Spielerfahrung die über einen OS hinausgeht habe ich keine. Ich kenne die 4. Edition (alles in einem blauen Buch).
Grundsätzlich sind auf Englisch ja alle Regeln von Edition 1 bis 5 gratis legal als PDF verfügbar und sollen wohl nach und nach nun auch als PoD kommen. Daher ist immer abzuwägen, was man in so einem Thread am besten vermittelt, wenn man Details auch selber nachschlagen kann. Die Talislanta-Bibliothek gibt es hier:
http://talislanta.com/?page_id=5Die Regeln sind einfach. Ich würde sagen einfacher als Cinematic Unisystem, einfacher als BRP. Vielleicht am ehesten vergleichbar mit Beyond the Wall in der Komplexität. Der Probenmechanismus ist einheitlicher, dafür ist die Magie komplexer.
Es gibt einen einheitlichen Probenmechanismus mit 1W20, der meines Wissens von Edition 1 bis zum aktuellen KS-Projekt hindurch benutzt wird. Gewürfelt wird immer gegen denselben Mindestwurf, es gibt aber Abzüge/Erleichterungen auf den Fertigkeitswert. Das System ist recht fertigkeitenlastig, vor allem, weil es kein umfangreiches Vorteils/Nachteilssystem gibt, es gibt auch keine Regeln, die irgendwie den Charakter (Drives, Laster etc.) beschreiben würden. Statt steigender Hit Points gibt es gleich bleibende Lebenspunkte. Magieregeln unterscheiden sich in den Editionen, ich kenne nur die 4E, da ist das System semi-abstrakt - statt einzelner Zaubersprüche verfügt man über einen Order und über Methoden und baut sich regeltechnisch seine Zauber in der Situation zusammen wie man sie braucht (das geht auch halbwegs), in-game kennt der Zauberer aber "eigentlich" hunderte einzelner Zaubersprüche - man kann sich natürlich solche Zaubersprüche auch vorbereiten anhand der Regeln.
Für seine Zeit war das System leicht und modern, insbesondere in Abgrenzung von AD&D2, durch den einheitlichen Probenmechanismus. Es ist aber nicht modern im Sinne von Forge/Indie.
Die Völker sind bunt gemischt, manche sind recht fremdartig, z.B. eine Spezies mit zwei Gehirnen. Andere erinnern an Märchen, etwa die Musen, geflügelte hübsche Fairy-Wesen. Manche haben etwas Reptilienhaftes, andere etwas Tierhaftes: Es gibt eine Reihe sog. Sub-Men, also sozusagen Untermenschen-Spezies, dazu hat Robin Laws mal eine Kampagne geschrieben (Sub-Men Rising).
Grundsätzlich gibt es keine Menschen und gleichzeitig gibt es sehr viele Menschen: Talislanta ist nicht die Erde, daher hat man es nicht mit Menschen zu tun. Es gibt aber sehr Menschenähnliche und Talislanta benutzt ja auch die Endung -men und man kann es auch so verstehen, dass sehr viele der möglichen Völker Menschen sind. Aber so wie es hier Asiaten, Schwarze, Weiße usw. gibt, gibt es in Talislanta halt blaue und grüne Menschen
. Die werden aber direkt immer im Kontext bestimmter Völker genannt. So sehe ich das inzwischen, aber man kann wohl auch alle als grundverschieden sehen. Wenn dann noch manche aus kosmetischen Gründen ihre Ohren spitz machen oder ihre Hautfarbe ändern... Eines meiner Lieblingsvölker ist ein Volk von ursprünglich magisch erschaffenen Klonen, die alle gleich aussehen, also Mann und Frau. Damit sie sich unterscheiden können, tätowieren sie ihren Körper mit ihrer Geschichte.
Das Setting ist nicht nur wegen der vielen Völker High Fantasy, ohne aber Tolkien-Fantasy zu sein. Man findet hier z.B. so etwas wie Paläste aus Kristall. Auch durch die fremdartigen Spezies hat das Setting einen sehr speziellen Einschlag. Der Autor wollte einfach keinen Abklatsch bestehender Welten und das gleiche noch mal bringen, sondern er bemühte sich, eine eigene Welt zu erschaffen. Darum halt auch "No Elves", die waren wohl einfach unnötig bzw. hatten da nichts zu suchen, vor allem wurde daraus aber eine Werbekampagne und irgendwie verbindet man das jetzt total stark mit Talislanta, obwohl es ja auch zig andere Settings inzwischen ohne Elfen gibt. Viele werfen dem Setting vor, dass es voller Elfen ist und "No Elves" eine Lüge sei, aber das ist eigentlich Quatsch, es sei denn man meint, dass Vulkanier auch Elfen sind. Dazu gab es auch neulich einen Blogbeitrag in einem Talislanta-Blog:
https://futurolog.wordpress.com/2017/09/30/talislanta-ads-still-full-of-elves/ Den Kontinent habe ich ziemlich groß in Erinnerung, aber die genauen Maße habe ich nicht mehr im Kopf. Dankenswerterweise kann man den Kontinent grob in mehrere Regionen einteilen, recht beliebt sind wohl die "Seven Kingdoms", so kann man sich das ganze in etwas spielbarere Häppchen zerlegen.
Was ich schön finde ist, dass das Setting auf mich nie wie "kitchen sink" wirkt. Es steckt zwar unheimlich viel drin, aber weil man da nicht direkt die Abziehbilder erkennt die man sonst vorgesetzt bekommt wirkt es halt nicht wie "alles reingeworfen und einmal durchgemixt". Wenn dann hier ein Königreich ist und 1000 Meilen entfern noch ein Imperium und dazwischen befindet sich dies und das... hat auf mich alles irgendwie erstmal recht natürlich gewirkt.
Persönlich schien mir die Skalierung der Fertigkeiten problematisch zu sein, die Fertigkeitswerte gehen halt recht hoch und man muss mit einem hohen Spektrum an Modifikatoren arbeiten, ohne da echte Hilfestellungen zu bekommen. Mir fehlte da die Anleitung, wie ich das als SL abschätzen soll. Meine Spieler im Oneshot hatten Probleme, sich mit den Figuren zu identifizieren, eine Spielerin macht sich noch Jahre später über die Spezies mit 2 Gehirnen lustig. (Da muss man sagen, das kam bei uns auch als Hintergrund-Fluff etwas intensiver vor, da lief gerade eine politische Kampagne von denen, die ihnen bei einer Ratswahl 2 Stimmen pro Kopf geben sollte statt 1 Stimme, da 2 Gehirne = 2 Stimmen.)
Und generell, es ist halt einfach ein Setting mit Regeln dazu. Eine richtige Core Story gibt es nicht, das ist ja leider bei vielen Fantasy-Spielen so. Da muss man also selber ein wenig gucken, was man da eigentlich treiben möchte. Aber es gibt schon einige Konflikte, aus denen man etwas machen kann.
Also ich kann nur empfehlen, es zu lesen. Für mich immer noch eines der interessantesten und spannendsten Settings. Ich äußere mich ja gerne mal sehr harsch und despektierlich über die kreativen Leistungen in der Rollenspiel-Branche, aber dies gehört für mich definitiv
nicht zum Bodensatz der Kreativität
. Da meine Runde nicht mitzog habe ich mich leider auch nie intensiv in die vorhanden Quellenbände und Abenteuer eingearbeitet, vielleicht sollte ich das mal nachholen und mir eine Online-Runde suchen, seufz.