Ok, das ist mal etwas konkretes (da Ulcergon sich weigert zu sagen, was er mit "Pulp" meint), darauf kann man eingehen.
Und wieder: was ist der Unterschied zu anderen Rollenspielen. Definierende, einzigartige Merkmale sind einfach schon immer Teil des Spiels und kann man nicht wirklich daraus entfernen.
Der Unterschied ist, dass Fate einen Kernmechanismus hat, der das wiederholte Anspielen der definierenden Merkmale in den Fokus rückt. Bei vielen anderen Systemen gibt es evtl. Anreize, definierende Merkmale einzusetzen (Probleme über seine besten Skills/Feats lösen), aber sie werden nicht unbedingt in dem Maße als Figurenmerkmale ins Zentrum gerückt.
Brüche in der Figur werden dagegen durchaus belohnt (i.e. widersprüchliche Aspekte, welche häufige Gelegenheiten für Compels liefern).
Das kann ich überhaupt nicht sehen. Klar, Aspekte sollen tendenziell Vor- und Nachteile haben, aber das ist auf der Figurenebene kein psychologischer Widerspruch. Wenn du den Aspekt "Ich liebe Laetitia über alles" hast, dann ist das für dich bei Fate von Vorteil, wenn du compelled wirst, Laetitia zu retten und dich dafür in Gefahr zu begeben (du bekommst einen Fate-Punkt); Es ist auch von Vorteil, wenn du in der unmittelbaren Gefahrensituation handelst (du invokest den Aspekt, um Erfolg zu haben). Genau dieses Hin und Herr (Meine Aspekte bringen mich in Schwierigkeiten, die Punkte, die ich dafür bekomme, hauen mich wieder raus) ist doch der Kern von Fate. Steht so zumindest wenn ich mich nicht sehr irre in den Regeln ... und beide Seite der Ökonomie rücken den Aspekt "Ich liebe Laetitia" immer wieder als Wahrheit in den Vordergrund.
Ein Widerspruch, mit dem sich die Figur später auch ernsthaft herumschlagen müsste, wäre: "Ich liebe Laetita, aber in diesem Moment stelle ich zu meiner eigenen Überraschung fest, dass ich meine heile Haut mehr liebe." Viele herkömmliche Rollenspiele, dir für "Ich liebe Laetitia" nichts Spielmechanisches anbieten, können genau solche Situationen durchaus gut erzeugen (natürlich muss man es als Spieler dann auch selbst darauf anlegen, diese Sachen für den SC bedeutend zu machen). Setze ich jetzt meinen SC und die Mission aufs Spiel? Vielleicht lieber doch nicht, also zögert auch mein Charakter, wendet sich ab, und plötzlich ... liebt er Laetita anscheinend nicht mehr so sehr. Fate sagt dir dagegen immer: "Komm, du hast den Aspekt, dass du sie liebst, kriegst auch'n Punkt dafür, und wenn es hart auf hart kommt, kannst du deinen Aspekt auch auf jeden Fall für alles invoken. Guck vielleicht, dass du unterwegs noch ein paar Fate-Punkte mehr über Compels einsammelst, damit du dann auch ordentlich reinbuttern kannst." Fate sagt: Dein Aspekt ist die Wahrheit, im guten wie im Schlechten. Das ist ein Mechanismus, der sich ganz klar gegen den Aufbau von Widersprüchen in der Figur richtet. Am ehesten kann man die noch über verschiedene Aspekte, die in Konflikt geraten können, regeln "Ich liebe Laetita" - "Ich habe schreckliche Angst vor körperlicher Gefahr"), aber da ist Fate wiederum gar nicht gut für ausgerüstet, diesen Widerspruch in das Regelgerüst zu integrieren. Die Grunddynamik ist erst mal: "Ich begebe mich in Schwierigkeiten, weil ich Laetitia liebe; ich haute sie letztendlich raus, weil ich sie liebe."
Ich sehe auch schon deutlich den Reiz und die Eleganz dieses Regelmechanismus - aber ich habe auch festgestellt, dass die voraussehbare wiederholte Betonung der Aspekte mich eigentlich eher stört.