Nein (also nicht falsch verstanden).
Coriolis bemüht sich ja absichtlich, nicht den historischen Kontext aus dem kulturellen Bereich des Nahen Osten und Nordafrikas zu nutzen, sondern lehnt sich nur daran an.
Es wird ja auch absichtlich nicht der Islam eingebunden sondern die Ikonen als "relionsartige Philosopie" genutzt.
Ja, es wäre auch kontrovers gewesen, den eigentlich naheliegenden Bezug (Dominanz des politischen Islams durch Eroberung und Geburtenflut) zu thematisieren. Insofern ist das sicherlich geschickter und netter.
Und ich finde die Orient-Ästhetik auch interessant. Wobei mir das als eine Option unter vielen gereicht hätte (ist vielleicht sogar so, kenne den Hintergrund nur sehr oberflächlich).
Ich finde das auch klug, denn so existiert Freiheit und niemand muss sich den Vorwurf machen hier eine echte Kultur zu verfälschen oder zu verdrehen (oder mit Klischees zu beladen). Und man kann sich auch sein eigenes Paket schnüren und sich nach Belieben davon lösen oder eben "mehr" hinzufügen.
Letztlich wird es aber trotzdem praktisch immer darauf hinauslaufen, dass man entweder mit Klischees spielt oder aber nicht so recht etwas damit anfangen kann.
Will sagen: Die Assoziationen sind ja da. Jetzt kann man natürlich sagen, dass das eben ein Reflex ist, den man dann in der nächsten Stufe aushebelt. Mir ist aber erstens nicht recht klar, was diese nächste Stufe sein soll und zweitens bin ich eher mäßig optimistisch, dass es überhaupt zu dieser Weiterentwicklung (weg vom Klischee) kommt. Um etwas dialektisch weiterentwickeln zu können, muss man ja erstmal die Grundlagen kennen - das macht es dann sperrig und erfordert ein Studium der Orientalistik.
Wohlgemerkt: Das gilt für andere Kultursettings auch. KanThaiPan (selten dämliche Schreibweise, steht da aber so) in
Midgard ist auch eine Ansammlung fieser und falscher Klischees; Alba ist hochgradig klischeeträchtig (nur, dass das bei Schottland halt niemand schlimm findet, wohingegen man das bezüglich der arabischen Länder nicht "darf"). Und Midgard ist da noch recht harmlos. Die Kulturen bei DSA sind viel extremer. Letztlich gerät man jedenfalls in neue Klischees, wenn alles, was von außeuropäischen Kulturen inspiriert ist von seinen kontroversen Elementen gereinigt dargestellt werden muss.
Eine Lösung habe ich auch nicht, nur diese Beobachtungen. Und man kann das sicher weiter differenzieren.
Um nochmal Bezug auf das zu nehmen, was ich oben dazu geschrieben habe:
Tatsächlich ist es ja so, dass in den meisten (realen) Kulturen viele Dinge austauschbar sind und halt einfach anders heißen oder leicht andere Formen haben.
Was ich meine ist, dass das auch für Rollenspiele gilt. (Fast) immer spielt man die gleichen Dinge in den gleichen Weisen, nur haben die halt andere Namen, andere Farben, Gerüche etc. Das ist auch nicht schlimm; man sollte sich dessen aber halt bewusst sein und das gedanklich im Blick behalten, wenn man die Bilder der nächsten "ganz neuen", "exotischen (aber ohne kontroverse Dinge)" Spielwelt betrachtet. Ich erinnere mich auch an Rollenspiele, die auf die Ästhetik von Studio-Ghibli-Filmen bezug nehmen. Das ist alles ganz interessant - aber man darf und sollte fragen, welche Rolle das für das Rollenspiel hat. Und ob es nicht einfach ein Bildband dann auch getan hätte...