@ Maarzan:
Der Automatismus ist unglaublich wichtig, weil jede Alternative zum Automatismus eine weitere Hürde dastellt. Der Grundgedanke dahinter ist, dass es sehr vielen Menschen unglaublich schwer fällt ihr Grenzen rechtzeitig zu verteidigen. Und deshalb sollten keine zusätzlichen Hürden existieren.
Seit ich das verstanden habe achte ich da in meinem persönlichen Umfeld sehr drauf und finde dieses Problem fast überall. Leute die Ja sagen obwohl sie lieber Nein sagen würden. Leute die gar nichts sagen obwohl ihnen etwas gegen den Strich geht. Leute die sich nicht beteiligen, weil sie Angst haben für ihre (teils guten) Ideen ausgelacht zu werden. Leute die Kritik nicht äußern. Leute die sich an Diskussionen nicht beteiligen obwohl sie etwas zu sagen hätten.
In Unternehmen ist das längst als Problem erkannt das unglaublich viel Potential verschwendet. Deshalb gibt es Moderationstechniken und Regeln die festgelegt und etabliert werden, damit Besprechungen möglichst frei von solchen Problemen ablaufen. Deshalb werden z.B. bei einem Brainstorming die Ideen der anderen Teilnehmer nicht zerredet. Weil dann viele keine Lust mehr hätten Ideen beizusteuern.
Konkret auf die X-Card bezogen. Es gibt eine Szene im Rollenspiel die einen Spieler triggert. Vielleicht aufgrund von Vorerfahrungen.
Option A: Wir haben die X-Card, ich mache davon Gebrauch, und hinterher wird nie wieder darüber geredet.
Option B: Wir haben die X-Card, ich mache davon Gebrauch, ich muss dann erklären warum mich das getriggert hat und hinterher diskutieren alle darüber ob das als Grund ausreicht.
Bei welcher Option zieht der Spieler wohl früher/rechtzeitig die Notbremse? Bei Option A.
Ist bei Option B überhaupt gegeben, dass er die Notbremse zieht? Nein. Denn vielleicht möchte er gar nicht darüber reden warum ihn das triggert. Vielleicht ist der Grund dafür zu privat. Oder ihm wäre die Diskussion über seine Gefühle unangenehm.
Bei Option B hast Du vielleicht einen Spieler am Tisch der ein wirklich ernsthaftes Problem mit der Szene hat, aber sie erträgt auch wenn es ihn fast zerreißt, weil die Diskussion darüber für ihn noch viel schlimmer wäre. Zum Beispiel (und das würde ich grundsätzlich und immer weglassen, aber andere halt nicht) könntest Du ein Vergewaltigungsopfer am Tisch sitzen haben, dass aber nicht darüber reden möchte. Und das steht dann deshalb die farbenfroh beschriebene Vergewaltigungsszene durch.
Deshalb der Automatismus. Weil viele Menschen nun einmal so gestrickt sind, dass sie niedrige Hürden brauchen um wirkungsvoll die eigenen Grenzen zu verteidigen.
Hinzu kommt, dass man ja vielleicht in der Situation selbst gar nicht begründen kann warum das einen gerade so unglaublich triggert.
Das Raucher-Beispiel liegt mir da viel mehr im Magen (davon ausgehend, dass es eben kein Trigger war):
Habt ihr das alle nicht richtig gelesen? Oder ist der Inhalt des Beispiels lost in translation?
Derjenige der da getriggert wurde war Raucher der es sich gerade abgewöhnen wollte.
Und ich glaube das letzte was man im kalten Entzug gebrauchen kann ist eine detailierte Beschreibungen wie ein NPC an einer Zigarette nuckelt. Kann ich schon verstehen, ohne jemals Raucher gewesen zu sein.
@ Topic:
Ich finde das Konzept sehr interessant. Würde ich wohl in meinen Heimrunden etablieren. Da sehe ich eh kein Risiko, dass es missbraucht wird. Und wenig Gefahr, dass es gebraucht wird. Aber das kann man ja nie wissen.
Auf Cons ist sowohl die Gefahr des Ge- als auch des Missbrauchs höher. Da sollte es IMHO jeder für sich selbst entscheiden. Wenn ich was leiten würde, das ich von vorne herein als Grenzwertig erachte würde ich aber in jedem Fall alle Spieler vorwarnen. Und das ruhig auch schon detailiert im Bezug auf welche "emotionalen Gefahrenquellen" vorhanden sind.