Es geht ja nicht um den Schwierigkeitsgrad. Was eh gelingen wird, wird gelingen. Es geht darum, wie daraus der Spielspaß entstehen kann, wenn es plötzlich um kochen, tischlern, Querflöte spielen etc. geht ...
Ich glaube, ohne das Thema damit irgendwie torpedieren zu wollen, die Schwierigkeit, da Antworten zu bekommen, liegt schlicht darin begründet, dass viele Spielende das Pen & Paper Rollenspiel als Eskapismus betreiben.
Ich nehme da mal mich selbst als Beispiel:
Wenn ich mich in meiner Freizeit mit Kochen beschäftigen will, hab ich eine Küche. meine Frau hat zum Beispiel in ihrer Elternzeit sich mit Brot backen beschäftigt und kann inzwischen Teigwaren herstellen, die einem Profi-Bäcker durchaus Konkurrenz machen.
Wenn ich was Tischlern will, gehe ich in der Werkstatt und hole mir das Werkzeug raus, bei kniffligen Sachen „leihe“ ich mir die Holzwerkstatt meines Schwiegervaters. Und Sachen und Ideen zum Werkeln hab ich genug - immerhin hab ich 2 Kinder. Und die „Skills“ hab ich dank dem groß werden in einer Handwerkerfamilie auch.
Von Elektroarbeiten und IT hab ich von Berufswegen die Nase voll und Maurern (nicht in Profiqualität) und Gas/Wasser/Sch.../Heizung konnte ich durch meinen werten Vater genug neben dem Studium mitnehmen, um da jetzt bedient zu sein... und ich bin heilfroh, es mir inzwischen leisten zu können, das Auto bei Problemen in eine Werkstatt zu bringen. Die Zeiten (Studium und vorher), wo ich selber in einer Grube unter einer Karre stehen und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt (gefühlt) mir die schwarzöligen Finger durch die Kälte steifgefroren abgebrochen habe, sind zum Glück seit 20 Jahren vorbei.
Ich bin mit fast 50 ein alter Sack, zu guten Teilen mit eher ländlich und in der Jugendzeit nicht-akademisch geprägter Vita ausgestattet und durfte die Kindheit in einem noch-zu-renovierendem Ex-Bauernhof aufwachsen, und bis ins 12. Lebensjahr wurde die Heizung noch mit Holz und Koks beheizt (d.h. Jeden Morgen zu Nacht schlafender Zeit im Heizungsofen Holz hacken und Feuer anmachen, um duschen zu können), so daß ich keinen gesteigerten Wert mehr auf „würfel mal, ob Du das Feuer in Gang bekommst“, weil ich 12 Jahre lang die Frustration erleben durfte, wenn die Zeitung oder das Kiemspan-Holz zu feucht, das letzte Streichholz erloschen war. Das ist nicht spannend - es ist schlicht scheiße, sich mit eiskalten Wasser waschen zu müssen, um dann in der Kälte in die Schule zu radeln.
Mein Leben ist mit diesem Kram so ausgefüllt, daß ich das nicht auch noch über eine fiktive Person im Spiel erfahren muss. Ich möchte auch keinen Buchhalter-Charakter spielen - die Einkommenssteuerklärung einmal im Jahr reicht mir vollkommen dazu, um diese Bedürfnisse zu decken.
Ich brauche auch kein „würfel doch mal auf die Stuhlgang-Tabelle“ Profanrollenspiel, auch wenn jedem Mitspielendem hoffentlich klar ist, daß auch dieser Aspekt zum Leben eines Charakters gehört.
Und das ist in keinster Weise abwertend denjenigen gegenüber gemeint, die sich das wünschen.
„Spielt ihr das mal, ist nichts für mich“ ist da meine Reaktion. Ich hatte das schon oder kann es jederzeit auf realistischer Basis haben. Dazu brauche ich kein Rollenspiel.
Was ich spielend erleben möchte, sind die Dinge, die ich in meinem Leben eben nicht erfahren kann. Ich nenne das mal ganz primitive „abenteuerliches“.
Sicherlich mag dem Geisteswissenschaftler (ironisch und nicht abwertend gemeint) die oben geschilderte Praxisnähe zu guten Teilen abgehen, und deswegen erscheint ein Rollenspiel rund ums „ich bau mir einen Tisch und koch mein Essen mit selbst angebauten Gemüse“ primitive Leben schon abenteuerlich genug.
Eskapismus bedeutet für mich, genau diesem Kram zu entfliehen und nicht, noch Regeln dafür zu erfinden, um es noch plausibler ausmalen zu können.
Und vielleicht geht es mir ja nicht alleine so...
PS:
Vielleicht sollte man mal ein Manta-Manta Rollenspiel schreiben, wo Akademiker sich mal ins Abenteuer der Proleten in den 80er (ist ja gerade in) stürzen und dort ihre Zwischenmenschlichen Erfahrunhen auf diesem Niveau ausgestalten können. Ich brauch das nicht.
PPS:
Ich hab die Querflöte vergessen - okay, im blasen habe ich mich noch nicht versucht, aber Gitarre und Klavier hat bestens nicht geklappt. Da waren wir wieder beim Thema Finger brechen und Kleinholz hacken... Aber das bedeutet nicht, dass dadurch der Wunsch entsteht, das spielerisch durchexerzieren zu können. Wenn ein Charakter musisch trainiert ist, dann wird sein beitrag zur Untermalung erwähnt und ggf. bei Runden, die das mögen die Untermalung aus der elektronischen Konserve aktiviert - ohne Würfel.
PPPS:
Ich habe je schon früher frech die These aufgestellt, dass die Akademiker und Geisteswissenschaftler in den frühen 90ern die meisten „Praktiker“ aus dem Rollenspiel durch ihre „das ist gar kein Rollenspiel, und schreib erstmal 30 Seiten Charakterhintergrund, bevor Du glaubst, mitspielen zu dürfen“ Attitüde vertriebn zu haben.
(nicht ganz ernst gemeint) das hier gehört mit zu dieser These, denn dem damaligen Realschüler, der dann eine Lehre begann und zum Bund musste, wäre es nie eingefallen, sein ganz normales Leben zum Inhalt eines Rollenspiels zu machen.
Und natürlich ist vieles von dem oben geschriebenen nicht ernst gemeint - meine Vita allerdings schon.