Puh, bin hier zu Hause erstmal auf- und abgetingelt, um meinen Adrenalinlevel nach unten zu bringen. Denn solche Kommentare sind, gelinde gesagt, schon grenzwertig unempathisch.
Ich meine, ist es denn wirklich so? Gibt's da Evidenzen, die dieses Gefühl des "LGBTQ ist überall" belegen?
Ich habe mal kurz die Serien, die ich in letzter Zeit so gesehen habe, an neuern Sachen, überschlagen und dabei mal nur geguckt, wie viele LGBTQ+-People da so bei den Hauptfiguren und den Nebenfiguren, die regelmäßig (
also fast in jeder Folge - wichtig! -) mit den Hauptfiguren interagieren, so rumfliegen. Und das Bild ist durchaus divers.
Sabrina hat jetzt 2 bei den Hauptfiguren + Peripherie (Suzie + Ambrose)
Sense 8 hat 4 (wenn ihr wissen wollt, was "In your face"-LGBTQ ist... das ist es!)
The Man in High Castle hat 1
The Musketeers hat 0
House of Cards hat 0,5 (ja, komische Zahl... es ist Bisexualität und wird effektiv nur in einer Szene überhaupt richtig thematisiert)
Black Mirror hat 0
Rain hat 0 (gut, soweit ich gesehen habe, Stand Folge 4)
Game of Thrones hat 3 (ich meine, man überlege, wie viele Hauptfiguren da allein rumlaufen, und es sind 3(!). Und keiner ist eine Hauptfigur.)
Downton Abbey hat 1
The Walking Dead hat 0
Stranger Things hat 0
Supernatural hat 0 (höchstens 1, wenn wir Charlie als Nebencharakter der ersten Reihe zählen, was ich nicht tue)
Babylon Berlin hat 0
Fargo hat 0
Big Bang Theory hat 0 (Howraj ist allerhöchstens latent)
Disenchantment hat 0
Rick and Morty hat 0
The Fosters hat 3
Mad Men hat 1 (nicht sehr durchgängig, das fällt ziemlich bald auf 0)
Once Upon A Time hat 0
Grey's Anatomy hat zwischenzeitlich 2, dann 1, dann 0
Also klar, wenn man nur solche Sachen wie "Orange is the new black" oder "Grace and Frankie" guckt, dann kann man schon den Eindruck bekommen, dass da irgendwie alles "voll gequeert" ist (ich mein das bissig-ironisch, nur falls das nicht klar ist).
Aber nee Moment, es geht ja um mehr. Es geht ja um
Political Correctness. Was war das noch gleich?
Ach ja...
Wikipedia hilft...
... [die] gesellschaftlichen Tendenz, Interessen von Minderheiten stärker zu vertreten sowie Diskriminierung insbesondere im Sprachgebrauch zu vermeiden, die in der Vergangenheit akzeptiert oder schlicht unerkannt war.
Und:
In der ursprünglichen Bedeutung bezeichnet der englische Begriff politically correct die Zustimmung zur Idee, dass Ausdrücke und Handlungen vermieden werden sollten, die Gruppen von Menschen kränken oder beleidigen können (etwa bezogen auf Geschlecht oder Hautfarbe).
Bringen wir beide Definitionen zusammen:
Political Correctness ist einfach die Praktik, dass man die Interessen von Minderheiten respektiert, wie auch die von Mehrheiten, und sich in den allgemeinen Umgangsformen auch entsprechend nicht beleidigend oder herabwürdigend gegenüber oder über diesen Minderheiten äußert.
Es gibt sogar einen deutschen Begriff dafür:
Anstand. Sich Leuten mit anderen Lebensentwürfen gegenüber anständig verhalten.
Bzw. gegenüber Minderheiten. Da gibt es ja auch viele: Von Homosexuellen und Transsexuellen, über Behinderte, Obdachlose, Immigranten, Frauen, chronisch Kranke, Frauen (nicht unbedingt in absoluten Zahlen, aber bezüglich der Repräsentanz in bestimmten Lebensbereichen) usw.
Denen allen gegenüber sich nicht abwertend und angreifend, eben anständig verhalten... ja, verstehe schon, Das ist natürlich auch ein bisschen anstrengend. Sind ja so viele.
Und da hat man ja im Alltag schon genug zu tun, das muss dann also nicht auch noch in unser aller sauer erkämpften Eskapismus-Zeit sein. Da ist der Wunsch ja auch verständlich, dass man nicht die ganze Zeit die ganzen Minderheiten noch auf der Mattscheibe sehen will. Oder noch schlimmer: Die Leute drumherum, die die auch noch anständig behandeln. Ich meine, muss echt in jeder Serie ein LGBTQ+ dabei sein, sind doch nur 3-7% der deutschen Bevölkerung (Dunkelziffer? Ach, sowas gibt's doch nicht)?
Warum muss es immer um die gehen? Warum muss ich denn politisch korrekt sein? Ist doch Zensur! Warum werden immer alle Schwulen und Transen und Ausländer mit Samthandschuhen angefasst... und ich nicht? Das ist doch auch nicht anständig!
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Boah, nee, also jetzt ich auch mal vorbei mit dem "sich reindenken" oder "Bedenken ernst nehmen". Solche hingeklatschten Kommentare, dass es einem auf den Sack geht, dass andere Leute höflich und mit Respekt behandelt werden... da kann ich nichts mit anfangen. Auch weil da immer gerne die eigene Erfahrung verabsolutiert wird.
Aber vielleicht sollte ich es positiv sehen. Wenn die Political Correctness abgeschafft wäre (Betet zum Dunklen Lord dafür!), dann könnte ich auch so fein hinrotzen, was ich von solchen Kommentaren halte, so richtig unanständigt... mit Beleidigungen und so...
Nee, wenn ich mich recht besinne: Ist mir lieber, wie es jetzt ist. So mit PC und Toleranz und Menschenwürde und allem... hat die Moderne so an sich, dass man dem nicht so recht ausweichen kann.