Ich habe es früher ganz ähnlich gesehen: Bloß keine Hintergrundgeschichte. Ich habe irgendwie ein Bild vom Charakter im Kopf und das spiele ich dann und im Spiel stellt sich dann heraus, wie der Charakter so ist. Und oft habe ich Hintergrundelemente dann später ergänzt. Abenteuer wollte ich doch im Spiel erleben und ich schreibe nicht gerne "diese Hintergrundgeschichten".
Gerade auch, dass sich manche Konzepte auf dem Papier gut lasen, dann aber im Spiel nur schwer umsetzen ließen oder davon nichts übrig blieb, hat mich weiter in diese Richtung gedrängt.
Üblicherweise haben meine Charaktere daher die letzten Jahre nur noch 3-5 Zeilen Hintergrund gehabt.
Das hat die Charaktere nicht weniger lebendig gemacht. Für mich war auch immer sehr wichtig, aus dem wenigen dann zu extrapolieren. Einer meiner Lieblingscharaktere der letzten Jahre war ein Alkoholiker-Ex-Militär-Arzt in einer Firefly-Kampagne. Großartiger Typ, die Gruppe hatte glaube ich eine richtige Hassliebe zu ihm entwickelt. Aber ich wusste nicht mal von welchem der Monde er stammt, habe mir keine Gedanken darum gemacht in welcher Einheit genau er gedient hat oder ob er Geschwister hat oder seine Eltern noch leben. Alles irrelevant.
In letzter Zeit bemühe ich mich wieder um etwas mehr Hintergrund. Naja, der erste Charakter bei dem ich das ausprobiert habe und der eine ausführliche Hintergrundgeschichte hatte die auch noch mit der Gruppe insgesamt verknüpft war und quasi Teil des Gruppenaufhängers war... der ist in der dritten Spielsitzung gestorben
. Leider von einem Drachen getötet worden an einer Klippe, den Rückzug des Rests der Gruppe deckend. So ist das manchmal. Aber die nächsten Charaktere mit Hintergrundgeschichte stehen schon bereit.
Mein nächster DSA-Charakter hat die in Teilen ausformuliert bekommen. Dabei habe ich mich darum bemüht, ein emotional intensives Ereignis aus der Kindheit zu schildern, das die Professionswahl erklären sollte. Da merkte ich dann schnell, wieviele Details drum herum nötig waren, um zu diesem Ereignis zu führen, am Ende waren es 4 Seiten Din A4 geworden, Roman-artig geschrieben. Der Gruppe hat es gefallen, ich bekam viel positive Rückmeldung. Schon allein dafür hatte es sich also gelohnt. Was für mich hier wichtig war, war halt die Emotionalität des Ganzen, da dadurch nicht jedes Detail auf der Handlungsebene wichtig ist, aber ich eine Situation geschaffen habe, in die ich mich auch vor dem Spiel schon per Immersion hineinversetzen konnte, hineinfühlen. Also wenn ich mir so etwas ausdenke, beginnt das meistens mit einem Tagtraum und ich kann diese Situationen, bevor ich sie zu Papier bringe, mehrfach im Kopf durchspielen, stelle mir die Gefühle vor, was geht in demjenigen vor, was passiert da gerade... Das vergesse ich dann auch nicht so schnell und das wird mich im Spiel begleiten und es kann nun passieren, dass im Spiel Ereignisse vorkommen, die diesen Hintergrund "triggern" und Motivation schaffen, auf eine bestimmte Weise zu handeln, die sich nicht in Vor- und Nachteilen oder "Aspekten" oder ähnlichen reduziert ausdrücken lassen.
Als "Kalt und konzipiert" sehe ich das so überhaupt nicht.
Aber dieses Aufschreiben belangloser Details, oder das reine Planen, das mag ich auch nicht, darum habe ich wie gesagt Jahrelang gar keine Hintergrundgeschichten mehr gemacht. Ich glaube was mich zu Hintergrundgeschichten wieder geführt hat waren zwei Dinge: Ich habe 2016 zwei lange Kampagnen als SL angefangen, von denen eine noch läuft. So viel habe ich schon laaaaange nicht mehr geleitet und ich merke da, wie wichtig die Hintergründe für meine NSC sind, um ihre Motive und Handlungen zu erklären. Dadurch habe ich wohl angefangen, auch meinen SC wieder mehr Hintergrundtiefe zu verleihen. Der andere Einflussfaktor war, dass ich letzes Jahr mich mal wieder einer neuen Runde angeschlossen habe, einer DSA-Runde dazu, deren Spielstil sich doch massiv von meinen Stammrunden unterscheidet und in der Hintergrundgeschichte tatsächlich auch mal wieder wichtiger ist (und gern gesehen und positive Rückmeldung bekommt im Unterschied zu Desinteresse in meinen Stammrunden).
Mit Fragelisten kann ich aber nichts anfangen, wenn da so Sachen stehen wie "Wovor hat dein Charakter Angst" oder "Was ist deinem Charakter am wichtigsten", das geht gar nicht. Aber Fragen wie hier vorgeschlagen wurden á la "Wen hat dein Charakter im Krieg verloren" - das finde ich schon besser.