Der Knackpunkt ist also der nicht gestellte Strafantrag? D.h. die Einschätzung einer Ausnutzung der Unreife liegt bei den Eltern, [...]
Ne. Am Ende liegt das bei Gutachtern, bzw. beim Gericht. Ich kann mal (wenn Interesse besteht) schauen, ob ich mein Referat zur Übersicht über das Sexualstrafrecht, bzw. die Präsentation dazu noch habe. Als Fazit vorweg: Das Recht macht Reife an konkreten Altersstufen fest, die entwicklungspsychologisch nur eingeschränkt begründet werden können. Heißt: Das Gesetz orientiert sich an der Notwenigkeit Regeln aufzustellen. Psychosexuelle Normalentwicklung an sich lässt sich mit den gesetzgeberischen Erfordernissen nur sehr eingeschränkt in Einklang bringen. Das weiß das Gesetz auch und setzt daher (auch in geringerem Maße als eigentlich psychologische Realitäten gebieten würden) am Ende auf die gerichtliche Überprüfung von von Reife und Intension - im Streitfall.
Wir haben damals mit dem Seminar einem Vergewaltigungsprozess beiwohnen können, bei dem der Angeklagte (zum Tatzeitpunkt Azubi und 22 J.) freigesprochen wurde, weil sich herausstellte, dass sich die damalige Freundin (15 J. - falsche Altersangaben ggü dem Freund) in Bezug auf Machtposition und Reife in der besseren Position befand. Das Problem war, dass sie aus bestimmten anderen Interessen (die weiß ich nicht mehr), die Freiwilligkeit des Sexualkontaktes abgestritten hatte. Dass das Gericht zu ihren Ungunsten entscheiden könnte und sich die Konflikte mit den Eltern nicht auf den (Ex-)Freund abwälzen lassen würden und sie wegen Falschbeschuldigung bestraft werden könnte, hatte sie nicht erwartet. Das Beispiel zeigt auch wieder, dass sexuelle Reife und personale Reife nicht immer Hand in Hand gehen müssen.