Völlig egal, woher die Definitionen kommen. Aber irgendwer muss für einen gegebenen Sachverhalt bestimmen: Das ist jetzt gut oder böse, unabhängig von persönlichen Ansichten und Kontext, objektiv messbar mit Zaubern etc.
Wenn ich aber persönlich z.B. das Töten von Goblinkindern definitiv nicht gut finde, ich aber die Ansage bekomme, dass das auf der Gut-Böse-Skala als "gut" registriert (weil Goblins Böse und Goblins töten bekämpft das Böse und dient dem Guten), dann ist es halt eine Setzung, die ich mit meinem persönlichen Gespür für Ethik nicht nachvollziehen kann. Dann bin ich davon abhängig, im Spiel zu messen, was als "gut" und was als "böse" gilt und dementsprechend mein Handeln auszurichten, weil halt die Definition des SL, des Quellenbuchs, des Wertekastens gilt und nicht meine Einschätzung.
Damit wird es dann zu einem Anstrich. Mein Charakter sieht zu, wie drei Burschen einen alten Mann verhauen, "detect Evil" zeigt nix an, wird wohl in Ordnung gehen. Mein Gastgeber verhält sich höflich und zuvorkommend und ist ehrlich sympathisch, "detect Evil" schlägt aus, Grund genug, ihm ein Messer in den Wanst zu jagen. Unabhängig von Verhalten, Kontext und eigener Einschätzung kriegt alles im Spiel vom SL, Quellenbuch oder Wertekasten ein Trikot zugeteilt und ich spiele einfach immer mit meiner Mannschaft gegen die anderen, unabhängig von anderen Gegebenheiten.
Das beschreibt aber unterschiedliche Probleme.
Nehmen wir das Goblinbaby-Problem und nehmen wir sogar an, dass es ein Setting ist, wo Goblins mit böser Gesinnung geboren werden, so gilt trotzdem noch der Anspruch der Guten, dass ihre Handlungen gut sind. Das Töten von Schutzlosen ist nicht gut, genauso wenig wie das Töten von Unschuldigen. Selbst wenn das Kind böse ist, hat es - zumindest noch - nichts Böses getan. Je nachdem kann es sogar sein, dass der Glaube an Freiheit und Selbsbestimmung als gut angesehen wird und die Guten im Setting entgegen der Regeln/"Naturgesetze" der Spielwelt der Überzeugung sind, ob jemand gut oder böse sei, sei bei denkenden Lebewesen eine Sache der (mehr oder weniger) freien Wahl.
In einem (zugegeben leicht humoristischen) Jugendfantasy habe ich mal unter anderem die Unterscheidung gelesen, dass das Böse angreift, während das Gute verteidigt. Deswegen wird das Gute nicht "prä-emptiv" zuschlagen, sondern warten, bis Leute mit böser Gesinnung auch etwas Böses tun, um es dann zu verhindern und gegebenenfalls zu bestrafen. Selbst das Bestrafen unterliegt bei den Guten Regeln. Merkmal des Guten kann - je nach Seittingdefinition - auch Gnade sein, ziemlich wahrscheinlich aber zumindest ein Maß in der Bestrafung, das dem verbrechen angemessen ist. Für einen Diebstahl geringfügiger Wertgüter von vermögenden Personen ist nicht die gleiche Strafe angemessen wie für einen Ritualmord nach grausamer Folter zur Beschwörung eines Erzdämonen.
Im anderen Fall, dem Verprügeln eines alten Mannes kann es sich
vielleicht um eine
böse Tat handeln, die von Personen mit
neutraler Gesinnung begangen wird. Deswegen schlägt vielleicht
detect evil nicht an, aber ein guter Charakter wird trotzdem die Tat unterbinden.
Eine Verwechslungsgefahr besteht, finde ich, wenn versucht wird, das Gute und Böse der Spielwelt auf die reale Welt zu beziehen oder umgekehrt aus historischen Situationen unserer Welt gut und böse in der Spielwelt zu definieren. Tendenziell empfinde ich aber Fantasywelten, in denen es ein "objektiv Gutes und Böses" gibt, leichter bespielbar gerade für Spieler, deren Moralvorstellungen aus dem 20./21. Jahrhundert kommen, als Spielwelten, in denen die
Vorstellung von gut und böse settingbezogen ist.