Mir hat in einem anderen Forum vor Jahren mal jemand eine Frage zum SLern gestellt, nachdem ich den Spielbericht zu CERULEAN HALO dort gepostet hatte.
FRAGE: Mich interessiert sehr, wie du diesen langsamen Einstieg hinbekommst. Es liest sich fantastisch und äußerst unterhaltsam. Aber dafür muss ja irgendwas passieren. Gibst du Dinge vor? Oder wartest du einfach ab? Hast du einfach die richtigen Spieler dafür?
ANTWORT: Ja. Ja. Und ja. - Ich gebe vor. Ich greife auf. Ich warte ab. Ich reize. Ich locke. Ich verführe. Aber ich bremse fast nie. Ein 'Nein!' gibt es bei mir nur äusserst selten. Ich lasse das Spiel laufen, dann entfaltet es sich fast von ganz allein. Manchmal muss ich es ein wenig in eine gewisse Richtung schieben, aber das ist ok. Mein Motto ist die 'verbale lange Leine', dh ich lasse die Spieler immer ohne viele Reglementierungen spielen und gebe ihnen durch diesen Freiraum Luft zum Atmen.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass man sich untereinander kennt. Man schätzt sich. Und man weiss um die Fehler und Schwächen des Anderen. Mein Prinzip lautet 'leben und leben lassen'. Wenn die Spieler zB gerne einen Arzt, einen Geologen oder einen Priester spielen wollen, die aber überhaupt nicht in mein Konzept des Abenteuers passen, weil das Abenteuer im Grossen Krieg spielt... so what... dann habe ich eben einen Feldsanitäter, einen Mineur und einen Militärseelsorger in der Truppe, wenn nötig unterstützt von einem NSC-Soldaten, der auch als Ersatzcharakter herhalten kann.
FRAGE: Viele Spieler, die mir bisher gegenüber saßen, waren eher vom Typ "Ich hör mal, was der SL sagt, und dann reagiere ich". Und wenn der SL dann nichts konkretes vorgibt, endet es mit: "Ich setz mich an die Theke und warte mal ab."
ANTWORT: Die Spieler müssen bei mir Willens sein, die Geschichte mit mir zusammen zu entwickeln und voran treiben zu wollen, anstatt nur mit mir einem Raum zu teilen. Und das ist mMn ein sehr entscheidender Punkt. Spielern, die sich nur von mir berieseln lassen wollen, empfehle ich einen guten Film. Da wird man bei mir nicht alt. Sonst könnte ich ja auch, einer Grossmutter gleich, den Kindlein aus einem Buch vorlesen, oder?
Ich bin ja nicht jedermanns Suppenkasper und Bespasser. Ich will als SL auch den Kick. Ich will überrascht werden und ich will auch Spass haben. Wenn ich meinen Spielern jeden Satz aus der Nase ziehen müsste, dann würde ich doch lieber gleich ein PC-Spiel spielen.
Bei mir muss sich im Spiel eine Dynamik entwickeln. Ein Geben und Nehmen. Ein hin und her werfen des Spielballs.
Ein gutes Beispiel für dieses Geben und Nehmen ist die Foren-Runde 'Nightmare Files', die ich hier leite. Das kostet mich einiges an Zeit und Mühen, gibt mir, aufgrund der engagierten Mitspieler, aber auch sehr, sehr viel zurück. Und ich weiss sehr genau, was ich an den beiden habe.
Ein weiterer Pfeiler, der für mich wichtig ist, ist das gegenseitige Vertrauen. Ich vertraue meinen Spielern, dass sie ihre Freiheiten und Möglichkeiten, die ich ihnen einräume, nicht über Gebühr strapazieren. Andererseits lasse ich, zugunsten der Spieler, auch gerne mal fünf gerade sein.
Ich gehe auf die Spieler ein und greife ihre Interessen und Anregungen auf. Ich lasse ihre Befürchtungen wahr werden, selbst wenn das Abenteuer etwas anderes vorsieht.
Und JEDER Spieler bekommt IMMER sein Highlight. Unterschiedlicher Art. Aber immer passend zum Char und zur Spielweise. Das spornt an.
Ich greife gerne Kleinigkeiten auf. Anregungen, Ideen und Interessen der Chars, welche die Spieler äussern.
Wenn, wie in diesem Abenteuer geschehen, ein Spieler nach Delfinen Ausschau hält, dann suche ich nicht in einer Tabelle nach, ob das jetzt sein kann... sondern denke mir 'geile Idee'... na klar. Das Ganze wird dann schon fast zum Selbstläufer.
Irgendwann werden aus den Rückenflossen der Delfine, Rückenflossen von Haien... die NSCs sind in Gefahr... und der Char hat die Chance die NSCs zu retten. BINGO. Der Spieler hat die Idee geliefert, ich hab sie aufgegriffen und den Spieler dadurch bestätigt. Dann habe ich die Situation verfremdet, pervertiert und aus dem Angenehmen eine gefährliche Szene gemacht. Dadurch habe ich den Spieler eine Aufgabe gestellt, die er bewältigt hat. BANG. Denkwürdige Szene und alle sind zufrieden... nächste Szene!