Ich habe gestern eine Tabelle gebastelt, in der ich für D&D5 Encountergruppen nach Schwierigkeit und Gruppengröße zusammenstellen konnte. Als ich damit fertig war, bemerkte ich, dass das ganz klassisches Combat as Sport (CaS) ist. Ich war eigentlich der Meinung, dass ich sandboxiges Combat as War (CaW) lieber mag, aber sobald ich leite, verfalle ich sehr schnell in die Erstellung von an die Gruppe angepassten Encountern. Das bedeutet übrigens nicht, dass die Spieler sich da fröhlich durchmetzeln können. Es sind auch Harte und Tödliche Encounter dabei und zusätzlich neige ich dazu, die Kämpfe in Umgebungen stattfinden zu lassen, die die Gegner bevorzugen.
Zunächst dachte ich, dass ich einfach gerne vorher weiß, was ich auf die Spieler loslasse, also mich auch seelisch auf brutale Ergebnisse bei z.B.
Tödlichen Encountern vorbereiten kann. Es gibt für mich nichts schlimmeres als ein SL, der mitten im Kampf auf einmal sein "Oh Kacke, was hab ich da nur losgetreten"-Gesicht bekommt.
Allerdings ging mir dann auf einmal auf, dass CaW ein ganz großes Problem mit sich bringt, das ich nicht lösen kann: Ein immenser Zeitaufwand auf seiten der SC.
Da kein Kampf feststeht, muss die Gruppe kundschaften, planen, vorbereiten und schließlich irgendwann zur Tat schreiten. Auch bei der ganz normalen Erkundung eines Dungeon kommen häufig noch Nebeneffekte zum CaW-Ansatz hinzu, die ich persönlich wirklich störend finde. Lustigerweise hat mir genau diese Woche ein Kumpel mal einen Artikel geschickt, der eines dieser Probleme (sehr überspitzt) aufzeigt:
> Honestly? Don't (or only very sparingly) use traps. Traps create a
> cold-war-type scenario where players and the DM escalate to see just
> how slow they can make a single dungeon crawl go:
>
> 1. You put some pitfall traps in your dungeon.
>
> 2. Your players buy a ten-foot pole and use it to constantly check the
> floors.
>
> 3. You make a falling rock trap because the floors are always being
> checked.
>
> 4. Your players now use the pole to check all surfaces, constantly, as
> they progress.
>
> 5. You decide to put your traps in places that the pole can't find them,
> like doors.
>
> 6. The party now makes multiple Investigation checks every time they
> need to interact with something. Every door takes 15 IRL minutes to
> open.
>
> 7. You make your traps magical to avoid the players' inspection.
>
> 8. The magic users in the group now take the Ritual Caster Feat, and
> alternate every 10 minutes of movement with a 10 minute break to
> recast the Detect Magic Ritual so that they always have it up.
>
> 9. You don't need to trap your dungeons anymore because it takes your
> party one IRL year to clear the first floor of your dungeon, and the
> traps don't start until floor 3. You all agree to do something else
> with your free time.
Und dann wurde mir klar, warum ich CaS lieber als CaW mag:
1) Ich hab für CaW einfach keine Zeit mehr und
2) CaW beißt sich mit meinen Erwartungen an D&D-Rollenspiel (was für kampforientiertes Rollenspiel im Allgemeinen steht).
Für mich ist D&D
Heroic Action with Epic Drama.
Zögerer, Zweifler und Paranoiker zerstören alles, was mir an D&D-Rollenspiel Spaß macht.
Kümmere dich um ein Problem, wenn es auftaucht und nicht schon drölf "Räume" bevor du die erste Spur findest. Kämpfe taktisch und überlegt, aber plane dich nicht zu Tode. Wirf den Würfel und mach was mit dem Ergebnis, statt zu versuchen, den ultimativ sicheren Wurf vorzubereiten.
Nach einem Wurf auf eine passende Fertigkeit erzähle ich den Spielern meist mehr über das Monster, das sie gerade abchecken, als in irgendwelchen langwierigen Kundschaftermissionen, bei denen manchmal nicht mal klar ist, was genau die Spieler damit bezwecken. Eine bessere Angriffsposition finden? Den Rückzug narrensicher abdecken? Unfehlbare Schwächen der Gegner aufdecken? Ich
weiß es nicht und viele Spieler kommen anscheinend aufgrund traumatischer Erlebnisse mit anderen SL nicht mit der Sprache raus, was sie beabsichtigen. Das schlimmste Erlebnis dieser Art war mal ein 15-minütiger Alleingang eines Spielers im Frage-und-Antwort-Spiel, an dessen Ende die von mir nicht mehr verhinderbare (DundunDUUUUNN!!!) Entzündung eines komplett unwichtigen Lagerfeuers stand. Ich habe währenddessen sogar nachgefragt, was denn sein Ziel sei, aber er antwortete nur kryptisch mit Sachen wie "Ja, das wirst du gleich sehen". Er hätte auch sagen können "Ich sammel etwas von dem rumliegenden Holz und mach ein Lagerfeuer", das Ergebnis wäre das Gleiche gewesen.
Bei Kampfencountern erlebe ich ähnliches immer wieder. Und ich will, dass es weiter geht.
Wenn ich mich alle zwei bis sechs Wochen einmal mit meiner Gruppe für ein paar Stunden treffe, will ich, dass die Kampagne Fortschritte macht. Die Kampagne, nicht nur der derzeit betretene Dungeon. CaW zwingt aber die Spieler dazu, sich massiv mit in meinen Augen ziemlich unwichtigen Details zu befassen und die Spielgeschwindigkeit auf ein für mich nahezu unerträgliches Maß zu drosseln.
Viele kleinere (Indy-)Rollenspiele, die ich kennengelernt habe, hatten Hinweise zur Straffung des Reglements. Fokussier dich auf die Geschichte, nicht auf Wahrnehmungswürfe. Wenn nichts Interessantes passiert, kürz die Szene ab. Das ist so ziemlich das absolute Gegenteil von CaW und den damit verbundenen Erkundungsgepflogenheiten und ich habe festgestellt, dass ich diese Art von Geschichtenerzählen mag. Ich war nur noch nicht darauf gekommen, dass ich im D&D-Rollenspiel genauso Bedarf daran habe wie z.B. in Itras By, da es in D&D ja eben schon um den
Combat geht und
Combat as War oft und gern als das "richtigere" Spielerlebnis propagiert wird.
Für eine wöchentlich tagende Runde mit ausreichend Spielzeit mag das stimmen, für mich persönlich habe ich festgestellt, dass CaW ein Relikt ist, dessen Nutzung mir überhaupt nichts gibt und das ich ab sofort ohne Scham in der Versenkung verschwinden lassen werde.
Vielen Dank fürs Lesen.