So, habe mir noch ein Mal ganz viele Sachen hier durchgelesen und ein bisschen weiter nach gegrübelt. Zwei Sachen haben sich für mich dabei heraus kristallisiert, die sich nur bedingt durch spielleiterlose Sachen herstellen lassen.
Zum einen ist das der
Verhandlungsleiter mit Sonderbefugnissen. Also im Prinzip ein Moderator. Die Moderatorenrolle im Rollenspiel ist mit dem Begriff Spielleitung traditionell so synonym, dass sich eine Trennung nur bedingt vollziehen lässt. Aber dass es ab einer Gruppengröße von drei Leuten manchmal mit einem Moderator in der Kommunikation flüssiger laufen kann, ist trivial. Das heißt nicht, dass ab drei Leuten im spielleiterlosen Spiel Kommunikation nicht möglich ist oder nicht flüssig sein kann. Das heißt nur, dass es für den Spielleiter direkt das T-Shirt: "Jetzt rede ich!" gibt. Einfacher zu organisieren. Nicht unbedingt besser. Anders.
Bei weniger formalisierten Hierarchien - soziale Gruppen entwickeln immer Hierarchien! - kann durchaus die Chance größer sein für mehr Beiträge von allen Gruppenmitgliedern, während bei einer fest vorgegebenen Gesprächshierarchie sich gerne mal nach Beiträgen des "Vorsitzenden" gerichtet wird. Aber das sind Prozesse, die oft sehr subtil und außerhalb des Beobachtungsbereichs der Beteiligten ablaufen. Also ein dickes MÖGLICHERWEISE. Packe ich natürlich unmittelbar die
Leitfigur des Spielstils dazu, reduziere ich genauso unmittelbar die Beteiligung der restlichen Gruppe, weil die eben per Definition den Spielstil nicht mehr im gleichen Maße prägen kann. Bei dem Verständnis von Spielleitung ist die restliche Gruppe also in ihrem Beitrag logischerweise immer gehemmt, weil ich einen Teilaspekt heraus nehme.
Zum anderen ist mir beim
Sitzungsvorbereiter und dem
Wahrer notwendiger Geheimnisse nach einem
Beitrag von Issi was aufgefallen.
Nach meiner Meinung sind das Vorbereiten und das Erzeugen von Geheimnissen etwas, das auch unproblematisch von der Gruppe übernommen werden kann. Ich folge da der Linie, dass es bei einem Geheimnis im Spiel eh egal ist, ob es existiert oder nicht, wenn es nicht ins Spiel kommt. Und damit ist es für mich einigermaßen egal, ob mich die frisch erfundene Guerillageheimtruppe überrascht, weil der Spielleiter die jetzt ins Spiel bringt oder meine Entscheidungskarte / versemmelte Probe / Erzählzeugs eine riesige Komplikation ins Spiel bringt, eben die Guerillatruppe. Damit ist die narrative Seite bei beiden Ereignissen letztlich gleich. Das Spielgefühl mag natürlich stark divergieren. Mal abgesehen davon, dass das auch fast ununterscheidbar von einem Deus ex machina ist, den sich die Spielleitung aus dem Popo zieht. Und mit einer hinreichend kreativen Runde mit genug Überblick über Genre und Szenario ist eh vieles drin, was Vorbereitung hinfällig werden lässt.
Aber was Issi in dem Beitrag sagt, stimmt auch:
Und hier kommt die Crux: Man braucht einen hohen kreativen Output bzw. Mitspieler die den haben, damit das funktioniert. Das hat einen Grund, warum eine Menge spielleiterloser Kram ziemlich nach Kreativmittel für Autoren ausschaut. Da wird Kreativität angestoßen. Aber die muss dann auch kommen. Die Spielleitung kann zwei Sachen sehr gut: den Kreativprozess stark vor das Spiel verlegen (was je nachdem wie sehr die SL ihr Produkt im Spiel forciert, auch durchaus wieder zu Railroading-Diskussionen führen kann). Und sie kann Kreativität anderer Autoren leichter aufbereiten, sprich Abenteuer als Kreativität aus der Dose. Und das ist wiederum etwas, das gerade für neue SL und neue Gruppen sehr interessant sein kann. Da gibt es dann das Spiel und Instant-Kreativität als Startszenario im neuen Spielsystem. Somit kann ich eine Klippe - Mangel an Kreativität - leichter umschiffen. Das soll nicht heißen, dass Gruppen und SL, die fertige Abenteuer spielen, weniger kreativ
sind, sondern eher dass es einfach weniger Probleme gibt, wenn man halt gerade nicht so kreativ sein
kann, wie es im spielleiterlosen Spiel hilfreich wäre.
In das Modell würde dann auch YYs Erfahrung mit Fiasco passen. Wenn ich da gerade eine spielerische Schreibblockade habe, kann ich das auch sein lassen.