Ist interessant, diese Frage. Setting und Settingbeschreibung sind ja schon ziemlich unterschiedliche Dinge. Ich zum Beispiel mag Aventurien sehr gern, doch die Bücher, die ich kenne, machen mir das Setting nicht eben schmackhaft. "Splittermond" macht das deutlich besser, doch da gebe ich Aventurien doch um einen Ticken den Vorzug. Problem: Zu detailliert und trocken.
Auch das Setting von Engel finde ich wahnsinnig cool und das GRW habe ich damals regelrecht verschlungen, weil es ein unglaublich stimmiges Bild dieser Welt zeichnet. Aber da finden sich auch wahnsinnig viele, Passagen, die einfach zu detailliert sind und teilweise sogar regelrechte Abhandlungen sind. Außerdem hat das Setting eine überbordende Hintergrundgeschichte (die aber wenigstens sehr unterhaltsam präsentiert wurde).
Wo beides stimmt:
Der Eine Ring
Eine tolle Settingbeschreibung. Fängt das Tolkienflair ein, umreißt die Spielwelt ausreichend und auf den Punkt und nähert sich der ganzen Sache auch über die Kulturen, die diese Landstriche bevölkern. Das ist sehr tolkien-esk.
MalmsturmEigentlich nicht mein Genre. Aber die Lektüre des Weltenbuchs hat mich gefesselt und äußerst inspiriert. Ein brilliant geschriebenes Buch voller Ideen abseits des Mainstreams ohne abgedreht zu wirken. Drei Daumen hoch!
Und meine beiden absoluten Favoriten
Exalted 1st EditionDas Grundregelwerk bietet einem alles, was man zum Spielen braucht und macht die Phantasie flügge – zumindest meine Teenager-Phantasie. Es stimmt, dass die zweite Edition da etwas klarer auf den Punkt kommt und sich mehr auf die Core Story konzentriert, aber ich fand an Edition 1 gerade gut, dass sie auch zu Nebenschauplätzen vordringt und damit zeigt: Hey, da gibt's noch mehr. Noch besser als das Grundregelwerk sind meiner Meinung nach aber die Sourcebücher "Exalted: The Dragonblooded" und "Exalted: The Abyssals". Beide machen wahnsinnig fesselnd Nebenschauplätze auf und geben dem Setting viele zusätzliche Dimensionen – allein die Plothooks sind wahnsinnig evokativ und sogar die Kurzgeschichten lesen sich gut. Ich gehe soweit, dass "Exalted: The Dragonblooded" wahrscheinlich eines der besten Bücher ist, die White Wolf je gemacht hat. Ich kenne nichts in der WoD, das da rangereicht hätte.
7te See 1st EditionIch will nicht sagen, dass die Zweite Edition dahingehend schlecht ist. Die bietet auch eine Menge gute Ideen und fasst Vieles in einem Buch zusammen, was in Edition 1 auf zwei Bücher verteilt war (Spieler- und Spielleiterbuch, in letzterem stehen halt auch z.T. elementare Infos für Spieler drin). Dafür sind die Nationenbücher der ersten Edition ganz exzellent und wesentlich "ertragreicher" als die Settingbücher von Edition 2... aber nicht auf die Art, dass dort mehr uninteressante Details präsentiert würden, sondern die Bücher schmeißen einem Plothooks und coole NSCs um die Ohren, dass es kracht.
Überhaupt, über diesen Thread nachzudenken, hat bei mir einen echten Denkprozess ausgelöst, warum bestimmte Spiele meine Lieblingssettings beinhalten und was die Beschreibung damit zu tun hat. Dabei ist mir eine Erkenntnis gewachsen:
Ich mag Spiele, die die Spielwelt mehr über Charaktere detaillieren als über Settingbeschreibung.Ergibt das Sinn?
"7te See" hat beispielsweise in der Ersten Edition sehr schillernde NPCs, die aber trotzdem, sieht man von den späteren Spielentwicklungen ab, niemandem die Show stehlen. Tatsächlich fordert das Spiel einen explizit dazu auf, möglichst viel und möglichst früh die SCs als gleichberechtigte Partner oder Widersacher zu etablieren. Die Geschichte der Spielwelt erzählt sich über Leute, die Dinge tun und die Dinge wollen. Das ist ein sehr dramatischer Ansatz, der mir gefällt. Entsprechend viel Platz nehmen die NPC-Beschreibungen auch im Setting ein und waren stets angenehm zu lesen.
Bei "Exalted" ist es das Gleiche: Schon die Beispiel-NPCs in den späteren Splatbooks (für Solars und Dragonblooded) sind anders als bei den oWoD-Spielen (Splatbooks z.B. für Vampire und Werwolf) keine bloßen Charakterkonzepte (Der Grafitikünstler, der V-Mann, die Waffenhändlerin), sondern echte Persönlichkeiten (Tepet Arada, der Windtänzer; Mirror Flag; Dace, Söldnerherr der Gierigen Wölfe). Das fand ich immer wesentlich zugänglicher und interessanter, weil es mir Settinghappen geliefert hat, mit denen ich dann wirklich was anfangen konnte: Schau, so lebt es sich in dieser Welt.
Dasselbe gilt, wie ich feststellen musste, auch für Computerspiele. Ich habe es wesentlich lieber, einen Charakter zu haben, den ich spiele und an dem ich mich abarbeite, als einen bloßen, selbsterstellten Avatar, der doch nur gesichtslos bleiben muss, weil ich für ihn in der Story Entscheidungen aus game-mechanischen Gesichtspunkten treffen muss. Das gibt mir nichts. Leider geht der Trend ja da hin.
Auf gewisse Weise fällt "Engel" auch in diese Kategorie, weswegen es ebenfalls eines meiner Lieblingssettings ist.