Autor Thema: [Essay] Der Spielleiter  (Gelesen 63443 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #50 am: 12.09.2017 | 11:45 »
Naja irgendwann dreht man sich halt im Kreis, dann sollte man lieber aufhören. Aber ein bisschen Kontroverse darf ja wohl noch sein. Muss sich ja niemand persönlich angegriffen fühlen.
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Ucalegon

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #51 am: 12.09.2017 | 11:50 »
Die Frage ist am Ende ja immer, rockt mich die Fiktion, und rockt mich die Interaktion am Tisch. Und da kann ich aus Überzeugung sagen, wenn ein richtig guter Spielleiter mir eine Coen-Brothers-mäßige Runde leitet, gut vorbereitet, natürlich nicht mit D&D sondern mit einem geeigneten System, dann wird die Stimmung geiler, die Story geiler, und die Dialoge / Spielszenen am Tisch werden geiler, und es wird während des Spiels spannender, als bei Fiasko.

Naja, gut für dich. Zumal wenn deine Gruppe das so regelmäßig liefert wie Fiasco.

Machst du eigentlich einen Unterschied zwischen den drei Quellen, die diese Geilheit speisen? Geheimnisse sind ja, wie du selbst sagst, gar nicht immer relevant. Braucht es die Leitfigur überhaupt, wenn ohnehin die richtigen Leute, die dir ja sonst auch über alles gehen, am Tisch sitzen? Ist Vorbereitung am wichtigsten?

Zu Letzterer würde ich auch gerne wissen, inwiefern die bei euch über das ja auch nicht gerade schnelle Setup für eine Drama-Runde z.B. mit Fiasco oder Hillfolk, also die Beziehungen und Bedürfnisse der Hauptfiguren untereinander, hinausgeht. Was wird da genau vorbereitet und wo ist das kein Spiel vor dem Spiel? Ganze Szenen? Props und Handouts, wie du schriebst?

Offline Greifenklause

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #52 am: 12.09.2017 | 11:54 »
Naja irgendwann dreht man sich halt im Kreis, dann sollte man lieber aufhören. Aber ein bisschen Kontroverse darf ja wohl noch sein. Muss sich ja niemand persönlich angegriffen fühlen.

Nachdem man sich im Kreis gedreht hat, gerne noch mal umdrehen und über den Tellerrand schauen, mag helfen.

Ich kann spielleiterllosen Systemen an sich nichts abgewinnen.
Sehrwohl kann ich da aber diverse Inspirationen raus ziehen, die einem in spielleiterbezogenen Systemen helfen.
Allein schon aus der Erkenntnis heraus, dass andere auch "ohne" Spaß haben.
Ich geh da zwar lieber auf Nummer sicher, gewähre meinen Spielern aber hinundwieder Freiheiten, an die ich vor 20 Jahren nie im Traum gedacht hätte. "Alles kann, nichts muss".
Hauptsache man trifft sich, fasst Vertrauen zueinander und traut sich hinundwieder auch mal ungewöhnliche Wege zu beschreiten.
"Alle miteinander" oder gar "Alle durcheinander" ist halt nicht so mein Fall. Ich mag es aktiv wie passiv lieber mit langer Leine.
Wenn ich etwas fertig, aber im positiven Sinne beschwingt aus solch einem Abend mit engen Freunde nach Hause komme, war es eine schöne Zusammenkunft.
Das mag anderen auch ohne "Meister" gelingen. Mir halt nicht...
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Offline Issi

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #53 am: 12.09.2017 | 12:15 »
Da finde ich mich doch wieder. Und störe mich ein wenig an dem negativbesetzten Begriff des "Dienstleistungs-SL" im Ausgangspost, denn genau der bin ich eigentlich gerne.
Ich bin auch gerne im Dienstleistungsgerwerbe! :D

Zu spielleiterlosen Systemen kann ich aus der Praxis nichts sagen
Ich vermute die Art Spaß zu haben ist einfach anders. Es hat, denke ich, viel mit abwechselnd Geschichten erzählen und selbst Regie führen zu tun.

Ich muß mich halt, denke ich, entscheiden ob ich Obst oder Gemüse lieber mag.
Ich darf nur keine frischen Birnen in einer warmen Gemüsesuppe erwarten.
Und keine heißen Kartoffeln in einem Apfelkompott.

Denke "ohne schlechten Spielleiter" ist es immer besser.
Mit gutem Spielleiter (aus meiner Sicht) dafür unbezahlbar! ;)

Ich bevorzuge halt auch immersives Spiel und dafür brauche ich nun mal einen Spielleiter der gerne das Metawissen des Spiels für mich aufsich nimmt, und dem ich als Mitspieler vertrauen kann.

Mittlerweile mag ich auch Runden am liebsten wo das Spielleiteramt immer mal durchwechselt,
damit die "Macht"  :gasmaskerly:  ~;D niemandem zu Kopf steigt.
So verliert man, finde ich, nicht den Kontakt zur anderen Seite des Schirms.- Denn da sitzen ja die Gefährten.

(Ich weiß, gute Spielleiter wachsen nicht auf Bäumen aber wenn man doch ein paar Exemplare davon hat, kann ich das nur empfehlen.  ~;D)
« Letzte Änderung: 12.09.2017 | 12:44 von Issi »

Offline Crimson King

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #54 am: 12.09.2017 | 12:20 »
Ich könnte jetzt noch ein bisschen Fiasco bashen, um Pfeffer rein zu bringen, aber letztendlich wollte ich lieber darüber reden, was gut an einem klassischen SL ist, als darüber, warum Fiasco nicht mal halb so toll ist, wie alle sagen. ;)

Da begehst du jetzt mal wirklich den Fehler, aus deinem eigenen Geschmack und deinen eigenen Erfahrungen auf die Allgemeinheit zu schließen. Wenn alle sagen, dass Fiasco toll ist, muss da wohl was dran sein, oder ein großer Teil dieser Leute lügt, wenn auch ggf. nur sich selbst an. Gewagte These.

Ich würde allerdings zwischen klassischen und SL-losen Spielen hart trennen. Das sind zwei völlig unterschiedliche Spielformen, und es lässt sich nur bedingt etwas aus der einen Spielform in die andere übertragen. Wenn SL-lose Spiele funktionieren, ist das demnach in keinster Weise ein Grund dafür, weniger SL im klassischen Spiel zu fordern.
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Offline KhornedBeef

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #55 am: 12.09.2017 | 12:25 »
[...]Wenn SL-lose Spiele funktionieren, ist das demnach in keinster Weise ein Grund dafür, weniger SL im klassischen Spiel zu fordern.
Das würde ich direkt mal in irgendwo in Stein meißeln :)
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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #56 am: 12.09.2017 | 12:30 »
Da ich schon beide Ansätze ausprobiert und sowohl mit viel Vorbereitung als auch mit viel Improvisation großartige und miese Abende erlebt habe...

Bevor es untergeht: zwischen Vorbereitung und Improvisation besteht kein Widerspruch. Das ist schon dadurch offensichtlich, dass man das eine vor, das andere während der Spielsitzung macht. Grundsätzlich lässt es sich aber wesentlich einfacher improvisieren, wenn man das Fundament, auf dem improvisiert wird, gut beherrscht. Und dafür ist Vorbereitung höchst hilfreich.
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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #57 am: 12.09.2017 | 12:34 »
Und keine heißen Kartoffeln in einem Apfelkompott.

OT: Noch nie was von Himmel und Erde gehört, was? :D

Aber sonst bringst es ziemlich gut auf den Punkt.
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Offline Chruschtschow

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #58 am: 12.09.2017 | 12:47 »
Ich kann Verminaard auch nur sehr eingeschränkt zustimmen. Allerdings bin ich mir auch nicht sicher, ob die Trennschärfe so groß sein muss.

Die beiden emotionalsten Rollenspielerlebnisse der letzten paar Jahre hatte ich ein Mal mit einem spielleiterlosen und ein Mal mit einem System mit SL, der sich in der Situation aber sehr zurück nahm. Nehme ich aber die erste Spielsituation weiter auseinander, waren zwei von vier Spielern beim Gestalten der Situation so stark involviert, dass sie viele Funktionen übernahmen, die sonst klassisch einer SL zugeordnet sind - was solche Systeme ja oft fördern. Und die teilten sich das auch nicht gleichmäßig. Eine machte mehr "Geheimnis", der andere mehr "Spielstil". Ob das ganze als Spiel mit einem SL zustande gekommen wäre? Unwahrscheinlich. Mein Beitrag im Spielstil in der ersten Szene und der Beitrag der anderen Spielerin bei der Vorbereitung am Tisch unmittelbar vor dem Spiel haben schon ein interessantes Spannungsfeld erzeugt, das den weiteren Verlauf stark prägte. Hätte das mit einem klassischen Spielleiter besser geklappt? Ich glaube nicht. Aber anders herum gedacht: war das wirklich spielleiterfrei? Nehme ich Verminaards Liste umgedreht als Merkmale für Spielleitung, hatten wir sogar mehrere am Tisch.
« Letzte Änderung: 12.09.2017 | 12:49 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Lord Verminaard

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #59 am: 12.09.2017 | 13:03 »
Machst du eigentlich einen Unterschied zwischen den drei Quellen, die diese Geilheit speisen? Geheimnisse sind ja, wie du selbst sagst, gar nicht immer relevant. Braucht es die Leitfigur überhaupt, wenn ohnehin die richtigen Leute, die dir ja sonst auch über alles gehen, am Tisch sitzen? Ist Vorbereitung am wichtigsten?

Je besser die Runde klickt, desto weniger braucht es die Leitfigur für den Spielstil. Es braucht aber trotzdem den Verhandlungsleiter, der ja nicht nur über Geheimnisse wacht, sondern insgesamt, und das hätte ich vielleicht in den Eingangspost mit aufnehmen sollen, eine klar definierte Zuständigkeit für wesentliche Elemente der Fiktion hat. Er muss sie zwar auch verhandeln, weil er kein Naturrecht hat, aber er folgt hier einer einheitlichen Linie, die im SL-losen Spiel erst mit verhandelt werden müsste, und dann wird sie eben erstens nicht einheitlich, sondern mehr so ne Schlangenlinie, weil ja auch nicht jeder immer alle seine Hintergedanken aussprechen kann, und zweitens nimmt das Aufmerksamkeit von den In-Character-Szenen weg. Ein weiterer Faktor, der die In-Character-Szenen im klassischen Spiel besser macht, ist, dass ich als Spieler eben nur das Spiel meines Charakters habe, um Einfluss zu nehmen, also muss ich das voll ausreizen, denn ich kann das Ergebnis nicht einfach im Director Stance herbei erzählen. Und Stimmung, ja, dafür können u.A. coole Bilder, Props und vor allem Musik sorgen. Ich kenne da insbesondere einen SL, der mit individuell abgestimmten Playlists arbeitet und der Effekt ist wirklich genial. Was wäre ein Coen-Brothers-Film ohne Musik?

Zitat
Zu Letzterer würde ich auch gerne wissen, inwiefern die bei euch über das ja auch nicht gerade schnelle Setup für eine Drama-Runde z.B. mit Fiasco oder Hillfolk, also die Beziehungen und Bedürfnisse der Hauptfiguren untereinander, hinausgeht.

Ein Set-Up mache ich für Drama-Runden mit SL auch, nur dass wir das frei entwickeln, aber auch mit Beziehungen, Konflikten, Issues usw. Daraus ergeben sich dann auch schon einige NSCs. Der SL ist dann danach aber noch mal dran, recherchiert z.B. Dinge über das Setting, gestaltet NSCs weiter aus, und ganz wichtig, arbeitet eine Back Story aus, die wirklich durchdacht ist. Und die dann in der Regel auch nicht den Spielern schon vollständig bekannt ist. Er plant, wie er die einzelnen SCs anspielen kann, wie er die Konflikte eskalieren und im Schmelztigel halten kann, und macht sich auch zumindest mal eine grobe Vorstellung davon, wo das alles hinführt. Daran feilt er eine Weile, lässt es sacken, zeigt es vielleicht noch mal jemandem, feilt weiter, bis es wirklich stimmig und interessant ist. Und wenn er seine Sache gut macht, kann eben das, was man im improvisierten Spiel aus dem Ärmel schüttelt, aus meiner Sicht damit nicht mithalten.

Hinzu kommen so Sachen wie Props etc., siehe oben, die sollte man auch nicht unterschätzen, wobei ich zu meiner Schande gestehen muss, dass ich, wenn ich leite, an dieser Front meistens eher schwach aufgestellt bin, da ich einfach schlecht darin bin, passende Bilder oder Musikstücke zu finden.
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Offline Crimson King

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #60 am: 12.09.2017 | 13:15 »
Was wäre ein Coen-Brothers-Film ohne Musik?

Musik wird zumindest in The Man Who Wasn't There nur sehr spärlich eingesetzt. Bei den anderen Filmen müsste man mal schauen, aber die Coens arbeiten nach meinem Empfinden auf dieser Ebene sehr dezent, wenn man von O Brother absieht, wo die Musik aber Teil der Handlung ist.

Aber Rollenspiel ist auch kein Kino. Es steht denke ich außer Frage, dass sich auch im Rollenspiel mit der richtigen Musik einiges zusätzlich raus holen lässt. Der Effekt ist bei Filmen aber ungleich stärker.
« Letzte Änderung: 12.09.2017 | 13:17 von Crimson King »
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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #61 am: 12.09.2017 | 13:27 »
Ja ok, ich hatte jetzt in der Tat an "O Brother" gedacht. Aber jedenfalls kann Musik sehr wirkungsvoll sein.

Da begehst du jetzt mal wirklich den Fehler, aus deinem eigenen Geschmack und deinen eigenen Erfahrungen auf die Allgemeinheit zu schließen. Wenn alle sagen, dass Fiasco toll ist, muss da wohl was dran sein, oder ein großer Teil dieser Leute lügt, wenn auch ggf. nur sich selbst an. Gewagte These.

Über Geschmäcker lässt sich nicht streiten. ;) Aber wenn ich jemandem nicht zustimme, bezichtige ich ihn ja damit noch nicht der Lüge.
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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #62 am: 12.09.2017 | 13:36 »
Ja ok, ich hatte jetzt in der Tat an "O Brother" gedacht. Aber jedenfalls kann Musik sehr wirkungsvoll sein.

Über Geschmäcker lässt sich nicht streiten. ;) Aber wenn ich jemandem nicht zustimme, bezichtige ich ihn ja damit noch nicht der Lüge.

In der Form, in der du deine Aussagen tätigst, vermitteln sie allerdings einen Allgemeinheitsanspruch.
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Ucalegon

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #63 am: 12.09.2017 | 14:13 »
Es braucht aber trotzdem den Verhandlungsleiter, der ja nicht nur über Geheimnisse wacht, sondern insgesamt, und das hätte ich vielleicht in den Eingangspost mit aufnehmen sollen, eine klar definierte Zuständigkeit für wesentliche Elemente der Fiktion hat. Er muss sie zwar auch verhandeln, weil er kein Naturrecht hat, aber er folgt hier einer einheitlichen Linie, die im SL-losen Spiel erst mit verhandelt werden müsste, und dann wird sie eben erstens nicht einheitlich, sondern mehr so ne Schlangenlinie, weil ja auch nicht jeder immer alle seine Hintergedanken aussprechen kann, und zweitens nimmt das Aufmerksamkeit von den In-Character-Szenen weg. Ein weiterer Faktor, der die In-Character-Szenen im klassischen Spiel besser macht, ist, dass ich als Spieler eben nur das Spiel meines Charakters habe, um Einfluss zu nehmen, also muss ich das voll ausreizen, denn ich kann das Ergebnis nicht einfach im Director Stance herbei erzählen.

Ich bezweifle mal, dass die Linie so einheitlich ist. Du schreibst ja selbst, dass die SL ruhig schummeln soll: Dann verschiebt sie halt mal die Motivation einer Nebenfigur oder den Fortschritt einer Fraktion oder was auch immer du mit "wesentlichen Elementen" meinst. Und die Spielerinnen müssen das dann genauso mit ihrer Vorstellung vereinbaren können. Wenn ich in einem SL-losen Spiel eine Nebenfigur oder Fraktion oder ein Weltdetail meinen Mitspielenden überlasse, dann werden sie damit oft Dinge anstellen, die ich nicht erwarte. Verschiedene Systeme haben verschiedene Methoden dabei sicherzustellen, dass der Ton trotzdem steht. Aber klar, das ist eine große, vielleicht die größte, Herausforderung. (Und übrigens auch das, wofür der oben verlinkte Reviewer Fiasco so hart angeht.)

Dass das Aufmerksamkeit von den "In-Character-Szenen"  wegnimmt, kann ich dagegen nicht nachvollziehen. Vielleicht verstehe ich aber auch nicht, was du damit meinst. Ist das da, wo wir schauspielern? Dialoge und so? Auch in SL-losen Rollenspielen habe ich dabei meistens ein Gegenüber, dessen Reaktion ich nicht einfach herbeierzählen kann.

und ganz wichtig, arbeitet eine Back Story aus, die wirklich durchdacht ist. Und die dann in der Regel auch nicht den Spielern schon vollständig bekannt ist. Er plant, wie er die einzelnen SCs anspielen kann, wie er die Konflikte eskalieren und im Schmelztigel halten kann, und macht sich auch zumindest mal eine grobe Vorstellung davon, wo das alles hinführt. Daran feilt er eine Weile, lässt es sacken, zeigt es vielleicht noch mal jemandem, feilt weiter, bis es wirklich stimmig und interessant ist. Und wenn er seine Sache gut macht, kann eben das, was man im improvisierten Spiel aus dem Ärmel schüttelt, aus meiner Sicht damit nicht mithalten.

In Fiasco und die guten Playsets, in Dog Eat Dog oder Montsegur 1244 ist sicher nicht weniger Arbeit und Spieltest-Aufwand geflossen als in die besten Kampagnen und Szenarios und sicher mehr als die meisten SL selbst in Vorbereitung investieren. Meine Vorbereitungen habe ich jedenfalls nie geplaytestet.

Aber ohne mich auf einen Vergleich einzulassen, der beide Seiten unter Wert verkauft ist "die Frage am Ende ja immer, rockt mich die Fiktion, und rockt mich die Interaktion am Tisch." Das kann ich selbst mit Ersteren regelmäßig haben oder mit einer grandiosen Kampagne wie The Darkening of Mirkwood oder einem Szenario wie Night Floors, aber nur als Spieler und nur wenn die SL in einem schwierigen Balanceakt die Hochpunkte des Szenarios mit aktiven und interagierenden Mitspielenden zusammenbringt.

Es steht denke ich außer Frage, dass sich auch im Rollenspiel mit der richtigen Musik einiges zusätzlich raus holen lässt.

Hat auch nichts mit der SL zu tun. Ribbon Drive, Matching Hearts oder Fall of Magic arbeiten ja z.B. sehr mit Musik/Props.
« Letzte Änderung: 12.09.2017 | 14:16 von Ucalegon »

Offline KhornedBeef

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #64 am: 12.09.2017 | 14:25 »
Ich glaube mit dem "aus dem Intime reißen" war nicht ein Verlust von Souveränität über den Charakter, sondern eine Notwendigkeit, eine "Autorenperspektive" einzunehmen, um SL-los Dinge zu verhandeln. Je mehr man das "abschieben" kann auf den designierten SL, desto leichter fällt es wohl zumindest Lord Verminaard, sich auf das "im Charakter bleiben" zu konzentrieren. Ginge mir sicher auch so, wenn das einen großen Spielanteil hat.
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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #65 am: 12.09.2017 | 14:26 »
Ihr habt beide Recht, also das waren beides meine Punkte. :)
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Offline YY

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #66 am: 12.09.2017 | 15:41 »
Wobei wir uns mal darüber verständigen müssen, was "diese Spiele scheitern" bedeutet, also was meint ihr mit scheitern?

Ich verbinde an persönlichem Erleben mit Fiasco gerade mal zwei Sitzungen, die auf dem ersten Drittel von genau den Leuten abgebrochen wurden, die das Spiel vorher in den höchsten Tönen gelobt und angepriesen hatten.
"Ich komm da heut nicht richtig rein, lasst uns was anderes machen".

Wenn man nur die Sitzungen zu Ende spielt, die von Anfang an richtig rund laufen und nur ganz zu Ende gespielte Sitzungen zählen, gibts natürlich nur gute Sitzungen :P


Ich will mich da jetzt auch nicht zu weit in der Überlegung verlieren, warum das mit einem SL wesentlich seltener passiert (zumindest mir nämlich noch nie). Im Grunde ist da wieder das Thema Leitfigur Dreh- und Angelpunkt, hier eben zusätzlich noch in die Richtung, dass der SL sich viel eher als ein Spieler unter anderen Spielern den Schuh nicht anziehen will, die Runde kraft eigener Willkür oder Befindlichkeit zu sprengen.

Jedenfalls bringt mich meine sehr begrenzte Spielerfahrung mit Fiasco genau zu dem, was ich vorher schon wusste:
Mit den richtigen Leuten kann man fast alles spielen, aber auch Fiasco schafft umgekehrt das Kunststück nicht, automatisch oder auch nur halbwegs verlässlich eine gute Runde zu produzieren.


Aber mal von Fiasco weg ins Allgemeine, mir ist nämlich ein anderer Punkt wichtiger:
Die SL-losen Spiele sind andere Spiele als SL-behaftete Spiele. Warum sollten in zwei grundverschiedenen Spielen alle Funktionen gleichermaßen behaftet sein?

SL-lose Spiele bedienen eine völlig andere Nische als viele traditionelle Spiele und können umgekehrt manches zwingend nicht liefern, was SL-Spiele können.

Mir gehen dabei vor Allem jene enorm auf den Zeiger (und damit ist wohlgemerkt niemand hier im Thread und speziell nicht Ucalegon gemeint; der kommt da noch sehr moderat rüber), die anscheinend nicht geschnallt haben, dass SL-lose Spiele genau ihre liebste Art zu spielen bedienen und sonst nichts.
Die laufen dann aber in der Weltgeschichte rum und erzählen jedem, wie altmodisch und überholt der SL ist - und das stimmt eben nur für einen ziemlich schmalen Sektor, während es für große Teile des Rollenspielspektrums ohne SL schlicht nicht geht.


Die lautesten sind dann natürlich auch meist selbst Autoren und so kommt es dann zu der Art von Heilsversprechen, die einen ordentlichen Teil der dadurch Interessierten am Ende enttäuscht zurücklässt.
Denn natürlich kann man mit SL-losen Spielen nur das besser spielen, wo der SL schon immer im Weg war.
Aber man kann damit den SL nicht ersetzen.
Und eigentlich kann man von einem Autor, der die große Theorie-Fahne schwenkt und für sich beansprucht, das Thema Rollenspiel in seiner Gänze durchdrungen zu haben, erwarten, dass er das a) überhaupt merkt und b) zumindest abseits irgendwelcher großspuriger Werbetexte offen kommuniziert.


Zumindest scheinen abgesehen von allen Gegenbewegungen auch Rollenspiele mit trad-SL davon zu profitieren, insoweit sie z.B. SL-Mechaniken und -Prinzipien einführen, die das mit der Konversation auf Augenhöhe und der Güte der SL ernstnehmen.

Da lobt sich aus meiner Perspektive die Indie-Ecke oft für Sachen, die sie allerhöchstens ein Stück weit mit begünstigt, aber sicher nicht im Alleingang etabliert hat.

Am Ehesten hat sie die Haltung salonfähig gemacht, dass man diese Dinge verregeln kann (sollte?), statt es einfach zu machen.

"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline asri

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #67 am: 12.09.2017 | 16:25 »
In deinem Beitrag steckt viel, dem ich zustimmen kann, aber die Unklarheit, die du in den unten zitierten Zeilen produzierst (und die auch schon von anderen moniert wurde), ist ein dickes Minus.
Aus meiner heutigen Sicht sind die Versuche, die hergebrachte Aufgabenteilung durch etwas anderes abzulösen, weitgehend gescheitert. Es gab dahinter zwei Triebfedern, einerseits Negativerfahrungen mit egomanischen und stümperhaften SLs, andererseits die Situation, dass in der Gruppe keiner den Aufwand betreiben wollte, der zur adäquaten Ausfüllung der SL-Rolle erforderlich war. Tja Pech, ein guter SL ist durch nichts zu ersetzen.

"Versuche, die hergebrachte Aufgabenteilung durch etwas anderes abzulösen": im Folgenden scheinst du zu unterstellen, dass die Zielsetzung dieser Versuche gewesen sei, ein bestimmtes Spielerlebnis (nämlich das unter der Leitung dessen, was du als gute SL bezeichnest) exakt nachzubilden, nur eben ohne SL. Das halte ich für Quatsch.

"ein guter SL ist durch nichts zu ersetzen": Tautologie. Wenn du Schoko willst, ist Schoko durch nichts zu ersetzen. Wenn du ein Glücksspiel willst, spiel nicht Schach.

Deine Aussagen, was eine gute SL ausmacht, decken sich mit dem, was viele Leute sich unter einer guten SL vorstellen. (Interessant wäre es, von Leuten zu hören, die ganz andere SL-Eigenschaften/ Stile bevorzugen.) Du machst den Fehler, deinem SL-Manifest SL-lose Spiele gegenüberzustellen, weil du implizierst, sie sollten "dasselbe" leisten. Meines Erachtens war aber das Ziel eher, "etwas ähnliches" zu leisten, wenn nicht sogar "etwas anderes, aber vergleichbares".
Du vergleichst Butter und Margarine und behauptest, Margarine sei gescheitert, weil sie anders als Butter ist.

Kann es sein, dass du auf der Suche nach der einen besten Spielweise bist? Die, die für alle gilt?
Ich bin ziemlich sicher, dass dir klar ist, dass die Geschmäcker verschieden sind, aber vielleicht hast du es beim Schreiben deines Beitrags einfach nicht im Blick gehabt. ;)

Mir ist unklar, ob es dir hier darum geht, SL-lose Spiele zu bashen (aus dem oben gesagten dürfte hervorgehen, dass ich das ziemlich langweilig fände), also nehme ich mal an, dass es dir statt dessen um Eigenschaften guter Spielleitung geht. Von mir aus ignorieren wir auch mal die (bislang rein hypothetischen) anderen Geschmäcker, die deine Vorstellungen von guter SL nicht teilen. Wie kriegen wir also solche Spielleiter*innen? Vertrauen wir einfach darauf, dass ihre Eltern sie zu anständigen Menschen erzogen haben und sie außerdem gute Skills in den Bereichen Kommunikation, Improvisation, Moderation, Empathie... erworben haben? Oder können wir irgendwas beim Spieldesign oder am Spieltisch tun, um in den Genuss solcher SL zu kommen?
Oder richtet sich dein Beitrag nur an SL und die, die es werden wollen, um ihnen zu sagen: So müsst ihr sein!?

Pyromancer

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #68 am: 12.09.2017 | 16:40 »
"Versuche, die hergebrachte Aufgabenteilung durch etwas anderes abzulösen": im Folgenden scheinst du zu unterstellen, dass die Zielsetzung dieser Versuche gewesen sei, ein bestimmtes Spielerlebnis (nämlich das unter der Leitung dessen, was du als gute SL bezeichnest) exakt nachzubilden, nur eben ohne SL. Das halte ich für Quatsch.

"ein guter SL ist durch nichts zu ersetzen": Tautologie. Wenn du Schoko willst, ist Schoko durch nichts zu ersetzen. Wenn du ein Glücksspiel willst, spiel nicht Schach.

Genau. Ich hatte mit spielleiterlosen Spielen schon viel Spaß und echte Highlights, aber meine Lieblings-Spielform ist nunmal die "klassische" Kampagne, und ich hab noch kein SL-loses Spiel gesehen, das über 50+ Sessions trägt. Dafür braucht's den SL. Deswegen schmeiß ich Fiasco aber nicht gleich auf den Müll, das ist für den einen oder anderen One-Shot zwischendurch immer gut.

An sonsten: In der "freien Wildbahn" ist Vorbereitung unter- und sind Geheimnisse überbewertet.

Ucalegon

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #69 am: 12.09.2017 | 17:02 »
aber meine Lieblings-Spielform ist nunmal die "klassische" Kampagne, und ich hab noch kein SL-loses Spiel gesehen, das über 50+ Sessions trägt. Dafür braucht's den SL.

Darüber habe ich in letzter Zeit nachgedacht. Es gab auch einen kurzen Sammelthread auf story-games.com, aber da ist nicht wirklich viel bei rumgekommen. Ich bin bisher nicht überzeugt, dass das überhaupt was mit der SL zu tun hat. Meine Theorie wäre, dass SL-lose Rollenspiele einfach fast nie die klassischen Kampagnentypen unterstützen.

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #70 am: 12.09.2017 | 17:02 »
@ asri: Worum es mir geht, muss ich wohl für mich auch noch ein bisschen sortieren, wie dieser Thread zeigt. Dass der Seitenhieb zu Anfang das stärkste Echo erzeugt, hatte ich so nicht erwartet, was vielleicht etwas unaufmerksam war. ;) War aber sicherlich nicht das, worum es mir mit dem Thread in erster Linie ging. Sondern es ging mir darum, meine Gedanken zur klassischen SL-Rolle geordnet aufzuschreiben und insbesondere auch den letzten Punkt zum Schummeln in diesen Kontext zu bringen. Der erste Teil meiner Einleitung sagt es eigentlich, wir hatten die alten Wahrheiten, wir hatten die Dekonstruktion, die war aber vielleicht auch nicht der Weisheit letzter Schluss, wo also stehen wir denn heute? Wenn ich eine klassische Runde betrachte, inwieweit ist der SL „nur ein Mitspieler“ oder eben doch mehr, und was ist daran gut?

Dass ich den Hype um Fiasko und PbtA nicht kaufe, trage ich schon gerne auch mal plakativ vor mir her (bin davon halt genervt). Aber es war jetzt eigentlich nicht so gedacht, dass ich die ganzen Worte nur deshalb gemacht hätte, um einen Überlegenheitsanspruch des klassischen Spiels zu begründen. Eher so: Mit den Erkenntnissen, die wir in diesem Jahrtausend gewonnen haben, lasst uns mal wirklich die Stärken des klassischen Ansatzes ordentlich rausarbeiten, auch und gerade in Bezug auf nicht-D&D-esques Spiel. Dass das Ganze ein bisschen konfrontativ geraten ist, liegt sicher auch an dem Empfinden, dass der klassische SL in gewissen Kreisen keinen guten Leumund mehr genießt. Da ich zu diesen Kreisen früher auch einmal gehörte und von manchen vielleicht immer noch so wahrgenommen werde, wollte ich da auch ein Zeichen setzen.
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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #71 am: 12.09.2017 | 17:09 »
PbtA spielt sich von den Rollen her, auch was die SL-Rolle angeht, potenziell doch ziemlich klassisch. Lediglich die Resolutionsmethode ist eine andere. Da ist halt Fail Forward in der Mechanik eingebaut.

Ansonsten vermute ich, dass der Widerspruch sich vor allem an der einen Stelle entzündet, an der man halt widersprechen muss. Den Rest werden die meisten so unterschreiben.
« Letzte Änderung: 12.09.2017 | 17:12 von Crimson King »
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Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #72 am: 12.09.2017 | 17:28 »
Ach, einen hab ich noch vergessen:

Kann es sein, dass du auf der Suche nach der einen besten Spielweise bist? Die, die für alle gilt?
Ich bin ziemlich sicher, dass dir klar ist, dass die Geschmäcker verschieden sind, aber vielleicht hast du es beim Schreiben deines Beitrags einfach nicht im Blick gehabt. ;)

Ich habe versucht, die inhaltlichen Präferenzen rauszuhalten, wobei das natürlich schwierig ist. Durch den Vergleich mit den SL-losen, die halt im Wesentlichen Drama-Spiele sind, haben wir jetzt über Drama-Runden gesprochen. Interessant ist aber doch Folgendes: Die Aufgabenteilung und der grundsätzliche Verhandlungsablauf im klassischen Spiel hat sich ursprünglich aus D&D entwickelt, wurde aber später dann auch verwendet, um völlig andere Stile und Spaßquellen zu erschließen, wobei viele Regelwerke immer noch D&D-Ballast mitschleppten. Selbst Freiformer haben in vielen Fällen am klassischen Ablauf festgehalten. Man stellte dann irgendwann die berechtigte Frage: "Muss das eigentlich so sein?" Und ist dann davon teilweise stark abgewichen. Es gibt aber offenbar, wie meine Erfahrungen und auch die von vielen anderen zeigen, unabhängig vom Spielstil Dinge, die für den klassischen Ansatz sprechen. Weil Leute mit ganz unterschiedlichen Präferenzen trotzdem jeweils für sich zu dem Ergebnis kommen, mit der klassischen Aufgabenteilung und dem klassischen Ablauf die besten Ergebnisse zu erzielen. Und genau deshalb habe ich probiert, im ersten Schritt nicht von einem bestimmten Spielstil her, sondern eher technisch zu argumentieren. Wenn man das alles ergründet hat, kann man möglicherweise auch Regelwerke schreiben, die den klassischen Ansatz ganz neu denken.

Edit: Dread (das mit dem Jenga-Turm) wurde z.B. damals auf der Forge nur belächelt wegen der ganzen vermeintlich überkommenen Vorstellungen, die da drin steckten, dabei war es genau das, prototypisch: Ein brillantes, revolutionäres Regeldesign für ganz, ganz klassisches Rollenspiel.
« Letzte Änderung: 12.09.2017 | 17:51 von Lord Verminaard »
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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #73 am: 12.09.2017 | 17:34 »
PbtA spielt sich von den Rollen her, auch was die SL-Rolle angeht, potenziell doch ziemlich klassisch. Lediglich die Resolutionsmethode ist eine andere. Da ist halt Fail Forward in der Mechanik eingebaut.

PbtA unterscheidet sich weniger in den Rollen und mehr im Verhandlungsablauf. Will ich hier jetzt aber nicht vertiefen.
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Offline Settembrini

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Re: [Essay] Der Spielleiter
« Antwort #74 am: 12.09.2017 | 18:07 »
Ucelagon, ich würde gerne mal eines dieser Spiel, die Du gut findest mit Dir spielen. Bist Du Roll20-mäßig unterwegs?
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