Ich beziehe mich mal nach Lektüre der Artikel mit Erläuterugen und Nachfragen ausschließlich auf den Eingangsbeitrag - den Rest des Threads habe ich nicht gelesen, um nicht in Diskussionen einzusteigen.
Also:
Interessant ist ebenfalls der Gedanke, dass weniger Rassismus und Diskriminierung als Element im Rollenspiel, sondern die Reproduktion realen Diskriminierungen gegen reale Minderheiten problematisch sind. Nicht nur aufgrund eines unterbewussten Übernehmens derselbigen, sondern weil am Spiel teilnehmende Betroffene die Diskrimimierung nicht in dieser Form "wiedererleiden" wollen. Für die zweite Aussage gibt es leider nur anekdotische Hinweise im Artikel.
Den Punkt finde ich extrem wichtig - natürlich geht es nicht darum, dass Rassismus und Diskriminierung als Element im Rollenspiel prinzipiell abzulehnen sind, sondern darum, ob und wie bei Einsatz dieses Elements - meistens wahrscheinlich unbewusst - eine Reproduktion von Diskriminierung stattfindet und/oder vorhandene Diskriminierungserfahrungen getriggert wird. Das entscheidende Prinzip lautet hier "do no harm", wobei der Schaden in der Perpetuierung von Diskriminierung besteht. Entscheidend ist auch, dass, wenn Schaden angerichtet wird, die Kritik daran zulässig ist, unabhängig davon, ob die Person, die den Schaden anrichtet, es "böse gemeint" hat (das hängt eng mit einem späteren Punkt zusammen, s.u.). Wichtig ist auch, dass der geäußerte Wunsch, heikle Themen zu meiden, auf Grundlage dieses Prinzips ohne ständiges Nachbohren (Warum denn?") akzeptiert wird. Das wird in dem Artikel evtl. nicht deutlich genug.
Zu den anekdotischen Hinweisen: Dass negative Erfahrungen auch völlig unbeabsichtigt getriggert werden können und dass Menschen verdammt zusetzen kann, ist glaube ich allgemein anerkannt. Dass rassistische oder sexistische Diskriminierung starte negative Erfahrungen mit sich bringen kann, die durch eine Reproduktion ähnlicher Erlebnisse - auch im "Safe Space" des Rollenspiels - getriggert werden können, ist dann auch nur logisch. Dass man entsprechend mit solch heiklen Inhalten vorsichtig zu sein und die Reaktionen seiner Mitspielerinnen zu beachten und zu achten hat, sollte sich auch von selbst verstehen. Ich sehe hier angesichts der Breite der Debatte, um die es geht, keine "Beweislast" seitens der Autorin des Artikels zu erbringen.
Das wäre aber schon wichtig, da sie fortlaufend mit "we" für ein unterdrückte Masse spricht (überwiegend auf Frauen bezogen), auf der anderen Seite aber "assumption of auhtority" kritisiert.
Ich sehe da ehrlich gesagt nur einige spezifische Momente, wo sie eindeutig als Frau spricht und nicht als "unterdrückte Masse". Das kann man "autoritär" verstehen, aber auch einfach als Markierung einer Sprecherinnenposition und als (zu recht) wütende Parteilichkeit. Mit "assumption of authority" kritisiert sie dagegen ja eher den Stil aus Diversity Dungeons, sich objektiv und neutral zu geben und dadurch von einer möglichst unangreifbaren Position aus "Wahrheiten" zu verbreiten. Und in der Beziehung finde ich die Zitate aus Diversity Dungeons, die sie bringt, hinreichend anmaßend, um diese Kritik mehr als berechtigt zu sehen. Tatsächlich kotzt mich der Duktus, den ich im zitierten finde, nämlich immer vorzuschieben, man selbst sehe das völlig unpolitisch und sage nur, wie es sei (um einem dann extreme politische Positionen als Tatsachen unterzujubeln) enorm an. Ich hätte da glaube ich härtere Worte der Kritik gefunden.
Auch das beiläufige Einbeziehen des "Google Memos" finde ich nicht glücklich, auch wenn es zum Aufzeigen eines wissenschaftlich-statistischen Narrativs zum Geschlechterunterschied dienen soll, der sich dann in unterschiedlichen Werten für weibliche und männliche Rollenspielcharaktere wiederfindet.
Warum?
Völlig unverständlicherweise (ich musste zweimal nachlesen weil ich dachte ich verstehe etwas falsch) enthält der Artikel auch die Aufforderung, sich nicht von Minderheitsvertretern Farbigen etwas erklären zu lassen (über ihre Situation, mutmaßlich), weil das "nicht ihr Job" wäre, sonst würden sie dafür bezahlt, sondern sie bloß zu fragen, was sie gerne in RPGs ehen wollen.
Das bezieht sich wahrscheinlich auf lange leidvolle Erfahrungen mit passiv-aggressiven Diskussionsgegenübern, die wissen wollen "Was denn jetzt genau dein Problem ist", um dann die Berechtigung der Kritik abzustreiten ("Da ich kein Rassist bin, darfst du meine Aussage auch nicht rassistisch auffassen, sonst verleumdest du mich!"), anstatt einfach mal die Ansage hinzunehmen, dass man in diesem Kontext Spruch XY bitte nicht hören will, danke, und sich gefälligst selbst mal Gedanken drüber machen soll, woher diese Forderung kommt (weil jeder halbwegs kritisch denkende und empathiefähige Mensch nämlich in den meisten Fällen dazu in der Lage ist, darauf zu kommen, und die meisten Diskussionen vom Standpunkt des "Aber ich bin doch einer von den guten, ich kann nichts rassistisches/sexistisches gesagt haben, ich werde falsch beschuldigt!" geführt werden und nicht vom "okay, denke ich mal drüber nach"-Standpunkt.).
So, hoffe, das trägt zur Verdeutlichung bei.