Danke, Gilborn. Das ist eine sehr gelungene Zusammenfassung des Dilemmas.
Ich halte das nicht für vereinbar, zumindest nicht in der Realität. Und zwar aus zwei Gründen:
1) stört es beide Seiten in ihrem Spiel, wenn gerade die jeweils andere Seite agiert. Man langweilt sich gegenseitig (mich jedenfalls langweilt Gerechne an Spielwerten meist bodenlos*). Für den Powergamer ist es ärgerlich, wenn der Method Actor auf weniger optimale, weil (aus Sicht des Method Actors) stimmigere Vorgehensweisen besteht und ihm damit das Spielziel Effizienz vermasselt. Für den Method Actor ist das Optimierungsspiel des Powergamers aus den im Eingangspost so schön beschriebenen Gründen störend: Es reisst ihn aus dem Spiel und verhagelt ihm somit das ganze Spielziel.
2) Die ganze Rechnung unterschlägt bisher, dass auch Spielleiter Vorlieben haben, bzw. der einen oder der anderen Seite zugeneigt sind. Ich könnte z.B. überhaupt nicht für Powergamer leiten, weil ich es anstregend finde, mich in die Optimiererei und die dafür notwendigen Werte und Effekte hineinzudenken. Ich weiß nicht, welches Monster für den Powergamer mit seiner Figur (schlimmer noch: Mehrere Powergamer mit mehreren Figuren und Synergien) gerade interessant wäre und was das können muss und was es gerade noch können darf. Und ich habe auch keine Motivation, mich da rein zu arbeiten. Warum auch, das ist schließlich überhaupt nicht das, was ich in meiner Freizeit machen möchte. Andersrum dürfte ein Spielleiter, dem es vor allem Spass macht, Monster, Herausforderungen und Belohnungen und das Machtgleichgewicht zu planen, wenig Lust auf Spieler haben, die sich nicht sonderlich für die Regeln interessieren und gar nicht an seinen Herausforderungen herumrechnen möchten.
Ersteres weiß ich sicher (weil es mir so geht), zweiteres nehme ich so an. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass es für den Powergaming-affinen Spielleiter leichter wäre, die Vorlieben von Method Actors zu bedienen, wenn er den wollte. Ich kann in keinem der Systeme, die ich leite, nach Regelwerk mit Powergamern umgehen.
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Die Ausnahme ist für mich der Fall, in dem sich alle darauf geeinigt haben, für eine, vielleicht zwei Sitzungen, Old School RPG zu spielen. Das kann dann mit einem passenden, simplen Regelsystem tatsächlich Spass machen, wenn sich alle darauf einlassen. Allerdings möchte ich dann auch nicht mit komplexen Figuren oder moralischen Dilemmata konfrontiert werden.