Diese ganzen Verwerfungen sparst du dir halt mit einer Fantasywelt. Da gibt es eine Wahrheit.
Ich würde sagen:
Das spare ich mir mit einem fiktiven Setting,
wenn ich das will. Grautöne gehen natürlich auch in Fantasy - wie wir schon festgestellt haben. Und dort ist es dann auf einmal innovativ und eine tolle Abwechslung, wo es in anderen Settings eine erdrückende und deprimierende Nähe zur Realität erzeugt
Der Vergleich lohnt sich aber andersrum.
Nehmen wir mal an, ich würde ein Fäntelaltersetting auf die selbe Komplexität aufblasen wie eine vergleichbare historische Periode. Da stelle ich beim Spielen
garantiert fest, dass diese Komplexität entweder von Anfang an ignoriert oder spätestens im Spielverlauf auf ein für die anstehende Situation handhabbares Maß runtergebrochen wird.
Für "echte" Geschichte gilt das genau so. Wenn ich da nicht neben/mit dem Spiel noch ein bisschen Geschichtsunterricht machen will, kann ich mir das ab einem relativ früh erreichten Zeitpunkt sparen. 99% sind dann
nice to know, aber eben nicht wirklich spielrelevant.
CoC ist quasi Fantasy. Auch hier sind die offiziellen Abenteuer auf Dungeoncrawl mit vernichten von Kult und Monster ausgelegt. SR ist Fantasy auf modern. Auch hier gibt es Elfen, Magie und Trolle. Klar gibt es auch Technik, aber die funktioniert vor allem, weil sie eher wenig eingesetzt wird. UInd ansonsten Lotted man ja auch, in der Hoffnung auf mehr XP und Ausrüstung. Das StarWars RPG kenne ich nicht, aber die Filme sind ja eigentlich auch auf Fantasy im Weltall ausgelegt. Der held, der den bösen imperator besiegt und damit alles rettet. Hier wird mit aller Gewalt alles klein gehalten, um eben noch so einen gewissen sense of wonder bei zu behalten. B ei WH40k zum beispiel funktioniert das schon wieder schwerer. Hier gibt es keine Gruppe von Hanseln, die das Geschehen der Welt in der Hand haben.
Die bemühen sich also alle, fantasy-artige Erzählstrukturen zu erzeugen, um noch irgendwie halbwegs erfolgreich zu sein? Dann wäre klar, dass sie als blasse Kopie stets die zweite Geige spielen.
Aber: Warum und wo wird in SR Technik wenig eingesetzt?
Gerade Runner sind doch "cutting edge" und arbeiten oft mit Hochtechnologie.
Zum Einfluss in der Spielwelt:
Man lässt genau da von den großen Weltretterplots die Finger, wo es sich um etablierte Settings/Franchises aus anderen Medien handelt.
Natürlich endet nicht jede Star Wars-Kampagne mit einem kaputten Todesstern, aber genau so wenig reist die Gruppe in The One Ring nach Mordor, um da ein gewisses Objekt in einem gewissen Berg in die Lava zu schmeißen...
Eigenständige Settings können da einfach weiter aufdrehen, weil sie nicht darauf achten müssen, die Vorlage zu verzerren/zu entwerten.
Das ist dann aber wieder kein prinzipieller Unterschied zwischen Fantasy und allen anderen.
Dreh- und Angelpunkt des Ganzen ist dabei, dass die SCs
auf ihrer Ebene was reißen (können) sollen.
Das kann ein Weltretterplot sein oder auch "nur" eine kleine Mordermittlung, ein Heist o.Ä.
Solange die Situation schön aufgezogen ist, funktioniert das wunderbar.
Gut, es gibt natürlich Spieler, deren Helden für irgendwas unterhalb der Weltrettung gar nicht aufstehen...das ist aber nicht die Schuld des Spiels oder ein inhärenter Genre-Faktor.
Die Komplexität vergrößern tun diese Dinge, wenn die Mitspieler sie bei "den anderen" berücksichtigen müssen. Gibts eine Polizei, die Fingerabdrücke finden kann, muss man anders vorgehen, als wenn die Strafverfolger ein paar Büttel mit Knüppeln sind. Und das wissen die Spieler in der Regel. Hat das Dorf dann plötzlich zugriff auf einen Magier mit "kriminalistischen" Fähigkeiten, ist das eine Überraschung. Gibt es eine Polizei, muss man immer mit sowas rechnen.
Ja, das könnte wirklich ein Faktor sein: Dass die Spieler in "moderneren" Settings der irrigen Annahme verfallen, alles selbst wissen und machen bzw. haarklein ansagen zu müssen.
Für mich ist der grundlegende Gedanke dabei, dass die SCs a) in dieser Welt leben und b) sich auf ihrem Spezialgebiet auskennen.
Natürlich kann ich dann als Spieler erstmal darauf verlassen, dass der SC nicht nur keine absoluten Anfängerfehler macht, sondern ganz allgemein seinen Scheiß auf die Reihe bekommt*. Dazu gehört dann auch, dass der SL mir entsprechende Sachverhalte und vor Allem Entscheidungen passend aufbereitet und nicht
hinterher mit Kram um die Ecke kommt, den der SC garantiert gewusst hätte.
*Das gilt übrigens für Fantasy-Settings ganz genau so.
Man schaue mal ein paar Folgen "Dings vom Dach" - soll ich mir ernsthaft mittelalterliche Alltagsdinge und -werkzeuge in gigantischer Zahl draufschaffen, damit mein Charakter nicht mit zerrissenen Hosen und lahmendem Pferd unterwegs sein "muss", weil ich als Spieler es ja falsch gemacht/beschrieben habe? Im Leben nicht.
In die selbe Richtung, aber grundsätzlicher:
Technik ist sicherlich eine Sache, die das Spielleiten in allen nicht technologisch bis aufs 19. Jahrhundert begrenzten Fantasysettings erschwert. Schlicht gesagt ist es so: wenn irgendein Spieler sich in irgendeinem Bereich besser mit den gegenwärtigen (und eventuell auch besser mit den unmittelbar vergangenen, gestrigen) technischen Möglichkeiten auskennt, kann er Dinge tun und Wege einschlagen, die den SL im Regen stehen lassen. Bei SL-losen Systemen ist das vielleicht kein Problem, aber im klassischen, vom SL geprägten Rollenspiel kann das Probleme bereiten, wenn einzelne Spieler über Wissen über technische Möglichkeiten verfügen, mit denen sie Probleme angehen können, die von den Gegnern eigentlich vorausgesehen und mit Counterstrategien erschwert werden müssten, von denen du aber als Spielleiter keinen Plan hast.
Zuallererst gilt da das Primat der Spielmechanik:
Der Spieler kann viel erzählen, am Ende wird gewürfelt und oft genug ist das, was er da gerade ausufernd beschreibt, überhaupt erst der Grund, dass er würfeln
darf und nicht die tolle Begründung, dass er nicht mehr würfeln
muss.
Erst recht nicht, wenn irgendwelche Theoretiker erklären, wie trivial praktische Anwendungen unter Zeitdruck und anderem Stress angeblich sind.
Ansonsten gilt für jeden "Das ist aber gar nicht so, weil..."-Einwurf:
Dann präsentiere eine Möglichkeit, wie das Ganze
in interessanter Weise Eingang ins Spiel findet oder halt die Klappe.
Speziell dann, wenn es
angeblich um eine möglichst stimmige Darstellung geht - die umfasst nämlich beide Seiten und bestimmt nicht nur die eine, die sich da gerade munter Vorteile herbeilabert.
Das Gegenstück für Fantasy sind übrigens die Spieler, deren Charaktere dank göttlicher Eingebung alle Naselang irgendwelche Erfindungen machen (sollen). Die sind kein bisschen weniger nervig.
Für alle gilt: Die können gerne wiederkommen, wenn sie keine Arschgeigen mehr sind und das eine oder andere Grundprinzip des Rollenspiels verstanden haben