Danke, Greifenklause! Vielleicht die treffendste Sichtweise zu dem Thema, die ich seit Langem gelesen habe: Im Umgang mit Settings wird viel der Status Quo verabsolutiert. Das geht bei den Kulturen los, quasi High-Level, und endet damit, dass Individuen aus einem Setting unwiderruflich in Klischees gepresst werden ("Ein Paladin tut immer...", "Ein Zwerg aus dem Amboss würde nie...". Übrigens durchaus auch von den Autoren der entsprechenden Settings (I'm looking at you, White Wolf), die dann aus Persönlichkeitsmerkmalen und individuellen Motivationen ganze Subkulturen und Volksgruppen machen. Ich frage mich manchmal tatsächlich, warum es bei Rollenspielsettings eher den Hang zum Einfachen, Schwarz-Weißen oder klischee-belanden gibt, als zum Komplexen oder Ambivalenten. Ich meine, dann müsste sich das Spiel doch echter anfühlen.
Unsere Welt ist ja auch komplex.
Noch rasch zum Thema:
Ich persönlich finde den Trend dazu, Settings nicht mehr zu überladen und zu "Ver-Kitchen-Sinken" sehr angenehm. Warum? Weil es ökonomisch ist. Weil es mich als Spieler und SL in die Lage versetzt, etwas auf die Schnelle vorzubereiten. Und für was Anderes habe ich... und so geht es auch vielen anderen Spielern mit diversen Verpflichtungen... einfach keine Zeit mehr. Tausend Sourcebooks und Tausende Seiten Weltbeschreibung: Wer kann das denn (physisch und organisatorisch) überhaupt noch umfassend überblicken. Zumal dann am Spieltisch so gefühlt nicht einmal die Hälfte dieser Settinginfos zum Tragen kommt - weil die Spieler sie nicht lesen oder sie sie sich, wenn das doch tun, keinesfalls merken können. Lange Settingbeschreibungen und dicke Bücher sind primär von literarischem Interesse oder fürs eigene Kopfkino. Das Spiel signifikant verbessern tun sie nicht, können sie auch gar nicht.
Und dass sich die Autoren knapper Settings so viel weniger Gedanken machen als die dicker Setting-Almanache. Spiele wie "Ratten", "Golden Sky Stories" oder "Bluebeard's Bride" breiten auf wenigen Seiten settingtechnisch ein derart starkes Konzept aus, das andere Rollenspiele nach 5 300-Seiten-Veröffnetlichungen nicht gebacken kriegen. KISS ist das Zauberwort, Jackson's Hobbit-Trilogie das beste Gegenbeispiel für die Überlegenheit von "Geschwafel"