Thema: Unser Hobby in nur einer Stunde angemessen vorstellen?

[Fillus]

Moin Moin,

ich habe vor kurzem auf einer Veranstaltung geleitet, wo es eine Vorgabe gab, das die Runden nur 2 Stunden dauern. Auf dieser geht es Hauptsächlich um Gesellschaftsspiel/Brettspiele, aber ich hatte netterweise eigene Räume für das Rollenspiel bekommen. Der Punkt ist, das es darum ging, es Rollenspielneulingen und Anfänger zu zeigen, was auch soweit ganz gut geklappt hat ... mit Cliffhanger. Trotzdem muss ich meine Lehren daraus ziehen und möchte im nächsten Jahr einfach mehr Leute damit erreichen. Rollenspiel ist nunmal anders als Brettspiele und ich mag nicht zwei Tage alle zwei Stunden leiten.

Klar ist, das ich auf jedenfall Kinderrollenspiel anbieten werden, denn die Nachfrage war da. Dort zeitlich kurze Runden unterbringen fällt mir nicht schwer.

Anders sieht das bei Erwachsenen aus. Ich möchte das Rollenspiel natürlich in seiner Gänze darstellen, so dass alle einen richtigen Eindruck davon bekommen. Also im Prinzip bräuchte ich schon min. 3 Stunden nach meiner Ansicht. Dabei möchte ich das ganze noch irgendiwe drosseln und unter erschwerten Bedingungen abhandeln.

Ich würde gerne einen Eindruck davon vermitteln obwohl ...
- ich nur genau eine Stunde dafür habe, dann würde das nächste Spiel an der Reihe sein.
- es dort eher laut sein wird, weil ich es in einer Art Forum bei Zuschauern und Durchgangsverkehr vorstellen möchte.

Meine Gedanken dazu sind noch eher allgemeiner Natur und derzeit scheint es mir am sinnigsten einfach mitten in einer Action- oder Drama Scene anzufangen und die Leute mit fertigen Charakteren einfach ins Geschehen, ohne großartige Vorgeschichte zu werfen. Kein Anfang, kein Ende. Ich mache mir aber weiterhin Sorgen, vom Hobby nicht den angemessenen Eindruck vermitteln zu können. Ich bin mir sehr sicher, das es sich zum narrativen bewegen wird.

Habt ihr schon Erfahrungen mit dem Thema? Ideen? Vorschläge? Ich bin da noch für alles offen und dankbar für jeden Hinweis der mir weiterhilft.

[Tegres]

Das einzige, was mir spontan einfällt, ist "Ultima Ratio", ein Cthulhu-Szenario aus Cthulhus Ruf Nummer 6, dass ca. eine Stunde dauert. Die "Höhlen der Fäulins" für S&W Continual Light habe ich mal in 1,5 Stunden geschafft. OSR-Spiele sollten durch ihre schnelle Charaktererschaffung, ihren schnellen Kampf und ihren klaren Fokus generell ganz gute Kandidaten für schnelle Runden sein.

[Megavolt]

Das einzige, was mir spontan einfällt, ist "Ultima Ratio" ein Cthulhu-Szenario aus Cthulhus Ruf Nummer 6, dass ca. eine Stunde dauert.

Das Abenteuer ist von unserem Carsten, das ist super und dauert aufgrund der inhärenten Spielmechanik ziemlich genau eine Stunde.

[Hotzenplot]

Genau, sofort mitten in die Action/Dramaszene!

Wir vom Paderborner Rollenspielverein haben seit 3 Jahren die Möglichkeit, uns jeweils zur Paderborner Literaturnacht vorzustellen. Alles weitere dazu in diesem Post.

Die Herausforderung ist ähnlich, was die Zeit angeht.

Ich hatte damals eine ca. einstündige PDQ# Session geleitet, was recht gut geklappt hat. Ich bin halt direkt in die erste Actionszene gesprungen und es ging los (war so ein Pirates of the caribbean Zeug).

Dazu braucht es m. E. drei Dinge:
1. Schlankes System
2. Materialien gut vorbereitet haben
3. gute Fähigkeiten zur Moderation

Gerade am letzten Punkt scheitert es ja oft, wenn das Abenteuer irgendwo hakt. Kennen wir glaube ich alle. Da muss man als SL dann einfach mehr moderieren. Das ist eben zum Teil eine Show bzw. kann nur eine Show sein in der Kürze der Zeit. Also sei mehr der Showmaster. 

[D. M_Athair]

[...] drei Dinge:
1. Schlankes System
2. Materialien gut vorbereitet haben
3. gute Fähigkeiten zur Moderation

Sehe ich genauso. Wobei "schlankes System" mMn keine Spielstile ausschließt.
Ein Spiel, das auf Spielweltsimulation Wert legt oder gamistisch ausgelegt ist, macht nur bei der Marterialvorbereitung deutlich mehr Arbeit.

Einsteigerboxen (gekauft oder selbst gebastelt) sind - find ich - recht hilfreich.

[Huhn]

Wir haben das "Problem" regelmäßig auf Messen/Conventions, auf denen wir als Verein unser Hobby präsentieren. Deswegen haben wir irgendwann mal einen Leitfaden für Schnupperrunden erstellt, der u. a. Tipps für solche Kurzrunden gibt (ich gebe mal in eigenen Worten wieder):

• Vorgefertigte Charaktere stellen
• Ganz simpler Plot. Der darf dir selbst auch ruhig dumm und railroadig erscheinen. Erstens verkompliziert deine Spielguruppe das sowieso und zweitens geht es hier darum, einen groben Überblick über das Hobby zu geben und nicht darum, irgendwelche Feinheiten oder Raffinessen zu präsentieren.
• Ganz kurze Einleitung. Darin kannst du die bespielte Welt und die wichtigsten Grundregeln in wenigen Worten zusammenfassen. Wie genau die alternative Munition im Sturmgewehr aus dem Erweiterungsband funktioniert, interessiert die Leute nicht. Nur kurz die absoluten Basics erklären und zur Not on the run weitere Regeln. Überlege dir genau, welche Regeln in deinem konkreten Abenteuer überhaupt genutzt werden und lass die anderen einfach weg. Wenn ich persönlich sowas leite, neige ich auch dazu, mir während des Spiels Regeln auszudenken, wenn mir die offiziellen für eine bestimmte Situation nicht mehr einfallen. Dann sieht es so aus, als sei ich super kompetent und ich halte trotzdem das Spiel nicht auf, weil ich Regeln nachschlagen muss. Auf Messen ist sowas ok. 
• Flexibel sein. Bau oder nimm ein Abenteuer mit 2 - 3 Szenen + evtl. Zusatzkram und richte es so ein, dass du Szenen je nach Fortkommen der Gruppe hinzufügen oder weglassen kannst. Die Gruppe kommt schnell voran - prima, dann hat der Dungeon noch eine Abzweigung mehr. Die Gruppe hält sich 20 Minuten beim Muskelprotz am Diskoeingang auf - naja dann werden sie halt auf dem Weg zum Betreiber der Diskothek doch nicht von ein paar illustren Gästen aufgehalten, sondern können da einfach hingehen.

[Fillus]

Danke für eure Beiträge bis hierher.

Cthulhu werde ich dort nicht leiten können. Es ist tagsüber und es laufen dort viele Familien mit Kindern rum.

[Huhn]

Leite am besten das, womit du dich am wohlsten fühlst. Alles lässt sich irgendwie auf das benötigte Maß runterbrechen.

Ich habe früher Cthulhu und nWoD geleitet aber mittlerweile nehme ich immer Beyond the Wall. Das Einstiegs-Abenteuer "Feenhandel" lässt sich beliebig kürzen:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

(weniger Räume im Minidungeon am Anfang, keine Begegnungen mit der Hexe und im Wald, nur eine Begegnung am See (entweder Nymphe oder Oger), keine Torwachen und so weiter)

Und es ist sehr familienfreundlich, weil simpel und frei von Horror und nicht-jugendfreier Gewalt. Am Wochenende hatte ich eine Runde mit drei Mädels, die ich so auf 11 - 13 geschätzt habe, das lief problemlos.

[Der Läuterer]

Cthulhu werde ich dort nicht leiten können. Es ist tagsüber und es laufen dort viele Familien mit Kindern rum

Arbeite doch nach Vorlage eines Märchens. Da kannst Du drauf aufbauen. Ausserdem sind die doch allseits bekannt.
Dann kommen Hänsel und Gretel in Begleitung von Olga und Mehmet am Hexenhaus an...

[ungeheuer]

Unser Verein steht auch regelmäßig auf Cons(dieses Wochenende ist die VIECC). Was erstaunlicherweise immer, seit vielen Jahren, gut ankommt ist Ratten!

Wahrscheinlich weil man sich leichter tut in einer reallen Welt sich in eine kleine Ratte hinein zu versetzten, und auf reale Probleme zu teffen, als in einer Fantsy-Welt in einen Elfen, Zwerg oder Magier und nicht greifbare Probleme vorgesetzt zu bekommen. Und die regeln sind super einfach und ganz offiziell gratis erhältlich. Wir werden zB auf jeder Con öfters gefragt, ob wir das Ratten! Regelbüchlein verkaufen!

[aingeasil]

Ich habe mir auch beholfen, indem ich - zugegeben für MLP Tails of Equestria, aber ist auch anders einsetzbar - die Würfel (DnD-Set) farbcodiert habe (D4 rot, D6 grün, D8 gelb, etc., orientiert am Standardset im Spielbuch). Für MLP habe ich sogar den Würfel in der Farbe auf dem vorgefertigten Bogen abgedruckt. Das erleichtert ein umständliches Erklären für mehrseitige Würfel.

Es hilft, direkt irgendwo einzusteigen, wo es gleich was zu tun gibt. Um bei obigem Beispiel zu bleiben: Ich mag den Anfang des MLP-Abenteuers aus dem Grundbuch sehr, aber er überfordert Neueinsteiger, lenkt die Geschichte u. U. in Richtungen, die ich gar nicht haben will für die begrenzte Zeit und gibt wenig Haptisches zu tun (würfeln). Ich würde nach kurzem erzählerischem Abriss mitten in der Geschichte anfangen, wenn ich das wieder vorbereite.

[Fillus]

Weiterhin Danke für eure Ratschläge. Diese lasse ich mir in Ruhe durch den Kopf gehen.

Von einer Systemwahl bin ich noch weit entfernt, muss mir erstmal darüber klar werden, wie ich das angehe.

Feenhandel habe ich schon mehrmals geleitet, Hautsächlich mit Dungeon World. Beyond the Wall kommt für mich aber nicht in Frage. Erstens weil das Charaktererstellen/Dorf generieren ein wichtiger Punkt ist, der wegfallen würde. Zweitens ist mir das Magiesystem für den Zweck zu sperrig.
Es muss wirklich einfach sein, ohne zu viele verschiedene Würfel und für eine Altergruppe von 8-100 Jahren geeignet sein.

Ratten finde ich von Thema her schwierig, da es keinerlei Vorgespräche gehen wird, sondern sich in der ersten Minute völlig Fremde Menschen an die Tisch setzen. Mal abgesehen davon, das ich schon am Tisch überrascht wurde durch Menschen mit denkomischsten Phobien (Vögel z.B.) und es werden Spieler*innen sein, die noch nie zuvor sich zum Thema Pen&Paper Rollenspiel groß Gedanken gemacht haben. Diese spielen dann noch vor Puplikum und werden eventuell Hemmungen haben. Zu abgefahren sollte es also nicht sein. Sehr wahrscheinlich wird das Altersgefüge sehr gemischt sein.

Auf einer Rollenspiel Convention, weiß ich was mich erwartet ... Leute die Lust haben sich Rollenspiele anzusehen. Istbei der von mir angesprochenenen Veranstultung anders. Den Leuten werden rund 40 Brettspiele vorgestellt und diese können gespielt werden. Man kann davon ausgehen, das ich Leute am Tisch sitzen haben, die keinerlei Vorstellung davon haben, was sie erwaret. Für eine Convention, müsste ich mir deutlich weniger Gedanken machen.

[Deep One]

OT: Ihr Tiere!    Ihr tut ordentlich was für unser Hobby!