Autor Thema: Rassismus in Fantasy Rollenspiele  (Gelesen 75841 mal)

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Offline Megavolt

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #250 am: 8.05.2018 | 06:55 »
Bezüglich der Novadis bei DSA: Hab gerade mal im DSA5 Almanach geblättert. Da wird leider noch immer das Klischee des heißblütigen, auf Ehre und Gottestreue pochenden Wüstenkriegers hochgehalten. Da wird auch mal schnell der Säbel gezückt, wenn Freunde, Familie oder Pferde (sic!) beleidigt werden. Und das Kulturpaket empfiehlt Nachteile wie Jähzorn, Vorurteile ggü Frauen und Arroganz.

Es ist natürlich auch nicht so einfach, dieses vor Jahrzehnten in die Welt gesetzte Klischee nachträglich zu verändern, ohne Veränderungen in einer Spielwelt vorzunehmen, bei der man so sehr auf Details achtet. DSA hat ja auch ein wenig das Problem, dass es keinen Hehl daraus macht, sich an realweltlichen Kulturen zu orientieren. Da muss man sich dann auch meiner Meinung nach den Rassismus-Vorwurf gefallen lassen.

Wem gegenüber ist das denn rassistisch, wenn in einer fiktiven mittelalterlichen Welt ein mittelalterliches Klischee formuliert wird? Den mittelalterlichen Mauren gegenüber?

Die Ehre des Pferdes zu verteidigen ist in meinen Augen ein schön griffiger Auswuchs dieses Putzigkeits-Aspektes. Weil das den herablassenden Gedanken produziert: "Haha, schaut mal, wie süß rückständig die noch sind."

Offline Aendymion

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #251 am: 8.05.2018 | 08:12 »
Wem gegenüber ist das denn rassistisch, wenn in einer fiktiven mittelalterlichen Welt ein mittelalterliches Klischee formuliert wird? Den mittelalterlichen Mauren gegenüber?

Naja... es geht ja darum, dass hier eine Kultur präsentiert wird, die sehr deutliche Anleihen an eine Kultur aus unserer Realität hat. Wenn du nun Teil dieser Kultur bist und im echten Leben ständig den Klischees des „heißblütigen Südländers“ mit kurzer Zündschnur und patriarchalem Frauenbild ausgesetzt bist, könnte es durchaus sein, dass du dich da ziemlich verarscht fühlst. Und wenn Schwarz bist und feststellt, dass die Leute, die so aussehen wie du, bei DSA abergläubische Wilde sind, die versklavt wurden/werden. Ich bin halt nicht sicher, ob jemand dann genausoviel Spaß man setting hat, als wenn man ein weißer Mittelreicher...äh...Europäer ist. Aber ist ne Hypothese und basiert auf der Aussage, dass Menschen es blöd finden, wenn sie ihre Kultur in Filmen ausschließlich in Form von Klischees wiederfinden.

Ich glaube es wäre weniger problematisch, wenn DSA nicht so deutlich realweltliche Kulturen beleihen würde.

Offline felixs

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #252 am: 8.05.2018 | 08:26 »
Darin sähe ich eigentlich gar kein Problem, wenn nicht das "europäische" Pseudo-Mittelalter nebenan seit Jahrtausenden ein Hort von Aufklärung und Gleichberechtigung wäre. Es gab unzählige reale Kulturen, die sexistisch/patriarchalisch. gewaltverherrlichend, ehrverliebt etc.pp. waren, nur gehörte die hiesige halt dazu.

Danke. Genauso sehe ich das auch.
Und das war auch der Punkt, warum ich die Thorwaler als Form von positiver Verklärung damit kontrastiert habe. Hätte ich einerseits noch deutlicher erläutern sollen, andererseits wurde (bei mir) der Gedanke erst im Laufe dieser Diskussion immer klarer.
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Offline felixs

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #253 am: 8.05.2018 | 08:28 »
Eh. Ich halt' mich einfach an §193 (Wahrnehmung berechtigter Interessen) fest, nach dem "[t]adelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen [...]" im wesentlichen solange nicht strafbar sind, wie sie ein Minimum an Form wahren. Heißt, wenn ich nun mal der Meinung bin, daß Text/Setting/sonstiges Medium XYZ rassistische Inhalte transportiert, dann darf ich das auch erst mal ganz legal und offen sagen, solange ich dabei sachlich bleibe -- Kritik ist erlaubt. ;)

Fakt ist, dass man bei deutschen Gerichten (zumal wenn man sich die richtigen Gerichte aussucht) ziemlich gute Chancen hat, anderen Leuten, auch Journalisten, Aussagen zu verbieten.
Da kann man dann dagegen halten, wird aber sehr schnell eine Frage des größeren Geldbeutels.
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Maischen

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #254 am: 8.05.2018 | 08:30 »
Wenn ich das richtig erinnere, wurden die Novadis ja von den Freunden von Archoangel erfunden, also unschuldigen Kindern 😉

Luxferre

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #255 am: 8.05.2018 | 08:39 »
Wenn ich das richtig erinnere, wurden die Novadis ja von den Freunden von Archoangel erfunden, also unschuldigen Kindern 😉

Da er dazu keine Stellung mehr nehmen kann/darf, finde ich diese provokative Aussage sehr unschön!

Maischen

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #256 am: 8.05.2018 | 08:42 »
Das ist nicht als Attacke gegen Archoangel gemeint. Ich bin Anhänger der These: Solange ich mit erwachsenen Nicht-Rassisten spiele, darf ich auch Novadis spielen.

Offline Issi

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #257 am: 8.05.2018 | 08:57 »
Obs nun ausgerechnet hierzulande Pseudo-Juden-Klischees braucht kann man sich zurecht fragen. (Wobei die Anmerkung stimmt, dass es nach Jahrhunderten Antijudaismus/Antisemitismus solche Klischees gibt wie Sand am Meer.) Ist das immer und grundsätzlich abzulehnen? Ich mein, die Gringotts-Gnome von Zürich sind so, wie sie portraitiert sind, jetzt nicht die sympatischsten Kerlchen, aber sie sind auch weit davon entfernt, urböse zu sein oder geheime Weltverschwörungen zu planen. In der Zaubererwelt scheints ja nicht mal  Wirtschaftskrisen zu geben. Man könnt auch zu bedenken geben, dass diese Identifizierung natürlich auch dazu geeignet ist, die Assoziation "Bankier = Jude" weiter zu reproduzieren.
Ich frage mich ernsthaft, wie man die Kobold Banker's hätte aussehen lassen können, ohne, dass da jmd. falsche Schlüsse ziehen kann.
Rowling hat sich für ihr neues Harry Potter Stück eine schwarze Schauspielerin als Hermine gewählt, was einige Fans hart kritisierten.
Das empfand sie als rassistisch.
Und das finde ich auch nachvollziehbar.
« Letzte Änderung: 8.05.2018 | 08:58 von Issi »

Luxferre

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #258 am: 8.05.2018 | 09:03 »
Das ist nicht als Attacke gegen Archoangel gemeint. Ich bin Anhänger der These: Solange ich mit erwachsenen Nicht-Rassisten spiele, darf ich auch Novadis spielen.

Da klang deutlich Sarkasmus durch. Da nicht beabsichtigt: mea culpa!

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #259 am: 8.05.2018 | 09:39 »
Naja... es geht ja darum, dass hier eine Kultur präsentiert wird, die sehr deutliche Anleihen an eine Kultur aus unserer Realität hat. Wenn du nun Teil dieser Kultur bist und im echten Leben ständig den Klischees des „heißblütigen Südländers“ mit kurzer Zündschnur und patriarchalem Frauenbild ausgesetzt bist, könnte es durchaus sein, dass du dich da ziemlich verarscht fühlst.

Wieso das denn? Erstens sollte man am Spieltisch durchaus zu abstrahieren imstande sein. Es handelt sich immer noch um ein Spiel. Zweitens stelle ich durchaus fest, dass die bei den Novadis als Inspiration dienenden Kulturen der realen Welt im Mittel sicherlich über mehr Temperament verfügen und ein patriarchalischeres Frauenbild aufweisen als das in Deutschland der Fall ist.

Stereotype dienen halt der Vereinfachung. Das braucht ein Setting im Rollenspiel, um griffig zu bleiben. Das brauchen Menschen, um Kompexität zu reduzieren. Kritisch wirds erst, wenn ein Stereotyp generalisiert negativ zu einem Vorurteil wird. Das ist für mich auch der Punkt, an dem Rassismus beginnt.

Wenn jemand keine realweltlichen Bezüge in seine Settings integrieren möchte, um auf der sicheren Seite der politischen Korrektheit zu landen: alles wunderbar. Kritische Reflektion: ja sicher. Aber ich bin kein Fan einer Schere im Kopf.

Offline felixs

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #260 am: 8.05.2018 | 09:41 »
Rowling hat sich für ihr neues Harry Potter Stück eine schwarze Schauspielerin als Hermine gewählt, was einige Fans hart kritisierten.
Das empfand sie als rassistisch.

Die neue Masche in den USA ist sowieso, dass man den Leuten dann halt "cultural appropriation" vorwirft. Es ist dann alles rassistisch, außer es ist von jemandem geschrieben, der selbst einer ethnischen Minderheit angehört. Und Ethnizität ist dann gleich Rasse/Vererbung. Was dann wiederum geht ist Gewaltpornographie á la Black Panther. Und das ist ziemlich weit im Mainstream angekommen. Das finde ich rassistisch.

https://www.telegraph.co.uk/news/celebritynews/12188892/jk-rowling-twitter-backlash-cultural-appropriation-harry-potter-pottermore.html

Jedenfalls kommt es mir so vor, als wäre Rowlings Fehler gewesen, sich zu sehr um "Diversität" zu bemühen. Das finden einige Leute dann befremdlich (ich gehöre dazu) und denen, für die es gedacht war, geht es sowieso nicht weit genug.

Der Grund, warum uns die Entwicklungen jenseits des Atlantiks interesssieren sollten ist, dass wir das meist mit ein wenig Verspätung auch alles bekommen. Erste Anzeichen in der Sprache meine ich schon auszumachen, in der Popkultur wird es auch immer mehr.

Daher der Appell ans Augenmaß.
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Offline felixs

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #261 am: 8.05.2018 | 09:47 »
Kritisch wirds erst, wenn ein Stereotyp generalisiert negativ zu einem Vorurteil wird. Das ist für mich auch der Punkt, an dem Rassismus beginnt.

Genau das ist aber der Fall bei:

Zweitens stelle ich durchaus fest, dass die bei den Novadis als Inspiration dienenden Kulturen der realen Welt im Mittel sicherlich über mehr Temperament verfügen und ein patriarchalischeres Frauenbild aufweisen als das in Deutschland der Fall ist.

Wenn jemand keine realweltlichen Bezüge in seine Settings integrieren möchte, um auf der sicheren Seite der politischen Korrektheit zu landen: alles wunderbar. Kritische Reflektion: ja sicher. Aber ich bin kein Fan einer Schere im Kopf.

Da möchte ich zustimmen. Es muss möglich sein, mit Klischees zu spielen. Worauf es letztlich ankommt, ist die realweltliche Praxis.

Und Du sprichst einen weiteren wichtigen Punkt an: Nämlich den der Bewertung von Kulturen. Ich glaube auch, dass man da nicht drum herum kommt, wenn man nicht alles in einem beliebigen Relativismus auflösen will.
Entscheidend scheint mir, Kulturen nicht als Monolithen zu behandeln und die Merkmale von Kulturen in ihrem Kontext zu verstehen. Einerseits haben wir sozioökonomische Faktoren, andererseits haben wir auch kulturelle Bezugssysteme, die lange vergangene Faktoren bewahren. Aber: Das bedeutet nicht, dass das alles in Ordnung ist und so bleiben kann.
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Wellentänzer

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #262 am: 8.05.2018 | 09:52 »
Genau das ist aber der Fall bei:

Eben nicht. Das kann man empirisch wunderbar nachzeichnen. Gibt es im arabischen Kulturraum auch Leute mit niedrigem Temperament? Natürlich. Aber Mittelwertsunterschiede sind recht stark. Das läuft üblicher Weise unter der Überschrift "Affektintensität". Dazu gibt es sehr klare Erkenntnisse. Mir ist vollkommen rätselhaft, weshalb es Rassismus sein sollte, wenn jemand das benennt.

Offline felixs

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #263 am: 8.05.2018 | 09:59 »
Eben nicht. Das kann man empirisch wunderbar nachzeichnen. Gibt es im arabischen Kulturraum auch Leute mit niedrigem Temperament? Natürlich. Aber Mittelwertsunterschiede sind recht stark. Das läuft üblicher Weise unter der Überschrift "Affektintensität". Dazu gibt es sehr klare Erkenntnisse. Mir ist vollkommen rätselhaft, weshalb es Rassismus sein sollte, wenn jemand das benennt.

Das Problem ist, dass es Klischee in eine Fantasywelt übertragen wird. Also offensichtlich ein realweltlicher Bezug, der überspitzt dargestellt und verallgemeinert wird. Abgesehen von der hisorischen Point, dass man dann eben auch die "europäischen" Kulturen in ihrer weniger erfreulichen Gestalt zeigen könnte. Hier ist es eine überspitzte Darstellung negativer (meine Wertung, wird aber wohl fast jeder teilen) Aspekte der einen Kultur und gleichzeitig die Ausblendung eben jener negativer Aspekte der "europäischen", insbesondere der "nordischen" Kulturen. Übrigens gibt es auch innerhalb der "europäischen" Kulturen bei DSA ein starkes Nord-Süd-Gefälle. Ich glaube da nicht an Zufall.
Dazu kommt eine ziemlich merkwürdige Darstellung des Islam (oder übersehe ich da was und der Rastullah-Glaube ist nicht der Islam?)

Abgesehen davon würden mich die Erkenntnisse dazu tatsächlich interessieren. Möchte das auch erstmal gar nicht anzweifeln: Ich kenne interkulturelle Studien vor allem aus dem Europa-Ostasien-Vergleich und da gibt es durchaus bemerkenswerte Ergebnisse.
« Letzte Änderung: 8.05.2018 | 10:14 von felixs »
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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #264 am: 8.05.2018 | 10:04 »
Naja, dass Brasilianer beispielsweise temperamentvoller sind als Norweger, finde ich jetzt nicht so wahnsinnig überraschend. Und wenn man Kulturen eines Rollenspielsettings nun, um im Beispiel zu bleiben, an Brasilien und Norwegen anlehnt, dann sollte man das als SL auhc über das Temperament transportieren. Die einen tanzen dann meinetwegen lieber, schneller und intensiver bei Parties. Und sie unterhalten sich lauter auf Märkten. Und sie begrüßen und umarmen sich herzlicher bei Begegnungen. Und so weiter.

Natürlich muss man da einigermaßen sensibel bleiben. Aber ich glaube, dass eine aufgeklärte Rollenspielrunde durchaus zu abstrahieren imstande sein wird. Zumindest ist das in den mir bekannten Runden so.

Was problematisch wäre und wo ich auf keinen Fall mitgehen würde, wäre eine negative Verallgemeinerung mit realweltlichem Bezug. "Die sind alle so.". Das kann ich bei irgendwelchen Fantasyrassen noch ordentlich mit meinem Gewissen vereinbaren, auch wenn die Suspension of Disbelief da bisweilen stark knirscht. Beispiel: Ettins bei D&D finde ich beispielsweise sehr heikel. Dass das alles böse Arschlöcher sein müssen, bedrückt mich. Die sind für mich zu nah an Menschen. Da weiche ich durchaus von der D&D-Vorlage ab und stelle Ettins anders dar. Parallel würde ich aber niemals auf die Idee kommen, ANDERE Gruppen als meine dafür zu verurteilen, dass die Ettins so ausspielen wie von D&D vorgesehen.
« Letzte Änderung: 8.05.2018 | 10:09 von Wellentänzer »

Offline Issi

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #265 am: 8.05.2018 | 10:07 »
@
felix

Vielleicht ist es auch ein Ding der Unmöglichkeit, ein Rollenspiel/Roman etc. zu schaffen, bei dem wirklich niemand irgendeinen Angriffspunkt finden könnte.
Da es Fiktion ist, ist es einerseits unantastbar(weil Fiktion) und andereseits angreifbar(weil- man deshalb alles mögliche aus dem Reallife hinein interpretieren könnte)
Da ist ein riesen Druck da, und auch viele Möglichkeiten etwas falsch zu machen, weil bestimmt nicht wenige Leser da direkte Bezüge zum "aktuellen Reallife" suchen,
sogar dann, wenn das Setting in einer historischen Fantasywelt spielt.
Würde es nur in einer historischen Welt(ohne Fantasy)spielen, ist es viel weniger angreifbar, komischerweise.
Denn dann sind das ja Fakten, auf die man sich beruft.
« Letzte Änderung: 8.05.2018 | 10:10 von Issi »

Achamanian

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #266 am: 8.05.2018 | 10:15 »
Stereotype dienen halt der Vereinfachung. Das braucht ein Setting im Rollenspiel, um griffig zu bleiben. Das brauchen Menschen, um Kompexität zu reduzieren. Kritisch wirds erst, wenn ein Stereotyp generalisiert negativ zu einem Vorurteil wird. Das ist für mich auch der Punkt, an dem Rassismus beginnt.

Dem stimme ich im Großen und Ganzen zu.
Das Problem ist für mich in den meisten Fällen nicht, dass Leute Stereotype verwenden. Das Problem ist die Vorstellung, dass jede Kritik oder Thematisierung dieser Stereotype ein illegitimer Angriff auf die Urheber des entsprechenden Werks sei. Das Problem ist der Wunsch, sich gegen Kritik abzusichern, indem man sagt: "Die Darstellung der Utulus hat mit Rassismus aber nun wirklich nichts zu tun!", anstatt sich vielleicht erst mal den Einwand anzuhören und ihn zu überdenken.
Die Konsequenz daraus muss ja nicht sein, dass die DSA-Redaktion zu Kreuze kriecht und sich selbst als Haufen von Rassisten brandmarkt; das ganze kann auch einfach Anlass zu Reflektionen und Klarstellungen sein, und sei es nur: "Ja, wir sind auf Klischees und Stereotypen angewiesen, um überhaupt einen gemeinsamen Vorstellungsraum zu erschaffen; nein, wir verwechseln das nicht mit der Wirklichkeit und wollen auch nicht, das andere das tun; ja, wir geben uns (von jetzt an vielleicht auch mehr) Mühe, die Klischees im Großen und im Kleinen zu brechen, damit sie weniger Anknüpfungspunkte für realweltlichen Rassismus liefern bzw. damit diejenigen, die in ihnen vielleicht ihre tatsächliche rassistische Ideologie bestätigt finden wollen, merken, dass wir NICHT auf ihrer Seite sind."

Dieser ganze "Dann kann man ja auch die Novadis und Utulus und Bornländer problematisieren"-Strang ist in meinen Augen völlig zutreffend. Kann man. Nur ist da nichts Absurdes oder Falsches dran. Man kann das problematisieren, ohne dabei zensieren oder verbieten zu wollen; die ganze Zensur- und Verbotsangst kommt m.E. in erster Linie daher, dass viele allein schon die Thematisierung eines Zusammenhangs zwischen Stereotypen in Fantasywelten und realweltlichem Rassismus als so unzumutbaren Vorwurf an die Fantasywelten und ihre Schöpfer empfinden, dass sie sich absolut dagegen absichern wollen. Es muss also eine klare Grenze her dafür, wann von Rassismus geredet werden darf und wann nicht, und bei allem, was man selbst denkt/empfindet/gut findet, darf dann natürlich nicht und niemals von Rassismus die Rede sein. (Die Kehrseite davon ist die Vorstellung, man müsse sich durch Vermeidung von allem, was als Rassismus angreifbar wäre, absichern - geht eben auch nicht.)

So kommt man aber nie zu einer echten Auseinandersetzung mit dem Thema. Wenn ich mir nicht mal eingestehen kann, dass ich durchaus mit einem rassistischen Blick durch die Straßen Neuköllns gehe, dann kann ich mich auch nicht damit auseinandersetzen und keine entsprechende Kritik - sei sie nun berechtigt oder nicht - annehmen. Ich kann mich immer nur in dem Zirkelschluss bewegen: "Weil ich es denke/sage, kann es nicht rassistisch sein, weil ich kein Rassist bin." Klar, wenn ich das so betrachte, dann ist jede Kritik an einer Aussage oder einem Handeln von mir als rassistisch natürlich automatisch Verleumdung. Mit Kommunikation als Wahrnehmung der Position des anderen hat das aber wenig zu tun.

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #267 am: 8.05.2018 | 10:25 »
@Rumpel:
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline felixs

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #268 am: 8.05.2018 | 10:25 »
Wenn ich mir nicht mal eingestehen kann, dass ich durchaus mit einem rassistischen Blick durch die Straßen Neuköllns gehe, dann kann ich mich auch nicht damit auseinandersetzen und keine entsprechende Kritik - sei sie nun berechtigt oder nicht - annehmen. Ich kann mich immer nur in dem Zirkelschluss bewegen: "Weil ich es denke/sage, kann es nicht rassistisch sein, weil ich kein Rassist bin."

Wenn wir schon so konkret werden, dann ist aber die Frage, was Rassismus eigentlich ist.
Im Fall von Neukölln dürfte z. B. der soziale Faktor einen erheblichen Anteil haben. In jeder Kultur sind bildungsferne Menschen im Schnitt auch weniger selbstbeherrscht, lauter, körperlich gewalttätiger etc. Überhaupt hat die gleichzeitige Häufung von ethnischen Faktoren, Armut und Bildungsferne einen erheblichen Anteil an der Entstehung ethnischer Klischees. (Oben waren irgendwo mal "Zigeuner" als Beispiel genannt).

Und natürlich ist auch die Frage, inwieweit und auf welcher Grundlage man "Kulturen" (und entsprechend deren Angehörigen) eine Tendenz zu bestimmten Denk- und Verhaltensweisen zuschreiben kann. Bis wo ist das ok, wo wird es rassistisch?
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Offline Issi

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #269 am: 8.05.2018 | 10:26 »
Zitat
Es muss also eine klare Grenze her dafür, wann von Rassismus geredet werden darf und wann nicht, und bei allem, was man selbst denkt/empfindet/gut findet, darf dann natürlich nicht und niemals von Rassismus die Rede sein. (Die Kehrseite davon ist die Vorstellung, man müsse sich durch Vermeidung von allem, was als Rassismus angreifbar wäre, absichern - geht eben auch nicht.)
Jepp

Zitat
So kommt man aber nie zu einer echten Auseinandersetzung mit dem Thema. Wenn ich mir nicht mal eingestehen kann, dass ich durchaus mit einem rassistischen Blick durch die Straßen Neuköllns gehe, dann kann ich mich auch nicht damit auseinandersetzen und keine entsprechende Kritik - sei sie nun berechtigt oder nicht - annehmen. Ich kann mich immer nur in dem Zirkelschluss bewegen: "Weil ich es denke/sage, kann es nicht rassistisch sein, weil ich kein Rassist bin." Klar, wenn ich das so betrachte, dann ist jede Kritik an einer Aussage oder einem Handeln von mir als rassistisch natürlich automatisch Verleumdung. Mit Kommunikation als Wahrnehmung der Position des anderen hat das aber wenig zu tun.
Klar, und vermutlich ist das eine Frage wie man kommuniziert.
Wenn das Urteil schon vor einer echten Auseinandersetzung gefällt wurde mit: "Das ist ganz sicher rassistisch! (weil ich das so wahrnehme)"
Dann ist das etwas anderes als wenn man seinen subjektiven Eindruck vermittelt mit: "Das könnte uU. rassistisch sein(weil ich das so wahrnehme)"-Aber es könnte uU. auch anders sein, weil ich die Intention des Autors nicht kenne. Und weil es eine Fantasywelt! ist, in die man Reallife Themen hinein interpretieren kann.

Der Autor sollte natürlich dann auch die Empfindungen versuchen ernstzunehmen, und darüber reflektieren, ob da etwas dran ist.
Bzw. ob er da was aus dem Realife in der Fantasy verarbeiten wollte, was in die Richtung geht. Oder nicht.
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Offline Aendymion

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #270 am: 8.05.2018 | 10:27 »
Das Problem an solchen Klischees ist mEn, dass überraschenderweise, die eigene Kultur (hier mitteleuropäisch, weiß -> bei DSA mittelaventurisch) irgendwie eher positiv bewertete Eigenschaften verpasst bekommt und eine große Bandbreite an Charakteren aufweist, während die „andere“ Kultur vor allem unattraktive Eigenschaften zugewiesen bekommt, die gleichzeitig all ihren Mitgliedern unterstellt werden: Laut, wild, arrogant, frauenfeindlich, rückständig,...

Es geht (mir zumindest) auch weniger um Zensur als um Sensibilisierung für die Auswirkungen solcher Darstellungen. Unsere Welt wandelt sich, was den Umgang mit Diskriminierung und Minderheiten angeht. Und dadurch wird sie komplexer. Das ist aber aus meiner Sicht ne gute Entwicklung. Davor kann sich Literatur (auch Fantasy) nicht dauerhaft verstecken.

Offline felixs

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #271 am: 8.05.2018 | 10:31 »
Es geht (mir zumindest) auch weniger um Zensur als um Sensibilisierung für die Auswirkungen solcher Darstellungen. Unsere Welt wandelt sich, was den Umgang mit Diskriminierung und Minderheiten angeht. Und dadurch wird sie komplexer. Das ist aber aus meiner Sicht ne gute Entwicklung. Davor kann sich Literatur (auch Fantasy) nicht dauerhaft verstecken.

Sehe ich ähnlich.
Finde auch nicht, dass die phantastische Literatur da besonders zur Abnabelung neigt. Es gibt, wie überall, solche und solche.

Aber: Wir müssen mit der Komplexität irgendwie umgehen. Und wir müssen uns darauf einigen, was man machen kann und was nicht.
"Rassismus" würde ich gern als negativen Begriff erhalten. "Rassismus" ist nicht gut und auch nicht neutral. Eine rassistische Aussage oder Handlung ist schlecht; und genau das sollte der Begriff ausdrücken. Ich denke daher, dass eine allzu weite Ausweitung des Begriffs nicht sinnvoll ist. Wenn wir alle ein bißchen Rassisten sind und das Wort dafür benutzen wollen, dann brauchen wir ein anderes Wort um "außerhalb des akzeptablen Maßes liegenden Rassismus" zu beschreiben.

Gleichzeitig muss es möglich sein, über vorhandene kulturelle und ethnische, auch rassische* Unterschiede zu sprechen.

* Ich meine Unterschiede in der DNA, die zu Unterschieden im Aussehen führt. Ob es auch zu Unterschieden in anderen Bereichen führt, ist ein interessantes und brisantes Thema. Bezüglich einiger sportrelevanter Faktoren ist ziemlich klar, dass es Unterschiede gibt. Allerdings nur in einem Bereich, der erst im Spitzensport relevant wird.
« Letzte Änderung: 8.05.2018 | 10:33 von felixs »
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Achamanian

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #272 am: 8.05.2018 | 10:35 »
@Rumpel:
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Ne, aber jetzt ist es gebookmarked!

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #273 am: 8.05.2018 | 10:40 »

Die Ehre des Pferdes zu verteidigen ist in meinen Augen ein schön griffiger Auswuchs dieses Putzigkeits-Aspektes. Weil das den herablassenden Gedanken produziert: "Haha, schaut mal, wie süß rückständig die noch sind."
Karl Mays Helden nehmen das Töten ihrer Tiergefährten nicht auf die leichte Schulter, Old Shatterhand nimmt dafür keine Rache, aber andere Helden mit westlichem Hintergrund tun es.
Skalp des Mörders aufs Grab gelegt.

In Wolves Beyond the Border schwört Conan zum Schluss IIRC als Rache 10 Piktenköpfe für Balbus, 5 für den Hund Reisser.
Und wenn Schwarz bist und feststellt, dass die Leute, die so aussehen wie du, bei DSA abergläubische Wilde sind, die versklavt wurden/werden. Ich bin halt nicht sicher, ob jemand dann genausoviel Spaß man setting hat, als wenn man ein weißer Mittelreicher...äh...Europäer ist.
In DSA wurden und werden auch weiße Mittelreicher...äh...Europäer, Novadis, Zwerge etc. versklavt.
Warum sollte das nicht den Spaß Weißer am Setting trüben?

BTW Aranien, auch Teil dieser Kultur ist ein Matriarchat

Ist es Rassismus das ein Elf intelligenter ist als Ork, Mensch oder Zwerg?
Ist es Rassismus wenn der Elf glaubt er ist mehr Wert, im Unterschied mir sind andere Elfen Teurer weil sie mir näherstehen, als diese?
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Achamanian

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Re: Rassismus in Fantasy Rollenspiele
« Antwort #274 am: 8.05.2018 | 10:47 »

Aber: Wir müssen mit der Komplexität irgendwie umgehen. Und wir müssen uns darauf einigen, was man machen kann und was nicht.
"Rassismus" würde ich gern als negativen Begriff erhalten. "Rassismus" ist nicht gut und auch nicht neutral. Eine rassistische Aussage oder Handlung ist schlecht; und genau das sollte der Begriff ausdrücken. Ich denke daher, dass eine allzu weite Ausweitung des Begriffs nicht sinnvoll ist. Wenn wir alle ein bißchen Rassisten sind und das Wort dafür benutzen wollen, dann brauchen wir ein anderes Wort um "außerhalb des akzeptablen Maßes liegenden Rassismus" zu beschreiben.

In diesem Wunsch sehe ich ehrlich gesagt genau das Problem.
Ich sehe Rassismus auch als ganz und gar negativen Begriff.
Wenn man jetzt aber sagt: "Deshalb darf der Begriff Rassismus nur noch verwendet werden, wenn man es mit den Taten und Aussagen wirklich überzeugter Rassisten zu tun hat!", oder andersrum: "Wenn Rassismus nicht mehr 'so schlimm' ist, dann muss ein neues Wort für die Taten und Aussagen wirklich überzeugter Rassisten her!", dann versucht man doch nur wieder, sich gegen jede Gemeinsamkeit mit dem "echten Rassisten" zu verwehren. Und schafft gleichzeitig wieder einen "grünen Bereich", in dem man sich mit Kritik nicht mehr auseinandersetzen muss, weil das entsprechende Maß an Rassismus "noch okay" ist.

Aber so bringt das m.E. nichts mit Kritik an die Gesellschaft durchdringenden Ideologien. Wenn ich den Bezug zwischen hartem, ideologischen Rassismus und un- oder halbbewusstem Alltagsrassismus kappe, dann lege ich die Analyse lahm. Rassismus ist immer schlimm, ja, und ich muss damit leben, dass ich auch daran teilhabe und dafür kritisiert werden kann.

Im übrigen bin ich da mit den Begriffen "Rassismus" und "Rassist" relativ pingelig und finde, dass sie hinreichende Unterscheidung bei Betonung der Gemeinsamkeiten liefern. Wenn ich eine Aussage oder einen Stereotyp als rassistische bezeichne, dann meine ich damit nicht unbedingt, dass der Urheber ein Rassist ist - das Wort "Rassist" behalte ich tatsächlich den überzeugten Rassisten vor.