Beginnend mit dem Börsencrash 1929 und endend mit dem 2. Weltkrieg 1939 sind die 1930er in den USA tatsächlich eine mehr oder weniger abgeschlossene Dekade.
Die Wirtschaftskrise ist *das* beherrschende Element in den 30ern und stellt praktisch die Rahmenbedingung für alles andere. Sie trifft alle amerikanischen Gebiete, Gesellschaftsschichten und Wirtschaftszweige. Weil es keinerlei Sicherungssystem gegen so ein Ereignis gibt, weil die Krise nach dem irren Wirtschaftsboom in den "Roaring '20s" ganz unvermutet zuschlägt und weil es in den USA eine verbreitete Überzeugung gibt, dass Kapitalismus wie ein Naturgesetz für alle von selbst funktioniert, sind die Folgen härter und wirken länger nach, als es hätte sein müssen. Das Trauma, das System zusammenbrechen zu sehen, auf das man praktisch das ganze Land gewettet hatte, mit dem man dem alten Europa de facto die Weltführung abgerungen hat und das von vielen als Zukunft der Menschheit angesehen wurde, führte auch zu einer psychologischen und moralischen Krise.
Vor allem im Süden der USA kommen Anfang der 1930er zu der Wirtschaftskrise noch verschiedene ungünstige Wetterphänomene wie Dürren und Staubstürme hinzu, die weite Agrarflächen praktisch vernichten. Ein Großteil der Bevölkerung in diesen Gebieten lebt von der Landwirtschaft und wird durch die Umstände gezwungen, Farmen aufzugeben, die teils seit Generationen im Familienbesitz sind, Kinder, Großeltern und Hausrat auf Motor- oder Pferdewagen zu verstauen und praktisch mittellos weit aus der "Dust Bowl" hinauszuziehen, auf der Suche nach Essen, Arbeit und einer Zukunft. Vor allem Kalifornien, das von der Dürre wenig betroffen ist und eine gutgehende Ölproduktion besitzt, bekommt einen großen Teil dieser Migranten ab, die sich überall, wo es Arbeit gibt, in Slums zusammenfinden.
Viele Bauern im Süden, die von diesen Ereignissen mehr oder weniger betroffen sind, sind einfache, tief religiöse Menschen. Als alles zum Teufel geht, sehen das viele als Strafe für das "sündhafte" Leben in den 20ern mit der ganzen Party- und Glitterwelt der großen Städte und Bibelverkäufer und extreme Prediger profitieren immens von den Umständen. Das ist das richtige Setting, um irre oder zumindest verzweifelte Weltuntergangskulte anzusiedeln.
Staat und Obrigkeit fehlt in der Zeit vor allem Geld, um etwas gegen die Umstände tun zu können. Außerdem werden viele politische Führer wie z.B. Präsident Hoover für die Krise verantwortlich gemacht oder zumindest damit in Verbindung gebracht. Viele Leute misstrauen der Regierung und den Behörden und in der Tat grassiert in den 30ern überall die Korruption. In den großen Städten gehört das organisierte Verbrechen praktisch zum Establishment, seien es die "Five Families" bzw. dem "National Crime Syndicate" die die Gebiete an der Ostküste unter sich aufgeteilt haben oder Leuten wie Guy McAfee in Los Angeles, der eigentlich als Polizeiermittler mit Drogen, Prostitution und Glücksspiel Schluss machen sollte, aber stattdessen einfach die Geschäfte übernommen hat, seine Verbrechens- und Polizeikontakte gleichermaßen in der Tasche hatte und effektiv die Stadt regierte, bis er nach Las Vegas umzog und in den 40ern und 50ern maßgeblich dafür verantwortlich war, dass das Spielerparadies so ist, wie es ist. Namen wie Ben "Bugsy" Siegel, Meyer Lansky, "Lucky" Luciano, Mickey Cohen und Two-Gun Davis sind noch heute aus der Zeit bekannt. Gleichzeitig berichten die Zeitungen damals auch über Bankräuber und ihre Banden wie John Dillinger, "Machine Gun" Kelly, "Babyface" Nelson und Bonnie und Clyde, die im Zeitalter des Automobils einen gewaltigen Vorteil gegenüber örtlichen Behörden haben, deren Zuständigkeit teilweise an der Stadtgrenze aufhört. Die Sympathien der Bevölkerung liegen teilweise mehr bei den Verbrechern als bei den oft als korrupt und unfähig wahrgenommenen Polizisten. Allerdings sind es auch diese bundeststaatsübergreifenden Fälle, die mit dazu beitragen, dass J. Edgar Hoover in den 30ern die skandalgeplagte Polizeibehörde des "Bureau of Investigation" zu der Organisation schmieden kann, die wir inzwischen als "FBI" kennen. Neben den bekannten Beispielen passen in die 30er aber auch viele kleine Fälle, wo die Obrigkeit nicht so funktioniert wie sie soll, sei es bei Lynchmobs auf dem Land oder Sheriffs in kleinen Käffern, die in ihrem Gebiet buchstäblich das Gesetz sind und mehr oder weniger tun und lassen können, was sie wollen. Vetternwirtschaft und Pöstchenschieberei ist auch verbreitet und es kann schonmal vorkommen, dass alle politisch und wirtschaftlich bedeutenden Personen in einer Stadt denselben Nachnamen tragen…
Weltanschaulich galt nach dem 1. Weltkrieg als erwiesen, dass Adel und Monarchie überholt sind und der Demokratie die Zukunft gehört. Bisher gab es die in den Geschmacksrichtungen Kapitalismus und Kommunismus. Amerika ist zwar Vorreiter des kapitalistischen Systems, aber nach der Wirtschaftskrise schielen gerade bei den Arbeitslosen und Migranten viele auf die Alternative. Viele sehen den Faschismus als vielversprechenden dritten Weg an, allerdings existiert der bisher vor allem als Theorie und viele schauen gespannt auf die Länder, die sich gerade anschicken, die Theorie in die Tat umzusetzen. Rassismus und Sozialdarwinismus waren übrigens in allen Systemen verbreitet, dazu musste man den Faschismus nicht gut finden. Aber gerade in Zeiten wo die Zukunftsfähigkeit von "sich selbst lenkenden", "chaotischen" Systemen wie Kapitalismus und Kommunismus in Frage stand, übte die straffe Hierarchie und Organisation des Faschismus, die nicht durch Tradition, sondern durch "moderne" Kriterien bestimmt sein sollten, eine starke Faszination aus. Lovecraft z.B., der als Autor von Gruselgeschichten von der Hand in den Mund lebte, fand den amerikanischen Kapitalismus ziemlich abträglich für alles, was mit Kunst und Kultur zu tun hat und versprach sich von einem faschistischen System eine effizientere und rationalere Verteilung von Aufgaben und Ressourcen nach "wissenschaftlichen" Gesichtspunkten. Diskussionen darüber, welches System wohl das Rennen machen würde, waren jedenfalls an der Tagesordnung.
In technischer Hinsicht können die 1930er in Amerika meist von dem Wirtschaftsboom in den 20ern profitieren, die im Prinzip für eine flächendeckende Versorgung des Landes mit Strom, Automobilen, Radio- und Kühltechnik gesorgt hatte. Die eigentliche Wirtschaftskrise traf zwar einzelne Leute und Unternehmen hart, aber hat die laufenden technische Entwicklung nicht wirklich ausgebremst, wie man z.B. an den jährlich neuen Automodellen sehen kann. Überhaupt ist das Auto *die* Technologie dieser Zeit, vor allem, weil es inzwischen einen riesigen Gebrauchtmarkt gibt. Leute haben keine Arbeit, aber ein Auto, kein Geld, aber ein Auto und Benzin ist spottbillig. Viele noch heute übliche private Gebrauchsgegenstände wie Föhn, Kühlschrank und Elektroherd sind zunehmend verbreitet, wobei ländlichere Gegenden immer etwas den Städten hinterherhinken und Gemischtwarenläden, Hotels und Tankstellen oft die ersten sind, die solche technischen Neuerungen anschaffen. Radioempfänger, Telefone und Münzfernsprecher, Tonfilm, handliche Fotokameras und elektrische Ventilatoren gehören in den 30ern in Amerika zur Alltagstechnik, die jeder im Prinzip kennt.
Erfindungen der 1930er sind z.B. Sprühsahne, Reflektoren (für Fahrbahnmarkierung etc.), Fotokopiergerät, Elektrogitarre, Kugelschreiber, Helikopter, Elektrorasierer, Tampons und elektrische Flipperautomaten.
Während ich den Eindruck habe, dass in den 20ern noch ziemlich viele Dinge aus Holz und Metall bestehen, sind Beton und Kunststoff in den 30ern zunehmend präsent. Hochhäuser, Fundamente, Straßen, Sporthallen und -plätze und Kaufhäuser, Konzertgebäude, alles mögliche wird aus Beton gebaut. Kunststoffe sind vor allem Kunstharze wie Bakelit, aus dem man Verkleidungen für Telefone, Radios, Rasierer, Kameras und Lampen macht, auch Verzierungen an Gebäuden, Autos und Möbeln, Spielzeug, einfache Gebrauchsgegenstände wie Brieföffner und Dosen und andere Dinge aus dem Kunststoff lassen sich überall finden. Mit der Entdeckung von Nylon werden Zahnbürsten schnell durch Kunststoffexemplare ersetzt und die Damenstrumpfhose aus Kunststoff wird allgegenwärtig. Moderner Farbfilm aus Kunststoff ist wenig sichtbar, hat aber einen großen Einfluss auf die Medienwelt der Zeit, die sehr viel weniger "schwarz-weiß" ist, als in den 20ern. Ansonsten ist das die große Zeit des Wellblechs, mit dem man leichter Schuppen, Scheunen und Dächer bauen und flicken kann als mit Holz und was sich dementsprechend schnell durchsetzt. Wegwerfverpackungen sind üblicherweise aus Papier.
Die Leute hören viel Musik, Jazz, Swing und Musicals sind ziemlich angesagt, Glenn Miller und Judy Garland rocken die Charts. Fröhliche, lustige Musik wird bevorzugt. Schallplatten sind für viele Leute die bevorzugte Art, ihre Lieder zu hören. Im Radio wird Musik gespielt, aber im Rahmen kompletter Programme mit Reportagen, Hörspielen, Bildungsbeiträgen, Nachrichten, Werbung und anderen Inhalten, dass irgendwo einfach nur Musik heruntergespielt wird, kommt eigentlich nicht vor. Zeitungen gibt es für verschiedene politische Orientierungen und Bildungsschichten. Daneben sind Comics vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebt. Magazine behandeln alle Themen und Interessen, egal ob Filmstars, Mechanik, Mode und Handarbeit, Tierzucht, Romantik- oder Abenteuergeschichten (z.B. Science Fiction-Knaller wie "The Whisperer in Darkness" von H.P.Lovecraft, aber auch R.E.Howard, Raymond Chandler und Robert Bloch schreiben in der Zeit). Kino ist praktisch ein Volkssport und Hollywood spuckt weiterhin regelmäßig Filmunterhaltung für alle und jeden aus. Neben klassischen Filmtheatern finden in ländlichen Gegenden inzwischen Autokinos Verbreitung.
Essen wird weiterhin üblicherweise selbst gekocht, Lunchpakete sind üblich. Bedingt durch die Krise muss man teilweise etwas erfinderischer werden, was Zutaten angeht. Für Pendler, Alleinstehende und Städter gibt es allerdings immer mehr Angebote für Fast- und Fingerfood, typische Diners, wo man Kaffee, Sandwiches und Kuchen bekommt, sind verbreitet, in Kalifornien gibt es sogar Drive-In-Restaurants, wo die Bedienung einem die Bestellung an den Wagen bringt.
Männer dominieren viele Berufe, die Bedienung im Restaurant, die Putzkraft, die Person, die einem Brötchen verkauft oder im Laden an der Kasse sitzt ist oft ein Mann. Durch die Arbeitslosigkeit hat sich die Verteilung noch einmal verschärft (eine freie Stelle kriegt eher ein arbeitsloser Mann, der vielleicht eine Familie versorgen muss als eine Frau, die einfach ein Einkommen heiraten könnte), in den Kriegszeiten der 40er wird sich das dann wieder umkehren, wenn die Männer an die Front müssen und Frauen vor allem in der Industrie dann viele freie Stellen füllen werden. Andererseits ist die Zeit völlig vernarrt in außergewöhnliche heldenhafte Frauen wie die Flugpionierin Amelia Earhart, die auch häufig Charaktere in Geschichten und Comics sind. Für weibliche Cthulhu-Charaktere ist es daher in den 30ern in Amerika immer möglich, die *eine* rasende Reporterin oder Rennfahrerin oder Physik-Professorin zu sein, die für ihr Geschlecht die Ausnahme darstellt, ohne dass Leute das absolut undenkbar fänden.