Und für YY habe ich mit Verwendung des Begriffs "Diskurs" wohl auch schon als zu hochtrabend abgemeldet. Ich kann diese Antipathie ja auch gut nachvollziehen (wirklich!), nur habe ich eben keine Zeit eine kumpelhaftere Sprache zu entwickeln, oder alles immer zu erklären.
Das ist ja keine grundsätzliche Abneigung gegen Theorie.
Wenn das aber erkennbar zum Selbstzweck wird oder offensichtlich nicht zu einem Ergebnis führen kann, das den Aufwand rechtfertigt, muss man mit entsprechender Rückmeldung rechnen.
Wie so oft gilt da: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Für mich ist besonders in der Rückschau auf die Forge überdeutlich zu sehen, dass man diese verschlungenen Wege nie hätte gehen müssen, um da anzukommen, wo man letztlich gelandet ist.
Ja, da war für manche der Weg das Ziel. Aber wenn man sich dann hinterher trotzdem für das Erreichen des Ziels lobt statt über die schöne Aussicht unterwegs zu sprechen, sind die in dem Kontext unnötig gelatschten Kilometer eben kein positiver Aspekt.
Fiasko ist auch immer mein Standard-Beispiel dafür, dass Indiespiele mit engem Fokus ggf. etwas leisten, was ich im "normalen" Rollenspiel so nicht bekomme. Wenn ich Fiasko spielen will, will ich Fiasko spielen - es soll also hart geschnitten, an einem Abend vorbei, mit Meta-Absprachen gespickt und thematisch gelenkt sein. Und genau das geht eben nicht einfacher in einem klassischen System, in dem man den Rest weglässt, weil dann genau diese Aspekte nicht von den Regeln gestützt werden.
Meine Erfahrung ist es, dass man diese Aspekte über eine reine Gruppenentscheidung genau so gut hin bekommt.
Um 1of3s Formulierung aufzugreifen: Wenn ich bereit bin, durch die vom Spiel hingehaltenen Reifen zu springen, kann ich auch ohne diese Reifen so springen, als wären sie da. Dann habe ich vielleicht keine eindeutige Kontrolle, ob ich 100% richtig gesprungen bin, dafür tut sich auch keiner am Reifen weh.
Da stellt sich natürlich die Frage, wo da überhaupt etwas von dem klassischen System bleibt, von dem man schon so viel weggelassen hat.
Meine Antwort: Das System kann an der richtigen Stelle Impulse liefern, die wirklich "von außen" kommen - das geht nur, wenn die Spielmechanik gerade
nicht mit den Drama-Elementen verknüpft ist oder diese gar eng umschließt und ihre Förderung als (einziges) Ziel hat.
Das gilt genau so für den SL, der in dem Moment einen spürbar anderen Arbeitsschwerpunkt hat.
Ich habe schon mehrere Fiasko-Sitzungen krachend scheitern sehen, weil die Spieler nicht auf Zack waren und sie von der Spielmechanik meines Erachtens nicht ausreichend unterstützt wurden.
Und auf der anderen Seite hat gerade der auf den ersten Blick eher dysfunktional erscheinende Hybrid aus Freiform und klassischem System (inklusive seiner Strukturen) dazu beigetragen, dass vergleichbare Runden hervorragend funktioniert haben.
Nach Studium dines Links komme ich zum Schluss, dass du Simulation von Genrewelten bevorzugst. Ich auch. Aber es gibt eben einen anderen, neuen Ansatz bei dem es egal ist, ob du auf ein bewegtes oder still stehendes Ziel schießt. Oder ob du mit rechts oder links schießt - man würfelt einfach um zu sehen wie die Geschichte weitergesponnen wird. Man versucht erst gar nicht die Spielwelt durch Regeln abzubilden. Es geht nur um die Entwicklung der Geschichte.
Möglicherweise ist mein Problem damit relativ exotisch.
Mich stört es nicht, dass diese Dinge den Regeln egal sind. Mich stört es, dass die Regeln von mir erwarten, dass sie mir auch immer egal sind.
Vielleicht zur Verdeutlichung:
Meine Frau spielt in einer regelleichten Runde und trägt in diesem Zusammenhang zwischen den Sitzungen bzw. beim Diary schreiben öfter mal Fragen aus meinen RL-Fachgebieten an mich heran.
Dahinter steckt nicht die Erwartung, dass ich ein Regelwerk empfehle, in dem diese Dinge passend abgebildet sind oder dass ich Regelvorschläge für die Umsetzung im gespielten System mache.
Trotzdem ist der Anspruch da, das Ganze mit der Realität abzugleichen, um Sachverhalte entweder richtig/passend darzustellen oder sich wenigstens klar zu werden, an welcher Stelle man sich warum welche künstlerischen Freiheiten nehmen will.
Und da kann es enorm hinderlich sein, wenn das Regelwerk einem nur erlaubt, bestimmte Sachen nach der Anwendung der Spielmechanik in die zugehörige Erzählung einfließen zu lassen. Der kurze Dienstweg ist dann, an diesen Stellen das Regelwerk zu ignorieren, aber einige regelleichte Systeme haben da einen deutlich umfassenderen "Geltungsanspruch" als deutlich dickere Brocken. Da muss die Spielmechanik immer aktiv sein oder man muss sich überlegen, wie man frei Schnauze einen möglichen Effekt der (nicht stattgefundenen) Regelanwendung darstellt.
Oft ist das keine große Aktion, aber wenn mir Spielmechanik in dieser Weise störend auffällt, ist mein erster Impuls eben, sie ganz rauszuwerfen. Ich habe die ja nicht, damit sie mir Knüppel zwischen die Beine wirft.