Mein Minimalstandpunkt (man kann ja mit mir diskutieren), auf den mich gewichtige Argumente zurueckdraengen koennten, waere, dass hier und anderswo doch sehr unbedarft ueber Spielerlebnisse berichtet wurde, die durch ihren impliziten sexuellen Inhalt ueber ein gewoehnliches Grusel-Fantasy-Rollenspiel hinausgehen.
Was den "impliziten sexuellen Inhalt" eines Rollenspiels angeht, dessen Titel "Blaubarts Braut" lautet und damit also das Thema einer ehelichen Verbindung von einem Mann und einer Frau bereits im Titel trägt, stimme ich dir völlig zu. Er ist (wie in den meisten Ehen
) vorhanden.
Interessant ist hier, wie damit umgegangen wird. Es kommt während der aktiven Phase des Spiels ja nie zu einer Begegnung zwischen dem Mann und der Frau (nur im Pro- und Epilog). Das Spiel handelt statt dessen von der Beziehung der beiden, bzw. konkreter der Einschätzung der Braut bezüglich der Beziehung.
Zustimmen würde ich dir auch mit der Einschätzung, dass "Bluebeards Bride" sich durch die nur implizierte und damit weitgehend indirekte Einbeziehung von sexuellen Inhalten deutlich (ich würde selbst "wohltuend" formulieren) von anderen 'gewöhnlichen' Grusel-Fantasy-Rollenspielen abhebt, die häufig viel plumper mit Body-Horror oder Splatter, Ekel und Schockmomenten umgehen.
Dagegen moechte ich an den "niederen Geluesten", zumindest in Form einer Frage, festhalten. Niedere Gelueste sind nun einmal Teil des Menschseins, und ich mache sie nicht per se zum Vorwurf (habe ich auch nicht gemacht). Ordure aimons, schrieb schon Villon mehr als 500 Jahre vor Eroeffnung des Tanelorn.
Mein Vorwurf gilt jenen, die zu etwas Edlem hochstilisieren, was nicht edel ist. Und meine Eingangsthese, die ich hier zur Diskussion stellte, lautet, dass einige Rezensenten und Spieler&SL Feminisums und Diversitaet predigen, wo sie tatsaechlich auf lustvolle Weise den grausamen, unausweichlichen Niedergang der Hauptfigur zelebrieren.
Das beantwortet meine Frage nach den "niederen Gelüsten" leider noch nicht.
Ich will verdeutlichen weshalb mir die Frage wichtig erscheint:
Als "niederer Trieb" werden einerseits die Grund- oder Elementarbedürfnisse verstanden, also die grundlegendsten Bedürfnisse die Leben möglich machen. Deren Befriedigung (z.B. Essen, Trinken, Atmen, Fortpflanzen,...) kann ein Rollenspiel (im Allgemeinen) direkt nicht erfüllen.
Weiterhin - und die Wortwahl "Gelüste" statt "Instinkt" oder "Antrieb" scheint dies nahezulegen - wird der Ausdruck
wertend, hier besonders
abwertend, benutzt. Damit wäre bereits deutlich, dass es nicht um eine offene und neutrale Frage geht, sondern es um eine als Frage verkleidete abwertende Aussage über das Spiel - und noch mehr - über diejenigen die es spielen.
Ich unterstelle einfach mal, dass im ersten Post keine abwertende Aussage über andere Spieler gemacht werden sollte, denn das steht ja auch ganz explizit dort. Daher verstehe ich aber nicht ganz was mit "niederen Gelüsten" genau gemeint ist. Aber ich bin sicher das man das erklären kann.
- Rabe widerspricht mir, ich kann aus dem Beitrag aber nicht herauslesen, was stattdessen der Reiz sein soll.
Nun, das war ja auch gar nicht gefragt worden. Stand zum Zeitpunkt meiner Antwort:
Von den zahlreichen Rezensionen und Diskussionen zu Bb's Bride, die ich gelesen habe, ergibt sich mir der Eindruck, der Reiz des Spiels liegt einzig und allein in der Lust am Quaelen und Gequaeltwerden durch das Spielen der Demuetigung und Zerstoerung von Psyche(n) und Koerper der Braut.
Das ist nichts was ich verdammen will, nur finde ich, man sollte ehrlicher damit umgehen, statt die Befriedigung niederer Instinkte zu etwas Loeblichem hochzustilisieren.
Wie seht Ihr das?
« Letzte Änderung: 16.01.2018 | 11:03 von ghoul »
Auf diese Frage (Hervorhebung durch mich) habe ich geantwortet und meine Antwort begründet.
Aber ich kann natürlich auch gerne Gründe anführen, warum man Bluebeards Bride spielen kann:
Neben den Gründen, die beinahe auf jedes Rollenspiel zutreffen können (in Auswahl: Freude an der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, Bestätigung durch Mitmenschen, Befriedigung am Erzählen einer interessanten Geschichte und dem Zuhören von erzählten Geschichten, das Vergnügen beim Hineinschlüpfen in eine andere Persönlichkeit, etc.) bietet Bluebeards Bride:
- Ein System mit dem schnell und pointiert interessante Situationen und Konflikte geschaffen werden, die die Spieler herausfordern können.
- Methoden, um eine Gruppe von Spielern die möglicherweise widerstrebenden Persönlichkeitsaspekte einer einzelnen Person darstellen und die inneren Konflikte dieser Person aushandeln zu lassen.
- Einen interessanten, einerseits historischen, andererseits aber immer noch relevanten Hintergrund, der es möglich macht eigene Positionen, Erfahrungen und Verhaltensweisen zu reflektieren und im besten Fall zum Wachsen der Persönlichkeit beizutragen.*
*wobei mir klar ist, das wir uns hier nicht über therapeutisches Rollenspiel, sondern über eine Freizeitgestaltung und Entspannungsmöglichkeit unterhalten. Aber wenn Freizeitsport der Gesundheit dienen kann, dann darf das auch bei anderen Freizeitaktivitäten so sein.
Ich könnte sicherlich noch weitere Besonderheiten herausarbeiten, aber das sollte erst einmal reichen.
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