1. Schön für den Hofrat, wenn sein Rollenspiel "originäre, kraftvolle und z. T. aufwühlende Erstrezeptionserlebnisse erzeugt", aber was das mit dem Originalbeitrag und cinematischen Spiel zu tun hat, erschließt sich mir nicht.
Tut es ja nicht. Er hat cinematisches Spiel so erlebt, dass es da um "wie im Kino" geht. Um das Mitfiebern mit den Hauptfiguren und die coolen, überraschenden Aktionen, wegen denen viele überhaupt erst ins Kino gehen. Ob "Erstrezeptionserlebnis" da die richtige Bezeichnung ist und ob die Analyse ne überzeichnete Karrikatur ist, darüber lässt sich streiten. Den Strohmann sehe ich aber nicht.
2. Der Originalbeitrag hat nicht verstanden, worum es in Fiasco geht. [...] (Wohin du mit der Emergenz willst, verstehe ich immer noch nicht. Mir scheint die ist eigentlich nur da interessant, wo es um kreative Problemlösung durch unerwartete Regelanwendung geht. Da gilt aber dasselbe wie oben: Für Fiasco hat das ganze Konzept null Relevanz).
Richtig.
Wohin ich mit der Emergenz will? Der Originalbeitrag will, dass sich aus dem Zusammenspiel der Spielteilnehmer organisch eine neue cinematische Spielqualität ergibt und behauptet viele Regeln würden das behindern. Auf Storygames wird festgestellt: Diese sich ergebende neue Spielqualität (Emergenz) hat nichts mit rules-light oder rules-heavy zu tun. Fiasco wird dabei als Spiel aufgeführt, das wenig emergent funktioniert - "(
measured in the amount of unexpected directions and nature that play can and does take)". Insofern hat der originale Blogbeitrag Recht, dass Fiasco nicht das ersehnte Spielerlebnis produzieren kann. Das liegt aber nicht daran, dass das Spiel "zu wenig Regeln" hätte.
Zusammengefasst: Der originale Blogbeitrag stellt richtig fest, dass Fiasco nicht das gewünschte Spielerlebnis liefert. Die Begründung dafür ist aber verkehrt. Fiasco hat nicht zu wenige Regeln, sondern grundsätzlich die falschen. Und wenn man dem nachspürt, warum Fiasco die falschen Regeln hat, dann ist ein weiterer Grund, dass sich der Blogger emergentes Spiel wünscht. Die Ausführungen zu Fiasco erklären wie die Spielbeispiele zu verstehen sind und verweisen auf eine zusätzliche Erwartung, die für den Blogger mit cinematischem Spiel verbunden ist (und die auch nichts mit rules-light und rules-heavy zu tun hat).
Ein Stück weit ergibt sich daraus dann auch, dass Story Games (allgemein gesprochen) nicht die Lösung für die Wünsche des Bloggers darstellen können. Und die Kritik des Hofrats an dem Artikel nimmt in der Diskussion auch Story Games aus.
Damit ist dann - bei allen Schwierigkeiten der verschwurbelten Blogartikel (und der Diskussionen darum) - relativ sicher hergeleitet, dass es bei der Art des gewünschten und des kritisierten Spiels nicht um Story Games geht.
3. Würden Spiele genannt, wüsste ich wenigstens, was der Hofrat mit schlechten Filmen vergleicht. So kann es irgendwie alles sein zwischen Würfeldrehen, Gummipunkten und "Be a fan of the player characters."
Soweit ist die Diskussion noch nicht. Es geht noch darum zu schauen, was genau gemeint ist. Der nächste Schritt ist dann die Frage: Wie würde das im Spiel aussehen? Oder: Wie würde der Spielprozess aussehen? Und dann kommt erst die Frage danach: Welche Spiele wollen genau das unterstützen.
Im Prinzip handeln die Blogbeiträge von Konzepten und Ahnungen, die erst konkretisiert werden müssen, ehe sie wirklich greifbar werden. Oder: Wir leisten hier Rekonstruktionsarbeit.
Das scheint mir bisher am besten die Richtung anzuzeigen:
Runden mit cinematischer Action und Charakteren, denen sowieso alles gelingt, man muss nur erzählen wie, (...)
... das hat mich an die Beschwerden und die Kritik zu 7te Sea 2nd erinnert. Aber es gibt ganz sicher noch mehr Spiele.
Der Anspruch "heroische Action wie im Kino" ist nicht so wenig verbreitet. Entsprechend müsste es auch Spiele geben, die genau so ticken bzw. ticken wollen.
Wenn man die Spiele entdeckt hat, dann dürfte sich über die Spielerfahrungen überprüfen lassen, welche Thesen haltbar und welche Ansprüche realisierbar sind und welche nicht.