weiterer Artikel, der Bezug auf den Originalbeitrag nimmt: Story Mountain Breakdown oder warum der meiste Storykram Leute unglücklich macht

alexandro

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Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #23 am: 19.08.2017 | 23:57 »
Ach Mist, hättest du gesagt, dass der Link zum doxenden, publikumsbeschimpfenden und die wohlkalkulierte Ausdefinierung eines künstlerischen Stils zur Mehrung der eigenen Vermarktbarkeit (Sido, Somuncu, et. al.) als "die Gesellschaft drängt diese armen Künstler in eine Schublade" missverstehenden Hofrat führt... Dazu wollte ich mich eigentlich nicht mehr äußern (da es dem besagten Blogger in erster Linie um Aufmerksamkeit zu gehen scheint, weswegen er sich an jeden Trend anwanzt, auf der anderen Seite aber zu feige ist, wirklich kontroverse Positionen zu beziehen).

Aber jetzt habe ich halt darauf geklickt, da kann ich ebensogut auch antworten:

1.) Eine emotional ansprechende Geschichte muss nicht "polished" sein! Ich kennen einen Haufen Filme, Bücher und Serien, welche sicher keine Preise gewinnen werden (zu Recht), aber trotzdem ihre Wirkung entfalten. Der Gedanke, dass eine spontan entstehende Geschichte hinter einer sorgsam Konstruierten zurückstehen muss ist schlicht nicht haltbar.

2.) Klischees gibt es überall! Nicht nur in Storyrunden, sondern so gut wie jeder Film, jedes Buch und jede Serie ist voller Klischees - einfach weil es nur eine begrenzte Anzahl von Erzählmustern gibt. Auch das klassische Rollenspiel ist voller Klischees und stößt früher oder später an die Grenzen dessen, was innerhalb des Spiels möglich ist (irgendwann sieht jedes Dungeon irgendwie bekannt aus und auch die Traveller-Planeten wirken ziemlich same-y). Wo aber die Storygamer sich dieses Faktums bewusst sind und regelmäßig Genre, Spielwelt oder Charakterkonstellation variieren, versuchen einige klassische Rollenspieler ihre Kampagnen weit über deren Halbwertszeit zu verlängern - Kampagnendauer wird irrtümlicherweise mit Kampagnenqualität assoziiert und der unweigerliche Zusammenbruch nach (je nach Frequenz der Runden und in wie weit zwischendurch "frisches Blut" diese bereichert) Monaten oder Jahren des gemeinsamen Spiels ist dann um so gravierender (siehe die unzähligen Threads bezüglich Runden, die "einfach nicht mehr funktionieren", ohne dass die entsprechenden Spielteilnehmer genau sagen können, woran es liegt).

3.) Keine Anspielungen, sondern Anleitung! Der gravierendste Fehler in der Argumentation des Hofrats besteht in der folgenden Aussage:
Zitat
Man spielt sich improvisierte Bälle zu, die aus Versatzstücken von Genremedienanalyse und Genremedienerfahrungen besteht. Der Spaß und die Aufregung die dabei kurzzeitig den Raum erfüllt, beruht darauf, sich gegenseitig mitzuteilen, daß man die gleichen Sachen kennt und die jeweiligen Anspielungen versteht.
Ähm, nö. Wenn man ein Klischee oder ein bestimmtes Genreelement benutzt, dann muss eben NICHT jeder andere am Spieltisch mit diesem vertraut sein. Wichtig ist lediglich zu verstehen, dass dieses Element eine Bedeutung für den Spieler hat, welcher es eingebracht hat (was einige Storygames auf verschiedene Weise signalisieren) und man gerne hätte, dass der (die) andere(n) Spieler irgendwie darauf reagieren soll(en). Es ist wichtig deutlich zu machen, dass man etwas damit bezweckt und dieses Detail eben nicht komplett unmotiviert und interessenlos ist - es ist nicht einfach Teil der Spielwelt oder Auswurf irgendeiner Zufallstabelle, sondern ein Spielangebot. Gerade wenn das Gegenüber nicht mit den in dieses Spielangebot geflossenen Erfahrungen, welche niemals wirklich deckungsgleich sind, vertraut ist, findet hier ein Erschließensprozess statt, während dessen eigene, bekannte Erfahrungen und Erzählmuster benutzt werden, um dieses (unbekannte) Spielangebot "abzuklopfen" und zu sehen, was für Möglichkeiten dieses bietet. Auf diese Weise entsteht eine Story, welche zumindest für die Spielteilnehmer neu und überraschend ist (wenn auch nicht notwendigerweise für jeden anderen, der die Runde beobachtet).

Ich denke daher, dass Story keine Sackgasse sein muss, sondern ein Anspruch ist, welcher durchaus einige Möglichkeiten zur Bereicherung des gemeinsamen Spiels bietet. Das bedeutet auch nicht zwingend, dass man unbedingt Storygames spielen sollte - einige der intensivsten Storyerlebnisse hatte ich bisher in eher klassischen Systemen, wie Savage Worlds oder #PDQ. Auch die sehr storyorientierte Online-Runde um Matt Mercer nutzt dafür D&D5 und es funktioniert anscheinend wunderbar (eines der wenigen Rollenspiel-Let's Plays, welches ich tatsächlich aktiv verfolge - bin jetzt gerade mit Folge 105 durch und immer noch begeistert).
« Letzte Änderung: 20.08.2017 | 00:09 von alexandro »

Pyromancer

  • Gast
Re: "Mit jeder Regel stirbt ein Einhorn!" - Ehm, Nö.
« Antwort #24 am: 20.08.2017 | 00:18 »
@Alexandro: Schade, dass du deinen Beitrag durch den ersten Absatz so abwertest.  :q