Stereotype dienen halt der Vereinfachung. Das braucht ein Setting im Rollenspiel, um griffig zu bleiben. Das brauchen Menschen, um Kompexität zu reduzieren. Kritisch wirds erst, wenn ein Stereotyp generalisiert negativ zu einem Vorurteil wird. Das ist für mich auch der Punkt, an dem Rassismus beginnt.
Dem stimme ich im Großen und Ganzen zu.
Das Problem ist für mich in den meisten Fällen nicht, dass Leute Stereotype verwenden. Das Problem ist die Vorstellung, dass jede Kritik oder Thematisierung dieser Stereotype ein illegitimer Angriff auf die Urheber des entsprechenden Werks sei. Das Problem ist der Wunsch, sich gegen Kritik abzusichern, indem man sagt: "Die Darstellung der Utulus hat mit Rassismus aber nun wirklich nichts zu tun!", anstatt sich vielleicht erst mal den Einwand anzuhören und ihn zu überdenken.
Die Konsequenz daraus muss ja nicht sein, dass die DSA-Redaktion zu Kreuze kriecht und sich selbst als Haufen von Rassisten brandmarkt; das ganze kann auch einfach Anlass zu Reflektionen und Klarstellungen sein, und sei es nur: "Ja, wir sind auf Klischees und Stereotypen angewiesen, um überhaupt einen gemeinsamen Vorstellungsraum zu erschaffen; nein, wir verwechseln das nicht mit der Wirklichkeit und wollen auch nicht, das andere das tun; ja, wir geben uns (von jetzt an vielleicht auch mehr) Mühe, die Klischees im Großen und im Kleinen zu brechen, damit sie weniger Anknüpfungspunkte für realweltlichen Rassismus liefern bzw. damit diejenigen, die in ihnen vielleicht ihre tatsächliche rassistische Ideologie bestätigt finden wollen, merken, dass wir NICHT auf ihrer Seite sind."
Dieser ganze "Dann kann man ja auch die Novadis und Utulus und Bornländer problematisieren"-Strang ist in meinen Augen völlig zutreffend. Kann man. Nur ist da nichts Absurdes oder Falsches dran. Man kann das problematisieren, ohne dabei zensieren oder verbieten zu wollen; die ganze Zensur- und Verbotsangst kommt m.E. in erster Linie daher, dass viele allein schon die Thematisierung eines Zusammenhangs zwischen Stereotypen in Fantasywelten und realweltlichem Rassismus als so unzumutbaren Vorwurf an die Fantasywelten und ihre Schöpfer empfinden, dass sie sich absolut dagegen absichern wollen. Es muss also eine klare Grenze her dafür, wann von Rassismus geredet werden darf und wann nicht, und bei allem, was man selbst denkt/empfindet/gut findet, darf dann natürlich nicht und niemals von Rassismus die Rede sein. (Die Kehrseite davon ist die Vorstellung, man müsse sich durch Vermeidung von allem, was als Rassismus angreifbar wäre, absichern - geht eben auch nicht.)
So kommt man aber nie zu einer echten Auseinandersetzung mit dem Thema. Wenn ich mir nicht mal eingestehen kann, dass ich durchaus mit einem rassistischen Blick durch die Straßen Neuköllns gehe, dann kann ich mich auch nicht damit auseinandersetzen und keine entsprechende Kritik - sei sie nun berechtigt oder nicht - annehmen. Ich kann mich immer nur in dem Zirkelschluss bewegen: "Weil ich es denke/sage, kann es nicht rassistisch sein, weil ich kein Rassist bin." Klar, wenn ich das so betrachte, dann ist jede Kritik an einer Aussage oder einem Handeln von mir als rassistisch natürlich automatisch Verleumdung. Mit Kommunikation als Wahrnehmung der Position des anderen hat das aber wenig zu tun.