Autor Thema: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?  (Gelesen 7587 mal)

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Offline KhornedBeef

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #50 am: 1.12.2017 | 08:23 »
Bei den meisten Büchern in meinem Schrank herrschen männliche Charaktere und eine männliche Perspektive vor. Und das geht mir oft gehörig auf den Keks, weil es einerseits meiner Alltagserfahrung widerspricht, wo beide Geschlechter etwa gleich häufig vorkommen und andererseits oft unnötig ist, wenn das Geschlecht von Charakteren eigentlich keine Rolle spielt und es dann per Voreinstellung doch wieder noch ein Mann wird.

Darum suche ich oft gezielt nach Büchern (Comics, Serien, Filmen) mit interessanten nichtmännlichen Rollen, um das Gleichgewicht wieder etwas zurechtzurücken und etwas mehr Diversity in meine Literaturdiät zu bringen.
Soso, deine Fantasyromane widersprechen deiner Alltagswahrnehmung? *gacker*  ~;D
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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #51 am: 1.12.2017 | 09:51 »
Soso, deine Fantasyromane widersprechen deiner Alltagswahrnehmung? *gacker*  ~;D
Ich mein ja nur...

Ich glaube, "weibliche Babys sind in dieser Welt objektiv um einen Faktor fünf (oder so) seltener als männliche" ist zumindest bisher noch kein Standard-Fantasysettingelement. ;)

Offline Maarzan

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #52 am: 1.12.2017 | 09:58 »
Ich glaube, "weibliche Babys sind in dieser Welt objektiv um einen Faktor fünf (oder so) seltener als männliche" ist zumindest bisher noch kein Standard-Fantasysettingelement. ;)

Diese Aussage entspricht nicht der Alltagswahrnehmung des hier schreibenden Zwergs ...  ~;D

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #53 am: 1.12.2017 | 10:05 »
Mir ist ja vor Jahren mal aufgefallen, dass die meisten meiner NSCs männlich sind, wenn es keine Gründe gibt, sie weiblich zu machen. Seitdem habe ich damit angefangen, bewusst NSCs, deren Geschlecht zunächst mal keine Rolle spielt, weiblich zu machen, sobald mir auffällt, dass die Personalauswahl zu einseitig ist. Ich vermute, dass es Romanautoren und -innen ähnlich geht. Wenn sie nicht konkret gegensteuern, dominieren bei freier Gestaltungsmöglichkeit Charaktere mit ihrem eigenen Geschlecht, und die Ausnahmen beschränken sich auf solche, die durch ihre Einbindung in die Story auf ein Geschlecht festgelegt sind.
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Offline Maarzan

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #54 am: 1.12.2017 | 10:10 »
Umgekehrt kann man sich wenn man(n) es als Autor nicht allen recht macht (A: womit wir wohl schon wieder bei realweltlichem Magiebedarf sind, B: im US-Bereich wohl noch um ein vielfaches mehr), dann doch wieder harsche Kritik und den Vorwurf irgendwelcher Übergrifflichkeit anhören.
Also kann man es eigentlich genauso gut auch wieder gleich lassen für andere schreiben zu wollen.

Mir ist es egal was für ein Geschlecht nun Protagonist ist. Ärgerlich wird es, wenn es dann nur "politische Bildung" statt gute Unterhaltung wírd.
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Offline KhornedBeef

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #55 am: 1.12.2017 | 11:04 »
"politische Bildung"
Da gibt es ja zum Glück genügend Romane, die in der Hinsicht völlig unverdächtig sind.
Ich finde übrigens andere Geburtenrate, generell unerwartete Unterschiede  zwischen Menschen, Geschlechtern, Wesen genau den Bereich wo Fantasy ihre Daseinsberechtigung hat. Wenn natürlich die "Menschen" in einem Setting offensichtlich unsere Menschen sind dann sticht es schon ziemlich heraus, wenn nur Männer auftreten.
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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #56 am: 1.12.2017 | 11:45 »
Ich denke, an der ganzen "Männer sind halt der Normalfall und Frauen die Ausnahme"-Grundidee werden Gesellschaft und Literatur noch eine ganze Weile zu knabbern haben.

Wobei gemischte Protagonisten-Ensembles da meiner Meinung nach durchaus auch noch mitbetroffen sind. Gemischte Gruppe mit männlichem Anführer? Sicher, ganz normal, sieht man überall. Gemischte Gruppe mit einer Frau an der Spitze? Da gehen dann, denke ich, schon wieder die ersten Augenbrauen hoch -- das ist eben noch eindeutig "ungewöhnlich".

Offline Kowalski

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #57 am: 1.12.2017 | 12:07 »
Ich denke, an der ganzen "Männer sind halt der Normalfall und Frauen die Ausnahme"-Grundidee werden Gesellschaft und Literatur noch eine ganze Weile zu knabbern haben.

Wobei gemischte Protagonisten-Ensembles da meiner Meinung nach durchaus auch noch mitbetroffen sind. Gemischte Gruppe mit männlichem Anführer? Sicher, ganz normal, sieht man überall. Gemischte Gruppe mit einer Frau an der Spitze? Da gehen dann, denke ich, schon wieder die ersten Augenbrauen hoch -- das ist eben noch eindeutig "ungewöhnlich".

Das Problem kann auch die Fäntelalter Mischung sein.
Dann mischen wir Erwartungen und vermeintliches Wissen von der Vergangenheit mit einem Setting das ausgedacht und somit frei ist.

Dabei ist das eine Mesalliance zwischen Publikumserwartungen und vorauseilendem Gehorsam der AutorInnen.
Allerdings funktioniert es, werden doch Bücher die gegen den Strich bürsten eher gemieden weil sie eben den Klischees nicht entsprechen.

Bei mir ist die Kaufentscheidung eher der Autor. Nicht die Protagonisten.
Das männlich Autoren glaubhafter männliche Pro- und Antagonisten darstellen können, das ist in der Regel so.
Das weibliche Autoren in meinem Leserepertoire unterrepräsentiert sind liegt an der SciFi Konzertration.
Die wenigen Frauen die das auch schreiben haben es ordentlich gemacht, so das ich bei Büchern das Geschlecht des Autors nicht primär als Kaufentscheidung ansehe. Eigentlich heben die Frauen sogar das Niveau. MZB, Tanith Lee, C.J.Cherryh, Joan D. Vinge haben Werke vollbracht die zum Teil über dem durchschnitts-Sf-Schreiberling liegen. Trotzdem weniger als 10% meiner Bücher.  :(
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Offline Scimi

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #58 am: 1.12.2017 | 15:38 »
Soso, deine Fantasyromane widersprechen deiner Alltagswahrnehmung? *gacker*  ~;D
Ich mein ja nur...

Da könnte man jetzt wieder eine "Realismus vs. Plausibilität"-Diskussion ansetzen.

Aber ich kann genausogut den ganzen Fantastikkram außen vor lassen und meine Aussage stehenlassen: meine Krimis, (nichtübernatürlicher) Horror, Kinderbücher, Abenteuerromane und was ich sonst noch so herumstehen habe — überall dasselbe Phänomen, dass Frauen häufig gar nicht vorkommen, unsichtbar sind, keine Rolle spielen oder flach, uninteressant oder scheiße sind.

Das Schwierige ist, dass sich das am einzelnen Buch nicht unbedingt festmachen lässt: Ein Hauptcharakter darf ja männlich sein, muss es vielleicht sogar sein, weil die ganze Geschichte an männlicher Kultur, männlicher Erfahrung und männlichen Rollenbildern hängt. Und ein Buch würde auch nicht automatisch besser, wenn man einfach das Geschlecht jeder Figur per Münzwurf bestimmt — der Autor hat sich ja bei der Auswahl und Besetzung seines Ensemble für die Geschichte etwas gedacht und eine gute Figur ist sehr viel mehr als nur Geschlechtsvertreter.

Aber aus einzelnen Büchern, die ich jedes für nicht beanstanden würde, wird insgesamt ein Bücherschrank, der ein monströses Problem mit Geschlechterverteilung hat.  :o Und das Einzige, was dagegen hilft, ist eine Quote.  ;)

Offline Maarzan

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #59 am: 1.12.2017 | 17:33 »
Wobei gemischte Protagonisten-Ensembles da meiner Meinung nach durchaus auch noch mitbetroffen sind. Gemischte Gruppe mit männlichem Anführer? Sicher, ganz normal, sieht man überall. Gemischte Gruppe mit einer Frau an der Spitze? Da gehen dann, denke ich, schon wieder die ersten Augenbrauen hoch -- das ist eben noch eindeutig "ungewöhnlich".

Das ist einfach eine Frage der Kultur und die ist wiederum weitgehend das Produkt der sozioökonomischen Umstände - und die können halt stark von unseren Bedingungen abweichen, sei es durch genügend Technik, Magie oder auch andere Überlebensumstände.

Wenn man jederzeit mit einem Angriff rechnen muss und nicht auf schnelle Hilfe hoffen kann, dann reicht es eben nicht, dass nur Männer wehrtauglich sind. Wenn Magie oder göttliches Wirken relevant ist, dann hebelt das auch viele "übliche" Geschlechterrollen aus.

Aber das ist dann ein tiefgreifenderer gesellschaftlicher Wandel als nur "its magic", jetzt einfach mit neuer Wünschdirwasgeschlechterpolitik.
Es gibt eben einen deutlichen Unterschied zwischen "starken Frauen" und "Feminismus-MarySues".
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Offline YY

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #60 am: 1.12.2017 | 18:02 »
Ich denke, an der ganzen "Männer sind halt der Normalfall und Frauen die Ausnahme"-Grundidee werden Gesellschaft und Literatur noch eine ganze Weile zu knabbern haben.

In vielen Kontexten ist das allerdings sogar nachvollziehbar und erwartbar (so wie es der umgekehrte Fall in anderen Kontexten ist bzw. wäre), so dass eine Abweichung davon nicht "versehentlich" passiert sein kann.
Kann man ja machen, aber Unterhaltungsliteratur mit gesellschaftspolitischer Agenda brauche ich genau so wenig wie die ansonsten begründungs- und folgenlose Umsetzung einer gefühlten Geschlechterquote.
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Offline TaintedMirror

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #61 am: 1.12.2017 | 21:40 »
Manchmal hat es auch praktische Gründe, für gewisse Rollen Männer zu nehmen. Männer sind nun mal das entbehrliche Geschlecht in unserer Gesellschaft, sodass die breite Allgemeinheit Gewalt gegen einen Mann eher akzeptiert, als gegen eine Frau (Man erinnere sich nur an die Aufregung wegen des X-men Apocalypse Posters). Wenn man also will, dass ein Charakter recht fiese Sachen durchmacht, ist man halt auf der sicheren Seite, wenn man da eher einen Mann, vorzugsweise einen Erwachsenen, einsetzt. Dies gilt insbesondere für Nebencharaktere. Eine Heldin, die männliche Handlanger abschlachtet oder brutal verletzt ist ja nichts besonderes. Würde man das umkehren, hätte die Welt sicher viel mehr Frauen, aber viel Akzeptanz unter den Lesern wird man da nicht finden.

Offline KhornedBeef

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #62 am: 1.12.2017 | 21:57 »
Manchmal hat es auch praktische Gründe, für gewisse Rollen Männer zu nehmen. Männer sind nun mal das entbehrliche Geschlecht in unserer Gesellschaft, sodass die breite Allgemeinheit Gewalt gegen einen Mann eher akzeptiert, als gegen eine Frau (Man erinnere sich nur an die Aufregung wegen des X-men Apocalypse Posters). Wenn man also will, dass ein Charakter recht fiese Sachen durchmacht, ist man halt auf der sicheren Seite, wenn man da eher einen Mann, vorzugsweise einen Erwachsenen, einsetzt. Dies gilt insbesondere für Nebencharaktere. Eine Heldin, die männliche Handlanger abschlachtet oder brutal verletzt ist ja nichts besonderes. Würde man das umkehren, hätte die Welt sicher viel mehr Frauen, aber viel Akzeptanz unter den Lesern wird man da nicht finden.
Mit Verlaub, aber das läuft doch auf "is so" hinaus. "Männer sind entbehrlich Kriegsopfer" ist ja nicht weniger diskriminierend als "Frauen halten den Herd warm". Im Gegenteil, das ist zur Selbstlegitimation eines eher patriarchalischen Systems fast nötig. Kann man das in einem Roman so darstellen. Ja, logo, gerne. Aber das mit den Unzulänglichkeiten unserer Gesellschaft zu begründen finde ich auch lahm.
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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #63 am: 1.12.2017 | 22:51 »
Aber das mit den Unzulänglichkeiten unserer Gesellschaft zu begründen finde ich auch lahm.

Wenn man es anders darstellt, muss man eben auch überlegen, wieso es anders ist.
Mit einfach nur "gefällt mir nicht und ich will es anders haben" ist man schon ein gutes Stück auf dem Weg, dass das Setting nicht so recht zusammenpasst.
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Eulenspiegel

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #64 am: 1.12.2017 | 22:57 »
Aber aus einzelnen Büchern, die ich jedes für nicht beanstanden würde, wird insgesamt ein Bücherschrank, der ein monströses Problem mit Geschlechterverteilung hat.  :o Und das Einzige, was dagegen hilft, ist eine Quote.  ;)
Es gibt diverse "Frauenliteratur".

Falls du willst, könntest du deinen Bücherschrank also locker zu 50% mit Literatur füllen, die einen weiblichen Protagonisten hat. Inwiefern diese Quote jetzt dein Lesevergnügen verbessert, sei dahingestellt. ;)

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #65 am: 1.12.2017 | 23:14 »
Alternativ kannst du aber auch im "Lesen"-Thread nach Büchern mit weiblichen Protagonisten fragen. Da hast du vermutlich mehr von.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #66 am: 1.12.2017 | 23:58 »
Wenn man also will, dass ein Charakter recht fiese Sachen durchmacht, ist man halt auf der sicheren Seite, wenn man da eher einen Mann, vorzugsweise einen Erwachsenen, einsetzt.

Ich denke, beim "fiese Sachen durchmachen" haben die Männer nicht unbedingt die Nase vorn. Gefühlsmäßig würde ich sagen, dass die zwar häufiger angeschossen werden, aber kaum entführt oder vergewaltigt. Bedroht und verprügelt werden beide.

Wenn man es anders darstellt, muss man eben auch überlegen, wieso es anders ist.

Ich würde behaupten, dass die Rollenverteilung in Medien anders ist als in der wirklichen Welt.

Blödes Beispiel: Lehrer. In Deutschland und England sind Schullehrer vorwiegend weiblich. Zu Anteilen von zwischen 2/3 und 3/4. Verglichen damit hat Hogwarts einen ziemlich hohen Männeranteil beim Lehrpersonal. Ok, es ist Zauberfantasy, es ist ein prestigeträchtige Schule. Aber auch anderswo kommen in Medien mehr männliche Lehrer vor, als man erwarten sollte. Zumindest bei den Charakteren, die was Interessantes machen — der coole Questgeberlehrer, der den Jugenddetektiven den Backstagepass zum Museum besorgt, der alte Klassenkamerad, der dem Hauptcharakter mit den Physikfragen aushilft, der fiese Mathelehrer, der einen beim Schwänzen erwischt.

Und das ist auch in anderen Bereichen so. Aber diese verzerrte Darstellung muss nie begründet werden. Es ist plausibel, dass diese Geschichten in unserer Welt spielen anstatt in einem bizarren "Manniversum", wo sie von der Statistik gesehen hingehören. Weil sie zwar nicht der Wirklichkeit entsprechen, sondern unserem Bild von der Wirklichkeit, das sichtbare, aktive Männer und unsichtbare, passive Frauen normal findet. Und was wieder dadurch geprägt wird, dass man das in Büchern, Filmen, Serien, Comics, Computerspielen so gezeigt bekommt. Wir glauben halt, was wir sehen.

Es gibt diverse "Frauenliteratur".

Falls du willst, könntest du deinen Bücherschrank also locker zu 50% mit Literatur füllen, die einen weiblichen Protagonisten hat. Inwiefern diese Quote jetzt dein Lesevergnügen verbessert, sei dahingestellt. ;)

Und die andere Hälfte mit äquivalenten Büchern für eine männliche Zielgruppe, mit John Sinclair und Jerry Cotton? Ne danke, das soll schon ein Buchregal bleieben und kein Behälter für extremst dünn geschnittenes Brennholz.  ;D

Aber es existieren ja durchaus hervorragende Bücher mit interessanteren Frauenrollen oder einer realistischeren Geschlechterverteilung als bei Tolkien oder Lovecraft. Und an und ab sehe ich mich gezielt in entsprechenden spezialisierten Listen um, um mir da die Rosinen rauszupicken. Es gibt sowieso mehr interessante Bücher, als ich jemals lesen könnte, ich muss sowieso auswählen, was ich mir reinziehe. Da sollte ich auf eine ausgewogenere Diät achten als mir einfach alles reinzuziehen, was mir gerade ins Auge springt.  ;)

Offline Bad Horse

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #67 am: 2.12.2017 | 00:09 »
Ich würde behaupten, dass die Rollenverteilung in Medien anders ist als in der wirklichen Welt.

Blödes Beispiel: Lehrer. In Deutschland und England sind Schullehrer vorwiegend weiblich. Zu Anteilen von zwischen 2/3 und 3/4. Verglichen damit hat Hogwarts einen ziemlich hohen Männeranteil beim Lehrpersonal. Ok, es ist Zauberfantasy, es ist ein prestigeträchtige Schule. Aber auch anderswo kommen in Medien mehr männliche Lehrer vor, als man erwarten sollte. Zumindest bei den Charakteren, die was Interessantes machen — der coole Questgeberlehrer, der den Jugenddetektiven den Backstagepass zum Museum besorgt, der alte Klassenkamerad, der dem Hauptcharakter mit den Physikfragen aushilft, der fiese Mathelehrer, der einen beim Schwänzen erwischt.

Und das ist auch in anderen Bereichen so. Aber diese verzerrte Darstellung muss nie begründet werden. Es ist plausibel, dass diese Geschichten in unserer Welt spielen anstatt in einem bizarren "Manniversum", wo sie von der Statistik gesehen hingehören. Weil sie zwar nicht der Wirklichkeit entsprechen, sondern unserem Bild von der Wirklichkeit, das sichtbare, aktive Männer und unsichtbare, passive Frauen normal findet. Und was wieder dadurch geprägt wird, dass man das in Büchern, Filmen, Serien, Comics, Computerspielen so gezeigt bekommt. Wir glauben halt, was wir sehen.

Sehr schön ausgedrückt.  :d
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #68 am: 2.12.2017 | 10:58 »
Mit Verlaub, aber das läuft doch auf "is so" hinaus. "Männer sind entbehrlich Kriegsopfer" ist ja nicht weniger diskriminierend als "Frauen halten den Herd warm". Im Gegenteil, das ist zur Selbstlegitimation eines eher patriarchalischen Systems fast nötig. Kann man das in einem Roman so darstellen. Ja, logo, gerne. Aber das mit den Unzulänglichkeiten unserer Gesellschaft zu begründen finde ich auch lahm.

Ich würde eher sagen, dass dies zu einem gynozentrischen Weltsystem passt. Ich weiß nicht, wo Männer als entbehrliches Geschlecht irgendwie patriarchalisch sein sollte. Vielleicht in einer Welt, wo Bauern die wahren Herrscher sind, da sie ja die Arbeit monopolisieren. Es geht mir hierbei ja nicht um die innerweltliche Logik des Romans, sondern um ganz profane Marktentscheidung. Es gibt nun mal eine Reihe Leser, die akzeptieren, wenn ein Mann verstümmelt wird, aber das Buch nicht lesen wollen, wenn das einer Frau passiert. Wenn der Charakter so etwas durchmachen soll, muss der Autor sich schon entscheiden, ob er es riskiert, diesen Teil der Käuferschaft potentiell zu vergraulen. Das gilt nochmal mehr für "softe" Gewalt in Kinderromanen. Wenn man da ein Mädchen als Protagonistin hat und diese Gewalt erfährt, würden schon etliche Personen weniger dies kaufen, als wenn es nur ein Junge wäre. Da kann man gerne drüber diskutieren, warum das so ist, aber letztendlich muss ein Autor auch immer überlegen, wie er seinen Roman in der Gesellschaft verkauft. Ebenso ist ja zum Beispiel ein Roman mit einer destruktiven Verschwörung von Katholiken mehr Gesellschaftstauglich, als zum Beispiel mit orthodoxen Juden, etc.

Offline Crimson King

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #69 am: 2.12.2017 | 11:22 »
Ich weiß nicht, wo Männer als entbehrliches Geschlecht irgendwie patriarchalisch sein sollte.

Ich vermute, es geht nicht darum, dass das patriarchalisch ist, sondern darum, dass es eine Scheinbegründung für das Patriarchat liefert. "Wir machen die gefährlichen Sachen, also sollten wir auch bestimmen dürfen." Das hinkt aber schon insofern, als vor den massiven Verbesserungen in der medizinischen Versorgung Frauen entsprechend oft während oder nach der Geburt gestorben sind. Im Mittelalter hatten Männer noch die höhere Lebenserwarung. Dazu kommen über lange Zeiträume der Moderne verstärkter Tabak- und Alkoholkonsum durch Männer. Und es hinkt, weil gerade die, die am meisten zu sagen haben, in ziemlich ungefährlichen Positionen sitzen.
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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #70 am: 2.12.2017 | 12:28 »
Es geht mir hierbei ja nicht um die innerweltliche Logik des Romans, sondern um ganz profane Marktentscheidung. Es gibt nun mal eine Reihe Leser, die akzeptieren, wenn ein Mann verstümmelt wird, aber das Buch nicht lesen wollen, wenn das einer Frau passiert.

Es mag sein, dass Leute (Männer?) im Marketing so denken. In der Praxis sehe ich aber nicht, dass Gewalt gegen Frauen tatsächlich Verkaufszahlen negativ beeinflusst.

Oder denkt hier ernsthaft wer, dass Bücher wie die "Song of Ice and Fire"-Reihe, Stieg Larssons Millenium-Trilogie oder meinetwegen Kinderbücher wie "Die Rote Zora" oder die "His Dark Materials"-Trilogie oder "The Hunger Games" oder "Ronja Räubertochter" auch nur ein Exemplar mehr verkauft hätten, wenn die schonender mit weiblichen Charakteren umgesprungen wären? Ich würde sogar behaupten, die Bücher würde keiner kennen, wenn es so wäre. Auch Serien wie "Buffy the Vampire Slayer" oder "Veronica Mars" oder Filmen wie "Mad Max: Fury Road" oder "Wonder Woman" scheint das nicht viel getan zu haben.

Offline KhornedBeef

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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #71 am: 2.12.2017 | 12:36 »
Ich vermute, es geht nicht darum, dass das patriarchalisch ist, sondern darum, dass es eine Scheinbegründung für das Patriarchat liefert. "Wir machen die gefährlichen Sachen, also sollten wir auch bestimmen dürfen." Das hinkt aber schon insofern, als vor den massiven Verbesserungen in der medizinischen Versorgung Frauen entsprechend oft während oder nach der Geburt gestorben sind. Im Mittelalter hatten Männer noch die höhere Lebenserwarung. Dazu kommen über lange Zeiträume der Moderne verstärkter Tabak- und Alkoholkonsum durch Männer. Und es hinkt, weil gerade die, die am meisten zu sagen haben, in ziemlich ungefährlichen Positionen sitzen.
Yes.
Ich bin übrigens mit solchen " Marktentscheidungen" nicht glücklich, aber irgendwo hängt das wohl mit der Threadfrage zusammen.
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Re: Geschlecht des Protagonist und Kauf Entscheidung ?
« Antwort #72 am: 2.12.2017 | 17:36 »
Konservative Lesegewohnheiten.
Wir erwarten das der abgewrackte Cliff-Hanger Detektiv ein Mann, älter und Nikotin- sowie Alkoholabhängig
Ständig pleite, mit guten Kontakten und am Ende mit zu weichem Herz für die wohlsituierte, elegente, verzweifelte, weibliche Klientin für die er seine Nase in Dinge steckt die er in nüchternem Zustand und für einen Mann niemals tun würde.

Entspricht etwas nicht dem Klischee wollen wir es nicht lesen/sehen. Oder es muss wohlbegründet sein.
Den meisten Autoren wird es einfach zu viel Hirnverrenkungen abringen sich außer der Story eine Welt auszudenken die irgendeinem anderen Geschlechterverhältnis entspricht.
Und dann sind die Leser baff und bis auf ein paar Nerds versteht das dann wiederum keiner.

In SciFi und Fantasy Büchern ist dieser Anteil des "Was-wäre-wenn" durchaus größer. Aber auch da muss man schauen ob Geschlechterrollenverteilung eine Teil des "Anders als heute" ist oder eher nicht.

Emanzipazieren werden wir und davon erst wenn die Menschen in Retortengebärmüttern hochgezogen werden.... (Also so im 22-Jahrhundert....)
Bei Schafen hat man das schon gemacht, fragt sich aber wieviel Input braucht ein ungeborenes von seiner Mama und der Umgebung (kann man ja simulieren) damit alles Paletti ist.

Dann wird sich das so wie in Joe Haldemanns "Ewiger Krieg" entwickeln....
Geschlecht und sexuelle Disposition werden dann Maßgeschneidert...
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