EDIT: Geschichte ist mittlerweile fertig. Befindet sich in der Finalen Version nun in Post 5&6 Link
Moin!
Ich hoffe hier auf den ein oder anderen geneigten Leser zu treffen. Zu lesen gibt es den Anfang/Auftakt (bisher ca 3.5 Seiten) einer Urban Fantasy Geschichte, mit einem etwas exzentrischen Protagonisten. Ich hoffe das posten motiviert mich zum weiterschreiben. Ideen für den weiteren Handelsverlauf, Kritik, und auch Lob (so es ehrlich ist) sind gerne gesehen.
Doch nun überlasse ich dem Geschichtenerzähler das Feld.
Guten Tag. Mein Name ist Trevor Blumford der Dritte. Ich bin Magier. Nein nicht für Kindergeburtstage. Nein, ich zersäge auch keine Jungfrauen. Mal davon abgesehen, dass es heutzutage sehr schwer ist eine solche im bühnenfähigen Alter zu finden, ist das bestimmt auch eine ziemliche Sauerei. Und ziemlich sicher tödlich. Ich bin kein Las Vegas Unterhalter. Ich bin ein Kundiger in der uralten und ehrenwerten Kunst der Thaumaturgie. Sie kennen mich vielleicht als „Der Exorzist der Stars“ aus diesem unsäglichen Artikel in der Sun im letzten Jahr? Oder dem Auftritt in der Morgensendung bei BBC-3? Nein, das war kein Schwindel. Ja, hinter den Spukerscheinungen in der Umkleide des FC Arsenal steckte wirklich ein Hexenzirkel. Ja, diese netten älteren Damen mit Vorliebe für Silberschmuck und Kristalle haben tatsächlich Aura-Projektionen benutzt, um den ein oder anderen ausgiebigen Blick in die Duschen der Spieler zu riskieren. Das ist eine völlig andere Geschichte, über die ich ein andermal mehr erzählen werde… Hören sie auf zu kichern und kommen sie darüber hinweg!
Unsere kleine Geschichte jedenfalls spielt im vorweihnachtlichen London. Ich war wieder besseren Wissens im typischen Londoner Winterwetter unterwegs. Kennen sie das, wenn sich der Niederschlag nicht so richtig entscheiden kann, ob er nun Schnee oder Regen sein will, und so alles mit einer Schicht aus halbgefrorenen Matsch überzieht? Dieser Matsch, der es schafft, in die kleinste Ritze ihrer Kleidung einzudringen, nur damit sie auch ja keinen angenehmen Tag haben? Ja, es war ein solches Wetter, als ich an den Holzbuden des Weihnachtsmarktes direkt zu Füßen der berühmten London Bridge entlang stapfte. Tweedanzug, der schwere Lodenmantel und die abgewetzte Melone auf dem Kopf konnten mich nur unzureichend vor den Elementen schützen. Ich zog den langen bunten Schal in einer weiteren Schlaufe um meinen Hals. Nicht nur der Doktor wusste so einen Schal zu schätzen. Dass mein Dackel aufgeregt immer wieder die Leine um meine Beine wickelte, tat meiner Laune ein Übriges. Er machte das mit Absicht, um mich zu ärgern. Dabei wusste er genau, dass ich die Leine benutzen musste, um nicht wieder ein Bußgeld zu kassieren.
Sie fragen sich, wieso ich meinem Hund solche kleinlichen Bösartigkeiten unterstelle?
Nun weil er es mir selbst gesagt hat!
Ich sollte vielleicht kurz ein paar erklärende Worte zu Ahtunwhiho verlieren. So heißt der bewusste Dackel nämlich. Ich nenne ihn aber meist nur Ahtu. Das ist nicht nur kürzer, sondern hat den weiteren Vorteil, dass ihn diese Verballhornung seines Namens immer wieder aufs vortrefflichste ärgert. Äußerst befriedigend.
Wie sie vielleicht schon vermutet haben, ist Ahtu kein gewöhnlicher wurstförmiger Vertreter der Gattung Canis Lupus. Vielmehr ist er ein Beratergeist, geankert in der weltlichen Hülle eines gewöhnlichen braunen Kurzhaardackels. Dieser Beratergeist, in eingeweihten Kreisen sprechen wir von einem Familiar, ist schon seit Generationen Teil meiner Familie. Was genau den Geist eines mächtigen Cheyenne-Schamanen in die Dienste einer Londoner Zaubererfamilie gebracht hat, will er mir einfach nicht verraten. Ein weiterer Beweis für seinen niederträchtigen Charakter!
Sie glauben den Geist eines machtvollen Cheyenne-Schamanen der den Körper eines Dackels bewohnt als Familiar zu haben wäre eine gute Sache? Oder irgendwie erstrebenswert? Weit gefehlt! Gilt der Dackel schon als ein eigensinniger Hund, versuchen sie es mal mit einem Medizinmann, der vorgibt ihre Sprache nicht zu verstehen, wenn ihm nicht passt was sie sagen. Was ja noch widersinniger wird, wenn man bedenkt, dass er schon länger in England lebt als die Queen! Wobei „leben“ vielleicht das falsche Wort wäre. Länger in England verweilt. Genau!
Ach, und es mag ja sein, das ihr Hund schon einmal eine Pfütze auf dem Teppich hinterlassen hat, aber mussten sie schon einmal ihr Wohnzimmer sanieren, weil ihr Vierbeiner überprüfen wollte, ob er sich an die richtige Schrittfolge für den Regentanz noch erinnerte?
Doch ich schweife ab. Passiert mir leider häufiger, wie sie noch feststellen werden.
Ich war jedenfalls an diesem grauen Wintertag, bei diesem unerfreulichen Wetter auf diesem enervierenden Weihnachtsmarkt unterwegs, um noch ein paar letzte Geschenke zu erwerben. Warum erledige ich so etwas nur immer erst bei letzter Gelegenheit? Das würde mir nächstes Jahr sicher nicht passieren. Dunkel erinnerte ich mich an ähnliche Gedanken, beim Kampf durch die Menschenmassen bei Harrods im letzten Jahr.
Der Markt war zu meinem wohlwollen ziemlich leer. Die wenigen Leute hatten sich fest in ihren Jacken und Mäntel gewickelt und die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, um sich vor dem Wetter zu schützen. Selbst die sonst allgegenwärtigen Touristen schienen sich heute eher auf Innenraum-Attraktionen verlegt zu haben.
Ich blickte mich nach einem Stand mit originalen Harzer Räuchermännchen um, von denen mein guter Freund und Teilzeit-Mitstreiter wieder der übernatürlichen Gefahren Cyrus so begeistert erzählt hatte. Warum auch immer man sich für solche obskuren bunten Schnitzereien überhaupt begeistern konnte, sollte mir für immer schleierhaft bleiben. Aber wenigstens machten diese Weihnachtsmärkte nach deutschem Vorbild, die seit Jahren immer mehr um sich griffen es relativ einfach, solche Stücke zu erwerben.
Sicher werden sie jetzt einwenden, dass ich sie ja auch einfach über das Internet bestellen könnte, aber da gibt es leider ein kleines Problem. Magie und moderne Technologie verstehen sich nicht besonders. Jeder Computer dem ich zu lange zu nahe komme, verwandelt sich über kurz oder lang in sehr teures, nicht sehr wohlriechendes Räucherwerk. Solange also keine Harzer Holzschnitzer Computergehäuse als neueste Marktlücke entdeckten, wäre mir diese Technik wenig hilfreich in meiner geplanten Akquisition.
Ergo bleibt nur die Stärkung des britischen Einzelhandels mit direkter lokaler Kapitalisierung. Sprich: Aufraffen und einkaufen.
Die allgegenwärtige Weihnachtsmusik, die aus versteckten Lautsprechern dudelte, half mir auch nicht sehr dabei konzentriert zu bleiben. Ich meine, weihnachtliche Kinderchöre sind ja schlimm genug, aber wenn die dann auch noch auf deutsch singen? Verstehen sie mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen die Deutschen. BMW, Goethe, Neuschwanstein… aber es hatte schon seinen guten Grund, warum die Vorsehung die Nordsee genau dort platziert hat, wo sie nun einmal ist. Der verlockende Duft von Bratwurst ließ meine vierbeinige Stolperfalle eine neue Richtung einschlagen, und da ich nun einmal sehr an meinen Armen hänge, in jedem Sinn dieser Aussage, stolperte ich von der straffen Leine dirigiert hinter ihm her zu einer runden Hütte, in deren Mitte ein gewaltiger runder Schwenkgrill hing, auf dem allerlei Fleisch und Fleischprodukte über glühenden Kohlen brutzelte. Das hieß dann wohl eine Wurst für den Hund, und ein Glühwein für mich. Kopfschüttelnd sah ich zu wie das Tier seine Speise verschlang. Der Kampf zwischen Gier und innewohnender Hitze des Fleischnebenproduktes entbehrte nicht einer gewissen Komik. Zumal es eine nicht zu verleugnende Ähnlichkeit zwischen Wurst und Dackel gab.
Da hielt Ahtunwhiho plötzlich inne und versteifte sich. Die eine Hälfte der Wurst trudelte unbeachtet zu Boden. Ich blickte verdutzt zu dem Tier herab. Diese Ignoranz unvertilgter Nahrung gegenüber schien mir nicht gutes zu bedeuten.
Da bemerkte auch ich es. Ein kalter Hauch zog durch die Budengasse, und ließ den Schneematsch zu Eis gefrieren. Die Musik verlangsamte sich zu einem leiernden Klagen, das die Stimmung der kindlichen Gesänge von besinnlich zu „wir beschwören dunkle Götter aus der 11. Dimension“ transformierte. Lautes Klirren kam aus einem der Stände weiter vorne. Ich sah wie mein Dackel die Lefzen hochzog, um seine kleinen, erstaunlich weißen und erstaunlich spitzen (ich spreche da aus leidvoller Erfahrung), Zähne zu entblößen.
Also einer von diesen Tagen. Nun würde gleich das Schreien los gehen, dachte ich noch.
Und so war es.
Die Leine zischte mir heiß durch die Hand, als Ahtu in Richtung der Gefahr davon preschte. Unglaublich zu was einer Geschwindigkeit diese Kreatur fähig war, verglichen mit dem langsamen tapsigen, geradezu mitleiderregenden humpeln, das er in Gegenwart junger Damen an den Tag legte.
Ich ließ meinen Glühweinbecher fallen, zog mir die Melone fest auf den Kopf, und nahm die Verfolgung auf.
Der Radau hatte scheinbar seinen Ursprung in einem kleinem Festzelt, das in großen Lettern original bayrische Kost und Unterhaltung versprach. Die füllige Endvierzigerin in dem leider viel zu engen Dirndl, welche mich mit angstverzerrtem Gesicht auf ihrer Flucht aus dem Zelt in einen Haufen braunen Schnees rammte, zeigte jedenfalls recht deutlich was sich der Veranstalter unter original bayrisch vorstellte. Meine Befreiung aus der kaltfeuchten Umklammerung des Schnees wurde noch kurz von den ebenfalls flüchtigen Musikanten gestört. Zumindest nahm ich an, dass die drei älteren Herren in traditionellen krachledernen Trachten die Musiker dieses Etablissement waren. Das einer der drei eine Tuba trug, schien mir eine triftiger Verdachtsmoment.
Schließlich gelangte ich doch ins Innere des Zelts, das inzwischen von allen Besuchern verlassen worden war. Lebenden Besuchern sollte ich wohl präzisieren. Am anderen Ende des Zeltes, nur durch einige Bierzeltgarnituren von mir getrennt, zerlegten ein halbes dutzend durchscheinender, blass-grünlich schimmernder Gestalten im Licht der flackernden Bühnenbeleuchtung eben jene Bühne, und den folkloristisch geschmückten Bierausschank. Holzsplitter, Scherben von Steinkrügen, Bier, Weißwürste und Senfgläser flogen wild durch die Gegend, und verwandelten die Wände des Zeltes in etwas, für das eine dieser schicken Galerien in der City verdammt viel Geld verlangen würde.
Geister! Ich kniff die Augen zusammen, duckte mich unter einem niedrig fliegenden Maßkrug hinweg, und versuchte für den Augenblick den heftig hüpfenden und mit überschlagener Stimme kläffenden Dackel zu ignorieren, dessen bemühen die Waden der schwebenden Gestalten zu malträtieren bisher nicht von Erfolg gekrönt zu sein schien.
Die Geister trugen Uniformen und Tellerhelme wie zu Zeiten des berühmten London Blitzes, als deutsche Bomben auf London niederregneten. Warum bei allen sieben Höllen und ihren Herrschern, sollten die Geister von Soldaten des Weltkrieges ein deutsches Festzelt zerlegen?
Ja, ich sehe förmlich vor mir, wie sie bedauernd seufzen oder mitleidig den Kopf schütteln. Auch mir wurde in dem Moment klar, in dem ich den Gedanken formulierte, warum Männer, die offensichtlich bei der Verteidigung ihrer Heimat gegen den Hunnen verstorben waren, etwas gegen diese Zeichen einer erfolgreichen Invasion haben könnten...Wirklich. Ahtunwhihos Behauptung, ich hätte dort minutenlang mit offenem Mund staunend das Schauspiel angestarrt ist eine bösartige Lüge, eines gemeinen wurstförmigen Hundes!
Ich weiß natürlich nicht, ob sie schon einmal mit Geistern zu tun hatten. Sollte das der Fall sein, können sie die nächsten Sätze getrost überspringen. Falls nicht, hier ein paar kurze Erläuterungen, ohne zu sehr ins ektoplasmatische Detail zu gehen. Geister entstehen in der Regel, wenn der verstorbene noch etwas wichtiges zu erledigen hat. Je präsenter diese Aufgabe beim versterben im Geiste, sie verzeihen sicher meinen Wortwitz, desto potenter der Spuck. Diese ektoplasmatische Potenz nimmt allerdings im Laufe der Zeit immer weiter ab, sollte ihr nicht durch thaumaturgische Aktivität, z.B. Zauberei oder ein magisches Artefakt, neue Nahrung zugeführt werden. Ein ordentliches Begräbnis der sterblichen Überreste ist eine vergleichsweise zuverlässige mundane Methode einen Geist zu bannen. Kurzfristig lassen sich solche Spukgestalten auch mit Salz oder kaltgeschmiedetem Eisen auflösen. Dies wirkt aber immer nur temporär. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass diese Regeln zwar auf eine Großzahl an Geistern zutreffen, es aber mehr Ausnahmen dazu gibt, als Haare auf dem Rücken eines russischen Gewichthebers. Benutzen sie ihr neu erworbenes Wissen also nur mit äußerster Vorsicht!
Nun wir Briten sind nicht als zögerliche Zauderer bekannt. Diese Ehre gebührt allein den Franzosen. Ich fasste mich also schnell wieder und trat einige Schritte in Richtung der geistreichen Zerstörungswut.Ich räusperte mich hörbar, wich einem ungezielten Teilstück einer Bank aus, und richtete das Wort an die untoten Marodeure: “Meine Herren! Bitte lassen sie doch ab von dieser unwürdigen Zerstörungswut. Ich kann ihnen selbstverständlich die Umstände dieser festivativen Invasion britischen Bodens darlegen. Ihrem Unmut scheint mir ein Missverständnis zu Grunde zu lie...“
Ich verstummte abrupt als sich ein halbes dutzend immer stofflicher erscheinender Karabiner auf meinen Kopf richteten. Zugegebenermaßen mag in der Retrospektive meine Wortwahl vielleicht nicht die allerbeste gewesen sein, in meinem Kopf war die Ansprache jedenfalls besser verlaufen. Ich hob abwehrend die Hände, die Handflächen den Geistern zugewandt. Was ich von ihren flackernden Gesichtern ausmachen konnte, waren unnatürliche, zornige Grimassen, für die ein Horrorfilmregisseur sicher gute Verwendung gehabt hätte. Ihre offensichtliche Rage verlieh ihnen einen immer stärkeren halt in unserer Daseinsebene. Das sah wirklich verdammt mies aus für meine körperliche Unversehrtheit.
Der mitleidige Blick meines mittlerweile verstummten vierbeinigen Kompagnons war in dieser Situation nun wirklich eine unnötige Geste.
Ich kenne mich mit Schusswaffen nicht sonderlich aus, aber das durchladen einen Karabiners, mit dem unverwechselbaren zurückschnappen des Bolzens verhieß auch mir nichts gutes. Ich sprang, alles adäquate Verhalten meines gelehrten Standes vergessend, mit einem männlichen quieksen in Deckung eines umgestürzten Tisches, der fast im selben Augenblick von mehreren Einschlägen ektoplasmatischer Geschosse erschüttert wurde.